Auf den Spuren der Kartäuser

Am Morgen erfahren wir, dass aufgrund des starken Regens in unserer Region Straßen verschüttet, Brücken abgerissen und Orte teilweise nicht mehr erreichbar sind. Die Bilder im Fernsehen und die Internet-Nachrichten sind erschreckend!

Was bedeutet das für uns und unsere heute geplanten Ausflüge? Wir gehören zu den "lucky ones", alle Straßen, die wir benötigen, sind befahrbar.

Die Spuren des nächtlichen Unwetters ... Mit dem Bus durch Clos Mogador
Bachus wacht über die Arbeiten ... Die Ölpresse, die zur Weinpresse wurde ...
Was wurde hier verkostet?

Aber auf der Fahrt zu Clos Mogador sehen wir, dass Vorsicht geboten ist: Immer wieder liegen auf den Straßen Steine, die Bäche haben sich in reißende Wildwasser mit braunem Wasser verwandelt ...

Clos Mogador ist auch vom Unwetter relativ verschont worden, so dass einem Ausflug in die Weinberge im Kleinbus der Kellerei nichts entgegen steht.

Das Weingut gehört René Barbier, einem der Pioniere des modernen Weinanbaus im Priorat. Er entstammt einer französischen Winzerfamilie, die in Tarragona ein Weingut gründeten, als in Frankreich die Reblaus wütete.

In den 80ziger Jahren des letzten Jahrhunderts gründete er zusammen mit Álvaro Palacios (L'Ermita, Finca Dofí), Carlos Pastrana (Clos de l'Obac), José Luis Pérez (Clos Martinet) und Daphne Glorian (Clos Erasmus) hier Clos Mogador. Die Weinberge waren längst verlassen, man hielt die jungen Winzer für Phantasten und betrachtete die "wilde" Kommune misstrauisch. Aber die viele Arbeit macht sich nun bezahlt: Clos Mogador gehört sicher zu den angesehensten Kellereien des DOQ Priorat.

Mit dem Bus geht es holprig hinauf für einen umfassenden Ausblick über die Weinberge: Deutlich sieht man die schützenden Berge von Montsant. Zurück in der Kellerei sind die Arbeiten am Jahrgang 2019 in vollem Gange.

Auch hier wird experimentiert: Wir sehen Gärfässer und Amphoren, aber auch eine Olivenölpresse. Auf den Matten werden statt der Oliven Trauben gelegt und gepresst. Zur Verkostung gibt es noch Olivenöl von den eigenen Bäumen und ein Rotweinbrot, eine Art Vollkornbrot, bei dem Wasser durch Rotwein ersetzt wurde.

Leider müssen wir das Idyll schon bald wieder verlassen, aber Gerhild hält schon die nächste Überraschung für uns bereit: Am berühmten Kloster L’Escaladei gibt es einen kleinen Umtrunk.

Kloster L’Escaladei
Das Haus von Torres und die Felsen von Montsant ... Was wurde hier verkostet?

Die Kartäuser gründeten dieses Kloster im Jahr 1194, es war ihr erstes Kloster auf der iberischen Halbinsel. Der Name Priorat für die Region ist auf diese Kartause zurückzuführen. Die Mönche begannen hier mit dem Weinanbau und schaut man sich die umgebenden Hänge an, muss es harte Arbeit gewesen sein. Gut erkennbar in den Ruinen ist der Eingang zur Klosteranlage sowie die Kirche Santa Maria. Neben den Zellen der Mönche wurden auf dem Klostergelände Gärten gepflegt für die Selbstversorgung.

Im Jahr 1835 zerstörte der Mob im Rahmen der Säkularisation  die Anlage.

Unweit davon befindet sich die Kellerei Torres. Die zählt in Spanien zu den ganz Großen im Weingeschäft, aber alles begann einst 1870 im Penedès. Mittlerweile gehört auch dieses Weingut hier im Priorat zum Konzern. Ein moderner Glaspalast, der sich in die Weinberge einbettet, erinnert ein wenig an die steilen Wände des umgebenden Gebirges. Nach einer Führung zu den Weinstöcken und durch die Kellerei können wir im gläsernen Verkostungsraum Platz nehmen. Einer der Weine - Salmos - wurde den Kartäusern gewidmet.

In der Nähe von Gratallops befindet sich auf einem Schieferhügel die Ermita de la Consolació, eine Einsiedelei, deren Ursprung ungeklärt ist. Der Stil der romanischen Bauten lassen die Vermutung zu, dass die Einsiedelei im 13. Jhdt. errichtet wurde. Immer wieder wurde sie beschädigt und anschließend erneut renoviert. Natürlich lässt es sich Gerhild nicht nehmen, uns die unbefestigte Straße hinauf zu kutschieren, wobei dem einen und dem anderen schon mal (ganz kurz!) der Atem stockt ...

 Aber der Weg dorthin lohnt sich auf jeden Fall, denn man hat wieder einmal einen grandiosen Blick ins Priorat!

Ermita de la Consolació Terra Domenicata ...
In der Kellerei: Was wurde hier verkostet? Im Restaurant: Weiß da jemand von uns mehr über die Zukunft? Und: Was wurde hier verkostet?

Unsere letzte Verkostung des Tages findet im Celler Terra Domenicata statt: Das Gut wurde einst von den Mönchen der L’Escaladei  bewirtschaftet. Nach einer Führung durch die Produktionsstätten und Keller erwarten uns im Verkostungsraum die Weine der Kellerei.

Terra Domenicata ist nicht nur eine Kellerei, sondern daran angeschlossen sind ein Hotel und ein Restaurant, in dem wir heute Abend ein vorzügliches Menü serviert bekommen. Gerhild und der Sommelier des Hauses sorgen für die perfekte Weinbegleitung. Unser letzter Abend der Weinreise, aber es ist noch nicht Schluss!

Carles Ortiz: Ein Mann lebt für seinen Wein ... Gärbehälter bei Nin-Ortiz ...
Was wurde hier verkostet?

Am nächsten Morgen - auf dem Weg zum Flughafen - besuchen wir noch Nin-Ortiz: Das Ehepaar Ester Nin und Carles Ortiz produziert auf seinem kleinen Weingut seit 2008 auf 650 Meter Höhe ihre biodynamischen Weine. Die Weinstöcke sind nicht in Terrassen gepflanzt, sondern an den sehr steilen Hängen. Alle Arbeiten werden von Hand ausgeführt und zum Pflügen müssen Mulis eingesetzt werden.

Die Weine reifen in Holzfässern und Amphoren. Der Weinkeller im Weingut ist neu erbaut, das Wohnhaus muss noch warten - bei Nin-Ortiz kommt erst der Wein, dann der Mensch.

Wenn Carles Ortiz von seinen Weinen erzählt, wird man mitgerissen und kann sich kaum etwas schöneres vorstellen als Winzer im Priorat zu sein. Er erzählt von der schweren Arbeit im Weinberg und wie er die Behörden ausgetrickst hat. Da "Cariñena Blanca" bei seinem Wein Planetes de Nin nicht auf dem Etikett gedruckt werden darf, hat er einfach die Rebsorte auf den Korken drucken lassen.

Das Wetter ist wunderschön und so bietet es sich an, die Verkostung im Freien in der wunderschönen Landschaft zu veranstalten. Da stört auch nicht der stramme Wind, der die Weingläser schnell umweht. Aber alles in allem eine tolle, urige Weinverkostung - ein perfekter Abschluss für unsere zehnte Weinreise mit der "Entdeckerin" Gerhild Burkard!


© 2021 Sixta Zerlauth