Das Packraft Kokopelli Twain -

Widerstandsfähiges Leichtgewicht


Seit Jahren bin ich nun mit meinem alten Land Rover "One Ten" unterwegs: Immer wieder ergeben sich Selbstbauprojekte, Maßnahmen zur  Optimierung und auch Reparaturen, die einen "schön" (im Sinne von "mit Spaß") beschäftigen können ...

Nach dem Selbstbau eines Klappdachs war für mich klar, dass nicht auch noch ein Dachgepäckträger oben drauf sollte. Da gefielen mir die Proportionen nicht so gut und auch technisch machte es meiner Meinung nach wenig Sinn, zu viel Gewicht auf dem Dach zu haben. Auch die zusätzliche Höhe schränkte die permanente Mitnahme eines Bootes auf dem Dach ordentlich ein.

Gutes Gefühl im neuen Boot ..!Da ich gerne kurze Bootswanderungen unternehme, sah ich mich mal nach leicht transportablen Lösungen um. Vor einiger Zeit kam dann ein "Packraft" nebst Ausrüstung wie Paddeln und aufblasbaren Schwimmwesten ins Haus. Packraft? Ist ein Packraft nicht auch bloß ein Schlauchboot, nur auf Neuhochdeutsch? "to pack" = zusammenpacken. "Raft" = Floß … also ein "Zusammenpackfloß"?

Ja und nein! Das Prinzip ist das Gleiche wie ein Schlauchboot, nämlich ein aufblasbares Boot für ein oder für zwei Personen. Da ich nicht der Hardcore Wildwasserpaddler bin (obwohl Packrafts aufgrund ihrer Robustheit häufig sogar das können) und lieber zu zweit in einem Boot als alleine unterwegs bin, wurde es schließlich das Kokopelli Twain, das für zwei Personen gut geeignet ist.

Wie gesagt, im Prinzip ist es das Gleiche, aber die Materialien unterscheiden sich deutlich: Im Gegensatz zum klassischen Schlauchboot ist das Packraft aus völlig anderen, dünneren Materialien gebaut und ist damit erheblich leichter und kleiner zusammenfaltbar sowie auch widerstandsfähiger. Das klassische Schlauchboot aus dickem, schweren Gummimaterial packt man am Besten in den Kofferraum, den es gut füllt und fährt dann mit dem Auto zum Einsatz. Oder den Kanadier schnallt man auf den möglicherweise vorhandenen Dachgepäckträger. Ein Packraft aber - speziell die einsitzigen Versionen - ist leicht und klein genug, um es in einem Rucksack zu verstauen und auf dem Rücken bei der Wanderung mitzunehmen ...

Im Land Rover One Ten auf Reisen eröffnet das somit besondere Möglichkeiten: Als Packsack für das Boot gibt es inzwischen genügend passende Säcke aus fester PVC-Plane mit dem bekannten Rollverschluss. Sogar mit Rucksackträgern, um alles komfortabel wie einen Rucksack auf dem Rücken tragen zu können. Der Sack mit dem Packraft und den Schwimmwesten (ca. 70 cm x 30 cm) passt problemlos hinten auf die Werkzeugkiste an der Hecktür.

Die sitzt bei mir da, wo sich beim Defender üblicherweise am Heck das Ersatzrad befindet. Auf das Ersatzrad ließe sich der Sack ebenfalls schnallen. Die Doppelpaddel, die jeweils in vier Teile zerlegbar sind, können im Land Rover in einer Kiste verstaut werden, wobei sich das Packraft auch problemlos mit Stechpaddeln bewegen ließe. Alternativ ließen sie sich auch seitlich an einem eventuellen Dachgepäckträger in Haltern montieren, ohne zusätzlichen Platz zu belegen.

Idealer Packsack ...Mit dem Packraft wird aus einem Kanu oder Paddelboot, das sonst bei geplanter Nutzung extra verstaut werden müsste (wenn man es nicht ständig auf dem Dach herum fahren will), also ein "immer dabei Boot", weil es klein und leicht genug ist. Speziell auf Reisen ist das wertvoll. Das Kokopelli Twain wiegt nur 6,5 kg und braucht in der Rolle verstaut nur sehr wenig Platz.

Nun zum Einsatz: Als erstes steht Auspacken und Aufpumpen auf dem Plan. Man legt das Boot aus und steckt schon mal den separaten Boden hinein. Heutzutage benutzt man keine klassische Luftpumpe mehr. Die würde der "Leicht-und-klein Philosophie" eines Packraftes auch deutlich widersprechen. Selber pusten führt aber auch bei Nichtrauchern schon mal zu Schwindel.

So benutzt man dafür also einen Pumpsack, der im Lieferumfang vorhanden ist. Den muss man sich vorstellen wie einen aus hauchdünnem Textil bestehenden Sack, mit dem man Luft mit einer Bewegung einfängt, ihn dann am offenen Ende zu knüllt und die entstehende Blase dann in das Boot durch ein Ventil am anderen Ende des Sackes "ausstreift".

Das geht nach etwas Übung erstaunlich schnell. Am Anfang ist man sinnvollerweise zu zweit, was es einfacher macht. Man hat das Prinzip aber recht schnell durchschaut und kann es dann auch alleine machen. Der Pumpsack ist verpackt so klein, dass man ihn in die Hosentasche stecken kann. Versuche so  etwas einmal mit einer Doppelkammerluftpumpe ...

Beim Kokopelli Twain sind zwei bis drei Kammern zu befüllen. Zwei bis drei? Ja, das Boot selbst besteht aus zwei Kammern, dem Bug sowie dem Heck. Der einlegbare Boden im Boot ist die dritte Kammer. Ohne diesen separaten Boden geht es auch, aber es gibt dann nur eine Plane am Boden des Bootes. Es ist eine recht dicke Plastikplane, auf der man durch die aufblasbaren Sitze mit Rückenlehne auch sitzen kann, ohne sich einen kalten Hintern zu holen.

Der einlegbare aufblasbare Boden sieht aus wie eine Luftmatratze in Bootsform. Er IST im Nutzungsfall auch eine. Bei wenigen Ansprüchen kann man sogar darauf schlafen. Es ist zu empfehlen, ihn gleich in luftlosem Zustand ins Boot einzulegen und drin aufzublasen, denn aufgeblasen legt er sich schwer ein. Das Boot funktioniert auch ohne diesen Boden, aber man hat dann eben über die Plane Kontakt zum kalten Wasser. Dafür muss man dann nur zwei Kammern aufpumpen und das Boot würde dann noch kleiner und leichter. Der Boden macht das Boot allerdings stabiler und bequemer. Es liegt auch nicht alles gleich im Spritzwasser, denn das sammelt sich unter dem aufblasbaren Boden im Boot. Alles bleibt damit trockener ...

Ausgepackt und aufgepumpt ist das Boot mit Boden zu zweit in rund 15 Minuten.

Einsteckbare Finne ...Das Kokopelli Twain scheint zur Zeit das einzige Boot zu sein, dass am Unterboden des Hecks auch eine einsteckbare Finne hat. Diese Finne erhöht die Nutzbarkeit ungemein, denn sie sorgt dafür, dass das Boot trotz des flachen Bodens erheblich besser geradeaus läuft. In sehr niedrigem Wasser kann man dann nicht mehr so gut fahren, aber die Stabilitätsvorteile im Geradeauslauf in tieferem Wasser überwiegen. Im wilderen und seichteren Wasser kann man die Finne einfach ausklipsen. Gelenkt wird trotzdem nur über die Paddel, aber das Boot dreht sich mit der Finne bei Weitem nicht so leicht durch andere Umstände.

Als ich einmal die Finne vergaß, wurde auch Seitenwind zu einem größeren Problem als sonst. Wie bei einem hoch aufragendem Boot nicht anders zu erwarten, ist die Windangriffsfläche groß und es wird darum ohne Finne noch leichter herum gedreht. Ein an die Finne gebautes Ruder würde das Boot eventuell sogar mit den Füßen lenkbar machen (à la Kajak mit Fußpedalruder). Mangels Platz für Pedale könnte man aber nur mit Fußschlaufen arbeiten. Eine Notwendigkeit gab es dafür bisher nicht und man könnte so etwas nur selbst basteln, was zugegebenermaßen reizvoll klingt.

Speziell dieses Boot empfehle ich nicht als Boot für lange Touren zu zweit, weil sich unter dem Strich dann doch nur wenig Gepäck verstauen lässt. Das würden wohl recht spartanische Touren werden und da nimmt man besser zwei Einsitzer. Für Touren allein bietet es als Zweisitzer allerdings sehr viele Staumöglichkeiten. Man kann es ja auch alleine paddeln. Ist man zu zweit unterwegs, reicht der Stauraum für Tagesgepäck ohne Probleme aus.

Interessant scheint auch die "T-Zip-Version" zu sein, bei der man durch einen druckdichten Reißverschluss Gepäck IM Bootsschlauch verstauen kann. Eine clevere Idee, die auch längere Touren zu zweit komfortabler möglich macht, aber für meinen Einsatzzweck nicht nötig ist.

Das Boot hat einstellbare aufblasbare Sitze mit Lehnen, die man in einem begrenzten Bereich nach vorne oder hinten verschieben kann. Sie werden einfach in vorhandene Schnappschlösser eingeklipst. Ich sitze mit meinen 1,85 m hinten und meine Freundin mit 1,70 m vorne. Diese Konfiguration geht noch recht gut, aber viel größer sollte man hinten nicht sein. Dann wird es schon etwas eng. Es kommt allerdings immer darauf an, wie viel Gepäck man dabei haben will ...

Was sich ebenfalls anbietet, ist, einfache Wasserschuhe zu tragen. Das erleichtert den Gang aufs Wasser erheblich und im Boot kann man damit nichts beschädigen und holt sich nicht so leicht kalte Füße.

Fazit: Als Boot für unterwegs ist es für mich absolut passend. Durch die bedingte Wildwassertauglichkeit ist es robust genug. Es ist gepackt klein genug, es immer dabei zu haben und es ist schnell genug einsatzbereit. Ein billiger Spaß ist es nicht, aber die Option, dass es auf Reisen unkompliziert verstaubar ist und dass es immer dabei sein kann, ist sehr wertvoll. Mehr Infos zum Boot in einem englischen Review.


© 2018 Sigi Heider