Richtung Ventspils ...

Langsam aber sicher ist die Fahrt in Richtung Ventspils angesagt, denn heute ist bereits der 26.08. und am kommenden Freitag, also in 3 Tagen, wird es bereits auf die letzte Fähre dieser Tour gehen, diesmal Richtung Travemünde.

Richtung Westen ...Da wir noch einen weiteren Ruhetag in landschaftlich schöner Umgebung zubringen wollen, sieht das Roadbook für heute die Fahrt zu einem kleinen, westlich von Engure gelegenen Seengebiet vor, das knappe 90 km entfernt ist.

Im dortigen Camp Usmas Meki wollen wir auf der Rückreise Halt machen. Internet soll dort vorhanden sein, es ist schön im Wald am See gelegen, Einkaufsmöglichkeiten bestehen aber wohl dort eher keine.

Die Fahrt führt erneut durch idyllisches Gebiet und verkehrsarme Regionen - die letzten Kilometer vor dem See, an dem das Camp liegt, scheinen wieder durch verwunschene Waldstrecken zu verlaufen.

 Das Wetter ist nach wie vor unbeständig und es fällt auf, dass ausgerechnet über unserem Zielgebiet wieder eine unübersehbare schwarze Wand liegt - die Wettergötter wollen diesmal scheinbar tatsächlich für Abwechslung sorgen!

Als wir die letzte Piste verlassen und um die Ecke auf den Platz einbiegen, scheint dieser verlassen vor uns zu liegen, leichter Regen hat ebenfalls wieder eingesetzt. Ein Mann kommt aus einem nahen Wohnhaus und bietet uns freundlich an, dass wir uns irgendwo hinstellen können, wo es uns gefällt. Irgendwelche weiteren Infos von uns außer dass wir noch einen weiteren Tag hier zubringen wollen, interessieren ihn offenbar nicht weiter - die Atmosphäre auf dem Camp wie auch das aktuelle Wetter zeigen deutlich, dass für ihn die Saison bereits beendet ist - wen wundert das heute ..?

Wir stellen uns direkt am See auf, die hinterste Ecke des Platzes wirkt sehr ursprünglich. Direkt gegenüber sind einige kleine Hütten, die man ebenfalls auf dem Gelände mieten kann. Eine dieser Hütten ist von einer Kleinfamilie mit Baby belegt, der Bewohner dort kommt herüber zu uns, als wir noch unser Lager aufbauen.

Idyllische Lage am See ... Robert auf dem Weg zu seinem Hobby ... Wetter unverändert wechselhaft ...
Viel Natur so weit das Auge reicht ... Ruhestätte aus vergangenen Tagen ... Abend am See ... Sonnenuntergangsfoto muss sein ...

Er stellt sich vor als Robert, arbeitet in einem Fischladen in Riga und kommt oft hierher, wie er erzählt. Dass um diese frühe Mittagszeit wohl schon jede Menge Wodka geflossen ist, kann man nicht übersehen - ob die Einladung, ihn am Nachmittag beim Fischen in seinem Boot zu begleiten, auch nüchtern erfolgt wäre, wissen wir nicht. Robert bestaunt den Explorer und das OZtent, offensichtlich trifft das alles genau so seinen Geschmack wie seine hier übliche Freizeit-Tarnkleidung. Oft ist er mit Militärangehörigen bei Armee-Wettbewerben hier, erklärt er. Im Winter fahren sie häufig mit Autos über den See, teilweise soll das Eis dann bis zu 70 cm dick sein.

Als er später wieder vorbeikommt, gewinnt man schnell den Eindruck, dass der Wodka nebenan wohl ganztags üppig fließt. Robert ist echt enttäuscht, als das Weichei von einem deutschen Camper ihm mitteilt, dass es ihn nicht in seinem Boot auf Angeltour begleiten will. Auf Nachfragen erklärt er, dass es nur sein Hobby wäre und er viele der gefangenen Fische wieder in den See zurückwerfen würde. Auf die Frage nach deren Überlebensquote reagiert er endgültig verständnislos - oder liegt´s nur am Wodka ..?

Das Camp ist wie die bisherigen sehr gut ausgestattet, auch die Sanitäreinrichtung erfüllt alle Erwartungen. So wundert es dann nicht, wenn sich auch an diesem Abend wieder eine größere geschlossene Gesellschaft auf dem Platz einfindet - sie bleiben allerdings alle im Hauptgebäude und draußen wird nur gegrillt - wieder mal eine Hochzeitsgesellschaft wie es scheint, die sich baltikumsüblich auf dem Campingplatz austobt ...

Polnische Geländewagengruppe ... Im Kampf mit Wind, Wetter und Quechuan-Zelten ...

Wieder verschlechtert sich das Wetter deutlich, heftiger Wind kommt auf, der vom See herüber weht und es angeraten erscheinen lässt, sich in den "OZtent-Pavillon" zurückzuziehen. Auch die Gruppe von Geländewagenfahrern, die sich kurz danach ebenfalls noch einfindet, kann den späten Abend nicht mehr sonderlich genießen: Wir sehen nur noch, wie sie mit fliegenden Quechua-Zelten hantieren, dann wird es irgendwann recht schnell ruhiger auf dem Platz ...

Der folgende Ruhetag wird wettermäßig mehr als durchwachsen, insbesondere der starke Wind nervt, auch wenn immer wieder zwischendurch die Sonne scheint. Die Geländewagenfahrer entpuppen sich als polnische Reisegruppe. Als sie sich nach kurzer freundlicher Unterhaltung verabschieden, meint ihr "Anführer", man begebe sich nun auf die Suche nach besserem Wetter ...

Wir halten aus auf dem Platz, bauen jedoch im Laufe des Tages das OZtent bis aufs Kernzelt ab, da der Wind mittlerweile stürmisch bläst und wir das Zelt nur noch als Lagerplatz nutzen wollen, bevor wir uns am kommenden Morgen bereits auf den Weg nach Ventspils machen - dass ein Camp wie dieses hier Ende August mittlerweile Saisonende hat und außer uns keine Camper mehr, machen sowohl die Leere am Platz wie auch das aktuelle Wetter inzwischen mehr als deutlich - hierhin sollte man offensichtlich früher kommen!

Der Aufbruch am nächsten Morgen gestaltet sich aufregend: Unser Ford Ranger mag nicht anspringen - Faxen, die er sonst nie macht. Schließlich lässt er sich doch noch überzeugen und stößt dabei aber eine dunkle Rauchwolke aus - hat dem  Guten auch das Wetter auf den Magen geschlagen ..?

Reststrecke bis zur Fähre ...

Wald-Idylle: TomTom kennt sich überall aus ... Durch verschlafene Weiler ... ... und durch kleine Dörfer ... ... mit naturnaher Versorgung

Rund 70 km sind es nur bis Ventspils von hier aus und wir wollen die in aller Ruhe mit größtmöglicher "Entschleunigung" zurücklegen. Auf idyllischen schmalen Waldwegen durch kleine Weiler am Wegesrand geht es dahin, Tiere neben dem Pfad sind dabei keine Seltenheit und auch das Navi ist der Meinung, hier auf einer ordentlichen Straße zu sein - eine sehr empfehlenswerte Strecke, für die man sich ruhig Zeit nehmen sollte und während der wir froh sind, sie nicht wie ursprünglich geplant, kurz vor Abfahrt der Fähre am Abreisetag gefahren zu sein.

Richtung Ventspils bessert sich das Wetter und das citynahe Ventspils Piejuras Kempings erweist sich als äußerst angenehm für Abreisende mit der Fähre: In einem kleinen Wald kann man dort zumindest zu dieser Zeit recht ungestört stehen, auch wenn sich hier bereits etliche Reisende versammelt haben, die morgen möglicherweise auf die Fähre wollen. Zwei Deutsche mit Kind kommen zu uns: "Wir sind auf der Suche nach Landsleuten" hören wir zu unserem größten Erstaunen - so etwas vernimmt man unterwegs in der Tat mehr als selten! Die Familie ist hier kürzlich angekommen und will somit morgen nicht auf die Fähre - wir wünschen ihnen viel Freude bei ihrer Reise durch Lettland ...

Camping in Ventspils: Viele Fährenpassagiere warten bereits ... Auch auf der Toilette herrscht hier Ordnung ..! Solche Besucher sind immer willkommen!

Es ist nicht weit von hier aus zum Hafen, den man gut zu Fuß erreichen kann und auch ein nahes Restaurant wird uns auf Nachfrage empfohlen, da es so etwas am Platz aufgrund der Stadtnähe nicht gibt.

Wir machen uns auf Erkundungstour durch die Stadt mit dem alten deutschen Namen Windau und der langen Geschichte, die schon mehrfach eine deutsche Besetzung erlebt hat und die heute insbesondere aufgrund ihres Hafens mit zu den wohlhabendsten Städten Lettlands zählt.

So lässt auch bereits der Fußweg Richtung Hafen den Ankömmling staunen, denn am Straßenrand reiht sich ein stattliches herrschaftliches Gebäude aus guter alter Zeit an das nächste - um die gerade ärmste Wohngegend Lettlands handelt es sich bei dieser Stadt, die zeitweise auch der Hanse angehörte, ganz augenscheinlich wirklich nicht ...

Restaurantbesuch bei den Schönen von Ventspils ... Das Bier hier lässt sich trinken ...
Hafenpracht vergangener Zeiten ..? Ventspils hieß schon mal Windau ... Ist hier auch noch etwas erlaubt ..?
Ein `Contender´ ist eine Einhand-Trapezjolle ..? ;-)) Keine Fähre nach Danzig ..! ... und auch unsere Fähre ist heute noch nicht da ... Hafenmädel ...

Viel Hafenatmosphäre ist zu schnuppern, viele bunte Kühe des Kunstprojektes Cow Parade sind zu bewundern und zu fotografieren und natürlich ist auch der Stadtbummel ein Muss - abgeschlossen von einem Besuch in besagtem Restaurant in Platznähe, das viel "lettischen Charme" zeigt. Es ist damit so weit, das Ende der Reise naht - mit einer letzten Fährfahrt, die dafür aber wieder mal um so länger werden soll ...


© 2015 J. de Haas