Auftakt im Burgenland ...

Es ist 5:00 Uhr morgens, im dichten Morgennebel fahren wir los Richtung Burgenland. Unser erstes Ziel ist Podersdorf am Neusiedler See, das wir problemlos noch vor der Mittagszeit erreichen, obwohl auf der Wiener Stadtautobahn die Hölle los ist und man sich schnell in den "doppelt gegabelten Ausfahrten" verfransen kann. Aber alles geht glatt, die selbst bei solchen Zielen obligatorische Navigationsvorbereitung macht sich bezahlt.

Das Wetter ist sommerlich, der Campingplatz ist noch gut belegt mit Windsurfern und Kitesurfern, die die letzten warmen Tage bei gleichmäßigem Wind noch nutzen wollen.

Zunächst bekommen wir einen Sonnenplatz. Obwohl wir gar keinen Strom anschließen können - müssen - wollen, sollen wir "Zwangsstrom" bezahlen: Gemäß der Logik des Campingplatzbetreibers und wohl wegen der Erfahrung mit dem, was der "echte" Camper von heute so benötigt, muss es einfach Strom aus der Steckdose sein. Der Hinweis auf unseren "hausgemachten" Solarstrom stößt auf taube Ohren - ein Schuft, wer da denkt, dass es sich nur um eine einfache Methode handelt, mehr Geld zu kassieren ...

Ein Plätzchen im Schatten ... Gassi gehen mit dem Drachen!

Unserer Solarzelle gefällt der Platz ja recht gut, aber uns wird es schnell zu warm und so fragen wir an der Rezeption nach einem anderen Platz, den wir im Schatten entdeckt haben. Der Umzug wird im "Campingplatzbewirtschaftungssystem" erfasst und so packen wir alles wieder zusammen, erklären unseren etwas verdutzt schauenden Nachbarn, wir hätten nur einen Kurzurlaub gemacht, und fahren davon in den Schatten ...

Der Wind frischt auf und auf dem See tummeln sich nun viele Kitesurfer, um ihre teilweise beeindruckenden Kunststückchen vorzuführen. Ein großer Vorteil ist die geringe Wasserhöhe: Wer vom Brett fliegt, muss sich nicht schwimmend wieder auf das Teil zurück hieven, er kann bequem noch einmal aufsteigen. "Normale" Surfer sind hier in der Minderzahl.

Buntes Treiben im Wasser ... Mal so richtig eine Welle machen ...

Am Abend suchen wir einen Buschenschank auf und genießen den lauen Abend bei dem einen oder anderen Viertele Blaufränkischen - schließlich sind wir hier im "Weinland Österreich" ...

Am nächsten Tag mieten wir Fahrräder für einen Ausflug in den Naturpark Seewinkel: Überall rings um uns herum hören wir Schüsse. Ist die Jagdsaison ausgebrochen? Bürgerkrieg? Randalierende Gäste nach einer Weinprobe ..?

Unser Weg  entlang des Sees führt uns an Weingärten vorbei, deren Rebstöcke voll von reifen Trauben hängen. Wir wollen uns die Trauben genauer anschauen. Kaum nähern wir uns einem Weinstock, gehen wieder Schüsse los, diesmal unmittelbar neben uns. Der Schreck fährt uns in alle Knochen, aber nun gehen wir dem Spuk auf den Grund: Wenige Meter neben uns hängt eine abenteuerliche Konstruktion aus einer Gasflasche und einem Schussapparat, der regelmäßig in wechselnde Richtungen feuert. Mit unserer Annäherung hat das nichts zu tun, denn die Krachmacher dienen nicht als Abwehr gegen neugierige oder naschhafte Touristen, sondern gegen gefräßige Vögel. Zusätzlich flattern so allerlei Bänder und Drachen zwischen den Reben und ab und an fliegt ein Pilot im Tiefflug über die Weingärten, der den Zuschauer dabei mit so mancher Kunstflugeinlage unterhält ...

Wir radeln weiter zu einem Gehege mit urigen Wollschweinen, die vor sich dösen. Sie sind die Knallerei und den Kunstflieger offensichtlich gewöhnt.

Reife Objekte der Begierde ...

Abgehärtete Wollschweine!

Selbstschussanlagen auf burgenländisch ...

aber auch alte Methoden werden angewendet ...

An einer Kreuzung fällt die Wahl auf den Reitweg nach Illmitz: Für "normale" Fahrräder ist der Weg eine Herausforderung, denn er besteht größtenteils aus Sand. Entgegenkommende Radfahrer fragen recht entnervt, ob es noch weit ist, bis der Weg besser wird. Sie glauben, sie könnten den "Gegenverkehr" entmutigen und erzählen, dass der Weg bis Illmitz so schrecklich bleibt, wie er an dieser Stelle ist. Das beeindruckt uns aber nur wenig, denn die Landschaft ist wunderschön und da kommt es auf Geschwindigkeit nicht an.

Das Gebiet heißt treffend "Illmitz-Hölle" und da hier nur die Herbstsonne Pannoniens auf den Kopf brennt, kann man sich leicht vorstellen, wie hier die Hölle entsteht, wenn es im Sommer glüht und die hungrigen Mücken aus den kleinen Seen und ihren Lachen zur Blutmahlzeit bei den Touristen aufbrechen ...

Nomen est omen ... Sandiger Weg durch die Steppe ...

Pusztabrunnen am Wegesrand laden ein zum Verweilen und stimmen bereits auf Ungarn ein. Ein vom Blitz gespaltener Baum ruft manches schwere Gewitter in Erinnerung, das wir vor vielen Jahren hier schon erleben konnten und bei dem die Blitze vom Boden in den Himmel verliefen. Der Baum verströmt noch einen starken Brandgeruch, der Blitzeinschlag ist schwarz glänzend verkohlt ...

Pusztabrunnen stimmen uns schon ein auf Ungarn. Vom Blitz getroffen ...

Wir graben uns weiter durch den Sand und kommen bald nach Illmitz. Dort lohnt es sich einzukehren in den Garten des Landgasthofs Karlo, wo man sich an der großartigen Rotwein Cuvée Mirabilis stärken kann - ein wirklich schmackhafter und empfehlenswerter Tropfen. Zurück geht es danach über den empfohlenen "Radweg", der überwiegend mit der Landstraße identisch ist. Man ist zwar schneller unterwegs, aber der Asphalt glüht und die teils rasenden Autos sind nicht sehr angenehm.

Überall erkennt man, dass der Herbst bereits Einzug gehalten hat: Wer tagsüber eine Weinprobe machen will, wird schnell merken, dass nun Erntezeit ist und nur wenig Zeit für Weinkäufer bleibt, denn die Arbeit auf Feldern und in den Weingärten hat höchste Priorität - schließlich will man ja in den kommenden Jahren einen guten 2005er trinken! Am Abend ruft wieder ein Buschenschank und ohne zu wissen, dass wir für längere Zeit heute Abend den letzten Rotwein trinken, der uns schmeckt, nehmen wir Abschied vom Burgenland ...

Fleißige Bauern beid er Arbeit ... Nicht nur Trauben hat das Land, auch Kürbisse gedeihen hier bestens!

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