Puristen und Patriarchen ...

Nach einem üppigen Frühstück machen wir uns erneut auf nach Haro zur Bodega López de Heredia Vina Tondonia - die Puristen.

Für die ausführliche Besichtigung mit Verkostung nehmen wir uns viel Zeit - so viel Zeit, dass man in der nächsten Bodega Eguren Ugaete Bescheid sagen muss, dass wir erst nach 14:00 Uhr zum Mittagessen eintreffen werden. In dieser Region ist das kein Problem, denn die Phase des Mittagessens dauert hier durchaus bis 16:00 Uhr, vorher macht keine Küche dicht ...

Welch ein Unterschied zu Bayern, wo es auf dem Land nach 14:00 Uhr höchstens noch eine Brotzeitkarte gibt!

Die Zeit reicht sogar noch für eine ausführliche Pause an der Brücke Puente de Brinas, die über den Ebro führt und im Jahr 2008 restauriert wurde. Die Ursprünge führen zurück ins 11. Jhdt. Es gab nur wenige Brücken über den Ebro, von denen einige aus der Römerzeit im Mittelalter verfielen. Deshalb war die Puente de Brinas für den Verkehr und somit die Wirtschaft der Region äußerst wichtig und ist auch Bestandteil des Jakobswegs.

Oben am Himmel zieht ein Geier seine Kreise, am Ufer sitzt ein junger Kormoran. Hier könnte man sicher ein tolles Picknick veranstalten, aber die Bodega Eguren Ugarte, der Patriarch ruft ...

Puente de Brinas ... Kormoran und Geier ...
Bunker von Torres, Wehrkirchen der Katholiken ...
Vorbei an der Rioja-Bodega von Torres bei Labastida, die der Architekt Gabriel Barba bunkermäßig in die Landschaft gesetzt hat, erreichen wir das Areal von Eguren Ugaete mit seinem markanten Aussichtsturm. Trotz verspäteter Ankunft gibt man uns genug Zeit für ein üppiges Mittagessen und eine ausführliche Besichtigung.

Auf dem anschließenden Weg nach Laguardia, einer nahegelegenen mittelalterlichen Stadt, haben wir noch Zeit für einen Zwischenstopp bei der Bodega Ysios: Die hat zwar geschlossen, aber der eindrucksvolle Bau des Architekten Santiago Calatrava, der so wunderschön vor der Kulisse der Berge eingebettet in der Landschaft liegt, entschädigt den Besucher. Mängel am Dach, das die Sonne so herrlich reflektiert, machen die Anlage zur Zeit zu einer riesigen Baustelle. Nichtsdestotrotz lohnt sich der Abstecher. Der Architekt war übrigens auch verantwortlich für die Gestaltung des Flughafens in Bilbao, an dem wir vor zwei Tagen angekommen sind.

Gerhild nimmt die Pause zum Anlass uns zu erklären, dass man an den Kernen der Trauben erkennen kann, ob sie reif für die Ernte sind. Sind die Kerne grün, benötigen sie noch Zeit, verfärben sie sich braun, ist der Zeitpunkt der Ernte erreicht.

Bodega Ysios ... Laguardia: enge Gassen, einladende Plätze ...
Mittelalterliche Kirche und moderne Skulptur ... Ein Bolivienfan lässt sich nicht lumpen ...

Von der modernen Architektur geht es nun ins Mittelalter: Von weitem sieht man schon Laguardia auf seinem über 600 m hohen Hügel. Es zählt zu den schönsten Dörfern Spaniens, gehört zur Weinstraße Rioja Alavesa und verfügt noch über große Teile der Stadtmauer aus dem 13. Jhdt. Bis ins 16. Jhdt. war diese Stadt eine Grenzfestung. Zuerst gehörte sie zu Navarra, fiel jedoch im 15. Jhdt. an Kastilien.

Pest setzte der Stadt sehr zu. Napoleons Soldaten besetzten die Festung, als sie wieder abzogen, wurde die Zerstörung der Stadtmauer angeordnet, damit Napoleon beim Rückzug sich hier nicht mehr einnisten konnte. Auch nachfolgende Bürgerkriege setzten der Stadt bis ins 20. Jhdt. weiter zu.

Trotzdem ist noch so viel erhalten, dass es sich lohnt, durch die engen Gassen zu spazieren: Zahlreiche Bodegas sind hier zu finden, die in den alten Kellern der Stadt den Wein lagern.

Auf dem Vorplatz der Wehrkirche befindet sich die Skulptur Viajeros (Reisende) von Koko Rico, der aus dem nahen Vitoria stammt. Zahlreiche Schuhe und Taschen aus Bronze sind auf zwei Tischen verblüffend realistisch aufgestellt.

Am Abend sind wir wieder zurück in Logrono und wieder zieht uns die Calle Laurel magisch an: Obwohl heute Montag ist, sind die Bars erneut überfüllt. Bei Laurus finden wir ein Plätzchen: Wie üblich folgt eine Platte Pinchos der nächsten. Dazu einen Weißen Summa Reserve 2008 von Bodegas Olarra aus 100% Verdejo und ein reinsortiger Tempranillo El Puntido 2006 aus dem jüngsten Weingut des von uns besuchten Patriarchen Eguren.

Pedro - Mitglied unserer Gruppe - stammt ursprünglich aus Bolivien: Dem Wirt der Bar entgeht der Akzent nicht und er spricht, als wir bereits gehen wollen, Pedro darauf an, um sich dann als echter Bolivienfan zu erkennen zu geben. Der Wirt überschlägt sich fast vor Freude: Da gerade der Winzer der Bodega Quiroga de Pablo beim Wirt zu Besuch ist, werden wir sofort zu einer Flasche Quirus Crianza 2010 eingeladen, die Weinverkostung geht also weiter. Auf einem Tablet (mit einem T und ohne Pinchos! ) werden uns dazu die Infos zu Wein und Bodega im Internet präsentiert, Marketing ist alles!

Als wir dann irgendwann tatsächlich aufbrechen, werden wir herzlichst verabschiedet - was für ein Ausklang des Tages ...


© 2015 Sixta Zerlauth