Auf der Fähre: "All inclusive" mit dem M/S Finnclipper ...

Do. 13.07.00

Auch diese Reise beginnt zur Lieblings-Uhrzeit: 05:00 Uhr zeigt der Wecker - Abfahrt nach Travemünde zur Fähre "M/S Finnclipper" und mit der soll es nach Helsinki gehen. Travemünde ist für uns ein neuer Fährhafen nach Skandinavien, doch bis dahin heißt es auch in diesem Fall wieder: Fahr´n, fahr´n, fahr´n auf der deutschen Lieblings-Autobahn ...

Die gesamte Tourvorbereitung mit GPS und Roadbook hatten wir wegen der hohen Kilometerzahl und der kaum vorhandenen digitalen Karten unseres Zielgebietes mit Autoroute 2000 erledigt, nicht nur deshalb erfolgt die Hinfahrt weitgehend entspannt - da haben wir schon schlimmeres erlebt ...

Wir erreichen die Fähre mehr als rechtzeitig - Abfahrt soll sein um 19:00 Uhr, aber die "M/S Finnclipper" der Finnlines wartet schon viel früher am Hafen von Travemünde:

Baujahr erst 1999, Länge 184,80 m bis 188,30 m (die unterschiedlichen Datenblätter bieten da auch unterschiedliche Angaben - kein Wunder, so ein Schiff "richtig" auszumessen, ist scheinbar nicht so einfach!), Breite 28,70 m, Tiefgang 6,30 m, Maschinen 4 x Sulzer, 510 rpm, 23.040 kW, 30.000 BRZ, Höchstgeschwindigkeit 22 kn (ca. 41 km/Std), 191 Kabinen, 440 Passagiere, Eisklasse 1A. Von letzterer werden wir allerdings (auch in den nächsten Wochen) keinerlei Gebrauch machen ...

Der Finnclipper wartet ... ... und ein sonniger Platz halb draußen auf Deck!

Damit wir nicht immer überall zu spät oder zu früh sind, müssen wir Bordzeit (= finnische Zeit) einstellen: Suuntos 1 Stunde vorstellen, aber das kennt man ja noch vom Vorjahr, oder?

Unmengen von Russen und sonstiger Osteuropäer scheinen sich hier zu tummeln, auch die Aktivitäten von Polizei und BGS scheinen darauf hin zu weisen, dass hier einiges abgeht. Da ist z.B. der nur gebrochen deutsch sprechende Russe (?), der irgend etwas mit 2 Fahrzeugen und einem Ticket oder 2 Tickets und einem Fahrzeug rüber bringen will und irgend etwas von uns als Gegenleistung erwartet - aber er scheitert einfach an der Unverständlichkeit seines Vorhabens - und natürlich an seinem Gesicht! Niemand anderes in der Warteschlange scheint ihn und sein Vorhaben besser zu verstehen als wir oder gar auf seinen Wunsch einzugehen - geradezu idealtypisch, der Mann, als Bote für den Abbau von Misstrauen und Fremdenfeindlichkeit!

Wir legen ab mit einer Stunde Verspätung wegen angeblicher Reparaturen, auch an Bord finden sich unheimliche Mengen an Russen, die zu allem Überfluss natürlich auch so aussehen, wie sich Lieschen Müller und ihr Ehemann die Mitarbeiter der einschlägigen Mafia vorstellen - Wodka fließt ohne Ende ...

Erstaunlicherweise ist das (Umsonst-)Essen Spitze, mehrere Gänge werden geboten, alles bestens, alles "all inclusive". Mit Sicherheit insbesondere deshalb ist diese Fähre regelmäßig bereits viele Monate vor Abfahrt völlig ausgebucht - leicht verständlich, wenn man überlegt, was man z.B. im Vergleich zum "Finnjet" alles spart!

Viele Nachtische werden von den Reisenden genommen, unendliche Berge von Shrimps entstehen, die (natürlich!?) insbesondere von unseren russisch wirkenden Mitfahrern auf ihren Tellern zu einzigartigen Höhen aufgetürmt werden. Zwischendurch und ununterbrochen regeln sie per Handy irgend welche wichtigen Dinge - Deals auf einem reinrassigen Ganovenschiff oder nur "dem Lieschen Müller ihr Ehemann seine spießigen Fantasien" beim Anblick eigentlich ganz normaler anderer Passagiere ..?


Fr. 14.07.00

Für heute und auf "hoher" See geplant: Nichts als relaxen, baden (wo?), Sauna (muss das vor Finnland wirklich schon sein?), Bier (trotz des Preises auf jeden Fall in ausreichender Menge!), Essen (auch heute inklusiv ...), ...

Heute wird erstmalig deutlich, was wir zum Glück derzeit noch nicht wissen: Das Redaktionsfahrzeug steht zwar halb draußen auf Deck - natürlich in der Sonne - aber dass dies der Anfang einer nun beginnenden mehrwöchigen Nonstop-Sonnen-Odyssee ist, ahnt wirklich noch niemand ...

Man macht es sich bequem an Deck ... ... doch sie sind erst der Anfang - ab sofort kennt die Sonne kein Erbarmen!
... Deck-Gewusel ...

18,3 Knoten (34 km/Std) "Speed" machen wir an unserem Seetag - deshalb ist man halt einen vollen Tag auf See - aber nicht etwa unterwegs nach Island mit der Norröna, sondern eben "nur" nach Helsinki!

Hohe Qualität der "all inclusive"-Leistungen vom Frühstück bis zum Abendessen sind auch heute festzustellen, kein Wunder, dass das Schiff derart beliebt ist. Von der Bar bis zum "Sailors Shop" auf Deck 7 und der Sauna auf Deck 9 ist alles da - was will der Pax mehr?

Vom Frühstück an über den Brunch bis zum Abendessen gibt es reservierte Tische. Hat man etwa seine regelmäßigen "Mitsitzer" am Tisch beim ersten unauffälligem Vorbeilaufen als unsympathische Figuren entdeckt und eingestuft, meidet man sie natürlich fortan, sei es, dass man an (inzwischen!) garantiert leeren anderen Tischen Platz nimmt oder aber zur frühest möglichen Frühstückszeit erscheint - das bordeigene "Katz-und-Maus-Spiel" ist eröffnet!

Der Einladung des 1. Offiziers auf die Brücke des Finnclippers können wir nicht widerstehen. Als erstes fällt uns dort allerdings auf, dass wir möglicherweise einen neuen Fehler unserer Suuntos verkraften müssen: Scheinbar 4 mbar zu wenig zeigen sie an, denn sie bringen nur 1000 mbar Umgebungsluftdruck, während der bordeigene Luftdruckmesser auf der Brücke 1.004 mbar ausweist - auf Rückfrage erklärt der Diensthabende, alles wäre auf "Sea Level" geeicht ... Nun, wir werden es auf dieser Tour nicht beweisen können!

Kurs 52° stimmt!

Die Karten zeigen es - wir sind hier richtig! Bord-Navigatoren sorgen für den richtigen Kurs ...
Unterschiede zwischen GPS und DGPS? Weniger als 25m!
Das neuste Wetter kommt aus dem Ticker ...

Der Finnclipper hat zwei GPS an Bord: DGPS und normales GPS (Unser Bild oben zeigt: Der Abstand zwischen beiden Koordinaten ist deutlich kleiner als 25 m!). Während ihrer Fahrten beim Irak- und Bosnien-Konflikt wurde nach Angabe unseres Gesprächspartners eindeutig an der "Selective Availability (SA)" gedreht, was sie an ihren Instrumenten beobachten konnten - wer sollte es besser wissen als diese Männer, die hier täglich unterwegs sind?

Der Explorer und einige andere Autos machen es vielen Deckspassagieren nach: Sie braten in der Sonne, zum Glück waren die Sonnenblenden vorsorglich im Cockpit befestigt worden, so dass die Kühlbox sich nicht beschweren kann - immerhin ahnt sie noch nicht, was in der nächsten Zeit auf sie zu kommt!

Langsam aber sicher wird deutlich, dass man an Bord doch nicht all zu viel unternehmen kann während eines vollen Seetages und letztlich die Reise lang wird für "nur" eine Passage nach Helsinki: Wer Geld sparen will, ist hier sicher auf alle Fälle gut aufgehoben, aber solchen Passagieren, denen die Zeit wertvoller ist als das Eingesparte, kann man vermutlich nur den "Finnjet" ab Rostock als Alternative empfehlen, mit diesem ist man schließlich nur eine Nacht unterwegs ...


© Text/Bilder 2000 J. de Haas