WK I: Die ersten Panzer der Welt

Vorspiel: Straßenpanzerwagen Ehrhardt E-V/4


Vorgeschichte

Fast in allen Heeren Europas wurden bereits frühzeitig - im Gegensatz zu gepanzerten Kettenfahrzeugen - als "Straßenpanzerwagen" bezeichnete Fahrzeuge eingesetzt. Diese ähnelten im Wesentlichen  normalen Lastkraftwagen, nur verfügten sie eben über Bewaffnung und z.T. auffällige Panzeraufbauten. Derartige Fahrzeuge waren z.B. bereits sowohl in Belgien und Italien als auch in Großbritannien und Frankreich im Einsatz.

Ehrhardt E-V/4Der technische und taktische Entwicklungsstand in Belgien war dabei schon so weit fortgeschritten, dass bereits im Jahr 1914 der dortige "Minerva"-Straßenpanzerwagen in Einheiten gemeinsam mit mobiler Infanterie auf Motorrädern oder sogar Fahrrädern zur selbständigen Gefechtsführung in der Lage war.

Der Einsatz von Motorrädern im Heer wurde zu dieser Zeit in Deutschland unterschiedlich eingestuft: Während in Preußen diesen Fahrzeugen jeder militärische Wert abgesprochen wurde, bildete man in Bayern aufgrund positiver Erfahrungen bereits im Herbst 1914 eine "Kraft-Radfahr-Abteilung".

Im Deutschen Reich konnte man sich (wie auch später bei den Kettenfahrzeugen) nur schwer mit Straßenpanzerwagen als "Waffensystemen" anfreunden und so gab es bei Kriegsbeginn auch nicht ein einziges solches Gefährt.

Erst im Jahr 1915 entstanden frühe Prototypen. Für eine entsprechende Untersuchung ließ dabei die Verkehrstechnische Prüfungskommission (VPK) einige Fahrzeuge erstellen und im Rahmen der neuen "Straßen-Panzerkraftwagen-Abteilung 1" in einem Truppenversuch testen. Je ein "Daimler-" und ein "Büssing"-Fahrzeug wurde dabei angefertigt sowie auch ein als "Ehrhardt"-Wagen bezeichnetes weiteres Modell. Beauftragt wurden diese Fahrzeuge zunächst als gepanzerte "Spähwagen".

Gemeinsam war zu dieser Zeit all diesen Straßenpanzerwagen ein wesentlicher Nachteil: Abgesehen von vereinzelt vorhandenem Allradantrieb konnte ein Einsatz generell nur auf Straßen erfolgen. Ein Vorankommen auf den zumeist zerwühlten und immer schlammiger werdenden Gefechtsfeldern an der Westfront war kaum möglich, von der Überquerung der überall vorhandenen Schützengräben ganz zu schweigen. Auch an anderen speziellen Frontabschnitten erwiesen sich die Fahrzeuge als untauglich, sei es im Gebirge der österreich-ungarischen-italienischen Alpenfront, an der Ostfront oder in Serbien, wo ein nur in Ansätzen vorhandenes Straßennetz einen erfolgreichen Einsatz verhinderte. Aufgrund der so stark eingeschränkten Mobilität derartiger Fahrzeuge wurden sie letztlich bei Beginn des Stellungskrieges bedeutungslos. 

Der Ehrhardt E-V/4

Nach dem Erscheinen erster belgischer sowie britischer Panzerspähwagen vergab auch die Oberste Heeresleitung (OHL) die bereits oben erwähnten Aufträge für eigene gepanzerte Spähwagen im Herbst 1914. Der außer einem Büssing- sowie einem Daimler-Fahrzeug auch von Ehrhardt in Düsseldorf gebaute dritte Panzerwagen erhielt die Typbezeichnung E-V/4. Weitere Fahrzeuge folgten später.

Ehrhardt E-V/4 mit Besatzung 1918Aufgrund des geringen Nutzens der straßenabhängigen Fahrzeuge wurden zunächst die vorhandenen Wagen im "Panzerkraftwagen MG-Zug 1" zusammengefasst. Nach allerdings gewissen Erfolgen an einem östlichen Frontabschnitt, der noch einen Bewegungskrieg anstelle des in anderen Bereichen inzwischen vorherrschenden Stellungskrieges zuließ, folgte eine Nachbestellung durch die OHL bei Ehrhardt, da die anderen Fahrzeughersteller über keine Kapazitäten mehr verfügten (z.B. Daimler wegen Bau des Panzers A7V). Das von Ehrhardt gefertigte Modell 1917 gelangte so ab etwa Mitte desselben Jahres als Serienfahrzeug zur Auslieferung.

Die neuen E-V/4 Modelle verfügten neben einem reduzierten Gewicht und einem drehbaren Turm auch über 3 bis 4 MGs vom Kaliber 7,92 mm (MG 08 bzw. 08/15 wie beim deutschen Panzer A7V und dem K-Wagen).

Obwohl nach wie vor für einen Einsatz auf der Straße konzipiert, verfügte der E-V/4 nun über ein reversibles Sechsganggetriebe (sechs Vorwärts- und Rückwärtsgänge); einen Allradantrieb mit zusätzlichem Stahlring als Antriebshilfe an den Vorderrädern sowie Zwillingsbereifung an der Hinterachse und gepanzerte Kotflügel. Ein eigener Sitz für den Rückwärtsfahrer war ebenfalls vorhanden. Der Einsatz von Ehrhardt-Straßenpanzern erfolgte in verschiedenen Weltgegenden auch noch nach dem Ersten Weltkrieg bis etwa Mitte der 1920er Jahre.

Spezifikationen

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Besatzung: 8-9 Mann, Fahrzeuglänge: 5,30 m, Breite: 2,00 m, Höhe: 2,90 m, Bodenfreiheit: 32 cm, Masse: 7,75 t, Panzerung 6-9  mm, Bewaffnung: 3 (+1 Reserve) MG 08. Antrieb: 4-Takt Ottomotor, 4 Zylinder mit 85 PS. Geschwindigkeit 30-60 km/h (Straße), Rückwärts 30 km/h, Reichweite 250 km. Anzahl: ca. > 35.

Literatur

  • German Panzers 1914-1918,
    Steven J. Zaloga, © 2009 Osprey Publishing Ltd., ISBN 978-1-84176-945-5
  • Panzerkampfwagen im Ersten Weltkrieg, Wolfgang Fleischer,
    © 2017 Motorbuch-Verlag Stuttgart, ISBN 978-3-613-03972-8

Das Modell

Unser Modell stammt wie auch das vom Schneider CA1 aus keinem kommerziellen Modellbaubogen. Vielmehr wurde der Ehrhardt-Straßenpanzer der zum freien Download verfügbaren und sehr empfehlenswerten Kartonmodellsammlung Landships II des gleichnamigen Forums entnommen. Diese Sammlung enthält eine Vielzahl vergleichsweise einfacher militärischer Modellbaubögen unterschiedlicher Autoren im unterschiedlichen Maßstab. Vom Autor Don Weeks stammt dabei unser Modell "Ehrhardt E-V/4 Armoured Car" im Maßstab 1:43.

Nach einem Probebau des vergleichsweise winzigen Einfachmodells entschlossen wir uns zum Skalieren auf unseren üblichen 1:25 Maßstab und eine Fertigstellung mit ebenfalls wie üblich ein wenig "Modelik-Standard": Entsprechend stabiler Kartoneinsatz in den tragenden Bereichen des Modells.

Don Weeks Modellbaubogen DIN A4, 1:43 Kleines Probemodell Ehrhardt-Modell fertig: Hier gemeinsam mit A7V aus gleicher Zeit ...

Selbstverständlich wurde auch hier ein bisschen "gesupert", was vom Fahrwerk bis hin zu den offenen Einblicken in das Modell und anderes reicht. Auf die detaillierte Darstellung der Zwillingsbereifung hinten wurde allerdings verzichtet, dafür wurde die Antriebshilfe an den Vorderrädern etwas aufwändiger als vorgesehen gestaltet. Die aufwändigen Nieten des Fahrzeugs werden vielleicht demnächst noch nachgerüstet!

Insgesamt ein recht stattliches Modell, was allerdings deutlich mehr an ein "richtiges" Auto erinnert als unsere anderen WKI-Modelle. Aber mit einer Höhe von fast 3 Metern und einer Besatzung von ca. 8 Soldaten stellte es dennoch ein etwas größeres Ungeheuer dar als die Fahrzeuge, an die wir uns heutzutage gewöhnt haben. Selbst im Vergleich zum gewaltigen A7V macht das Fahrzeug aus der gleichen Zeit einen erheblichen Eindruck. Vielleicht folgt deshalb auch aus dieser vielfältigen und kostenlosen Sammlung "Landships II" später noch einmal ein weiteres Modell, wer weiß!


Ehrhardt E-V/4 im Maßstab 1:25 - passt in unsere Sammlung! Dieses Fahrzeug hatte sogar einen Rückwärtsfahrer ... Aufsicht ... Drei MG 08 und eines in Reserve ...
Antriebshilfe an den Vorderrädern Etwas aufgemotzte Vorderfront ... Fenster nur im Gefecht geschlossen, ansonsten aufgeklappt ... Drehbarer Turm mit MG 08

© 2022 J. de Haas


Anm. der Red.: Weitere Beiträge von Jürgen finden sich in unserer Autorenübersicht!