Wrackbesuch: Der Flug ...


Vorbereitungen ...

Mit Christian Niehoff von HELITOURS S.L. war alles vorher abgesprochen worden. Er hatte uns das Programm in seiner Mail vorab bereits kurz bestätigt:

"Natürlich werden wir nur starten, wenn die Wetterbedingungen gut sind. Am besten nehmen wir einen Termin am Anfang unseres Aufenthaltes ins Visier, so dass wir ggf. noch Zeit haben, den Flug zu verschieben. 

Wir werden dann irgendwann zwischen 13.00 Uhr und 14.00 Uhr starten, so haben wir wenig Schatten und können auch schöne Fotos in Richtung der Küste schießen. Der Spätnachmittag wäre vom Licht her vielleicht noch schöner, manchmal wird es an der Westküste zum späten Nachmittag hin allerdings etwas dunstig ...

Warten auf Christian: Am alten Piratenturm von El Cotillo ... ... und Warten auf den Heli ...

El Cotillo selbst hat leider keinen Heliport. Im Ort und in der Umgebung wird noch fleißig gebaut (leider!), so dass sich geeignete Landeplätze nur kurzfristig finden lassen. Wenn unsere Flieger im Januar auf Fuerteventura zu tun haben, werden sie sich nach einem geeigneten Start- und Landeort in oder bei Cotillo umschauen und sich dann gleich um die nötigen Genehmigungen kümmern. Zur Not müssten wir nach Corralejo ausweichen, aber ich denke, irgendwo findet sich schon ein "nettes Plätzchen".

Für den Kameramann haben wir ein Gurtzeug, das volle Bewegungsfreiheit und optimalen Halt sicherstellt. Nach dem Start gehen wir dann direkt auf Südkurs entlang der Küste und fliegen über Betancuria und Pájara zur PLAYA DE GARCEY. Über der "American Star" öffnen wir die Schiebetür des Helikopters und das Foto-Shooting kann beginnen ...

Ich denke, in ca. 15 Minuten sollten wir zahlreiche Fotos aus allen Perspektiven zusammen haben. Vor dem Start werden wir die Details auf jeden Fall mit dem Piloten nochmals durchsprechen. Auch während des Fluges können wir uns über das Bord-Interkom-System unterhalten (mit dem Piloten allerdings nur in englisch oder auf spanisch). Zurück fliegen wir entlang der Küste über Ajuy und - je nach Flugzeit - auch über Tindaya und Lajares nach El Cotillo. Nach dieser Planung dürfte unser Flug ca. 55-60 Minuten im Ganzen dauern. Fliegen werden wir in unserem Eurocopter "Ecureuil" (Eichhörnchen), speziell konzipiert für Film- und Rundflüge (max. 6 Passagiere + 1 Pilot)."

Der Erkundungsflug ...

Wir parken unsere Autos am alten Piratenturm neben dem neuen Hafen von El Cotillo, von wo aus wir starten werden. Wir warten auf Christian, mit dem wir uns heute hier treffen wollen und der auch pünktlich mit seinem Fahrzeug eintrifft, auf dem gut sichtbar "Helicopter Flights Rundflüge" samt Telefonnummer angebracht ist. 

Viele wollen den "Jet Ranger" sehen ...Natürlich war vieles anders gekommen als etliche Wochen vorher geplant: Das "Eichhörnchen" musste genau während unseres Aufenthaltes zur 500-Stundenkontrolle und so war Umdisponieren angesagt. Christian setzte alle Hebel in Bewegung, um unseren Flug dennoch durchführen zu können und so schaffte er es schließlich, Hermann Steinbichler von "Blue Canarias Helicopters 2003 S.L." aus Gran Canaria samt seiner Bell 206 "Jet Ranger" als Piloten für unseren Flug zu gewinnen. 

Hermann ist Österreicher, sein Hubschrauber hat früher einmal dem österreichischen Innenministerium gehört und war ursprünglich ein Rettungshubschrauber. Da die Österreicher wie die Deutschen die Rettungsfliegerei später an die Automobilclubs abgetreten haben, hatte das Innenministerium zu viele Hubschrauber und man konnte welche davon kaufen. Hermann hat seinen Hubschrauber auf diese Weise erworben und er fliegt ihn immer noch mit OE-Kennung und fast der Originallackierung: Lediglich die heute weißen Flächen waren früher signalorange. 

Hermann, der außer auf den Kanaren auch in Österreich und Dubai fliegt, ist unter anderem Spezialist für den Transport von Hochspannungsmasten: Und von diesen Erfahrungen können wir bei unserem Erkundungsflug über dem Wrack bereits wenig später wirklich profitieren ...

So starten wir am 24.02.07 am alten Piratenturm schließlich zu unserer "Mission" zum Wrack, außer dem Explorer Team samt Kranzgebinde und Rose auch Dirk Evers und Lebensgefährtin Heidi an Bord - der Mann, der sonst gern "mit der Qualle tanzt", wollte es sich diesmal ausnahmsweise ganz bequem machen ...

Der Weg entlang der Westküste ist sehr schnell zurückgelegt und bereits von Ajuy aus sind die Reste der American Star problemlos in der Ferne auszumachen - das Wrack ist unverändert ein äußerst markanter Blickfang an der Küste und bereits von weitem aus der Luft erkennbar. 

Wir sind etwas später als geplant gestartet, da unser "Jet Ranger" erst von Gran Ganaria überführt werden musste. Der Wind weht recht ordentlich, wovon in Hermanns Helikopter allerdings erst etwas zu bemerken ist, als wir über dem Wrack die große Seitentür öffnen. Das Licht ist günstig und wir schauen auf eine heftig einrollende Brandung herab - es ist Flut.

Das Wrack unter uns zeigt einen aus dieser Perspektive erschreckenden Zustand - aufgrund unserer heutigen Fotos wird sich Bill Lee später veranlasst sehen, seinen Bericht über die "Autopsie" durch die See kurzfristig zu aktualisieren. Die gesamten Aufbauten sind bereits weg gebrochen, übrig geblieben sind Teile des Oberdecks, das als Oberseite der Rumpfstruktur konstruiert wurde. Während wir über den Wellenkämmen und den verbliebenen Ladebaummasten schweben, erkennt man deutlich Sonnenstrahlen, die durch die Luken der wenigen noch verbliebenen Bordwände auf das Wasser fallen. Dennoch aber: Der gewaltige Rumpf unter uns ist aus dieser Perspektive immer noch Respekt einflößend - die wuchtigen rostigen Teile in unmittelbarer Nähe machen immer noch die Dimensionen dieses Schiffes deutlich, von dem nun noch rund ein Viertel der ursprünglichen Länge verblieben ist ...

Alle an Bord halten den Atem an, als unser Pilot bei einer Umkreisung des Wracks nach der anderen sein Können zeigt und die rostigen Reste zum Greifen nah scheinen ...

Viel länger als die ursprünglich vorgesehenen 15 Minuten hält uns das Wrack in seinem Bann, und auch Hermann, der die Reste der American Star selbst noch nie auf diese Weise inspiziert hat, kündigt an, dass er später auf dem Rückflug nach Gran Canaria gleich noch einmal hier vorbeischauen wird - wie es aussieht, ist auch er beeindruckt von dem Anblick, der sich vor unserem Helikopter bietet und der langen Historie des Schiffes, die hier vor den felsigen Ufern ihren Abschluss findet ...

Der Zeitpunkt ist gekommen, unsere "Mission" zu erfüllen: Nachdem über das Bord-Interkom der vorbereitete Text gesprochen ist, erfolgt der Abwurf unseres Kranzgebindes und der ebenfalls mitgebrachten Rose: "In memory of the men of WEST POINT, who once sailed her into harm´s way and have now gone to their eternal duty stations" - sicherlich ein Moment, der allen Beteiligten in Erinnerung bleiben wird. Zwei Jahre später werden wir auf Wunsch von Bill Lee ein kurzes Video mit dem Titel "In Memory" über diesen Flug drehen, das den Veteranen der USS West Point gewidmet ist ...

Annäherung ... ... und eine Zeremonie: In memory ...

Wir wissen eines zu diesem Zeitpunkt noch nicht: Den Kranz, der direkt vor dem hinteren Teil des Wracks auf die Oberfläche trifft, werden wir in wenigen Tagen ohne seine Inschrift wieder finden: Angespült am Strand von der selben See, die unaufhörlich an den Resten der American Star nagt ...

Tief beeindruckt treten wir den Rückflug an - Hermann verschafft uns echtes "Apocalypse Now"-Helikopterfeeling, als der Ritt zurück mit offener Tür vorbei an felsigen Buchten und gischtender Brandung folgt. In Ajuy haben wir im Vorbeiflug die Touristen am Strand vor Augen, nur wenig später an der Playa de Santa Inés ist es Zeit, an die Jucar zu erinnern, die einst als eines von vier Wracks der Insel hier zu sehen war  ... 

Schon bald taucht vor uns El Cotillo auf, sanft setzt Hermann seinen "Jet Ranger" wieder hinter dem alten Piratenturm auf - der Erkundungsflug ist beendet und "Mission accomplished"!

Mission accomplished!

Wir verabschieden uns von Christian, der uns schon am Boden erwartet hat und auch von Hermann - schon jetzt steht fest, dass wir alle diese Inselflieger nur empfehlen können - und an dieser Stelle noch einmal recht herzlichen Dank für die gelungene Exkursion, die allen Beteiligten noch lange in Erinnerung bleiben wird!

Als wir nur wenig später im "El Roque de los Pescadores" von El Cotillo unser "After Landing Beer" nehmen und erste Eindrücke über unseren Flug austauschen, sind alle einer Meinung: Unseren heutigen Besuch an der Playa de Garcey werden wir wahrhaftig so schnell nicht vergessen ... 


Anm. der Red.: Mehr Bilder zu unserem Hubschrauberflug gibt es auf der Sonder-CD "American Star".

Und zu unserem im November 2007 auf DVD erschienenen Dokumentar- und Erinnerungsvideo "Tribute to an Old Girl" bereits an dieser Stelle schon mal ein kleiner Vorgeschmack - diesen Ausschnitt findet man auch bei YouTube ..!


© 2007-2009 Explorer Magazin, Fotos: J. de Haas, Innenaufnahmen Helikopter: Dirk Evers