Mittwoch, 02.08.06

(Wegstrecke: 11 km, Zeit unterwegs: 7 h 30 min)

Als es gegen 10 Uhr Aufstehen heißt und wir unsere Frühstückssachen hinüber zum Essplatz bringen, begrüßen uns schon Gene, der Guide, und der Jäger ganz freundlich und bieten uns Pancakes zum Frühstück an. Dieses Angebot nehmen wir natürlich sofort an und so macht uns der Jäger (er hat auch ein Satellitentelefon, wofür wir sehr dankbar sind! ) jeweils 3 Pancakes und dazu gibt es für mich Tee und für Chrisie Kaffee - so ein feines Frühstück hatten wir schon lange nicht mehr!

Abschied von den Gastgebern ...Pünktlich nach dem Frühstück beginnt dann, wie schon die ganze Nacht hindurch, wieder der Regen und so müssen wir mit dem Zusammenpacken noch etwas warten. Nachdem es endlich wieder aufgehört hat, müssen wir unsere Zelte in dieser angenehmen Umgebung abbrechen und machen uns bereit, im Boot über den Fluss zu setzen.

Doch bevor es soweit ist, gibt Gene noch jedem von uns zwei Müsliriegel als Wegzehrung mit und hilft uns auch noch bei der Vorbereitung der neuen Strecke. Auf jeden Fall soll es etwa 20 km vom Dempster Highway entfernt einen Trail mit Hütte geben - ich bin jetzt schon gespannt, ob wir auch den finden ...

Schließlich geht es an die Überfahrt - der Fluss ist doch ziemlich breit und schnell - und drüben angelangt verabschieden wir uns von unseren Gastgebern und machen uns wieder auf den Weg. Gleich nach ein paar Minuten schöpft Chrisie Wasser mit seinen Schuhen - das fängt ja gut an! Nach dem Sockenwechsel führt unser Weg weiter in den Wald hinein, der jedoch schon bald ganz extrem dicht wird, als sich auch noch Laubbäume zu den Nadelbäumen gesellen. 

Das Weiterkommen wird extrem schwierig und anstrengend, doch als wir dann endlich etwa 300 Höhenmeter völlig verschwitzt geschafft haben, wird es wieder besser und leichter. Dort oben geben wir dann, da es in dieser Hügellandschaft keinerlei Anhaltspunkte zum Navigieren gibt, endlich unser Ziel ins GPS ein. Es geht nun dahin über oft baumfreie Flächen auf den ach so tollen und sehr anstrengend zu gehenden Grashügeln, immer in Richtung auf das angepeilte Ziel ...

Wir müssen sehr viel bergauf und bergab gehen, was sehr anstrengend ist, doch es motiviert uns, dass wir genau wissen, es sind nur 10 km, die wir zu gehen haben, ehe wir erneut unser Camp aufschlagen könnten.

Wir haben also heute sehr viel Zeit, obwohl wir erst um 11 Uhr losgegangen sind - Gelegenheit für ausgedehnte Pausen und vereinzelte Zwischenstopps an blaubeerreichen Sträuchern. Am Fluss angekommen (Michelle Creek, Camp 20), dem wir auch in den nächsten Tagen folgen wollen, gibt es eigentlich alles, was wir brauchen: Gute Stellen zum Zelten, Steine, Brennholz, nur das Wasser ist nicht ganz so toll, es schwimmen ziemlich viel bräunliche, schleimige Dinge drin herum und es ist von schmierig-brauner Farbe ...

Wir beschließen deshalb, das Wasser vor dem Trinken abzukochen und auch das Nudelwasser lassen wir etwas kochen, bevor wir die Nudeln hinein geben. Mit diesen Nudeln passiert mir dann auch prompt ein kleines Missgeschick: Als ich das Wasser abgieße, leere ich sie ebenfalls mit aus, kann sie jedoch alle noch retten und muss sie nur von Steinen befreien - noch einmal Glück gehabt!

Lecker ..? ... am bräunlichen Fluss ...
Zwischenstopps ... ... und Nudelsammlung im Camp 20 ....

Das Essen für einen ganzen Tag zu verlieren, wäre jetzt gerade nicht so gut: Essen ist derzeit auch unser Hauptgesprächsthema, wir schmieden schon Pläne, was wir in Dawson alles essen wollen und wo wir wohl zuerst hingehen. Aber wir unterhalten uns auch auch über Speisen, die es zuhause gibt und die einem gerade in den Sinn kommen. 

So kreisen unsere Gedanken um das Hauptthema dieser Tage, Chrisie sagt dazu, er denke eigentlich ständig nur noch ans Essen. Seit wir von den Jägern etwas besser versorgt wurden, als üblich während der letzten Wochen und damit einen Vorgeschmack auf uns erwartende Köstlichkeiten erhaschen konnten, dreht sich auch bei mir fast alles nur noch ums essen und ich kann es kaum noch erwarten, endlich loszulegen ...

Donnerstag, 03.08.06

(Wegstrecke: 9 km, Zeit unterwegs: 7 h 30 min)

Heute ist wirklich kein guter Tag für unseren Trip, wir sind beide derart demotiviert, dass ein Weiterkommen nicht leicht ist. Gewöhnlich ist einfach immer einer von uns in der Stimmung, weiter zu gehen und dem es Spaß macht - egal wie die Lage gerade ist. Aber heute ist völlig die Luft raus, ich vermute ja immer noch, dass das auch etwas mit dem Essen bei den Jägern zu tun hat, bei denen wir all diesen Überfluss gesehen hatten ...

Moskitos immer dabei ... Bald kann es losgehen ...

Vom Weg und vor allem vom Wetter her ist es heute eigentlich gar nicht mal so schlecht: Kein Regen, fast keine Wolken, stattdessen Sonnenschein! Nur der Untergrund spielt nicht ganz mit: Wir laufen wieder mal auf den für diese Gegend typischen Grasbüscheln, dann noch in einen Wald, in dem es eher schwer bis sehr schwer voranzukommen ist, später folgt ein Flussbett mit dichten Büschen, aber dann auch noch ein Flussbett ohne irgend welche Hindernisse, was sehr hilfreich für uns ist und uns etwa 3 bis 4 km weiter bringt. Das erweist sich als sehr gut für uns, denn auch die restliche Strecke ist äußerst mühsam und anstrengend - fast einen Monat gehen wir nun schon und das wirkt sich doch langsam aber sicher auf den Körper aus ...

Einen Teil des Weges wird heute auch auf Sandalen zurückgelegt, da wir den Fluss immer wieder durchqueren müssen, um zu sehen, ob nicht doch eine Fortsetzung des Weges am ausgetrockneten Bachbett möglich ist. Dies ist aber leider nicht so, und darum müssen wir wieder und wieder zurück in die kalte, trübe Flussbrühe, was uns ziemlich ungut erscheint, da man weder erkennen kann, wo man hin steigt noch wie tief es dort ist. Aber es geht so halbwegs dahin, besser noch als am Morgen, wo ich bei den Grasbüscheln in ein Loch gefallen war. Das war zu meinem Glück mit Wasser gefüllt, das mir bis zu den Hüften ging - ein wahrlich toller Tagesbeginn, kein Wunder, dass die Motivation da ein wenig leidet ... 

Wieder Sonnenschein! Wieder einmal Flussdurchquerung ...
Mühsame Strecke ... ... und weiter "Querdurch" ...

Auf jeden Fall gehen wir heute "nur" 9 km und schlagen unser Lager (Camp 21) gleich neben einem kleinen Bach auf, einem wirklich sehr kleinen Platz. Mein Zelt müssen wir mit Gleitschirmleinen an Bäumen befestigen, da die Häringe im Boden absolut nicht halten, ich bin schon gespannt, ob diese Konstruktion die Nacht übersteht. Wir essen wieder einmal im Wald, wobei mit der "Stell den Topf auf die 2 Heferl" Methode gekocht wird. Wir beschließen dabei, das Abendessen für den letzten Tag aufzuteilen und für diesen Tag auch keine Snacks mehr mitzunehmen, da wir jetzt schon immer sehr hungrig sind und es eigentlich kein Problem sein sollte, die letzten 10 km oder wie viel auch immer es dann sein werden, ohne Verpflegung zu gehen - und ohnehin soll da ja auch noch ein Weg vorhanden sein. 

Wenn es nach den Angaben des Jägers geht, sollte auch morgen eigentlich der letzte Tag sein, an dem wir keinen Weg haben: Nach der Flussverzweigung, die wir morgen erreichen werden, soll uns eine Hütte mit anschließendem Pferdeweg erwarten, ich bin schon sehr gespannt, ob das auch wirklich so ist. Wenn ja, hätten wir leichtes Spiel bis zum Highway. Deshalb hoffen Chrisie und ich, dass das alles auch so stimmt, also noch ein Tag durchbeißen, dann drei gemütliche Tage zum "ausgehen".

Es sind jetzt nur noch 40 km bis zum Dempster Highway ...

Wasserschöpfen mit den Stiefeln ..? Camp 21 mit Gleitschirmleinen ...

Freitag, 04.08.06

(Wegstrecke:10,5 km, Zeit unterwegs: 8 h 30 min)

Heute war ein sehr anstrengender Tag, obwohl wir eigentlich nur knappe 11 km gegangen sind, haben wir über 8 Stunden gebraucht ...

Alles hatte mit Frost am Morgen angefangen, keiner von uns beiden hatte in der Nacht wirklich gut geschlafen und auch die Schlafsäcke hatten schon mal bessere Zeiten gesehen, sie isolieren nicht mehr wirklich gut und so ist es schon nicht mehr ganz so warm im Schlafsack. Mein Zelt hat aber schließlich doch die Nacht überstanden, was eine sehr angenehme Überraschung ist. Während wir beim frühstücken sind, bemerke ich, dass sich auf Chrisies Fleece eine Milbenfamilie eingenistet hat - wir lassen nichts aus ..! 

Nachdem wir unser Frühstück in der Sonne genossen haben, packen wir wieder unser Zeug und es geht weiter kurz vor 10 Uhr. Wir gehen nicht allzu lange, da ist es schon zum ersten Mal wieder soweit, den Bach in Sandalen zu durchqueren, geistesabwesend ziehen wir beide auf der anderen Seite die Schuhe wieder an, nur um anschließend festzustellen, dass wir eigentlich gleich ein zweites mal queren müssen, also heißt es wieder Schuhe aus.

Im Anschluss daran geht es eine Weile eigentlich ganz gut weiter, nur das Gehen erweist sich im Allgemeinen nun schon ziemlich anstrengend für uns alte Kerle. Der extremere Teil dieser Etappe fängt erst an, als wir einen Steilhang oben umgehen wollen, was es nötig macht, ziemlich weit den Hügel hinauf zu steigen. Oben angekommen ist das Gebüsch dann derart dicht, dass wir kaum noch weiter können. Doch auch da müssen wir durch, ob wir wollen oder nicht! Wir beißen die Zähne zusammen und schlagen uns durch - als wir es schließlich geschafft haben, geht es für einige Zeit wieder etwas besser dahin, bis wir unten im Tal dann erneut unsere Schuhe ausziehen müssen ...

Wir müssen wieder hinauf ... Die Aussicht entschädigt für manches ...
Und wieder mal: Durch ..! "Schlemmen" in Camp 22 ...

Später dann, als der Bach sich laut Karte schlängelnd seinen Weg bahnt, kommt als Highlight des Tages dazu, dass sich der Fluss offenbar neue Wege gesucht hat und nun plötzlich wie wild durch den Wald fließt, was ein Weiterkommen nahezu unmöglich macht. Auf diese Art und Weise sind wir einige Male gezwungen, wieder umzudrehen und uns einen anderen Weg zu suchen.

Aber all das ist zumindest mir mittlerweile mehr oder weniger egal, da ich mir immer wieder sage, es sind nach diesem Tag nur noch drei weitere Tage, und vielleicht haben wir sogar für einen Teil des Weges einen Pfad zur Verfügung. Doch auch wenn nicht, sollte es nicht so tragisch sein, da wir nur noch 10 km am Tag schaffen müssen, um zum Dempster Highway zu gelangen und das sollte auf jeden Fall möglich sein.

Chrisie jedoch geht es heute gar nicht so gut und er ist nicht glücklich über den Tagesverlauf. Am Abend, als wir das angepeilte Ziel schließlich erreicht haben, machen wir am Fluss halt (Camp 22), der jetzt nicht mehr so grauselig ist und aus dem wir nun auch wieder trinken können. Zu essen gibt es Nudeln und als Nachspeise (!) dann Cobbler (nicht viel, aber gut ), diese Sachen sind neben der halben Tafel Waffelschokolade, die es heute in der Pause gab, die kulinarischen Glanzlichter des heutigen Tages.

Bisher sind wir hinsichtlich Weg und Hütte noch nicht fündig geworden. Zwar sind wir auf einen kurzen Pfad gestoßen, der möglicherweise ein "Hunting Trail" ist, aber die "Sandbank" ist noch nicht zu Ende und es könnte auch leicht sein, dass die Hütte erst später kommt. Auf alle Fälle sollte der Weg aber in den nächsten 5 km beginnen, denn dann muss er eigentlich vom Hauptbach nach Süden abzweigen. Sollten wir ihn bis dahin nicht gefunden haben, werden wir einfach unseren Weg in Richtung Highway direkt nach Westen fortsetzen ...

Samstag, 05.08.06

(Wegstrecke: 13km, Zeit unterwegs: 7 h 30 min)

Heute beginnt der Tag mit etwas Bewölkung, was es zwar in der Nacht etwas wärmer machte, jedoch ist es am Morgen ohne Sonne doch etwas frisch: Das Abbauen geht vielleicht auch deshalb recht rasch und wir machen uns schon um 9:30 Uhr wieder auf den Weg in Richtung Dempster Highway.

Das Gehen erweist sich eigentlich gleich von Beginn an als sehr gut, wir können fast immer "direkte Strecke" gehen, nur der Untergrund ist zeitweise weicher, aber meist nicht so schlimm. So haben wir dann nach 1h 15 min schon 3,5 km geschafft und sind zuversichtlich, auch die restliche Strecke in einer guten Zeit bewältigen zu können. Nach einer Weile finden wir dann sogar auch die Hütte, von der der Guide am Hart River gesprochen hatte, sie scheint jedoch verlassen zu sein, weshalb wir auch nicht extra auf die andere Bachseite wechseln, um zu ihr hin zu gelangen. Da wir beschlossen hatten, auf direktem Wege nach Westen weiter zu gehen, machen wir uns auch nicht die Mühe, den Weg zu suchen, sondern setzen einfach den gewählten Weg fort ...

Auf diesem Weg kommt es dann auch zum ersten größeren Anstieg des Tages, was für mich klar macht, dass ich bei dieser Tour sicher auf keinen Berg mehr steigen werde, da die Muskeln einfach schon zu müde sind. Nach diesem und einem  nachfolgendem etwas geringeren Anstieg kommt aber nach der nächsten erforderlichen Kletterei zumindest etwas Ähnliches wie Gipfelstimmung auf - auch wenn wir nicht ganz hinauf steigen, haben wir doch schon eine ganz ordentliche Höhe erreicht und können ein wunderschönes Panorama genießen, was wir natürlich für jede Menge Fotos nutzen.

Dort oben machen wir uns auch schließlich daran, Holz für das Feuer beim Nachtlager zu sammeln, da es laut Karte am ausgewählten Rastplatz keinen Wald geben soll. Also füllt jeder von uns einen Sack voll mit Holz, das wir dann auf die Rucksäcke schnallen, ehe wir weiter gehen ... 

Das Panorama genießen ... Brot mit Sauce angesagt ...
Farbenspiele ... Die Nacht bricht herein ...

Nicht weit von dieser Stelle entfernt kommen wir auf dem Hochplateau an und haben eine atemberaubende Sicht auf die vor und hinter uns liegenden Berge sowie auf die "Ebene", die uns zum Dempster bringen soll. Von diesem Punkt aus wird es mehr oder weniger immer bergab gehen, bis wir am Highway anlangen. Beim für unser Lager auserkorenen Bach finden wir leider kein Wasser vor, weshalb wir unseren Weg auf der Suche danach fortsetzen müssen. Wir sind schließlich noch etwa 3 km unterwegs, bis wir wieder (etwas) fließendes Wasser finden und unser Lager (Camp 23) aufschlagen können. Diese Strecke führt uns näher als geplant an den Dempster Highway heran: Jetzt sind es nur mehr 15 km bis zum Ziel ...

Zu Essen gibt es heute Brot mit Sauce, was wieder einmal sehr lecker ist und das wir vor einer atemberaubenden Kulisse genießen können: Die Sonne in Kombination mit den Wolken gönnt uns außerordentliche Farbenspiele. Als Draufgabe haben wir dann noch leckeren Tee mit der aufgesparten Pausenschokolade als Nachtisch - köstlich!

Ich muss unbedingt vor der "großen Fresserei" in Dawson auf eine Waage, mich würde interessieren, wie viele Kilo ich durch diese Tour verloren habe, ich vermute etliche. Jedenfalls hat es nach dem Nachtisch etwas zu tröpfeln begonnen, weshalb ich nun im Zelt bin. Von dort aus kann ich die Berge sehen, die zwar durch den Regen gerade etwas dunkler sind, aber ich hoffe dennoch, dass sich das bis morgen früh wieder gibt und die Aussicht erneut so exzellent wird, wie wir sie heute genießen konnten ...


© 2007 Richard Schuster