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Baltrum und seine Eigenheiten ...
Die Nordseeinsel Baltrum vor der Küste Ostfrieslands ist die kleinste der sieben bewohnten Ostfriesischen Inseln mit unter 600 Einwohnern. Nur fünf Kilometer lang und bis zu rund eineinhalb Kilometer breit ist sie zwar auch nur weniger als fünf Kilometer entfernt vom Festland, allerdings für private Bootsinhaber nur unter Einschränkungen erreichbar, was vor allem auf ihre besondere Lage als Insel im Wattenmeer zurückzuführen ist.
Im Westen wird Baltrum von der Nachbarinsel Norderney durch das
so genannte Seegatt
Wichter Ee getrennt, auf der Ostseite von der anderen
Nachbarinsel Langeoog durch das Seegatt Accumer Ee.
Von der Nordsee aus können (zumindest auswärtige) Segler die Insel über die nicht mit Tonnen ausgestattete Wichter Ee gar nicht erreichen, sondern müssen ihren Weg aufgrund der spezifischen Watt- und "Sände"-Verhältnisse durch spezielle Fahrrinnen abhängig von den Gezeiten finden. Wer in diesen Gewässern aufläuft, wird in der Regel kaum mit eigener Kraft wieder freikommen ...
Dies führt dazu, dass die Insel lediglich auf drei Wegen über die See erreichbar ist, wenn man vom auf der Insel ebenfalls befindlichen Flugplatz absieht: Von Westen her durch das Wattfahrwasser von Norderney, von Süden und dem Festland aus durch das Fahrwasser von Neßmersiel, wo auch die Fähre zur Insel ablegt, und schließlich von Osten aus durch das Baltrumer Wattfahrwasser.
Während
der Hafen von Baltrum bei Ebbe im Rahmen einer geführten
Wattwanderung auch zu Fuß vom Hafen Neßmersiel in rund eineinhalb
Stunden erreichbar ist, tun sich die Besitzer von so genannten
Langkielern
ab einem Tiefgang von rund 1,50 Metern nicht nur schwer, die Insel
überhaupt zu erreichen, sondern auch dort als Gäste anzulegen.
Der Hafen wird zwar von der Baltrumfähre abhängig von Ebbe und Flut zu unterschiedlichen Zeiten angelaufen, an deren Anlegern dürfen aber private Segelyachten nicht festmachen. Sie sind angewiesen auf Liegeplätze beim örtlichen Bootsclub, wo allerdings nur wenige Plätze für "Gastlieger" erhältlich sind. Der Hafen "fällt trocken" bei Ebbe, womit die Boote dort in den Schlick sinken und erst bei Flut wieder beweglich werden. Aus all diesen Gründen ist der Baltrumer Hafen für private Yachten ab 1,70 m Tiefgang und 13 Metern Länge gesperrt, er wird allerdings bereits ab 1,50 Metern Tiefgang allgemein als problematisch eingestuft.
Um Ostern 2014 will auch die Besatzung der pacifico die Insel besuchen, allerdings stellt sie schnell fest, dass sie mit ihrem Schiff nicht in den Hafen "passen" würden. Als Anlegestelle wäre für ein Boot dieser Größe sicherlich ein (einziger) Platz zu erhalten, denn sie kommen in der Vorsaison. Doch mit ihrem Tiefgang von 1,60 Metern würden sie ggf. schon lange vor der Einfahrt zum Hafen im Watt steckenbleiben. Theoretisch kämen sie nur bei einer extremen Flut hinein und wieder hinaus. Käme auch noch Ostwind, wären sie für die Dauer dieser Windrichtung in dem Hafen gefangen. So müssen sie wohl oder übel eine Bleibe an Land finden und die Insel wie alle anderen Touristen mit der Fähre erreichen ...
April 2014: Während das Wetter unerwartet gut wird, treffen wir
gegen 09:00 Uhr in Neßmersiel ein. Die Fähre ist zur Zeit noch auf
der Insel, die man von hier aus wegen der geringen Entfernung gut sehen
kann. Das Hafenrestaurant von Neßmersiel wird nun von
Touristen gestürmt, die nach Baltrum wollen. Jeder will
irgend etwas zum Frühstück bis zum Eintreffen der Fähre bekommen. Wir sitzen kaum, da wird das Restaurant richtig
voll: zu voll!
Schnell gibt es keine Sitzplätze mehr, die folgende
Überraschung bietet das Restaurant selbst: Es gibt nur eine einzige
Kellnerin, die sämtliche Gäste versorgen soll. Schnell gibt sie auf,
es bleibt ihr aber auch nichts anderes übrig. Sie nimmt nur die Bestellungen
entgegen, die sie schaffen kann. Mit dem Kassieren sieht es nicht besser
aus: Auf jeden Fall ein verlustreicher Tagesstart für dieses Lokal
...
Es ist Ostern und die Fähre wird richtig voll, unsere Hündin Loona bringt sich vor den vielen Beinen in Sicherheit. Gleich am Hafen von Baltrum wartet das "Verhungernix": Ein Lokal, das 24 Stunden und jeden Tag geöffnet sein soll. Wer will, kann sich hier von der anstrengenden "Seereise" erst einmal erholen.
Auf der Insel gibt es einige kleinere Lokale, keine Straßennamen und nur Hausnummern. Wanderungen über die Insel sind möglich bis zu den Seehundsbänken im Osten. Besiedelt ist nur die Westhälfte, im Osten findet man noch weite, unbewohnte Flächen. Die ausgedehnten Strände der Nordostseite reichen hinein bis in das bereits erwähnte Seegatt Accumer Ee. Größere Salzwiesen befinden sich im Süden der Insel ...
Da es keine Autos oder Busse auf Baltrum gibt, bleibt von der Fähre nur die Möglichkeit des Laufens oder die Benutzung einer Pferdekutsche zum gewünschten Ziel. Wir testen heute den Pferdebus, obwohl unser Ziel bereits vom Hafen aus zu sehen ist.
Der Nachmittag gehört der eigentlich nicht vorhandenen Wanderleidenschaft. Jedes Haus hier hat eigene Fahrräder oder Bollerwagen, allerdings nur für den Kurzbetrieb. Andere Gäste wollen doch auch einmal damit los. Also Brötchen holen geht, Inselrundfahrt nicht. Wir entscheiden uns für das Laufen: Auch Loona muss mit ihren kurzen Beinen da durch ...
Der besiedelte Teil im Nordwesten der Insel besteht aus drei Teilen, dem "Westdorf", dem "Ostdorf" sowie dem "Alten Ostdorf". Unsere Unterkunft liegt dagegen Richtung Wattseite, die Küche wurde in den ehemaligen Balkon gebaut. Der ist nun so eine Art Miniküchenwohnzimmerbalkon geworden. Bei kaltem Ostwind ist dieser Raum allerdings nicht zu empfehlen.
Am Folgetag zieht es uns zum Strand: Die kleine Insel will entdeckt werden. Je nach den Umständen wird das ganze Herumlaufen hier als ganz gut oder zu lang empfunden. Über die Insel zu laufen, ist bei gutem Wetter und genügend Zeit durchaus zu bewältigen, wobei die vier Kilometer zum Brötchenholen beim Bäcker im Dorf am Morgen schon eher als zu weit erscheinen kann.
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Der erste Eindruck des Strandes ist gut: Wir schaffen heute einige Kilometer, es gibt immer neue Flächen, die wir noch nicht mit unseren Schuhen traktiert haben. Auf dem Rückweg haben wir den ersten Kontakt zu Inselbewohnern, die keine Menschen sind und auch nicht fliegen können: Kaninchen. Sie tauchen überall mal auf und leben hier und da zwischen allen anderen Inselbewohnern - ohne große Scheu.
Zurück in der Unterkunft laufen
dort bereits die Vorbereitungen für das Osterfeuer: Der Abend scheint gerettet.
Da entsprechend viel Werbung für das
Feuer gemacht wurde, kommen auch viele Leute zusammen, dabei
natürlich jede Menge Ostergäste. Doch die Veranstalter haben die Zahl der
Besucher total unterschätzt: Schnell ist der Würstchenstand und auch
der Eintopf rettungslos geplündert. Wir beteiligen uns ebenfalls an der
Plünderung, mehr als ein Erbseneintopf ist aber nicht mehr zu
bekommen. Bei den Getränken ist das ähnlich: Es gelingt noch kurz,
so etwas wie Nachschub aufzutreiben. Dann allerdings gibt es nur
noch das Feuer und seine Besucher ...
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Am nächsten Tag ist der Westteil der Insel das Ziel: Von hier aus kann man gut die Ostspitze von Norderney erkennen. Nordöstlich davor ist ein großes Sandriff, das besagte Seegatt Wichter Ee. Es ist das ehemalige Westende Baltrums, denn die Insel war einmal Richtung Westen ein ganzes Stück größer. Die Nordsee hatte aber andere Pläne mit der Insel. Nun wird besonders das Westende umfassend befestigt, damit die Stürme nicht noch mehr die Inselfläche verkleinern. Eine Wetterstation mitten im Ort gibt uns immer das aktuelle Wetter an. Der Sonnenuntergang am Abend ist ein feines Schauspiel. Bei klarem Wetter geht das allerdings bestimmt noch besser ...
Einen Tag später wartet auch der Weg zum Ostende der Insel auf uns. Unser Bild unten zeigt das Panorama von Baltrum beginnend von West über Nord nach Ost - Karnickelland.
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Die ersten Gäste reisen wieder ab: Sie blieben nur über die Osterfeiertage hier. Wir starten nach einem guten Frühstück (samt vier gelaufenen Kilometern!) Richtung Ostende der Insel: Wir bleiben heute meistens der Küste fern und laufen durch die Dünenlandschaft. Auf dem Rückweg ebenfalls durch die Dünen erreichen wir ein kleines Wäldchen. Man sollte seine Schritte jetzt unbedingt verlangsamen, sonst erreicht man das Ende dieses Wäldchens recht schnell und unerwartet. Damit es jeder Besucher der Insel findet, ist es auf den Übersichtskarten der Insel eingezeichnet.
Später ist der
Strand unser Ziel: Wir wollen ihn von
Ost nach West ablaufen. Auf dem Weg dorthin kommen wir an einer
"Baltrumer Seenlandschaft" vorbei. Mehrere Schilder stehen an
einigen Stellen am Strand, um vor so genannten Schlicklöchern
zu warnen: Das sind Stellen im Sand, die nicht stabil sind. Man kann
darin schnell verschwinden, ohne noch vorher Bescheid zu sagen, dass man mal eben weg ist. Urlauber, auch mit Kindern, sehen
diese Schilder allerdings eher als Stranddeko: Sie trotten direkt
an den Schildern vorbei und mitten durch den gefährlichen Bereich.
Man ist versucht, den Erwachsenen manchmal in den Hintern zu treten
- nur zum Aufwachen, versteht sich ...
Unsere Loona erforscht neugierig die Gitterboxen, in denen für Tiere gefährliches Strandgut abgelegt werden kann, insbesondere Netze jeder Art. Unser weiterer Weg am Strand zeigt uns, dass es zuviel von diesen Netzen gibt: Überall sind sie im Sand versteckt.
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Der Nachmittag bringt uns in das Café Kluntje. Zum Öffnungszeitpunkt sollte man spätestens da sein: Dann kommt man vielleicht noch mit dem ersten Haufen Leute hinein, der Andrang ist enorm. Wir haben das Glück, in dem ziemlich engen, aber gemütlichen Café einen Platz an einem Tisch mit vier älteren Damen zu erhalten.
Diese Damen an unserem
Tisch sind sehr gut gelaunt - bis auf eine. Alles was auf dem Tisch
ist, alles was gebracht wird (Gläser, Tassen, Kaffee, Tee, Kuchen)
wird erbarmungslos ihrem kritischen Blick unterzogen: Es dauert
nicht lange, bis uns das auffällt und wir unseren Spaß damit haben.
Bei ihrer Begutachtung der Dinge zieht die Dame jedes Mal ihre
Augenbrauen weit nach oben. Nicht zu vergessen, dass gleichzeitig
ihre Mundwinkel in die andere Richtung wandern. Als sie dann noch bemerkt, dass sie eine
Kirsche weniger auf dem Kuchen hat als ihre Nachbarin und sich
deshalb beschweren will, muss man schließlich lachen - und verursacht wieder ein Hochschnellen der
Augenbrauen. Bis zum Anschlag! Dieses Mal machen die Mundwinkel
allerdings nicht mit.
Wir verabschieden uns bald, denn draußen wartet der
nächste Schwung Leute auf einen freien Platz ...
Der nächste Morgen wird
gleich nach unserem Frühstück neblig. Wir wollen uns den
Nordseestrand der Insel deshalb auch einmal im Nebel ansehen. Auf dem Weg zum
Ostende der Insel lösen wir dann auch ein Rätsel: Bei unseren
Wanderungen hörten wir immer wieder das Geräusch eines sich einmal
öffnenden und wieder schließenden rostigen Scharniers. Diesmal treffen wir auf unserem Weg auf einen am
Wegesrand wartenden Fasan. Zuerst passiert gar nichts. Loona und
Fasan sind aufeinander neugierig: Als sie langsam näher
kommt, bringt der Fasan dann doch wieder mehr Abstand zwischen sich
und die Besucherin, die enttäuscht stehen bleibt. Der Fasan fühlt sich
nun wieder sicher und ruft laut
nach seiner Partnerin!? Es ertönt das rostige Scharnier! Nun wissen
wir mehr: Doch welche Frau der Welt hat Lust auf so ein
Rufgeräusch ..?
Es wird immer nebliger. Als wir schließlich am Nordseestrand ankommen, ist auch gerade noch Ebbe. Die Nordsee hat sich weit zurückgezogen, einige Urlauber nutzen die einmalige Gelegenheit, sich in Gefahr zu bringen und laufen weit nach Norden dem Meer hinterher. Dummerweise verlieren sie dabei im Nebel den Sichtkontakt zum eigentlichen Ufer. Manche lernen es nie!
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Am späten Nachmittag
erreichen wir wieder den Westteil der Insel: Gleich hinter den
Uferdünen gibt es ein Restaurant mit einer großen Auswahl an Speisen
und Getränken. Vor der hauseigenen Speisekarte sind extra
Fußabdrücke auf den Boden gemalt. Wahrscheinlich, um bei großem
Andrang Platz für ein ruhiges Lesen zu haben. Alle anderen stellen
sich bitte dahinter an. Aber Vorsicht beim Essen von Fisch! Der Fisch ist
zwar keineswegs schlecht und auch die Portionen sehen sehr gut aus. Die Gefahr
kommt eher von oben, wenn man sich mit dem bezahlten Essen
auf den Weg macht über das Freigelände zwischen besetzten Tischen und Stühlen
hin zu seinem Platz: Eine große Silbermöwe wartet
immer mit wachsamem Blick gleich am Dachfirst über dem Ausgang. Der
Fisch wird vor den Augen des wehrlosen Besitzers direkt vom Teller
geholt. Denn der hält natürlich mit beiden Händen seinen Teller fest, um
nichts zu verlieren ...
Vor unserer baldigen Abreise noch ein Wandertag auf Baltrum: Wir stoßen auf eine Sitzbank, die in den Dünen zum Verweilen einlädt. Davor befindet sich allerdings ein unmissverständliches Schild - "Betreten der Dünen verboten". Den Strand besuchen wir nur kurz, um Loona noch einmal Auslauf zu gönnen. Sie findet heute sogar einen Hundekumpel, der mit ihr toben will. Wir haben allerdings auch festgestellt, dass sich ihre Pfoten vom langen Rennen und Laufen im Sand abnutzen. Die Haut ist dort dünner geworden. Na ja, auch Sand besteht schließlich aus kleinen Steinen ...
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Der Rückweg führt uns noch an der Pferdestation vorbei: Hier werden die Gespanne für ihren Einsatz vorbereitet. Ein ruhiger Tag, morgen geht es zurück an Bord.
Wir nehmen die letzte Fähre am Abreisetag und treiben uns vorher noch am Westende der Insel herum: Für das Gepäck nehmen wir einen Handwagen. Den bekommen wir von unserer Unterkunft zur Verfügung gestellt. Wir lassen ihn dann am Hafen auf einem extra dafür vorgesehenen Parkplatz zurück. Der nächste Gast wird ihn bei seiner Ankunft wieder mit zurücknehmen.
Passend zur Flut legt die Fähre
schließlich ab: Kleine, ins Watt gesteckte Bäume weisen uns den Weg
...
© 2015 Jürgen Sattler, Anfahrtskarte: openseamap.de; Hafenkarte: Google, esys.org
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Autorenübersicht!