München - Oslo - Longyearbyen: Die Reise ins Licht ...

Wir schreiben Mittwoch, den 27. Juli 2016: Gegen Mittag haben wir entspannt unser Auto am Flughafen abgestellt und sind im so genannten "Satelliten" angelangt, der Vergrößerung des Münchner Terminals Zwei, die seit April 2016 in Betrieb ist. Als bauliche Erweiterung der bestehenden Gepäcksortierhalle sowie von Abfertigungskapazität und Abstellpositionen der Flugzeuge sollen hier Millionen zusätzliche Flugpassagiere über etliche neue Gates abgefertigt werden.

Unser Flug LH2454 startet gegen 16:00 Uhr Richtung Oslo, wo die Maschine kurz vor 18:00 Uhr ankommen soll.

Kurze Aufregung an Bord: Die Kabinendurchsage weist ganz besonders daraufhin, dass alle "Weiterflieger" ab Oslo ihr Gepäck dort unbedingt neu einchecken müssen - kann doch wohl kaum sein, schließlich wurde unser Gepäck direkt durchgecheckt nach Longyearbyen ..? Rückfrage beim Kabinen-Chef: Der ist sich ganz sicher, dass das für alle gilt, also auch für uns, er will aber nochmal nachfragen.

Nach wenigen Minuten steht er wieder neben uns: Er behauptet steif und fest, dass auch wir auf unserem Weg nach Spitzbergen unser Gepäck in Oslo entgegennehmen und neu einchecken müssen. Merkwürdige Sache, wir bleiben ungläubig, wir werden sehen ..!

Sportsbar und Pub: Warten in Oslo Viel Volk will nach Spitzbergen

Longyearbyen: Häufiges Reiseziel derzeit

In Oslo angekommen wird unsere Wartezeit am Gepäckband lang: Wir haben keinen Gebrauch machen können vom möglichen Transit, weil wir auf unser Gepäck warten, das hier angeblich rauskommen soll - es heißt warten, warten, warten ... aber kein Gepäck für uns dabei!

Erster Gang zum Schalter für verloren gegangene Gepäckstücke: Dort weiß man nichts über die Verfahren für Spitzbergen-Reisende, aber man rät, zum Zoll zu gehen und dort nachzufragen. Also kurz eine Fragerunde beim Osloer Flughafenzoll: Der gute Mann dort will natürlich alles wissen: wer man ist, woher man kommt, wohin man will, wie und mit was man fliegt, warum man lebt - letzteres will er merkwürdigerweise nicht wissen. Das Ergebnis der peniblen Befragung: Er teilt dem wissbegierigen Reisenden schließlich mit, dass er das leider auch nicht wisse mit dem Gepäck und verweist an einen ganz speziellen SAS-Schalter, wo man angeblich mehr über unser scheinbar extrem ungewöhnliches Vorhaben sagen könne.

Nun also der Weg zum ganz speziellen Schalter: Die Dame dort entpuppt sich tatsächlich als die einzige Person, die offenbar zu einer korrekten Auskunft in der Lage ist. Strahlend erklärt sie dem inzwischen entnervten Reisenden, dass man ja wohl einen Direktflug von Oslo nach Spitzbergen gebucht hätte und deshalb natürlich auch kein Gepäck neu eingecheckt werden müsse. Komplett anders wäre die Situation selbstverständlich, falls wir mit Umsteigen in Tromsö nach Spitzbergen fliegen würden, ja dann müsste hier natürlich schon alles neu eingecheckt werden!

Fluchend macht man sich auf den Weg erneut durch die Sicherheitskontrollen - was hätte man sich heute nicht alles ersparen können, wäre man direkt durch den Transit-Bereich gegangen, wo das alles entfiele! Aber was soll´s, schnell sind eben noch alle Taschen geleert, die Uhr entfernt, der Gürtel aus der Hose gezogen, alle Verwünschungen vor sich hin gemurmelt, und nach längerem Weg ist man schließlich dort angekommen, wo man schon seit ewiger Zeit hätte sein können - danke, bestens informierter Lufthansa-Experte!

Der SAS-Anschlussflug SK4496 soll um 21:35 Uhr in Oslo starten und uns in rund drei Stunden zu der von Norwegen verwalteten Svalbard-Inselgruppe bringen, der wir zum Auftakt dieses Berichts schon einen Euro-"Extratour" Beitrag gewidmet haben. Um 00:30 Uhr sollen wir in Longyearbyen landen, dem nördlichsten Flughafen der Welt mit regulären Linienflügen - Zeit also genug für einen Zwischenstopp im Osloer Flughafen mit Imbiss!

Das "Kilkenny" im dortigen Pub sowie das übrige Preisniveau bringt wie üblich den gewohnten nordischen "Einstiegsschock" mit sich und danach müsste es eigentlich nur besser werden, denn auf Spitzbergen wird ja keine Mehrwertsteuer erhoben, wie man weiß - wir werden sehen! 

Reiseerleichterung an Bord Bei Tageslicht zur späten Stunde

Am Gate hat sich später ein buntes Völkchen versammelt und man kann staunen, wer so alles in welcher Ausstattung in Richtung der arktischen Insel aufbricht. Verkehr dorthin herrscht offenbar ein ganz erheblicher, denn bereits rund eine Stunde nach unserem nächtlichen Flieger wird von hier aus schon der nächste zu diesem Ziel aufbrechen. Aufgrund der seit 2015 verschärften Grenzkontrollen beim Überqueren der wohl abgelegensten Grenze des Schengenraums ist es von Vorteil, grundsätzlich immer und überall einen Reisepass dabei zu haben, den nun auch die Fluggesellschaften sehen wollen.

Nur leicht verspätet starten wir in die beginnende Nacht, die sich hier zunächst erst durch leichte Dämmerung ankündigt. Müde Passagiere um uns herum zeugen allerdings durchaus von schon fortgeschrittener Stunde.

Hier gibt´s nichts umsonst: An Bord der SAS Ein Blick in die SAS Menu-Karte an Bord belebt dann schon schlagartig: Hier gibt es so gut wie nichts umsonst auf diesem Flug, selbst für ein Glas Mineralwasser muss man zahlen - eine Monopolstellung auf dieser Route macht´s offenbar möglich, selbst für einen Mini-Service ein stattliches Entgelt zu erheben ...

Langeweile kommt auf dem dreistündigen Flug eigentlich nicht auf - während viele Gäste an Bord um uns herum schlafend in ihren Sitzen hängen, beginnt sich der "Nachthimmel" draußen zunehmend aufzuhellen, während wir Richtung Norden fliegen: Zunächst sind helle rötliche Stellen in der Wolkendecke zu erkennen, die sich nach und nach vergrößern und dann ist es irgendwann so weit: Eine Art "Sonnenaufgang" erleuchtet auf fast magische Art und Weise das Innere unserer Boing - durch die Fenster auf der linken Seite der Maschine dringen schließlich erste Sonnenstrahlen herein und beleuchten die Passagiere ...

Erste Lichtschimmer in den Wolken "Sonnenaufgang" auf dem Weg zur Arktis Es werde Licht!
Es wird später und auch heller Erleuchtung auf dem Weg in die Arktis ..?
Die Berge von Spitzbergen in Sicht Majestätische Kulisse Man sieht, was der Inselname verspricht Auf dem Landweg wird es hier schwierig

Es wir zunehmend heller, als schließlich die ersten Berge der Svalbard-Inselgruppe unter uns auftauchen: Ein fantastischer Ausblick auf teilverschneite Gipfel, die sich in sehr charakteristischer Art und Weise aneinanderreihen. Man klebt während dieses Anflugs fast ununterbrochen am Fenster, so atemberaubend erscheint die majestätische arktische Landschaft unter dem Flieger. Neben uns türmen sich beachtliche Gipfel auf, als wir uns im Sinkflug der Runway vom Flughafen Longyearbyen nähern.

Bei strahlendem Sonnenschein landen wir schließlich morgens nach halb eins - muss man einfach erlebt haben! Einen Sonnenuntergang werden wir während unseres mehrtägigen Aufenthalts auf der Insel nun nicht mehr erleben. Deutlich wird dabei heute wieder, wieviel angenehmer es doch sein kann, in arktischen Regionen während der "Day Shift" zu landen: Die halbjährige "Night Shift" kann noch warten, erst ab Ende August geht´s langsam aber sicher dahin ...

Im Endanflug auf Lonyearbyen: Ladebrücke in Sicht! Runway nur für uns ... Angekommen! Hier kann man noch über das Vorfeld gehen
Bitte den Polarbären nicht berühren! Auch Camper machen sich auf zum nahen Platz

Das Betreten des von Norwegen aus gesehen zolltechnischen Auslands ist nun unproblematisch, nach wenigen Minuten warten wir vor einem ausgestopften Eisbären bereits auf unsere Koffer: "Do not touch the polar bear" ist dabei zu beachten, was wir auch tun ...

Wir verlassen die Abflughalle und stellen draußen fest, dass gegenüber auch ein Campingplatz liegt: Etliche Zelte sind dort aufgestellt und einige unserer Mit-Passagiere machen sich mit voller Ausrüstung auf den kurzen Fußweg in diese Richtung.

Wir dagegen nehmen den vor dem Gebäude wartenden Bus: Der wird uns auf einer rund 5 Kilometer langen Fahrt nach Longyearbyen und zu unserem Svalbard Hotell bringen. Auf Spitzbergen kann man auch mit Euro zahlen, selbst wenn die Norwegische Krone (NOK) natürlich die offizielle Währung der Inselgruppe ist. Die skandinavische Bargeldlosigkeit nimmt hier bereits ihren Anfang, wenn auch Kleinstbeträge mit Karte bezahlt werden können und selbst der Fahrer des Flughafen-Shuttlebusses über ein entsprechendes Lesegerät verfügt - und das bei Fahrpreisen von z.T. nur etwas mehr als einem Euro ...


© 2017 J. de Haas