Ein wenig "Offroad" muss sein ... 

So wie es am Abend endete, ging es am nächsten Morgen weiter: dekadent mit frisch gebackenen Brötchen-Backlingen aus Toms Backstube. Aber danach wurde wieder gearbeitet, sprich es wurden Offroadpassagen gesucht. Martin chauffierte mich zunächst über die allgegenwärtigen, bestens geteerten Gemeinde-, Dorf- und Waldstraßen, bergauf, bergab, durch Orte und an Feldern und Wiesen vorbei.

Auf der Suche nach `Offroad´ ...Natürlich sahen wir auch herrlich offroadige Waldwege, leider mit Verbotsschildern dekoriert. Wir wollten jedoch keinen Stress mit dem Förster, denn der spricht Polnisch und wir hätten im Konfliktfall überhaupt nicht verstanden, was er von uns wollte ...

Dazu muss man wissen, dass in ganz Polen ein striktes Fahrverbot in Wäldern gilt, das man jedoch umgehen kann, wenn man sich vorher auf dem Rathaus oder Forstamt eine zeitlich und streckenmäßig festgelegte Fahrerlaubnis besorgt.

Die bekommt man auch anstandslos. Aber mach das mal mit meinem einzigen polnischen Wort u-es-betschko (USB-Kabel), welches ich auf der Suche nach solchem Zubehör in einem Spezialgeschäft lernte.

Doch endlich: Wir fanden die versteckteste Offroadstelle in "Polen". Oder war es die einzige legale Offroadpassage ..?

Park Cross Racing Team Levoca, Slowakei

Und los geht´s im Park ... Steigung? Kein Problem!
Von der Piste abgekommen und gänzlich off the road ... ;-)) Uff - doch steil!

Nach diesem Spaß im kleinen Fahrgelände waren wir erst einmal zufrieden und fuhren in meinen Augen planlos in der Gegend herum. Aber das war natürlich nicht planlos, sondern folgte der von Renate vorher festgelegten Route: Ich hatte mich nur nicht darum gekümmert und wusste eigentlich nie, wo wir gerade waren ...

Eisspeisen und Eishöhlen ...

Am Nachmittag fanden wir schließlich ein nettes Hotelcafé für einen kurzen Stopp und bekamen für geringes Geld eine phantastische Eisspeise, von der wir alle heute noch schwärmen, während unsere Dicken angeleint draußen warten mussten. Dank Tom kann ich inzwischen mitteilen, wo das war: im Gebiet der Niederen Tatra.

Versammlung ... Die berühmte Eisspeise ...

Irgendwann nachmittags sahen wir aus dem Talgrund einen Bauernpfad, der auf eine Anhöhe führte und uns an den schönsten Nachtplatz der Reise brachte. Freie Sicht auf die Hügel und Höfe in der Nachbarschaft und freier Auslauf für unsere Vierbeiner. Martin inspizierte wieder einmal die Technik unter meinem Bremach, er untersuchte das Spiel der Handbremse, schaute nach eventuellen Lecks bzw. Ölspuren an Motor und Getriebe und weiteren Details. Diese gründlichen Vorsichtsmaßnahmen erheiterten unsere Mitreisenden und noch heute lebt das Gerücht, dass wir jede halbwegs freie Minute unter dem Fahrzeug verbrachten und fachsimpelten. Falsch: nicht jede ...

Zu essen gab es an diesem Abend im "Restaurant Bremi" eine Tiefkühlpizza, im Klappbackofen zubereitet. Aber damals hatte ich noch nicht die richtige Technik dazu: Der dicke, schwarzverkohlte Pizzaboden musste vor dem Servieren noch abgekratzt werden - kein Problem auf dieser Wiese. Inzwischen habe ich das Teil aber weiterentwickelt und - wie im obigen Bericht erwähnt - Pizzasteine eingelegt: Die sorgen für gleichmäßige und nicht zu große Hitze und es funktioniert deutlich besser ...

Unser schönster Nachtplatz ... Nicht jede Minute? Unterflur-Kontrolle ...
Pizzabackofen, Serie I ... Einer arbeitet, vier schauen zu ...

Die herrlich einsame, aber exponierte Lage unseres Nachtplatzes erlaubte einen langen Dogwalk ohne Leine bis auf Belldistanz zu den Hof- bzw. Schäferhunden der Nachbargehöfte und weit in die Dunkelheit hinein. Zurückgekommen sahen wir Tom beim Abwasch, den er mit aktiv-verbaler Hilfe durch mich und den Rest der Gruppe erfolgreich beenden konnte.

Der Tag klang aus mit tiefsinnigen theologischen Gesprächen über die Rolle des Heiligen Petrus in der Liturgie und der Frage, ob dieser seine Pflichten erfüllen werde und morgen für besseres Wetter, speziell bessere Sicht, sorgen könnte ...

Am nächsten Vormittag kamen wir aus meiner Sicht zufällig, aus Sicht der Navigatorin natürlich gezielt an der Dobschauer Eishöhle vorbei. Der geographisch kundige Leser wird es sicher schon registriert haben: Wir waren längst in der Slowakei und Schengen sei Dank, ich hatte es nicht einmal gemerkt. Und ich blicke heute noch nicht richtig durch: Wann waren wir da und wann dort. Beim nächsten Mal lasse ich mir die Navigation nicht wieder komplett aus der Hand nehmen ..!

Diese Höhle bei Dobsina ist eine echte Sensation und wird entsprechend vermarktet: Sie ist weit über einen Kilometer lang und wir kamen eine halbe Stunde lang nicht aus dem Staunen heraus. Meterdicke Eispanzer bedecken die Böden vieler Säle, teilweise mit bizarren Eissäulen, oft aber glatt wie ein Kinderpopo und wir konnten es gut nachvollziehen, dass in den fünfziger Jahren das Sommertraining der tschechoslowakischen Eishockeymannschaft hier stattfand. Ältere Zeitgenossen werden sich erinnern, dass damals die Tschechen, die Russen und die Kanadier die Weltmeisterschaften unter sich ausmachten. In der Höhle besteht Fotografier- und Hundeverbot: Ersteres ließ sich durch einen kräftigen Obulus von 10 Euro pro Fotokünstler umgehen. Für die Hunde bot sich Robert als Aufpasser an - er wird wohl vorher nicht gewusst haben, was ihm da entging ...

Eisgang mitten in der Höhle ... In der Zeit oben: Lang und ungeduldig Wartende ... Trainingsplatz der Eishockeyspieler

Hohe Tatra im Regen

Weiter ging es zu den Felsgiganten der Hohen Tatra, die wir von der Südseite, der slowakischen Seite aus besuchten. Das Wetter war aber trotz theologischer Einflussnahme immer schlechter geworden und wir konnten die Gegend nicht richtig genießen. Auffällig waren aber die großflächigen touristischen Einrichtungen: Breite Straßen, riesige Parkplätze, Abspeisekantinen, Sanitärgebäude etc., die sich an diesem verregneten Septembertag aber sehr schwach frequentiert zeigten.

Das schönste Bild dieser Landschaft fanden wir auf einer Infotafel: So sollte es bei schönem Wetter hier aussehen! Und wie man auf dem Bild rechts daneben erkennen kann, so sah die Wirklichkeit aus: Wir hatten an diesem Tag richtig Pech mit dem Wetter und die paar Semester Theologie kombiniert mit der persönlichen Bekanntschaft des damaligen Papstes haben unserem Vorbeter auch keine bessere Startposition beim Wettermacher Petrus verschafft ...

Deshalb wurde es erst am späteren Nachmittag wieder lustig, als wir auf einem Campingplatz bei stürmischem Regen unsere Zelte, nein Regenplanen aufschlugen. Beim Unimog von Tom können sich mindestens 3-4 Leute damit amüsieren und ein Tanz sowohl auf dem Unimogdach als auch an einer Tanzstange ist dazu notwendig. Als es endlich geschafft war und der obligatorische Hundespaziergang von meinem geschulten Assistenten übernommen wurde, begann erneut - was kann es anders sein - die "große Küche".

So sollte es eigentlich hier aussehen ... Und so sah es wirklich aus
Tanz auf dem Unimogdach Claus Ruhe: Auch ganz kess an der Tanzstange ... ;-)) Geschafft!

Kasper geht mit dem kleinen Terrier Gassi ...

Wir hatten noch einige Pakete Reiberdatschi (nordhochdeutsch für Toms Familie: Reibekuchen aus Kartoffelteig) und Odenwald-Apfelkompott in unseren Vorräten. Damit stachelten wir aber zwei Frauen aus unserem Team an: Sabine und ihre finnische Erika, sorry: Muurikka. Mit Kartoffeln, Mehl, Eiern und Fett, alles aus ihrem Fundus an Grundnahrungsmitteln und den Werkzeugen Kartoffelreibe sowie Pfanne zauberte sie ebenfalls eine Serie dieser oben genannten Köstlichkeiten hervor und warf uns den Fehdehandschuh hin ...  

Sabine an der Muurikka, die Familie wartet auf Futter ... Meisterkoch Martin am Herd ...

Es wurde ein spannender Koch- und Kostwettbewerb und ich will ehrlich bleiben und zugeben: Sabines handgemachte Reiberdatschi waren echt besser. Seitdem schleppe ich nicht nur drei Pizzasteine für meinen Klappbackofen, sondern auch eine Muurikka und eine Kartoffelreibe in meinem Mobil herum. Aber wie soll das nur weitergehen, wenn ich noch länger oder wieder einmal mit Sabine und Robert verreise ..?  

Unser letzter Reisetag war unspektakulär, mit Ausnahme eines Besuchs der historischen Anlagen in Auschwitz. Doch mich haben die Details des damaligen Massenmordes so bedrückt, dass ich das Mahnmal und Museum dort nicht betreten wollte: Für diesen Ernst bin ich wohl nicht geschaffen.

Kulinarischer Ausklang ...Am Abend saßen wir zum letzten Mal zusammen im Restaurant eines Campinghotels und ließen die Reise kulinarisch ausklingen ...

Eines wird dieser Bericht hoffentlich deutlich gemacht haben: Eine Region zum Offroaden sind die Beskiden nicht. Die schönsten Gebiete gehören zu Nationalparks und bleiben motorisierten Besuchern ohnehin versperrt. Und außerhalb dieser hat die EU mit ihren Fördergeldern zugeschlagen und die Straßenqualität auf ein höheres Niveau gehoben, als wir es bei uns kennen.

Toms ideales Beskidenmobil ..? ;-))Tom traf diese Erkenntnis am härtesten, hatte er doch das ideale Equipment für diese schöne Landschaft und deren Straßen zu Hause gelassen: seinen VW Käfer Cabrio und seine Wanderstiefel. Und den armen Bewohnern der Beskiden können wir nur eines empfehlen: Kommt zum Offroad-Fahren doch einfach zu uns nach Bayern ..!  


© 2016 Sepp Reithmeier 



Anm. der Red.: Mittlerweile gibt es von unserem Autor Sepp Reithmeier auch eine ganze Reihe weiterer Artikel in unserem Magazin, sowohl Reiseberichte als auch andere Beiträge: