Wein Intra-muros ...

Es ist früh am Morgen, denn mein Besuch der Markhalle von Avignon soll vor dem offiziellen Programm der Weinreise noch eingeschoben werden. Da muss sogar das Frühstück warten.

Nach einem kurzen Gang durch die Gassen der Stadt, die noch menschenleer sind, ist die begrünte Markthalle mit ihren unzähligen Dachantennen kurz nach 7:00 Uhr erreicht und man kann hineintauchen in das wunderbare Warenangebot: Frische Meeresfrüchte, köstliche Pasteten und Tartes, dicke Schinken und verlockende Salami, aber auch buntes Obst, Gemüse und Gewürze - alles, was man in der mediterranen Küche so braucht. Leider bleibt keine Zeit, bei einem der kleinen Imbiss-Stände auf ein Glas Wein und einen Snack einzukehren, aber wer weiß, was der Tag noch zu bieten hat ...

Unweit der Markthalle befindet sich ein Polizeirevier: Es ist scheinbar wirklich noch früh am Morgen, denn zwei Polizisten in Uniform begehren Einlass in das Revier, aber niemand öffnet. Sie klingeln, sie klopfen heftig gegen die Türe, sie pfeifen schrill und rufen, aber nichts rührt sich. Die Verzweiflung endet damit, dass sich die Polizisten schließlich in ihr Fahrzeug setzen und ein Hupkonzert beginnen. Nun sind sicher alle Nachbarn im Viertel wach und jetzt erbarmt sich auch ein Kollege im Haus und öffnet die Tür. Spätestens nach dieser Szene weiß man, woher der Stoff stammt, aus dem die französischen Komödien mit den irren Flics gestrickt werden ...

Willkommen in Les Halles ... Papstpalast mit Rundblick ...
An den Fassaden: Tribut an das Festival von Avignon ...

Nun aber ruft das Frühstück, die Zeit wird knapp. Da könnte man doch einen der günstigen Elektrobusse von CityZen nehmen, gleich an der Haltestelle hier. Auf die Frage, ob der Bus Richtung Bahnhof fährt, bedauert der Fahrer, dass er woanders hin fährt, aber er bietet an, einen kleinen Umweg bis zur richtigen Haltestelle zu fahren. Unglaublich - von so einem Service können MVV-Fahrer aus München sicher nur (Alp-)träumen. Leider kommt der Fahrer allerdings nicht ganz bis zur Haltestelle: Offenbar unbekannte Einbahnstraßen behindern seine Hilfsbereitschaft, aber immerhin sind es nur noch wenige Schritte bis zum richtigen Bus ...

Das Frühstück im Hotel wird pünktlich erreicht, denn Stärkung ist nötig für den geplanten Stadtrundgang: Die Altstadt - Intra-muros genannt - bietet Architekturbeispiele vom 14. bis zum 18. Jhdt - viel Architekturgeschichte auf kleinem Raum!

An zahlreichen Fassaden merkt man, dass Avignon eine Theaterstadt ist: Seit dem Jahr 1947 findet jeden Sommer hier das Festival von Avignon statt, bei dem in der gesamten Stadt Theater-, Gesangs- und Tanzaufführungen stattfinden. Fast jede Ecke von Avignon wird damit zur Bühne. In Würdigung dieses Festivals finden sich an den Häusern gemalte Fenster mit berühmten Schauspielern und Schauspielerinnen, die an den Festivals teilgenommen haben.

Auch am berühmten Papstpalast wirft das Festival schon seine Schatten voraus, denn im Innenhof werden Tribünen gebaut. Wir haben eine eigene Führung durch den Palast aus dem 14. Jhdt, der nach dieser Reise mittlerweile auch den Modellkeller des Explorer Magazins ziert. Unvorstellbar, dass in diesen riesigen Räumen nur der Papst ganz allein wohnte - zwar umgaben ihn seine Bediensteten, doch die wohnten alle außerhalb. Und dass Napoleon Bonaparte letztlich doch nur ein kleiner korsischer Provinzadliger war, merkt man bereits daran, dass er den Palast für seine Soldaten in eine Kaserne umbauen ließ. Dass dabei der Charakter der riesigen Säle verloren ging, Steinfriese abgeschlagen und wertvolle Fresken zerstört wurden, interessierten den kleinen Korsen nicht. Zum Glück wurden die Umbauten wieder beseitigt und kleine Teile der Fresken rekonstruiert.

Leider beginnt es während unserer Besichtigung zu regnen und der geplante Rundgang durch die Stadt und die schönen Parks erscheint nicht wirklich einladend. Da erinnern wir uns doch sofort wieder an die einladende Markthalle und schnell ist die ganze Gruppe davon überzeugt, sich dort im Trockenen der Kulinarik Avignons zuzuwenden.

Nun haben wir auch Zeit für ein Glaserl Wein, die eine oder andere Auster, ein paar Oliven - der perfekte Aperitif. Unweit der Markthalle findet sich dann ein kleines Restaurant - das AOC -, dessen Weinangebot Gerhild überzeugt. Hier können wir einen gepflegten Mittagsimbiss einnehmen, begleitet von gutem Wein. Als amtierende Deutsche Champagnerbotschafterin erkennt Gerhild beim Studium der Weinkarte sofort, dass es sich lohnt, hier vor dem Abenddinner noch ein Gläschen Champagner zu schlürfen und schon wird eine Reservierung für den Abend vereinbart ...

Imbiss im AOC ... ... Auftakt im AOC - der Champagner hat uns geködert ...
Leckereien bei Christian Etienne mit passendem Wein ...

Der letzte Abend in Avignon bricht an, der Regen hat sich verzogen. Munter machen wir uns auf zu unserem Champagner-Auftakt, bevor wir uns im Restaurant Christian Etienne niederlassen. Eine Weinkarte so dick wie eine Bibel wird Gerhild im Sternelokal vorgelegt, die nun in eifriger Diskussion mit dem Sommelier die Weine zu unserem Menü auswählt.

Wir haben Gelegenheit, zu den einzelnen Gängen verschiedene Weine zu verkosten, um das Wechselspiel zwischen den Aromen der Speisen und den Aromen der Weine zu erforschen. Verschiedene Châteauneuf-du-Pape, ein Lirac, ein Côtes du Luberon - das ist  Forschungsarbeit, die Spaß macht!

Doch leider neigt sich mit diesem Abend auch diese Weinreise dem Ende zu - morgen geht es zurück nach München. Und damit sich die Trauer in Grenzen hält, muss es gleich auch schon einen Ausblick für 2014 geben: Diesmal heißt es auf nach Spanien, auf in den Rioja ..!


© 2014 Sixta Zerlauth


1. Nachtrag, Mai ´14: Nach der Reise ist vor der Reise!

Mittlerweile sind wir ganz süchtig auf weitere Reisen mit Gerhild Burkart und deshalb haben wir bei ihr auch heftig dafür geworben, dass sie eine weitere veranstaltet, die uns in eine bisher noch nicht besuchte Region führt. Hier Gerhilds Einladung zu dieser Tour Ende September 2014:

Liebe Vinophile,
hiermit möchten wir Sie auf unsere spannende und interessante Spanien Weinreise - Baskenland - Rioja aufmerksam machen.

Das Baskenland - auch „Euskadi“ - in baskischer Sprache genannt, vereint auf reizvolle Weise Tradition und Moderne. In den letzten 20 Jahren hat sich das Baskenland zu einer der fortschrittlichsten und interessantesten Region Europas entwickelt.

Neben kulturellen Höhepunkten, wie das Guggenheim Museum, haben sich die Weine des Weinanbaugebietes Rioja zu den weltweit bekanntesten spanischen Tropfen entwickelt. Hier finden sich traditionelle Weingüter und junge Weinmacher, die hervorragende junge fruchtbetonte Weine, wie die Crianzas, aromatische Reservas oder tiefgründige Gran Reservas hervorbringen. Bemerkenswerte Weingüter, z.B. Yisos, Bodega Campo Viejo, Bodega Baigorri haben Zeichen für einen effektvollen Oenotourismus gesetzt. Mittelalterliche, kleine romatische Städtchen prägen die am Jakobsweg liegende Region. Vielfältige kulinarische Genüsse lassen das Herz von Gourmets höher schlagen. Im Anhang und auf unserer Website erfahren Sie mehr zu den erlebnisreichen Tagen im September. Bitte beachten Sie die eingeschränkte Teilnehmerzahl.

Erleben Sie diese spannende Region mit all ihren kulturellen und vinophilen Facetten! Es würde mich freuen Sie begrüßen zu dürfen und verbleibe mit den besten Grüßen

Gerhild Burkard
(Sommelière IHK, Champagnerbotschafterin 2012, Deutschland)

Dem haben wir nichts mehr hinzuzufügen, außer dass wir uns heute schon sehr auf diese neue Exkursion freuen!


2. Nachtrag, Dezember ´14: Toll war´s auch diesmal wieder!

Anfang Oktober sind wir wieder zurückgekehrt Richtung Heimat: Gefallen hat uns die Tour auch diesmal wieder sehr, unser Dank gilt wie üblich Gerhild!

Zusätzlich zum ausführlichen Bericht ein paar Schmankerl, zwei Videobeiträge und einer zur Fotografie bei diesem Trip:

Als nunmehr Fans von Rettich Weinreise haben wir unsere bisherigen Touren übrigens nun auch einmal gesondert zusammengestellt: