"American Star" - Eine "Autopsie" durch die See ...

 von Bill Lee


Am 18. Januar 1994 lief ein Schiff der Vorkriegszeit vor den Kanarischen Inseln auf Grund, das sich auf dem Weg nach Thailand vom Schlepptau los gerissen hatte und vom Sturm auf eine felsige Küste getrieben worden war. Allerdings handelte es sich hierbei nicht um irgend ein beliebiges unglückseliges Schiff, sondern vielmehr um einen einzigartigen Ozeanriesen mit einer langen und umfangreichen Geschichte.

1994 nach dem Auflaufen: Noch ist das Schiff intakt ...Entworfen und gebaut zur Zeit des Gipfelpunkts der transatlantischen Passagierschifffahrt gegen Ende der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts, war sie ursprünglich bekannt als SS AMERICA - Königin der amerikanischen Handelsmarine.

Nachdem man sie aufgegeben hatte, wurde das Naheliegende erwartet, nämlich dass sie auseinander brechen und innerhalb einiger weniger Monate verschwinden würde, oder aber höchstens im Rahmen von ein bis zwei Jahren. Jedoch widerstand sie der zerstörerischen See bei weitem länger.

Dies nun ist die Geschichte der Ereignisse vom Zeitpunkt ihres Auflaufens bis zur nahezu vollständigen Zerstörung des Wracks im Frühjahr des Jahres 2006.

Das Folgende ist eine Analyse aufgrund von Schlussfolgerungen, die auf Fotos beruhen, auf Plänen des Schiffes, auf bekannten Einzelheiten seiner Struktur und auch auf Beobachtungen von Personen, die sich an Bord wagten, bevor Wind und Wellen dieses immer gefährliche Abenteuer noch risikoreicher machten.

Sogar heute noch, über 12 Jahre nach dem Auflaufen, macht das Wrack seinen Erbauern immer noch Ehre - den Konstrukteuren, die so oft eine archaische Redewendung für die Stärken ihrer seetüchtigen Geschöpfe verwendeten: "Kraft für die Hölle ..." 


Anfangs hatte es für interessierte Zuschauer noch so ausgesehen, als ob sie nach dem Abflauen des Sturms sicher wieder flottgemacht werden könne. Aber ein Sturm in Orkanstärke und riesige Brecher hörten nicht auf damit, das vom Glück verlassene Wrack praktisch mit seiner Breitseite quer zur See zu drehen. 

Während das eine Ende des Schiffes auf verheerende Art und Weise am felsigen Ufer fest hing und sich das andere Ende noch über Wasser hielt, wurde der Rumpf rund 48 Stunden lang erbarmungslos durchgebogen. Schließlich brachen Rumpf und Aufbauten - mehr als 55 Jahre, nachdem sie zusammengebaut worden waren - vollständig auseinander: Das Ergebnis von  Materialermüdung. Diese Katastrophe brach dem Schiff letztlich das Rückgrat und beendete alle pragmatischen Überlegungen hinsichtlich einer Bergung ...

Nach 48 Stunden der Bruch ...

Das Schiff brach achtern von dem Querschott auseinander (Anm. der Red.: also hinter dem Schott), das normalerweise den Maschinenraum vom hinteren Kesselraum trennte. Der Bruch erfolgte ungefähr am Rahmen 140, direkt hinter dem hinteren (richtigen) Schornstein (Anm. der Red.: Die Bruchstelle lag im Bereich von einem Treppenhaus und Aufzügen, was diesen Bereich zusätzlich schwächte).

Komischerweise war das fast genau die Stelle, an der auch die Deckspläne und Innenlängsschnitte aufgeteilt waren (siehe Bild unten), aus denen man im Jahr 1940 nach der Fertigstellung des Schiffes einen zweiseitigen Prospekt machen wollte ...  

Längsschnitt: Bruchstelle an der Aufteilung von Plänen ..?!

Während sich das abgetrennte Heck in tieferer See immer noch über Wasser hielt, wurde es leicht nach Steuerbord (also nach rechts) geschoben und damit in Richtung Strand. Zwei Jahre nach dem Auflaufen - begünstigt durch zunehmendes und auch ungleichmäßiges Fluten des Wracks - rollte das Achterschiff schließlich endgültig zur Backbordseite (nach links) und versank (Anm. der Red.: Siehe hierzu auch unseren Nachtrag zu Spekulationen über den möglichen genauen Ablauf).  

Strukturelle Erweiterungen, die man im Jahre 1964 achtern an ihren Ober-, Promenaden- und Sonnendecks vorgenommen hatte, trugen sehr wahrscheinlich zu einem instabilen Zustand bei, der schließlich zum Verlust von diesem Teil des Schiffes führte. Zusätzlich hatte wohl auch die erfolgte Aufgliederung in eine Vielzahl von Innenabteilungen möglicherweise genau den entgegengesetzten Effekt von dem, der von den Konstrukteuren beabsichtigt war und beschleunigte am Ende noch das Wegbrechen des Heckbereiches ...

Das Achterschiff rollte endgültig zur Seite und versank ...  

Das Eindringen der See in den aufgebrochenen Rumpf schritt wahrscheinlich von Deck zu Deck voran, insbesondere während einiger aufeinander folgender Stürme.

Als sich die See erst einmal Zugang zum C-Deck und dann vermutlich auch zu den Decks darüber verschafft hatte, konnten die vielen feuerdämmenden Schotte (und auch einige relativ dünne Stahlschotte) leicht durchbrochen werden. Im Ergebnis drang schließlich Wasser in diese Bereiche ein und strömte in Richtung der niedriger gelegenen Backbordseite, um sich dort zum großen Teil zu sammeln, auch gestaut von Trümmerstücken. 

Das Wasser sammelte sich meterhoch auf dem C-Deck ...Dies allein bereits erzeugte zusammen mit der Masse an Aufbauten, die zuvor achtern auf den Ober- und Promenadendecks ergänzt worden waren, einen gefährlich hohen Schwerpunkt für das Heckteil, nachdem es vollkommen vom Vorderschiff abgebrochen war.

Zusätzlich müssen Bullaugen leckgeschlagen oder von Brechern auf der Backbordseite zerstört worden sein. Plünderer entfernten darüber hinaus viele Messingrahmen der Bullaugen mitsamt dem schweren Glas auf beiden Seiten des Schiffs und verwendeten diese an Land (siehe hierzu auch den Filmbericht vom NDR und den Besuchsbericht vom Explorer Team in der Cafeteria El Naufragio).

Das Wasser sammelte sich offensichtlich auf dem C-Deck meterhoch an, wie das Bild rechts zeigt. Das eigenartige Ergebnis dabei war, dass das Wasser nun aus den offenen Bullaugen der Steuerbordseite spritzte, wenn die Brecher auf die Backbordseite des Hecks trafen (Anm. der Red.: Genau denselben Effekt haben wir bei unserem Besuch im Februar 2006 nun auch am verbliebenen Vorderschiff des Wracks erlebt ).

Achtern, sowohl auf dem (unter dem C-Deck liegenden) D-Deck, als auch auf dem Frachtdeck noch darunter (siehe Deckspläne unten), verfügte das Schiff über eine Anzahl von Tanks, die normalerweise Flüssigkeiten enthielten. Diese Tanks aber waren vermutlich bereits geleert worden, bevor das Schiff auflief - um den Widerstand während des Schleppvorgangs zu reduzieren. Zusätzlich dürften auch die Treibstofftanks bereits lange vorher leer gepumpt worden sein, um das wertvolle Öl zu bergen.

Andere Tanks dürften ebenso leer gepumpt worden sein - so zum Beispiel um das Schiff seinerzeit im griechischen Hafen vor dem Sinken zu bewahren, als eine Leitung im unbeaufsichtigten Maschinenraum platzte und eine erhebliche Überflutung in diesem Bereich verursachte, bevor das Problem entdeckt und behoben werden konnte.    

Deckspläne, die Schlussfolgerungen zulassen ...

Das Fluten all dieser Tanks aus der unmittelbaren Meeresumgebung heraus (nach dem Auflaufen) war sehr unwahrscheinlich, da die Schiffskonstruktion unten über einen vollständigen Doppelrumpf verfügte und dieser Teil des Schiffs offensichtlich auch nie auf Grund gelaufen war. Auch hätte die innere Hülle sehr wahrscheinlich selbst dann, wenn die Außenhülle in diesem Bereich beschädigt worden wäre, einige - wenn nicht sogar alle - Tanks geschützt, die auf den beiden Decks direkt darüber lagen. All dies dürfte insgesamt einen weiteren Beitrag zu einem recht instabilen Zustand des Hecks geleistet haben (Anm. der Red.: Insbesondere durch den Auftrieb der leeren Tanks und die zusätzlichen Aufbauten, die eine gewisse Kopflastigkeit erzeugten, sowie die nun fehlende Verbindung zum Vorderschiff, die ein Abrollen zur Seite begünstigte).

Zusätzlich verläuft das Heckprofil unten im Bereich vom Ruder und den Schrauben stark ansteigend und bot somit sehr wenig Ansatzpunkte, die zu einer Stabilisierung des abgetrennten Achterschiffs hätten beitragen können. Und schließlich spricht noch alles dafür, dass auch die See darunter viel zu tief war, als dass sich von unten aus irgend eine Abstützung hätte ergeben können.

Wenn man vorliegende Bilder untersucht, erscheint es weiterhin so, dass einige der Aufbauten im Backbordbereich des Hecks der Gewalt der See später nachgaben oder aber nicht mehr in der Lage waren, sich in der ursprünglichen Ausrichtung zu halten, als dass Achterschiff nach Backbord zu rollen begann.

Dies ergab sich vielleicht zum großen Teil aufgrund der nach Backbord überhängenden Masse. Dieser Sachverhalt war in denjenigen Bereichen ausgeprägter, die erheblich modifiziert worden waren und damit wohl versehentlich einen zu hohen Schwerpunkt erhielten, und er trug sehr wahrscheinlich damit bei zum relativ schnellen Kentern des Achterschiffs. Die unveränderten Bereiche des Rumpfes am äußersten hinteren Teil des Hecks schienen diesen Kräften bis zum tatsächlichen Ende eher zu trotzen (Anm. der Red.: siehe dazu auch 4. Bild von oben).

Im Jahr 2001: Das Vorderschiff immer noch gut erhalten ... Dieses Ende kam schließlich im Jahr 1996, als als das Achterschiff endgültig auf die Backbordseite rollte und verschwand.

In der Zwischenzeit überstand das imposantere Vorderschiff die unbarmherzigen Angriffe der See scheinbar ohne aus der Fassung zu geraten. Der kräftige Rumpf des Schiffes und gleichermaßen starke Aufbauten hielten zusammen und so brauchte die Natur Jahre, um Stücke davon zu entfernen.  

Aber es gelang ihr schließlich doch: Zuerst wurden Beplankungen des Rumpfes weg gerissen, die sich am nächsten an der Bruchstelle des Wracks befanden. Dennoch: Auch Jahre nach dem Auflaufen und trotz Stürmen, Plünderungen und in Anbetracht jeglicher fehlender Wartung lag das Vorderschiff zum großen Teil noch unverändert dort.

Aber diese Überreste zeigten ganz klare Anzeichen äußerlichen Verfalls - wie auch zu erwarten gewesen wäre bei jedem derart vernachlässigten Metallgegenstand, der so lange einer solch rauen Meeresumgebung ausgesetzt war. Bedrohlicher dagegen war, dass ein wesentlicher Teil der Außenhülle unter dem Schornstein bereits in der See verschwunden war und dadurch der Bereich unter dem Schornstein und mehrere obere Decks nicht mehr ausreichend abgestützt erschienen.

Zusätzlich - und das zeigt die Montage des Längsschnitts und eines unserer Bilder vom Mittschiffsbereich ganz deutlich (unten links) - war die relativ gleichmäßige Bruchstelle am Rahmen 140, welche die Maschinen- und vorderen Kesselräume ursprünglich scheinbar intakt gelassen hatte, mittlerweile von einem schlimm ausgefransten Riss ersetzt worden.

Irgendwann zwischen 1994 und der Jahrtausendwende hatte offensichtlich ein Sturm (oder auch mehrere) die massiven Zwillingsmaschinen sowie das Trio der vorderen Heizkessel mit allem, was damit verbunden war, einschließlich großer Teile des inneren Bodens sowie der seitlichen Kesselkonstruktion, heraus gerissen (Anm. der Red.: Übrig geblieben von dieser Konstruktion waren die oft diskutierten "Stützen" im hinteren Bereich - siehe dazu weiter unten).  

Längsschnitt-Montage Mittschiffs: Reste der Kesselkonstruktionen erkennbar ... ... und Längsschnitt-Montage vorn: Das berühmte "Bug-Loch" ...

Weiter vorn (siehe Bild oben rechts und unten) wurde zunächst nur bemerkt, dass ein kleinerer Teil der Rumpfbeplankung und der zugehörigen verstärkenden Konstruktion im Bereich des Frachtraums 1 verschwunden war. Mit der Zeit verlängerte sich dieses so genannte "Bug-Loch" wesentlich und erstreckte sich schließlich auf die volle Länge der Frachträume 1 und 2.

Die Zerstörung erfolgte in Höhe der Wasserlinie und verursachte möglicherweise den Verlust der unteren Bereiche des Querschotts in der Nähe des Rahmens 48, beeinträchtigte aber nicht die Stabilität des Rumpfes darüber, wie die vorderen Ladebaum-Masten bewiesen, deren Ausrichtung erhalten blieb.

Aufgrund dieser zunehmenden Zerfallserscheinungen vermuteten viele Beobachter nun allerdings bereits im Jahr 2002, dass das endgültige Ende jetzt bevorstehen würde. Aber dies war fast noch vier weitere Jahre lang nicht der Fall ...      

Freier Durchfluss im Bereich des "Bug-Lochs" ...

Tatsächlich wurde aufgrund dieser großen Öffnungen zur See hin die harte Wirkung der auf die Backbordseite aufschlagenden Wellen ein wenig dadurch abgemildert, dass das Wassers ungehindert quer durch diese Öffnung fließen konnte. Weniger sichtbar für diejenigen, die das Wrack vom Strand aus beobachteten, war ein wesentlich bedeutenderer Verlust der Rumpfbeplankung entlang der Wasserlinie an der gesamten Backbordseite. Dieser Sachverhalt führte schließlich zu einer dramatischen Zustandsveränderung des Wracks in den folgenden Jahren.

Vom Jahr 2002 an erschien die Lücke unterhalb ihres hinteren Schornsteins zunehmend bedrohlich. Wie man dem Längsschnitt oben entnehmen kann (vgl. zusätzlich auch Längsschnitt-Montage oben links), wurden die Kesselrohre oberhalb der Maschinen in Richtung zum Schornstein hin zusammengeführt. Durch den Verlust des Hecks wurde einer großer Bereich, in dem einst die Rohre des hinteren Kesselraums verliefen, nun voll der Gewalt der Elemente ausgesetzt.

Die Rohre bestanden aus relativ leichtem Stahl und waren weder darauf ausgelegt noch ausreichend geschützt, um es mit der vollen Wucht der See aufzunehmen. Sie überstanden dies auch offenbar nicht allzu lang, da sie höchstwahrscheinlich sehr schnell entsprechend zugerichtet und weggerissen wurden. Während der gesamte Mittschiffsbereich der offenen See zugewandt und den Elementen vollkommen ausgesetzt war, litten die Innereien der verschiedenen Decks, die in der Nähe der Bruchstelle zum Heck lagen, zweifellos gewaltig an der gesamten Einwirkung von Wind und Wellen ...

Bordluke, die von Besuchern des Wracks in dieser Position belassen wurde ... Stützen, die zum vorderen Teil des Maschinenraums gehörten ...

Die noch sichtbare Anordnung von Bullaugen, die man in Nahaufnahmen sieht, weisen darauf hin, dass die Kabinen in diesem Bereich (auf dem vorderen B-Deck) und die meisten - wenn nicht sogar alle - des Hauptspeisesaals (auf dem A-Deck) immer noch baulich intakt waren (siehe Bild oben links). Aber ihre Innenausstattung war sicherlich bereits dadurch ruiniert, dass sie den Elementen bis dahin voll ausgesetzt war.

Die offene Bordluke (auf dem Hauptdeck, Bild oben links) war offensichtlich von Leuten in dieser Position belassen worden, die das Wrack anfangs aufgesucht hatten.

Ein anderes Foto (Bild oben rechts), das von einem etwas anderen Winkel aus aufgenommen wurde, zeigt zwei Stützen, die einst zum oberen, vorderen Teil des Maschinenraums gehörten (vgl. auch Längsschnitt-Montage oben links). Die Menge abgerissener Kabel, die dort an der Bruchstelle herunter hängen, verbanden einst die Hauptschaltzentrale (untergebracht mittschiffs und achtern im Maschinenraum) mit einem Generatorraum auf der Steuerbordseite des B-Decks, und zwar auf der Innenseite des Hauptdurchgangs auf diesem Deck.

Vom Jahr 2003 an brachte die Ansicht der gesamten vom Strand aus sichtbaren Steuerbordseite weiteren Aufschluss: Das Bild unten (Anm. der Red.: aus dem Jahr 2004) zeigt, dass die Rumpfbeplankung weiter weggebrochen ist von der ursprünglichen Bruchstelle (ungefähr am Rahmen 140) hin nach vorn bis zum Querschott am Rahmen 114. Diese für die Gesamtstruktur entscheidende Stelle, ein wasserdichtes Schott, das den vorderen Kesselraum von den übrigen Bereichen im Bug des Schiffes abteilte, lag mehr als 20 Meter von der ursprünglichen Bruchstelle entfernt. 

Als Ergebnis dieses Prozesses erschienen Teile des Rumpfes und der Aufbauten - so auch der Schornstein des Schiffes - direkt über der Stelle, an der einst der Maschinenraum lag (vgl. Längsschnitt-Montage oben links), nicht mehr ausreichend abgestützt. Wahrscheinlich aber war die sehr starke und in sich verflochtene Struktur, die den Bereich der Haupt- und Oberdecks bildete, die Ursache dafür, dass sich der Schornstein so lange stolz und aufrecht halten konnte. Dies ist vor allem den Erbauern zu verdanken, die eine derartig tragfähige Konstruktion schufen, die den Winterstürmen des Nordatlantiks standhalten sollte.

Weiter vorn war ebenfalls eine tragende Querkonstruktion intakt geblieben mit dem wasserdichten Schott in Höhe des Rahmens 74 (siehe Längsschnitt-Montage oben rechts). Wichtig war dabei, dass es sich direkt unter dem Bereich der Brücke befand und diesen damit im Wesentlichen abstützte ...   

Blick auf hintere "Stützen" und das "Bugloch" ...

Unter den Farbschichten, die von den Elementen abgetragen wurden, war auch die rote Schicht enthalten, die auf dem Schornstein aufgebracht worden war, bevor das verhängnisvolle Schleppmanöver begann. Auf dem Bild oben wird so nun etwas blaue Farbe aus der früheren Dienstzeit des Schiffes sichtbar, gemeinsam mit dem griechischen Buchstaben "Chi" (Anm. der Red.: Es handelt sich hier um den Buchstaben, der für "Ch" steht und in Großschreibung "X" lautet. Die Reederei "Chandris" hatte auf diese Weise ihren Anfangsbuchstaben auf dem Schornstein angebracht - siehe dazu auch unsere bereits oben erwähnte Historie zur SS America).

Obwohl die Takelage der Masten über die Jahre hinweg ihre Spannung verlieren mussten, blieben der Vormast und die vorderen Ladebaum-Masten lange hartnäckig an ihrem Platz. Nicht sichtbar auf dem Bild ist eine der beiden Antriebsschrauben, die zu dieser Zeit immer noch auf dem Vordeck des Schiffs lag. Von den Schraubenwellen abmontiert, um den Widerstand während des Schleppmanövers zu reduzieren, waren sie offensichtlich zu schwer für die See, um sie sich einzuverleiben (siehe dazu auch unser Bild unten im Beitrag: Der Zahn der Zeit). Anscheinend aber auch zu schwer für die bescheidenen Möglichkeiten der Inselbewohner: Eine der Schrauben stürzte in die See aufgrund von unzureichendem Hebegerät, das bei dem Versuch, sie fortzuschaffen und zur Verschrottung zu verkaufen, benutzt wurde ... 

Nur noch geringe strukturelle Abstützung auf der Backbordseite ...

Während die Jahre vergingen, gab es insbesondere von der Backbordseite immer schlimmere Bilder zu sehen, die zunehmende strukturelle Verfallserscheinungen zeigten. Ungefähr ab Mitte des Jahres 2005 ließ der Anblick des Wracks erkennen, dass da nur noch sehr wenig von der Konstruktion übrig war, um die Masse und das Gewicht der Aufbauten abzustützen, die eine konstante Neigung von rund 5° zur Backbordseite über ein Dutzend Jahre beibehalten hatten (siehe Bild oben).

Nicht nur war bereits sehr viel von der Rumpfbeplankung auf der Backbordseite mittlerweile verschwunden, als das Bug-Foto unten links aufgenommen wurde, sondern darüber hinaus auch alle Querschotts auf dieser Seite sowie die Außenkessel des vorderen Kesselraums. Ganz einfach gesagt, war zu dieser Zeit die noch verbliebene senkrechte Abstützung der Wrackreste im Grunde genommen nur noch auf diejenigen Teile der Konstruktion auf der Steuerbordseite der Längsachse des Schiffes reduziert, die auf der felsigen Sandbank auflagen.

Darüber hinaus war festzustellen, dass ein Teil der Beplankung der Steuerbordseite, unterhalb der gefährlich wirkenden überhängenden Konstruktion, die immer noch den Schornstein abstützte, aus ihrer Lage gedrückt worden war und in einem beachtlichen Winkel abstand. Dies mag durch die Gewalt eines heftigen Sturms geschehen sein oder aber durch eine extreme Belastung auf dieser Seite, die die Verformung verursacht haben könnte.

Auf der Backbordseite ein Großteil der Rumpfbeplankung verschwunden ... Der Zusammenbruch war nur eine Frage der Zeit ...

Und selbst für nur gelegentliche Betrachter war mittlerweile recht klar, dass die Kräfte, die hier eine derartige zusätzliche Zerstörung bewirken konnten, weit über der Fähigkeit des Wracks lagen, noch länger widerstehen zu können.

Im Herbst des Jahres 2005 schließlich konnten die steuerlosen Überreste während eines der heftigen Stürme schließlich nicht mehr länger gegen einen katastrophalen Zusammenbruch des Rumpfes auf der Backbordseite ankämpfen: Die Konstruktion des Schiffes in der Umgebung der B-, C- und D-Decks insbesondere auf der Backbordseite war zweifellos erheblich deformiert und brach möglicherweise vollständig zusammen (siehe hierzu auch den Bericht und die Bildfolge in unserem schon erwähnten Beitrag: Der Zahn der Zeit). Äußerlich änderte sich das Erscheinungsbild des Wracks merklich, als der hintere "echte" Schornstein in die See stürzte, was nach derzeitigen Erkenntnissen zwischen dem 13. und 15. November 2005 geschah.

Obwohl dies dazu führte, dass sich der Schwerpunkt des Wracks zu einem Punkt deutlich backbord von der Längsachse des Schiffes verlagerte, verhinderte der felsige Untergrund offensichtlich, dass die gewaltige Masse vollkommen zur Seite rollte (siehe Bild oben rechts). Trotz der extremen Lage des Rumpfes ergab sich dadurch eine irgendwie stabile Position. Jedoch muss diese dynamische Verschiebung des Masse im Ausgleich zu einer plötzlichen Überlastung der Rumpfbeplankung auf der Steuerbordseite geführt haben und verursachte, dass diese zusehends schwächer wurde und sich in der Umgebung der Bruchstelle mittschiffs weit heraus wölbte. Zusätzlich scheint sich die Gleichgewichtslage des Wracks ein wenig mehr nach achtern verlagert zu haben, was ebenfalls zu einer erheblichen strukturellen Verwindung auf der Steuerbordseite in Höhe der Wasserlinie geführt haben mag.

Das Ergebnis war eine drastische und unumkehrbare Änderung in der Erscheinung: Das Wrack hatte nun eine Neigung von mehr als 30° eingenommen, was der See jetzt ermöglichte, die Aufbauten der Backbordseite direkt anzugreifen ...   

Die Aufbauten der Backbordseite nun nicht mehr geschützt ...

Innerhalb weniger Wochen, in denen die relativ leichtgewichtigen Aufbauten der Backbordseite direkt den zerstörerischen Kräften der Wellen ausgesetzt waren, brachen auch diese zusammen. Ohne die wichtige Abstützung verschwand schon bald der charakteristische Schornstein für immer in den Fluten, gemeinsam mit dem Flügel der Brücke auf der Backbordseite und großen Teilen der Sonnen- und Promenadendecks. Etliche der Aufbauten auf der Steuerbordseite, die danach übrig geblieben waren und den Elementen so lange widerstanden hatten, waren nun nur noch Fassade: Weniger als ein Drittel des ursprünglichen Schiffes war zu diesem Zeitpunkt noch übrig geblieben ...

Anfang März 2006: Der Zusammenbruch geht weiter ...Die Steuerbordseite hing weiter fest auf dem felsigen Untergrund durch die verbliebene Tonnage und vermutlich weil sie ursprünglich so weit auf das Ufer getrieben worden war.

Anfang März 2006 hatte die Gewalt der See schließlich weitere verbliebene Bereiche der Promenaden- und Sonnendecks auf der Backbordseite abgetrennt, was dazu führte, dass die Brücke und der Stummel des vorderen Schornsteins sowie der Vormast mittlerweile eine Neigung von gut  40° einnahmen.

Zusätzlich zeigte die Rumpfbeplankung auf der Steuerbordseite nun noch weitere Verwindungen und etliche zusätzliche Wrackteile tauchten in der Meeresumgebung auf. All diese Zersplitterungen führten auch dazu, dass eine Fülle von Material am Strand angeschwemmt wurde.

Vermutlich - und wahrscheinlich schon sehr bald - werden weitere Stürme diese "Autopsie durch die See" zum Ende bringen, die nun schon seit über 12 Jahren andauert, und sie werden die noch sichtbaren Überreste der einstigen SS America in das Meer versenken und ein für alle Mal wieder mit all den anderen Teilen dieses einst mächtigen Schiffes vereinigen.

Für immer.

Und die unbarmherzige See wird weiter ihr Grab umspülen ...

Bill Lee,
im März 2006


1. Nachtrag, April ´06: Nur wenige Wochen später ...

Wie von Bill bereits angesprochen und in unserem Beitrag "Es geht dahin ..." erwähnt, geht es weiter mit der "Autopsie": Bereits wenige Tage nach Fertigstellung dieses Berichtes war ein Nachtrag erforderlich. Hier die aktuellen Kommentare von Bill zu den Fotos von Matt & Sandy Barker: 

Nun zeigen sich weitere Zerstörungen im Bereich der Brücke - der Vormast ist komplett verschwunden und auch der Bereich um den Stumpf des vorderen Schornsteins herum wurde weggeschwemmt.

Noch kann man es nicht ganz sicher sagen, aber es wirkt so, als ob auch die Schraube, die auf dem Vordeck gelagert war seit dem Abschleppmanöver (Anm. der Red.: siehe dazu auch unser Bild ganz unten am Anfang unseres Besuchsberichtes), nun ins Meer gestürzt ist (vielleicht auch weil das Wrack nun noch mehr nach Backbord geneigt ist - ich bin nicht ganz sicher).

Auf jeden Fall ist die Brücke und der Fuß des vorderen Schornsteins nun noch mehr zur Seite geneigt als die Reste von dem, was übrig geblieben ist.

Ich fürchte, wir werden bald Bilder von noch größeren Zerstörungen sehen. Vermutlich wird das Gewicht der Diesel-Notgeneratoren und der Batterien im Fuß des vorderen Schornsteins diese sehr bald auch zu Fall bringen.

Dieselgeneratoren und Batterien im Stumpf des vorderen Schornsteins ... ... werden bald verschwunden sein...

Die Bilder wurden Anfang April ´06 aufgenommen. Offensichtlich ist das Wrack nun noch weiter auf die Backbordseite gerollt (der Rumpf hat mittlerweile die erstaunliche Schräglage von rund 45°). Im Ergebnis liegt das Oberdeck des Schiffes inzwischen direkt auf Meereshöhe ...

Nun können die Wellen direkt die Aufbauten der Backbordseite angreifen, und - das ist jetzt der aktuelle Stand - die Aufbauten der Brücke brechen nun sehr schnell auseinander und der Stumpf des vorderen Schornsteins hat sich inzwischen noch weiter nach Backbord geneigt. Schwer abzuschätzen, aber vermutlich so um die 55° - er wird vermutlich sehr, sehr bald verschwinden ...


2. Nachtrag, März ´07: Beschleunigte Zerstörung der Überreste ...

Die vorderen Ladebaummasten halten noch Stand ...Im Verlauf des Jahres 2006 und des ersten Vierteljahres 2007 beschleunigte sich die Zerstörung der Überreste der American Star erheblich. Die See schluckte mittlerweile beständig große Teile der Aufbauten und riss in schockierendem Umfang Teile ihres einst so stämmigen Rumpfes weg.

Zusätzlich führten erhebliche strukturelle Verluste auf der Backbordseite zu einer weiteren Verstärkung der Seitenneigung, die mittlerweile auf mehr als 55° zu schätzen ist. Auf diese Weise wird es nun für jeden unmöglich, der noch tollkühn genug wäre, an Bord der Überreste zu gelangen, dort aufrecht stehen zu können.

Nichtsdestotrotz bleiben ihre beiden vorderen Ladebaummasten immer noch an ihrem Platz, was sicherlich als eine anerkennenswerte Leistung ihrer Konstrukteure und Erbauer anzusehen ist, auch wenn einige Teile der abstützenden Takelage mittlerweile nicht mehr intakt sind.

Die erhebliche Abnahme ihrer noch verbliebenen Tonnage erlaubt es mittlerweile den Brechern, regelmäßig über alle Bereiche zu spülen und auch in sämtliche inneren Bereiche vorzudringen. Nur ihr einst stolzer Bugbereich erscheint derzeit noch vergleichsweise unbeschädigt und zeigt nun in Richtung des nahen Strandes in einer Lage, wie man sie in all den Jahren ihres Bestehens noch nie gesehen erlebt hat.

Eine der Frachtwinden hat sich aus dem Fundament gelöst ...Beide ihrer vorderen Frachträume sind nun zur See hin geöffnet; und zwar nicht nur die unteren Bereiche dieser Räume, sondern auch darüber, seitdem die Lukenabdeckungen den unablässigen Schlägen der See nachgegeben haben.

Viele der auf dem Vorschiff installierten Deckausrüstungsgegenstände sind mittlerweile verschwunden und eine ihrer Frachtwinden hat sich bereits vollkommen aus ihrem Fundament gelöst und wartet nur noch auf die nächsten ein oder zwei Stürme, um ebenfalls aus dem Blickfeld zu verschwinden.

Die offensichtlich größte Veränderung für alle diejenigen, die ihre langsame Zerstörung während der letzten 13 Jahre seit ihrem Auflaufen verfolgt haben, ist das komplette Verschwinden ihrer gesamten Aufbauten. Alles oberhalb des Oberdecks ist nun verschwunden.

Die Grafik unten veranschaulicht die massiven Verluste, die seit ihrem Auseinanderbrechen stattgefunden haben. Ein großer Teil davon erfolgte im letzten Jahr. Alles in dem rot gekennzeichneten Bereich ist mittlerweile weg gebrochen. Was nun noch vorhanden ist, blieb nur deshalb übrig, weil ihr Oberdeck als Oberseite der Rumpfstruktur konstruiert wurde. Die leichteren Stahlkonstruktionen oberhalb dieser Grenze konnten der Gewalt der offenen See nicht standhalten, nachdem sie dieser erst einmal direkt ausgesetzt waren.

Alles im rot markierten Bereich mittlerweile verschwunden ...

Der mittschiffs erfolgte Bruch, der ihre innersten Bereiche offen gelegt hat, führte mittlerweile dazu, dass rund 40% der verbliebenen vorderen Hälfte des Schiffes abgerissen wurde. Zweifellos wurde das, was noch übrig blieb, mittlerweile im Inneren zerstört und nur eine stark geschwächte "Hülle" des Schiffes ist übrig geblieben.

Der Hubschrauberflug zeigt ein Bild der Zerstörung ...Wie das Bild auf der rechten Seite zeigt, sind an der Rumpfbeplankung wesentliche Zerstörungen festzustellen sowie auch im Bereich des vorderen Promenadendecks. Einige dieser strukturellen Beschädigungen sind zweifellos bereits seit Jahren voran geschritten; sie waren allerdings vorher nicht sichtbar, bis nun die Aufbauten vollständig weg gerissen wurden.

Der Verlust der gesamten Struktur oberhalb der Beplankung des Promenadendecks wurde sehr wahrscheinlich beschleunigt durch diesen Sachverhalt.

Der grüne Pfeil zeigt, wie weit sowohl nach vorn als auch in Richtung auf die Steuerbordseite hin der strukturelle Verlust bereits fortgeschritten ist. Offensichtlich ist nur noch sehr wenig darunter übrig geblieben - man beachte, wie die Sonnenstrahlen durch die wenigen noch auf der Steuerbordseite verbliebenen Bullaugen direkt nach unten auf die See fallen.

Der blaue Pfeil zeigt, wo der Sockel der vorderen, gebogenen Spundwand auf diesem Deck lag und der rote Pfeil zeigt auf einen Rest der Schiffsaufbauten - zerrissen und völlig dem nächsten Sturm ausgeliefert (Anm. der Red.: Bei unserem Überflug wurden bereits alle rechts neben dem roten Pfeil senkrecht und lose herabhängenden Teile vom Wind hin- und hergeweht).

Wie das Foto unten deutlich macht, ist bereits so viel von der Beplankung auf der Backbordseite und auch von benachbarten Decks durch die Naturgewalten vereinnahmt worden, dass die Steuerbordseite bis zu einem gewissen Umfang nach innen eingebrochen ist. Zusätzlich ist mindestens ein großer Bereich davon weg gebrochen und liegt nun dichter am Strand, neben dem Hauptteil des Wracks.

Wie lange es noch dauern wird, bis keine erkennbaren Teile der AMERICAN STAR mehr übrig bleiben, mag sich jeder selbst beantworten. Das wahrscheinlichste Szenario sieht heute so aus, dass der Bug komplett auf die Backbordseite bis zu einer gewissen endgültigen Position rollen wird, wobei der Rumpf möglicherweise zu einem undefinierbaren Haufen rostigen Metalls zusammenbricht und auch die Ladebaummasten schließlich in der See verschwinden.

Aufgrund des flachen Wassers, in dem der Bugbereich seine endgültige Position finden wird, könnte es noch Jahrzehnte dauern, bis sich alle Spuren dieses einst stolzen Schiffes vollständig unseren Blicken entziehen. Bis dahin wird das, was die Stätte ihres Endes gut erkennbar machen wird, eine trostlose "Grabmarkierung" aus ihren zerstörten Überresten sein ...

Mindestens ein großer Bereich hinten ist weggebrochen ...

3. Nachtrag, April ´07: Das endgültige Ende naht

Um den 20. März 2007 herum traf ein weiterer Sturm die Überreste mit voller Wucht. In einem Video, das während des Höhepunkts des Sturms aufgenommen wurde, ist zu erkennen, wie der Bug des Wracks (und insbesondere der eine noch verbliebene Ladebaummast) sich leicht auf- und abbewegt, während die Brecher das Vorschiff immer wieder kurz überfluten, das seit den Zerstörungen im Vorjahr erheblich an Masse verloren hat.

Bug und Ladebaummast bewegen sich auf und ab in den Brechern ...

Nachdem sich die heftigen Wetterbedingungen wieder normalisiert hatten, blieb das Vorschiff in drei klar erkennbaren Bruchstücken zurück und hatte sich leicht in Richtung zur See hin gedreht. Der linke Ladebaummast war abgerissen worden und die letzten Überreste des Wracks haben nun eine erhebliche Schlagseite.

Diese neuste und große Zerstörung ist offensichtlich Folge der langen, geradlinigen Öffnungen, die durch die Einwirkungen der See entlang der Wasserlinie im Bereich der zwei vorderen Frachträume entstanden sind sowie der erheblichen Schwächung der Rumpfbeplankung auf der Backbordseite und der inneren Stützstreben - die den Zerstörungskräften der See über 13 Jahre ausgesetzt waren ...

Das Vorschiff blieb in Bruchstücken zurück ... ... die Bruchstellen im Bild gekennzeichnet

Im Bild oben rechts eine graphische Darstellung der Überreste, die derzeit noch vorhanden sind und zumindest bei ruhiger See teilweise erkennbar sind. Die jüngsten Bruchstellen sind dabei durch die senkrechten schwarzen Linien gekennzeichnet.

Wie es scheint, versuchte der Bug vor seinem Bruch in drei Teile noch in tieferes Wasser zu entkommen und damit all die traurigen Erinnerungen an das einst so stolze Passagierschiff auszulöschen. Ein oder zwei weitere Stürme sollten die Spuren ein für alle Mal beseitigen.


4. Nachtrag, Januar ´08: Die Zerstörung beschleunigt sich nochmals ...

Seit dem Frühjahr 2007 haben die Überreste der AMERICAN STAR eine ganze Serie weiterer und erheblicher Veränderungen durchgemacht. Die nachfolgenden Bilder unten wurden im September, November sowie Dezember 2007 aufgenommen.

Der Teil des Rumpfes, der noch den letzten übrig gebliebenen Ladebaummast trug, brach etwa um die dieselbe Zeit zusammen, als dieses Bruchstück des Bugs aus dem Blickfeld verschwand. Diese Änderung wurde erstmals am Morgen des 22. November 2007 sichtbar und war zweifellos die Folge des unaufhörlichen Aufpralls von Brechern auf die erheblich beschädigte Konstruktion.

Andere Wrackteile, die nicht mehr zugeordnet werden können, erscheinen und verschwinden im Blickfeld je nach Laune von Wind und Gezeiten.

Die noch verbliebene Spitze des Bugs (Bild oben rechts), die um die 20 Meter lang sein dürfte (weniger als 10% des ursprünglich rund 220 m langen Schiffes), ist alles, was derzeit vom Wrack noch sichtbar ist.

Offenbar sind die Anker des Schiffes immer noch vorhanden, gehalten von zwar stark verrosteten, aber immer noch sehr starken Ankerketten. Sie tragen mit dazu bei, dass die noch sichtbaren Überreste mit der "Bugspitze nach unten" in der See zu liegen scheinen.

Bei einem letzten vergeblichen Versuch, sich vom felsigen Untergrund zu befreien, könnte sich dieser kleine Teil des Schiffsrumpfes mittlerweile näher zum Ufer hin und (vom Strand aus gesehen) weiter nach rechts bewegt haben. In Kürze werden Untersuchungen des Explorer Teams stattfinden, um diese Hypothese zu überprüfen.

Die Winterstürme 2007/2008 werden wohl auch noch die letzten Überreste des einst wunderbaren Schiffes beseitigen, das bei seinen Fahrten in Friedens- und Kriegszeiten über Jahrzehnte hinweg mehr als 4,9 Millionen Seemeilen zurücklegte ...


5. und 6. Nachtrag, April/Juni ´10: Das endgültige Schicksal verzögert sich ...

DIE LETZEN SICHTBAREN ÜBERRESTE DIESES EINST STARKEN SCHIFFES TROTZEN WEITER DEN NATURGEWALTEN.

Während der gesamten letzten 3 Jahre haben es Stürme und See immer noch nicht geschafft, die Zerstörung dieses einst stolzen Ozeanriesen zu vollenden. Das obere der beiden Bilder unten rechts wurde am 08. März 2010 aufgenommen.

Derjenige Teil des Schiffsbugs, der sich mehr als 16 Jahre nach dem Auflaufen im März 2010 immer noch der Zerstörung widersetzt, ist auf dem unteren Bild rechts rot umrandet. Dieses Bild wurde am 24. Februar 2007 während des Hubschrauberflugs des Explorer Teams aufgenommen.

März 2010

Februar 2007

Die obigen Bilder zeigen jeweils drei markante Gegenstände an Deck: Einen großen Doppel-Poller (B), der auf der Steuerbordseite des Vorschiffs positioniert war, eine Ankerwinde (C) und ein Handrad der Ankerwindenbremse (HW) für die Kette des einstigen Steuerbordankers. 

Auf dem Foto oben links, das nach Fertigstellung des Schiffes im Juli 1940 aufgenommen wurde, sind diese drei Gegenstände eingezeichnet und zeigen ihre originalen und niemals veränderten Positionen. Der Blick des damaligen Fotografen auf das Schiffsdeck sowie die Gegenstände an Deck wurden vom Leser und Fotodesigner René Schreckenberger im Bild rechts vom Februar 2007 gelb eingezeichnet.

Wie lange diese robusten Bestandteile des Decks noch den Naturgewalten standhalten werden, mag jeder Betrachter selbst abschätzen ...

Ruhe in Frieden, AMERICAN STAR!


© Text/Bilder 2006-2010 Bill Lee; zusätzliche Fotos: Steve Mulliss, Explorer Magazin und Leser Sigurd Brauer, Ferdi Müller, Alex Barczyk, Jan Liska, Oliver Heinrich, Friedrich Föste, Herbert Edelhoff, Thomas Tamme, Matt & Sandy Barker, Jens Schröer, Jürgen Wrusch, Familie Höfer, Peter Schmolke, Petra Südkamp, Dr. Christian Bujack  

Deutsche Übersetzung: Explorer Magazin