Bolivien  Verkostung "zu Hause": Wein aus Bolivien ...

Höhenweine aus den Anden


Viel zu verkosten ...Bei unserer Weinreise nach Mallorca gab es diesmal auch gleich drei Teilnehmer aus Bolivien, wobei zwei schon sehr lange in Deutschland leben (außer 2x Pedro, einer davon bei uns bereits als "Captain Cook" von Fuerteventura bekannt , war diesmal erstmalig auch die kurz zuvor angereiste Mercedes dabei).

So kamen wir ins Gespräch über bolivianischen Wein, von dem wir bisher eigentlich gar nichts wussten und den wir zuvor auch noch nie probiert hatten.

Mercedes versprach uns während der Reise, nach ihrer nächsten Rückkehr aus Bolivien Wein von dort mitzubringen und was soll man sagen: "Eine Frau, ein Wort!" Bereits wenige Wochen später erreichte uns eine Einladung zur bolivianischen Weinverkostung!

Wir dachten damals an vielleicht so eine einzelne Flasche Wein, aber Mercedes hatte tatsächlich ihren Koffer vollgepackt mit einem repräsentativen Querschnitt der bolivianischen Winzerkunst!

Sie versuchte sogar am Flughafen, die Weineinfuhr zu verzollen, aber die Zöllner waren offensichtlich verwirrt - da will einer Wein aus Bolivien verzollen () - und so kam der Wein schließlich ganz einfach und unbürokratisch nach Bayern ...

Weinanbau in Bolivien?

Ja den gibt es wirklich und es befinden sich hier die höchsten Weinberge der Welt, die sich auf einer Höhe von 1.600 m - 3.200 m ü. NN erstrecken. Europäische Rebsorten gedeihen hier vorzüglich!

Schon Anfang des 17. Jhdt. brachten Augustinermönche die ersten Reben ins Land und nahe der Stadt Tarija wurden die ersten Weinberge angelegt. Die Weine wurden überwiegend in Tonkrügen vergoren.

Ziel des Weinanbaus war zunächst die Produktion von Messwein, wobei sicher der eine oder andere Schluck auch außerhalb des Gotteshauses getrunken wurde ... Nach und nach breitete sich der Weinanbau aus und die Spanier, die in der Kolonialzeit über das Land herrschten, mussten immer weniger Wein importieren. Sie konnten es sich schließlich sogar leisten, den Rebensaft zu destillieren und als Spirituose mit der Bezeichnung Singani zu genießen.

In den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts breitete sich der Weinanbau im Lande zunehmend aus, bis dann ca. 100 Jahre nach der Reblaus-Katastrophe in Europa diese über Argentinien auch hier eingeschleppt wurde und damit Anfang der 80er Jahre der Weinanbau vorerst sein Ende fand.

Mitte der 80er Jahre wurde (gefördert von den Vereinten Nationen) das Weinbauzentrum "Centro Vitivinicola de Tarija" (CEVITA) gegründet mit Labor und Kellerräumen. Für den Wiederaufbau der Weinproduktion gab es allerdings keinerlei Unterstützung durch den Staat oder Banken, die Weinbauern mussten die Kosten selbst tragen. Mehr als eine Million Rebstöcke mussten hierfür importiert werden.

Einige Weinstöcke haben jedoch auch die Reblaus überlebt, und die sind mittlerweile mehr als 300 Jahre alt ...

Die Weinanbauregionen Boliviens ...
Weinberge bei Tarija ... Weinproduktion bei Kohlberg ...

Mittlerweile wird auf 3.500 Hektar Wein angebaut (etwas mehr als im deutschen Rheingau), wobei die Hälfte der Fläche bewässert wird. Die Regionen befinden sich in

  • Valle Central de Tarija
  • Valle de Cinti
  • Los valles Cruceños
  • La Paz

Geerntet wird in den Monaten Februar bis März, alles von Hand.

Durch die große Höhe werden die Weinstöcke viel mehr UV-Licht ausgesetzt als in Europa. Das führt dazu, dass weit mehr Resveratrol gebildet wird, der Wirkstoff also, durch den sich der Rotwein positiv auf das Herz auswirken soll (Anm. der Red.: Gemäß Ärzteblatt allerdings umstritten).

Zusätzlich bewirkt das Klima eine langsame Reifung, wodurch sich mehr Säure, mehr Farbe und mehr Aromen entwickeln können. 75% der Anbaufläche werden für Rotwein verwendet und den Anbau der Rebsorten Cabernet Sauvignon, Syrah, Merlot, Malbec, Petit Verdot und Tannat.

Als Weißweinreben werden Chardonnay, Sauvignon Blanc, Viognier, Riesling und vor allem Muscat angebaut, wobei der Großteil des Muskats in die Singani-Produktion fließt.

Als seltene Rebsorten finden sich hier die von den Kanaren importierten weißen Sorten Torrontés und Pedro Giménez sowie die rote Sorte Negra Criolla zusammen mit ihrer Mutation Vicchoqueña.

Historische Weinfässer bei Tarija ...In einigen Weinbergen werden die Reben an zum Teil an Chañar Bäumen und 300 Jahre alten Molle Bäumen - auch Pfefferbäume genannt - hochgezogen. Die Weinreben leben mit den Bäumen in Symbiose, denn deren Harz schützt die Rebstöcke vor Schädlings- und Pilzbefall. Zusätzlich bieten die Bäume Schutz vor Hagel und Frost.

Bei dieser Form des Anbaus werden Bäume und Rebstöcke beschnitten. Er ist als antik zu bezeichnen und findet sich nirgendwo sonst mehr auf der Welt. Um so bedauerlicher ist es, dass immer mehr Bäume gefällt werden, denn die Arbeit an den Weinstöcken ist sehr viel aufwändiger als bei der modernen Art den Anbaus.

Von Jahr zu Jahr nimmt die Anbaufläche und Produktion zu, obwohl für die bolivianischen Weinbauern das Geschäft schwierig ist: Mit den großen Mengen argentinischer Weine, die durch professionellen Schmuggel ins Land kommen und zu niedrigsten Preisen angeboten werden, können sie mit ihren Preisen kaum konkurrieren ...

Doch nun zur Verkostung der mitgebrachten Weine, die allesamt als Vino de Altura (Höhenweine) bezeichnet werden:

  • Zum Weinkeller ...Aranjuez, 2016, Tannat - rot
  • Tri Varietal Gran Reserva, 2015, Tannat, Malbec, Petit Verdot - rot
  • Tri Varietal Reserva, 2016, Viognier, Riesling, Savignon Blanc - weiß
  • Único, 2016, Tannat - rot
  • Juan Cruz Grand Reserve, 2015, Tannat - rot
  • Esther Ortiz Gran Reserva de Familia, 2015, Petit Verdot - rot
  • Aranjuez Tannat Origen, Single Vineyard, 2015, Tannat - rot

Kulinarisch wird Hervorragendes aufgefahren: Allerlei Käsesorten, Schinken, Pastete, Lachs, ein mildes Ceviche, Quinoa-Salate, mal etwas fruchtig, mal etwas deftiger, wunderbare Steaks, Spargel und vieles mehr. Ein breites Spektrum an Aromen, die man mit den Weinen bestens kombinieren kann.

Die Rotweine sind alle tiefrot und ihnen gemeinsam ist ein vollfruchtiges Aroma mit langem Nachhall, ideale Essensbegleiter, mit denen man fast nie etwas falsch machen kann, denn sie harmonieren mit vielen Aromen ...

... Sapo ... Prost!

In den Pausen können wir uns am Juego del Sapo versuchen, dem "Frosch-Spiel", bei dem man Münzen auf ein Pult wirft, um sie in Löchern oder im Maul eines goldenen Frosches zu versenken. Die Löcher haben unterschiedliche Werte und wer das Froschmaul trifft, erhält die meisten Punkte. Das ist ein beliebtes Kneipenspiel in Bolivien und wir können am eigenen Leib erfahren, wie sich bei zunehmendem Fortschritt der Weinverkostung die Treffsicherheit entwickelt ...

Pedro und Mercedes haben keine Mühen gescheut, uns die bolivianische Trink-, Ess- und Spielkultur nahe zu bringen. Und zum Abschluss gibt es noch einen Singani von Rujero - Coleccion Privada - eine unvergessene Weinverkostung ..!


© 2019 Sixta Zerlauth, Bilder Tarija, Kohlberg: South American Postcard


Anm. der Red.: Weitere Beiträge von Sixta Zerlauth finden sich in unserer neuen Autorenübersicht!