Noch eine Kabine, die im Bootsbau entsteht -

von Geocar und Geocamper ...


Vorbemerkung der Redaktion

Oft liest man in einschlägigen Foren echte Räuberpistolen, so auch im Sommer 2009. Da ging es um einen Wohnkabinenverkauf in Russland und die Spekulationen wucherten: Dies müsse "Klaugut" sein, war da zu lesen, anders wäre das nicht denkbar. Und wie so oft stellte sich das als Humbug heraus, denn irgendwann postete dort dann auch der Käufer, der offenbar mehr als zufrieden war mit seinem Neuerwerb:

Ich gestehe, ich hatte Anfangs die gleichen Vorbehalte und Skrupel wie manch anderer im Forum (brauche sie wohl nicht nochmal zu erwähnen) und fasse mir mal wieder an meine (riesen) Nase ...

Um die Klärung von Vorbehalten ging es schließlich auch, als wir beschlossen, uns selbst einmal mit einer russischen Firma zu beschäftigen, die Wohnkabinen herstellt: Geocamper in Kaliningrad produziert laut Internet solche und nicht nur der Name, sondern auch das Aussehen der Kabinen erinnert doch sehr an die der österreichischen Firma Geocar, und dort insbesondere an die Vikunja-Kabine. Also fragten wir bei Geocar nach, ob man eine russische "Niederlassung" habe oder ob da vielleicht nur billigere Nachbauten erfolgen. Eine derartige Nachfrage lag nahe, schließlich sollten dem Vernehmen nach Kontakte bereits zu anderen "östlichen" Anbietern erfolgt sein. Leider erhielten wir vom Inhaber der Firma Geocar keine Antwort auf unsere Anfrage, so dass wir kurzfristig beschlossen, Geocamper in Kaliningrad direkt aufzusuchen, was im Rahmen unserer Reise Nordost 2009 hervorragend passte ...

Wir erhielten auf unsere Anfrage bei Pavel Maratev von Geocamper eine freundliche Antwort, verbunden mit einer Einladung in seinen Betrieb und sogar das Angebot, uns bei der Einreise behilflich zu sein und auch Kaliningrad zu zeigen. Auch wenn wir letzteres aus Zeitgründen nicht nutzen konnten, sagten wir doch erfreut zu - die Reise nach Kaliningrad würde interessant werden!

Und nach unserem Besuch bei Geocamper und seiner sympathischen Mannschaft können wir jedem Interessenten an Geocamper-Kabinen nur raten, sich mit Pavel Maratev in Verbindung zu setzen, der auch hervorragend Deutsch spricht - wie wäre es z.B. mit der persönlichen Abholung einer neuen (und für unsere Verhältnisse günstigen!) Kabine direkt in Kaliningrad? Auf jeden Fall ein Trip, bei dem man Abenteuer und Vergnügen bestens miteinander kombinieren kann!


Donnerstag, 20. August ´09: Nach Abwicklung der Einreise- und Zollformalitäten rufen wir Pavel an und er will uns in Empfang nehmen, aber wir bedanken uns bei ihm: So viel Aufwand ist nicht nötig, da unser TomTom One samt "Lisa" sich hier offenbar zu Hause fühlt - man kann sich nur beim Garmin Zumo 550 und seiner Steffi bedanken, dass er sich pünktlich wenige Tage vor unserer Tour "verabschiedet" hat, denn Garmin Karten für den Oblast Kaliningrad hätte es nicht gegeben!

So ist die Geocamper-Adresse in Kaliningrad am Mira Prospekt 81 für "Lisa" kein Problem und liegt zudem noch auf der westlichen Seite der Stadt - also ideal für jemanden wie uns, der sich hier und heute nicht unbedingt all zu tief in das Verkehrsgewühl von Kaliningrad stürzen will.

Ein Geocamper-Kalender wechselt den Besitzer ...
Die Vikunja ...
... nicht nur für den L200 geeignet ...

Erneut rufen wir Pavel an, als wir in der Nähe vom Mira Prospekt stehen - er teilt uns mit, dass er in wenigen Minuten bei uns sein würde. Und in der Tat: Nur kurz darauf steht er mit seinem Pickup (ohne Kabine) vor uns - wir sollen ihm folgen zu der ersten seiner beiden Werften, wo er uns alles zeigen will.

Es folgt ein abenteuerlicher Trip mitten durch das mittägliche Verkehrsgewühl Kaliningrads und es fällt mehr als einmal schwer, Pavel zu folgen. Aber der hält wenn erforderlich unterwegs an und irgendwann haben wir dann das unglaubliche geschafft, das wir mehrmals auf der Strecke kaum noch für möglich hielten (): Wir sind am Ziel angekommen!

Wir stehen vor Pavels Werft, das Gelände liegt im Südosten der Stadt und wird bewacht: Hier kann man offenbar Kabinen und vor allem auch Boote bauen, wie wir sehen. Und das ist eigentlich Pavels hauptsächliches Gewerbe, das ihn und seine Mannschaft, die wir kurz darauf ebenfalls kennen lernen, für den GFK-Kabinenbau qualifiziert ...

Zum Werftbesuch bei Pavel und Geocamper ...

Wir erfahren, dass die Wohnkabine mit Festdach hier für den russischen und polnischen Markt gefertigt wird und auch entsprechende Vereinbarungen mit der Firma Geocar bestehen. Die Kabinen werden jedoch, wie Pavel ausführt, im Vergleich zu denen von Geocar mit einem geringeren Verarbeitungsniveau und in vielen Teilen vereinfacht gefertigt. Der Markt hier ist dabei mehr als klein: Pavel kennt in Polen lediglich fünf (!) Kabinen, wovon eine von Tischer stammt, drei gebraucht erworben wurden und eine von ihm selbst geliefert ist - und das in einem Land mit rund 40 Millionen Einwohnern! Auch Versuche der Firma Nordstar sind angabegemäß in der Vergangenheit erfolglos geblieben, in diesem Land Fuß zu fassen.

In Russland selbst ist es auch nicht ganz anders: Auch hier entwickelt sich der Markt für Pickup-Wohnkabinen nur sehr langsam, Pavel hält einen positiven Schub für möglich durch den neuen UAZ Pickup, der mittlerweile auf dem Markt ist und auch als Träger für leichte GFK-Kabinen in Frage kommt. Trotz eines Preises ab ca. 6.000 EUR für eine voll ausgebaute Geocamper-Kabine gibt es derzeit in Russland noch kaum Leute, die mit einer derartigen Kombination reisen - offenbar hat sich das Konzept bisher nicht durchgesetzt. Skandinavien- oder Afrikareisende wie bei uns zu Hause gibt es in Russland praktisch nicht - viele Varianten derartiger Landschaften gibt es auch hierzulande, aber dennoch kaum solche Reisenden.

Erfahrungen aus dem Bootsbau ... ... sind auch im Kabinenbau verwendbar ...

Das allgemeine Interesse an einem derartigen Fahrzeug ist dennoch groß: Nicht nur wir merken es bei der Einreise und während unserer Fahrt durch das Land, sondern auch Pavel bestätigt es. Als er mit seinem Kabinenbau begann, kam es vor, dass er von der Verkehrspolizei gestoppt wurde, die neugierig war zu sehen, was er da herum kutschierte. Dass man in so etwas auch schlafen kann, ruft Erstaunen hervor, wie wir selbst merken konnten, als uns eine der Damen am Zoll das ungläubig fragte ...

Trotz allem hat Geocamper bereits auch russische Kunden: So z.B. einen Käufer aus Moskau, der allerdings in seiner Vikunja eine Dusche eingebaut haben möchte, da er mit Quads in Russland Trophy Raids fährt und deshalb unterwegs über entsprechende Duschmöglichkeiten verfügen will. Bei Geocamper wurde zwar bereits schon einmal eine Kabine mit Klappdusche hergestellt, aber mit einer Festdusche gibt es hier wie angabegemäß auch bei Geocar noch keine Erfahrungen: Viel Platz bleibt da nicht, so um die 80 x 80 cm werden maximal zur Verfügung stehen. Man hat bereits Erfahrungen mit getrennten Toilettenräumen, jedoch hier wird man eher Neuland betreten.

Derzeit verpackt: Alte Geocar-Form ...Geocamper verfügt über eine ältere Kabinenform von Geocar - das Arbeiten damit wird zunehmend schwieriger, da eine derartige Form von Mal zu Mal rauer wird und deshalb zunehmend Schleifarbeiten erforderlich werden. Wer in diesem Zusammenhang über die Frage der Kabinenqualität diskutiert, sollte allerdings berücksichtigen, dass man bei Geocamper Leerkabinen bereits für rund 4.500,- EUR zur Verfügung stellen kann. Hierbei wird geschäumtes Polystyren verwendet mit einer Standarddicke von 15 mm im Gegensatz zu 20 mm bei Geocar.

Auf Sonderwunsch wird seitens Geocamper allerdings auch eine Stärke von 30 mm angeboten, was für Fahrzeuge unter russischen Klimabedingungen, die z.B. bei der Jagd eingesetzt werden, durchaus sinnvoll sein kann. Pavel verwendet ähnliches Material wie den x-trem Isolator mit einem Faktor von 0,035 anstatt 0,03, wobei jedoch der Preis viermal geringer ist. Teppichverklebung innerhalb der Geocamper-Kabinen gegen Kondensbildung wird zwar als aufwändig eingestuft, erfolgt jedoch auf Wunsch ebenfalls.

Der angepeilte Normalpreis für eine ausgebaute Kabine in Sandwichtechnik sollte nach Pavel´s Einschätzung bei ihm nicht über 7.000 EUR liegen, somit nicht mehr als die Hälfte eines entsprechenden Trägerfahrzeugs ausmachen.

Auch bei Geocamper wächst die Erfahrung mit der Realisierung der verschiedenen Kundenanforderungen: So fuhr ein Kabinenkunde bereits schon einmal von Moskau nach Kasachstan, wobei es zu einem Problem mit der verwendeten Omnistor Dachhaube kam, die über eine Zwangsbelüftung verfügte - es sammelte sich dadurch so viel Staub innerhalb der Kabine, dass mittlerweile auf Seitz Dachfenster ohne Zwangsbelüftung umgestellt wurde. Künftig will Pavel zur weiteren Kostensenkung auch mit Dächern und Seitenteilen aus Kunststoffen experimentieren. Auch hier macht sich schließlich die Wirtschaftskrise bemerkbar, die nicht nur zu Stornierungen bei Bestellungen geführt hat, sondern sich auch im Hauptgeschäft, dem Bootsbau und -verkauf nach Schweden und Russland auswirkt.

Die Kabinen von Geocamper sind darauf ausgerichtet, zu allen möglichen Basisfahrzeugen zu passen, ganz egal, ob es sich dabei um Doppelkabiner oder 1,5 Kabiner handelt. Pavel will dadurch einen Fahrzeugwechsel im Laufe des Kabinenlebens erleichtern und berücksichtigt derzeit bereits eine Bordwandhöhe von bis zu 50 cm, womit alle wesentlichen PU-Modelle abgedeckt werden.

Die Verantwortlichen für den Kabinenbau ... Werftbetrieb ...

Wir diskutieren mit Pavel auch über den deutschen Markt und die hier vorhandenen Kundentypen - warum sollte nicht auch ein deutscher Kunde einmal seinen Kabinenkauf mit einer interessanten Reise in diese Region verbinden? Wir jedenfalls können es nur empfehlen!

Natürlich führen wir zum Abschied auch unseren Explorer vor - nicht nur Pavel, sondern auch etliche Mitarbeiter seiner Werft zeigen sich an dem recht interessiert - eine Klappkabine wie die unsrige wirkt hierzulande mit Sicherheit noch einmal einen Grad exotischer als bereits eine Festkabine für Pickups.

Der Abschied ist herzlich, ein Geocamper-Kalender wechselt ebenso den Besitzer wie eine Explorer CD und wir verlassen schließlich den sympathischen Betrieb hier in Kaliningrad Richtung Norden - noch einmal geht es durch das Verkehrsgewühl und über gewöhnungsbedürftige Straßen, bis wir unseren Weg in Richtung zur Kurischen Nehrung erreicht haben. Wir danken Pavel an dieser Stelle nochmals für den interessanten Besuch und die freundliche Aufnahme in seinem Betrieb und wünschen Geocamper künftig viel Erfolg mit seinen Kabinen!    


1. Nachtrag, Februar ´10: "Volkswagen" und mehr ...

Wie uns Pavel inzwischen mitteilte, wird er nach Möglichkeit und sofern es sich ergibt, mit seiner Firma Geocamper auf der nächsten Abenteuer Allrad Messe in Bad Kissingen vertreten sein. Wie er uns ebenfalls mitteilte, wurde eine Vereinbarung mit Geocar getroffen, die sich mit ihrem neuen Modell "Condor" künftig eher im hochpreisigeren Marktsegment bewegen werden, während Geocamper auch in unserem Raum günstigere "Volkswagen" unter den Wohnkabinen vertreiben will.

Wir wünschen auch für diese Aufgabenteilung nochmals viel Erfolg!


2. Nachtrag, Juni ´10: Versuch macht kluch ...

Unser Beitrag über Pavel ist nicht unbemerkt geblieben: Einer seiner neuen Kunden hat uns einen Bericht geschickt: Der lange Weg zur "Geocamper" haben wir ihn genannt ...


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