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Schwerpunkt Hinterlassenschaften: Erster Weltkrieg - Verdun ...


Zurück in Frankreich ...

Die Irlandfähre Oscar Wilde legt planmäßig am 31.08.2016 gegen 11:00 Uhr wieder in Cherbourg an - wir sind zurück bei den Rechtsfahrern!

Die Umstellung darauf fällt (wenig erstaunlich ) leicht, als wir die Hafenstadt verlassen und unsere Rückreise antreten. Wie bereits erwähnt, wollen wir dabei eine wichtige Region des Ersten Weltkriegs besuchen, wenn wir schon mal in der Nähe sind - Verdun.

Bis dahin sind es allerdings mehr als 600 km und das wollen wir uns als Ruhetags- und Fähren-Verwöhnte trotz des (im Vergleich zur "Heimat") angenehmeren Verkehrs hierzulande nicht antun. Wir haben uns deshalb entschlossen, heute nur die Hälfte dieser Strecke zurückzulegen, weshalb wir den Ort Aumale als Zwischenstation vorgesehen haben. Die kleine Gemeinde in der Normandie verfügt über einen der typischen kommunalen Campingplätze, nämlich das Camping Municipal Le Grand Mail, wo wir eine Übernachtung eingeplant haben.

Im Camping Municipal Sehenwürdigkeit: Die Kirche von Aumale ... Aumale: Hingucker am Rande

Da hier außer der Kirche nur eine äußerst bescheidene Anzahl an Sehenwürdigkeiten zu finden sind und man auch einen Fußmarsch hinunter in den Ort machen müsste, wird nach dort erledigtem Einkauf die übrige Zeit auf dem einfachen Platz ohne weitere Attraktionen zugebracht - nach der Fähre wieder mal selber kochen ist auch schön!

Am nächsten Morgen geht es schließlich weiter nach Verdun, der Stadt im Département Meuse, die durch den Ersten Weltkrieg historische Bedeutung erhalten hat.

Wir steuern das unweit der City gelegene Camping Les Breuils an, das erfreulicherweise nicht nur ein eigenes Restaurant hat, sondern von dem aus im Zeitraum April bis November auch die Buslinie des "Circuit historique" startet. Mit dieser Linie kann man nicht nur zu der (leicht zu Fuß erreichbaren) Festung der Stadt, sondern auch zum Weltkriegs-Museum des Ortes und zum "Beinhaus von Douaumont" gelangen, einer nationalen Grabstätte. Diese Tour wollen wir am morgigen Ruhetag machen, der hier natürlich ein Muss ist. Selbstverständlich könnte man mit den Besuchen des gesamten Schlachtfelds von Verdun einschließlich der benachbarten Forts hier auch leicht mehrere Tage verbringen, aber leider fehlt uns dafür die Zeit.

Nach der Ankunft in Verdun heißt es allerdings zunächst einmal, den Ort zu erkunden: Bereits nach kurzer Zeit passieren wir die berühmte Festung, die Zitadelle von Verdun, mit der wir uns morgen näher befassen wollen und gehen weiter bis in die Innenstadt, wo am Ufer der Meuse und am städtischen Kanal ein reges Treiben herrscht ...

Einladend: Im Camping Les Breuils Vertrautes Bild: Pénichette und andere im Hafen von Verdun
Verdun: Buntes Stadtbild ... Für Hungrige: Pizza-To-Go Station Die historische Porte Chausseé
Das "Monument aux Morts" Erinnerung an das Geschen vor 100 Jahren ... Nächtliches Ambiente ...

Eine Vielzahl von Booten hat hier an beiden Seiten des Ufers angelegt, deren Anblick natürlich sofort wieder an den Canal du Midi erinnert. Im Laufe des Abends bietet sich hier ein tolles Panorama, als wir uns vor einem Restaurant nah am Ufer niederlassen. Zuvor war natürlich ein kleiner Rundgang fällig, vorbei z.B. am historischen Stadt- und Zolltor, dem "Porte Chausseé" oder dem "Monument aux Morts", einem Kriegerdenkmal, sowie anderen Zeugnissen des Geschehens hier vor nun genau 100 Jahren.

Als wir am späten Abend ins Camp zurückkehren, sind wir davon überzeugt, in einer Stadt zu sein, wo man es problemlos noch einige Zeit aushalten könnte - wenn man denn Zeit hätte!

Am folgenden (Ruhetag) soll es zunächst zum Mémorial de Verdun gehen und anschließend zur Zitadelle der Stadt, aber zuvor sollte man sich wohl kurz vertraut machen mit den historischen Gegebenheiten rund um diesen Ort ...

Verdun: Die Vorgeschichte ...

Der Bau der Zitadelle von Verdun hatte schon in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts begonnen und 100 Jahre später, im Jahre 1687, wurde schließlich auch auch hier wieder der uns bereits bestens bekannte Marschall Vauban im Auftrag von Ludwig XIV. tätig, jener Marschall also, der uns bereits bei Reisen nach Luxemburg, Belfort und Coullioure sowie am Canal du Midi immer wieder bei historischen Bauwerken und Festungen begegnete. Bereits zu jener Zeit hatte man hier das Ziel, den Schutz der Grenzen durch die Verbesserung der Verteidigungsstellungen der großen Festungsanlagen sicherzustellen.

Auch in den Preußenkriegen der Jahre 1792 und 1870 erlitt die Zitadelle etliche Bombenangriffe, denen auch die Kasernen und ein Teil der Abtei zum Opfer fiel. In der Folgezeit wurden in der Region weitere Forts errichtet sowie kilometerlange unterirdische Gänge unter der Zitadelle zum Schutz von Menschen und Material ausgehoben.

Auch nach Beginn des Ersten Weltkriegs erlangte die Zitadelle von Verdun wieder eine zentrale Bedeutung.

Lagebericht ...Bereits seit 1914 hatte die französische Heeresleitung Verdun als ruhigen Abschnitt eingeschätzt und die dortigen Stellungen stark vernachlässigt, auch war der größte Teil der schweren Artillerie abgezogen worden. Dadurch und aufgrund der politischen Gesamtsituation erschien die Gelegenheit aus deutscher Sicht im Winter 1915-16 günstig für eine gewaltige Offensive an der Westfront: Russland hatte die größten Rückschläge des ganzen Krieges erlitten, Italien war schwach, England weder gut organisiert noch kampfbereit und Frankreich durch blutige Verluste geschwächt.

So verkündete General Erich von Falkenhayn im Dezember 1915 vor Offizieren des Generalstabs, dass der Sieg 1916 erreicht würde. Der Deutsche Kronprinz Wilhelm durfte später der 5. Armee verkünden, dass nach der Einnahme von Verdun der Krieg bald zu Ende gehen würde.

Als besondere Taktik bei dem folgenden ersten Angriff dieser Offensive am Morgen des 21. Februar 1916 sollten zunächst über 1.200 Geschütze aller Kaliber feuern und so eine verheerende Wirkung gegen Befestigungen und Truppen des Gegners erzielen. Danach sollten dann die Sturmtruppen fast ohne Verluste vordringen können und im Wechsel eines massiven Durchbruchs mit anschließendem Abnutzungskrieg erfolgreich sein - die Vorgeschichte zur sogenannten "Blutmühle von Verdun".

Dreimal wurde dieser Plan verfolgt, allerdings ohne letztlich damit einen Erfolg zu erzielen. Die Erschöpfung der deutschen Truppen war zuletzt genauso umfassend wie die der Gegner.

Bis Juli 1916 wurden die Angreifer durch zähen Widerstand der französischen Infanterie aufgehalten, ab August des Jahres erfolgten schließlich französische Gegenoffensiven mit inzwischen wieder eingetroffener schwerer Artillerie, womit letztlich das verlorene Terrain schrittweise zurückerobert wurde.

In dieser gesamten Zeit spielte Verdun mitsamt seiner Festung, der Zitadelle, eine herausragende Rolle. Unter dem Befehlshaber der Festung General Philippe Pétain widerstand die Zitadelle im Gegensatz zu den ebenfalls zu diesem Frontabschitt gehörenden benachbarten Fort Douaumont und Fort Vaux dem ungeheuren Beschuss durch den Gegener während der gesamten Angriffsperiode. Eingenommen wurde die Zitadelle von Verdun durch die Deutschen nie und stellt deshalb heute noch ein Symbol des Widerstands der gesamten Nation dar.

Zum Mémorial und der Zitadelle

Die  Buslinie des "Circuit historique" kommt pünktlich am Morgen und ermöglicht uns zunächst erst einmal eine kleine Stadtrundfahrt, bevor wir die City Richtung Nordosten verlassen. Das Mémorial de Verdun liegt eigentlich beim benachbarten kleinen Bauerndorf Fleury-devant-Douaumont und wurde erst im Februar dieses Jahres nach mehrjährigen Umbauarbeiten wiedereröffnet. Im Zentrum des ehemaligen Schlachtfelds gelegen soll es ein Museum der einstigen deutsch-französischen Schlacht und auch Gedenkstätte sein. Das Memorial gilt als eines der wichtigsten europäischen Museen des Ersten Weltkriegs.

Wir betreten das neugestaltete Gebäude, das auf drei Stockwerken zu einem Rundgang einlädt, für den man rund zwei Stunden ansetzen sollte. In den Räumlichkeiten befinden sich rund 2.000 Sammlungsstücke, unzählige auch bisher unveröffentlichte Fotos, Berichte französischer und deutscher Zeitzeugen und jede Menge audiovisueller Hilfsmittel, die dem Besucher die schauerlichen Kampferinnerungen der Soldaten ziemlich nahe bringen können ...

Neugestaltetes Memorial ... Hinein in die Historie ... Audiovisuelle Vorführungen ...
Unzählige Sammlungsstücke ... Stellungs- und Lageberichte ... Skurrile Fahrzeuge ... ... und Kanonen  
Deutsche Rüstung ... Schützengraben-Diorama ... Zeitgenössische Modelle ... Aufwändiges Gesamtarrangement  

Im unteren Erdgeschoss stehen wir vor einer rund 100 qm großen mehrteiligen Leinwand, auf der mehrsprachige audiovisuelle Vorführungen über die Heftigkeit der Schlacht zu sehen sind und selbst die Erschütterungen eines unter Granatfeuer stehenden Geländes spürbar werden. Auch die Einordnung dieser Schlacht in Zeit und Geschichte steht in diesem Stockwerk im Mittelpunkt, ebenso wie die Darstellung des Schlachtfelds vor genau 100 Jahren an dieser Stelle. Der Eindruck von einer Stellung an vorderster Linie wird intensiv vermittelt, an anderer Stelle findet man Alltagsgegenstände der Soldaten, Lkws und Geschütze und vieles mehr.

Ziemlich beeindruckt gelangt man ins nächste Stockwerk: Hier stößt man auf die Luftwaffe in der ersten Luftschlacht der Geschichte, auf Artilleristen und Führungsstäbe und bekommt einen Einblick in das Leben hinter den Linien, wo Sanitätsdienste im Großeinsatz sind. Informationen zur Folgezeit bis hin zur amerikanischen Offensive von 1918 sind ebenfalls Gegenstand der Ausstellungen dieses Stockwerks.

Die obere Etage ist eine Terrasse, die zur Umgebung des Museums geöffnet ist. Weitere Informationen zur Geschichte und zu den Spuren des Krieges sind hier zu finden sowie wechselnde Ausstellungen mit unterschiedlichen Themen.

Beinhaus von Douaumont Wir brauchen die genannte Zeit, bis wir das Gebäude tief beeindruckt verlassen und uns wieder zur Bushaltestelle begeben. Wir haben das Glück, einen Gegenbus zu erwischen, der noch zum Beinhaus von Douaumont fährt, bevor er wendet und nach Verdun zurückkehrt. In einem imposanten Gebäude hier auf weitem Gelände befindet sich eine französische nationale Grabstätte, wo mehr 100.000 Gebeine nicht identifizierter französischer und deutscher Soldaten aufbewahrt werden.

Wir bleiben im Bus an dieser Endhaltestelle, bevor er mit uns zurückfährt in die Stadt, wo wir an der Citadelle de Verdun aussteigen, schließlich wollen wir auch die noch gründlich erforschen. Während bereits die mächtigen äußeren Mauern des Geländes den Besucher stark beeindrucken, soll der wichtige unterirdische Teil bei einer Rundfahrt durch den Untergrund erkundet werden. Wie hatten wir dazu gelesen:

"Die unterirdische Zitadelle von Verdun umfasst 7 km lange Gänge, die für den Bedarf einer Armee eingerichtet waren mit einer Bäckerei, Küchen, Feldlazarett, Telefonzentrale, Munitionslager usw. Eine Rundfahrt mit einem automatisch gesteuerten Fahrzeug ermöglicht, sich anhand von nachgestellten Szenen, virtuellen Bildern und Rekonstruktionen ein Bild vom Leben der französischen Soldaten 1916 zu verschaffen. Eine schmerzliche Erfahrung."

Und in der Tat: Eine schmerzliche Erfahrung wartet auf uns, allerdings anderer Art als erwartet. An der Kasse wird uns mitgeteilt, es gäbe gerade  ein Problem und man müsse noch warten, bis man sagen könne, wie es weitergeht. Nach einiger Zeit wird ein großes Schild ausgehängt, das offensichtlich nicht erst heute auf die Schnelle erstellt wurde, sondern in Aussicht auf baldigen Feierabend vermutlich schon Tradition hat als Ausdruck hiesiger Lebensqualität: Auf dem Schild wird ein größeres technisches Problem erwähnt, das den Betrieb der Anlage verhindert und dass man einen "technischen Eingriff" erwartet. Dass dieser Eingriff heute Nachmittag nicht mehr zum Erfolg führen wird, muss wohl nicht näher erwähnt werden ...

Beeindruckende Befestigung ... Mächtige Gemäuer ... Gedenkstatuen vor der Zitadelle ...  
Hier muss man rein! Leider nicht immer erfolgreich ... Warten auf Techniker ..?
Umfangreiche Kanonensammlung ... Niemals eingenommen: Die Kasematten der Zitadelle ...

Ein wenig schade und ärgerlich ist es schon, wenn man bedenkt, dass man sicher erfolgreich gewesen wäre, wenn man hierhin zuerst gefahren wäre ... aber was soll´s, letztlich nehmen wir es wie es kommt und machen uns auf den Rückweg zum Camp. Bei Wein und einem Essen im dortigen Restaurant ist die Enttäuschung schließlich vergessen und wir genießen noch den letzten Abend unserer Tour in Frankreich.

Leicht fällt es nun, ein positives Fazit unserer Tour nach Irland und Frankreich zu ziehen, die unter dem Strich ein voller Erfolg war. Wie so oft heißt es natürlich auch: Wir kommen wieder! Und warum eigentlich nicht mal wieder mit dem Flieger auf die Schnelle nach Dublin und dann weiter ..? Heißt es nicht schließlich auch in der Fernsehwerbung in letzter Zeit andauernd "Visit Ireland!" ..??

Der nächste Morgen kommt und damit auch die mehr als 600 km lange Rückfahrt nach München - was soll man sagen, es wird so angenehm wie immer auf diesen Straßen und in dieser Richtung ...


© 2018 J. de Haas