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Für mich und den LERRY ist inzwischen der April des Jahres 2025
gekommen: Ich bin nun ziemlich genau 4 Jahre
mit dem LERRY unterwegs, einige Leute nennen das "Rumgammeln". Ich selbst bin damit sehr
zufrieden und ausgeglichen! Ich habe alles dabei, was ich zum Leben
brauche. Mein Fahrzeug wird immer sehr gut versorgt und macht keine
Probleme. Ich hatte noch nie ein so abwechslungsreiches und
interessantes Leben, so soll es sein! Das Rumgammeln erfolgt meiner
Ansicht dann im Altersheim, wenn der Körper nicht mehr mitmacht. Bis
dahin sauge ich das Leben aber auf wie ein trockener Schwamm ..!
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Wieder einmal bin ich am Strand des portugiesischen Dorfes Praia
da Vieira unterwegs. Der kleine Ort gefällt mir gut, wie man
inzwischen von vielen anderen Berichten weiß. Hier kann ich
sehr gut dem Winter im Norden entfliehen und habe trotzdem immer
eine schöne Zeit. Im Nachbarort Vieira de Leiria, der uns
ebenfalls bereits bestens bekannt ist, leben auch noch
ein paar Freunde. Als ich dann gegen Abend zum LERRYmobil zurück
komme, erwartet mich eine Art "Gesicht" am Himmel: Mit zugekniffenen
Augen und einem schmalen Mund werde ich von einer Wolkenwand beobachtet,
bis ich im LERRY verschwinde. Was hätte ich wohl gemacht, wenn ich
angesprochen worden wäre ..?
Im noch vom Suppenfest bekannten Ort Marinha Grande habe ich diesmal einen Künstler besucht, der schöne Kunstwerke aus Glas anfertigt. Nachdem ich ihm von der Rockmusik auf meinen Fahrten erzählt hatte, gab es dafür zwei E-Gitarren aus Glas: Die machen sich gut unterwegs!
Es geht auf Mitte April zu, als ich wieder eine kleine Reise machen will: Bisher habe ich keinen besonderen Plan, wohin es diesmal gehen soll. So mache ich mich zuerst auf den Weg nach Nordosten in das Dorf Alveite Grande und besuche dort Freunde. Hier befindet sich auch ein Zitronenbaum, der mit seinen vielen Früchten auf mich wartet. Zwischendurch halte ich kurz in Vila Nova de Poiares an. Hier kenne ich einen schönen Waschsalon und so wird manches im LERRY wieder sauber. Dabei erfahre ich dann auch die Geschichte des bekanntesten Liebespaares Portugals. Ich werde neugierig: Mein nächstes Ziel wird deshalb Coimbra sein!
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Die Landstraße hat mich wieder, das Wetter ist noch immer sehr feucht. Die Hänge an den Landstraßen zeigen nach wie vor Risse. Ganz so, als wollten sie bald wieder abrutschen. Doch so weit muss ich mit dem LERRY erst mal nicht fahren: Unser Ziel liegt nur 30 km von Alveite Grande in westlicher Richtung.
Ich breche früh auf. Coimbra ist eine große Stadt mit einer sehr bekannten und alten Universität, da gibt es immer viel Verkehr. Mein Ziel ist ein Garten in Coimbra: Der Jardin da Quinta das Lagrimas, der "Garten der Tränen". Der Weg dorthin führt durch Coimbra und mit etwas Glück bekomme ich auch noch einen Parkplatz in der Nähe.
Ich stehe am Eingang zum Garten der Tränen: Es gibt hier Gärten, Parks und Wälder. Das Wetter ist feucht. Heute ist der 20. April 2025, ein Sonntag. Es ist noch früh, der Garten hat gerade geöffnet. Ich kann wieder allein sein, sehr gut für meine Fotos, wenn keine streunenden Menschen auftauchen.
Ich mache mich auf die Spurensuche
dieses Liebespaares: Die Wege sind wegen des Wetters sehr rutschig.
Wenn es nach oben oder nach unten geht, komme ich immer wieder
gefährlich ins Schleudern. Falls ich hier auf den Boden falle, muss
ich mich und alle Kleidung komplett waschen ...
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Der Garten mit Bereichen aus Wald ist Teil eines mehr als 18 Hektar großen Gebietes. Er gehört heute zu einem Palast aus dem 19. Jahrhundert am Ufer des Flusses Mondego, der seit 1995 als Luxushotel verwendet wird. Hier finde ich die ersten Spuren des wohl echten Liebespaares, dessen tiefe Liebe zerstört wurde: Die Liebe zwischen Dom Pedro I. und Ines de Castro. In den Gartenbereichen kommen Pflanzen und Gewächse vor, von denen einige bereits 200 Jahre alt sind. Um an die Liebe von Pedro und Ines zu erinnern, wurde hier zusätzlich ein mittelalterlicher Garten mit Pflanzen aus dieser Zeit angelegt ...
Der Garten der Tränen hat nach Süden ausgerichtete Hänge. Hier finden sich immer wieder lange Mauern, die das Abrutschen des Hanges verhindern. Ich laufe auf den alten Wegen von Pedro und Ines: Man lässt alles wachsen, wie die Natur das will. Auch ein sehr auffällig geformter Baum gehört dazu: Ich konnte nicht herausfinden, weshalb der Baum erst am Boden wuchs und später etwa 1,50 Meter weiter nach oben.
Dieser seltsame Baum erinnert mich sehr an die sogenannten Süntelbuchen. Vor ein paar Jahren sind sie mir einmal in Deutschland begegnet. Süntelbuchen sind Bäume (Buchen), die waagerecht am Boden wachsen. Es sind starke und gesunde Bäume. Sie wachsen eben nur entlang des Bodens. Es kann im Leben eines solchen Baumes vorkommen, dass er dann doch einmal plötzlich nach oben wächst, so wie auch einer vor mir. Bisher hat die Wissenschaft die Ursache dieses Wachstums nicht klar herausfinden können. Süntelbuchen sind sehr selten. Man kann dieses Wachstumsverhalten bei den Buchen auch nicht vorhersagen.
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Die Artenvielfalt der Pflanzen hier ist wirklich einmalig. Jetzt ist alles wunderbar grün, der Frühling hat mit seinem Regen die besten Voraussetzungen für dieses Jahr geschaffen. Etwas unerwartet stehe ich plötzlich vor berühmten Toren, den "Fonte do Amores" aus dem Jahr 1326. Fonte do Amores bedeutet "Quelle der Liebe". Hier auf diesen Wegen, zwischen diesen Bäumen, sollen sich also Pedro und Ines ihrer Liebe hingegeben haben. Hier haben sie vielleicht Fangen und Verstecken gespielt. Zu ihrer Zeit gab es nur diesen Garten, die Großstadt Coimbra existierte noch nicht. Genau so wenig wie das in der Nähe liegende Luxushotel. Alles war viel einsamer und sie konnten sich hier gut vor den Blicken Anderer verstecken ...
Gleich darauf stehe ich vor einem sehr beeindruckenden Baum: Allein
der ist einen Besuch des Gartens wert! Besonders seine Wurzeln
nehmen mich in ihren Bann: Mit den Augen verfolge ich den Weg der
einzelnen Wurzeln. Einige sind nach Berührung
anderer Wurzeln des Baumes mit diesen zu einer Einheit verwachsen.
Ein wunderbares Naturschauspiel! Dieser Garten ist durchaus auch für
heutige Liebespaare sehr geeignet ...
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Doch zurück zu Pedro und Ines: Hier in diesem Garten haben sie geliebt und hier in diesem Garten, so wird es erzählt, wurde Ines im Jahr 1355 ermordet. Im Auftrag von Pedro’s Vater, der die Liebe seines portugiesischen Sohnes zu der Tochter eines der mächtigsten Männer Spaniens, Pedro Fernandez de Castro, aus Gründen der Erbfolge nicht wollte.
Das alles ist nun bereits 670 Jahre her. Ich möchte noch etwas mehr über die Beiden erfahren und will sie deshalb in ihrem neuen Zuhause in Alcobaça besuchen. Hier will ich aber erst einmal mit dem LERRY verschwinden: Der Platz liegt mitten in der Stadt, ist klein und der Besucherandrang wird größer ...
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Ich lasse mir Zeit, Ines und Pedro laufen nicht weg. Es vergehen
gut vier Wochen, bevor ich mich auf den Weg zu einer Audienz seiner
Majestät Dom Pedro und Donna Ines nach Alcobaça mache. Auf diesem Weg
bleibe ich noch eine Nacht in Leiria, direkt neben dem Friedhof. Da
es in diesem "Abenteuer" um eine Leiche geht, ist das ein geeigneter
Ort zum Nachdenken. Außerdem bin ich nachts dann nicht so allein ...
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Es ist der 21. Mai 2025, als ich mir einen Platz für den LERRY und mich mitten in Alcobaça gesichert habe. Der Ort liegt im Zentrum Portugals und etwa 15 km von der Küste des Atlantiks entfernt. Mit seinen gut 6.000 Einwohnern ist Alcobaça ein wichtiger Ort in der Geschichte Portugals. Er liegt zwischen den beiden Flüssen Alcoa und Baça in einem Tal, der Geschichte nach soll sich der Name der kleinen Stadt aus den Namen der beiden Flüsse gebildet haben.
In dieser Stadt habe ich nun meine "Audienz" mit Dom Pedro und
seiner Frau Ines: Ihr jetziges Zuhause stammt aus dem Jahr 1153 und
ist als Weltkulturerbe inzwischen sehr bekannt. Es ist das berühmte
Kloster der Heiligen Maria, das Mosteiro de Santa Maria. Morgen
werde ich dort erwartet ...
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Das heutige Zuhause der Liebenden Dom Pedro und Dona Ines: Ein wirklich sehr beeindruckender Bau eines Klosters der Zisterzienser, das ab dem Jahr 1223 bezogen wurde. Heutzutage wird sehr um den Erhalt de Klosters gekämpft, denn der Zahn der Zeit hat das Gebäude voll im Griff. Bis König Dom Pedro und Königin Dona Ines hier für immer zusammen sein konnten, vergingen dann schließlich doch noch ein paar Jahre.
Nach dem Tode seines Vaters nahm D. Pedro im Jahre 1357 die Krone Portugals an sich. Obwohl nach dem Tod seiner geliebten Frau nun schon gut zwei Jahre vergangen waren, blieb sein Kummer um den Verlust noch enorm. Eine seiner ersten Handlungen als König war deshalb, die Mörder seiner Ines hinzurichten. Der Geschichte nach ließ er sie zu Tode foltern und riss ihnen ihre Herzen eigenhändig heraus. Das brachte ihm verständlicherweise den Beinamen "Pedro der Grausame" ein ...
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Das Kloster erwartet mich: Die steinernen Stufen zum Eingang sind durch die Zeit und die vielen Besucher sehr stark beschädigt. Deshalb gibt es Bereiche, die mit Stahl abgedeckt sind - eine unmissverständliche Aufforderung, die eigentlichen Stufen zu schonen. Im Jahre 1360 schwor und verkündete D. Pedro seine heimliche Verlobung und Heirat mit seiner Geliebten Ines de Castro und setzte ihre Anerkennung als Königin Portugals durch. Bei dieser Gelegenheit ließ er gleich zwei besondere Grabstellen für Ines und sich selbst errichten - in diesem Kloster.
Kurz darauf bin ich in den alten Gängen und Mauern unterwegs: Spuren vom Zerfall dieses Klosters zeigen sich überall, die schöne steinerne Kunst leidet. Es bleibt abzuwarten, wie dieses wichtige Bauwerk portugiesischer Geschichte erhalten werden kann. Nach der Ermordung von Ines kam ihr Leichnam zunächst ins nahegelegene Kloster Santa Clara in Coimbra. Ebenfalls im Jahre 1360 ließ der König D. Pedro für seine weiteren Pläne den Leichnam seiner verstorbenen Königin in die Kathedrale von Coimbra überführen.
Immer wieder treffe ich auf Bereiche mit wunderbarer Arbeit von Steinmetzen aus den Jahrhunderten. Hier im Kloster überwiegt der Kalkstein: Er hat lange nicht die Festigkeit wie etwa Granit. So sind enorm viele der Steine bereits angegriffen. Ausgeführte Reparaturen können mit den Verfall nicht mithalten. Einige Bereiche des Klosters, Türen und Fenster sind bereits dauerhaft verschlossen. Andere Handwerksarbeiten aus Holz, wie in vielen anderen Gebäuden dieser Art, sind hier fast nicht zu sehen.
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Die Küche des Klosters: Spülbecken, Küchentisch und Feuerstelle. Diese Küche ist aus dem 17.-18. Jahrhundert, also nicht mehr die Küche aus der Zeit des Klosterbaus. Das Wasser des Alcoa Flusses versorgt das Gebäude. Der große Kamin der Küche steht auf acht gusseisernen Stützen, was zur Zeit ihres Baus gerade sehr modern war.
Auch die inneren Gärten können nicht mehr komplett instand gehalten werden, immer mehr holt die Natur diese Bereiche zurück. Man kann sich auch zur Entspannung eine Zeitlang im Kloster aufhalten, doch hier alles in Ordnung zu halten, scheint nahezu unmöglich ...
Zurück zu König Pedro und Königin Ines: Nach der Exhumierung von Ines wurde der Leichnam der Königin in der Kathedrale von Coimbra auf einen von zwei dort bereitgestellten Thronsesseln gesetzt. Sie wurde mit Krönungsgewändern bekleidet und mit einer Krone und sehr vielen Juwelen versehen. Auf dem Thron neben ihr nahm dann König Pedro selbst Platz.
Eine Leiche auf Portugals Thron! Mir ist kein zweiter derartiger
Fall bekannt ...
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Die Zeremonie ging seinerzeit weiter: Nun musste der gesamte Hofstaat die Hand ihrer Königin Ines küssen und dabei ihr die Treue schwören. Es ist nicht bekannt, ob Königin Ines dabei Handschuhe getragen hat ...
Nach dem Ende der Zeremonie wurde ihr Leichnam hier in das Kloster
überführt und in einem der beiden extra gefertigten Grabstellen
endlich zur ewigen Ruhe beigesetzt. Er folgte ihr im Jahre 1367. Die
beiden Grabstellen sollen so gegenüberstehen, dass sich die beiden
bei der Auferstehung in die Augen blicken können ...
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Es wird Zeit: Meine Audienz bei Pedro und Ines wartet. Ich will keine Gläubigen auf den Sitzen des großen Kirchenschiffs stören und benutze deshalb den linken Gang, um zu den beiden zu gelangen.
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Ich bin bei König D. Pedro I. und seiner Frau Königin D. Ines de Castro angekommen: Wie immer bei Menschen ist in mir der Wunsch nach einer persönlichen Unterhaltung entstanden. Natürlich ist das in diesem Fall nicht möglich, so sehe ich mich nur um: Etwas stört mich bei den Prunksärgen. In der Geschichte steht, sie seien so aufgestellt, dass sich die beiden nahe sind und bei der Auferstehung in die Augen sehen können. Aber ICH STEHE ZWISCHEN IHNEN! Jeder Besucher kann sich somit zwischen sie stellen. Ich finde wirklich, dass die Liebenden dichter zusammen sein sollten. Sie scheinen da einer Meinung mit mir zu sein ...
Doch so ist da nun ein breiter
Gang zwischen ihnen. Und nicht einfach nur ein Gang. Sondern ein Gang der Kirche!
Wenigstens tote Liebende sollten doch zusammen stehen. Schade ..!
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© 2025 Jürgen Sattler
Anm. der Red.: Weitere Beiträge von Jürgen Sattler finden sich in unserer Autorenübersicht!
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