Kreuzfahrtschiff mit Autodeck ...
"Kreuzfahrtschiff mit Autodeck", so nannte die Reederei Color Line einst ihr neues Fährschiff - und wir gehörten im Jahr 2005 mit zu den ersten Passagieren! Wie hatten wir seinerzeit in unserem Bericht über die "Zeitreise" geschrieben:
"Eine Stadt fährt nach Norden ...", so hatte die Süddeutsche Zeitung am
23.10.2004 ihren Beitrag betitelt, in dem sie von einer Premiere berichtete:
"Halb Superfähre, halb Kreuzfahrtschiff" wurde in diesem Artikel die Color
Fantasy genannt, das neue Flaggschiff der norwegischen Reederei Color Line, das
am 11. Dezember 2004 seinen Liniendienst zwischen Kiel und Oslo aufnehmen
sollte.
Ein Schiff der Superlative war angekündigt: Mit rund 75.000 BRT ist der Gigant größer als die Queen Elizabeth 2 und erst recht größer als die berühmte Titanic - mit einer Länge von fast 224 Metern und bis zu 2.750 Passagieren in 966 Kabinen wird hier ein neues Kapitel der Fährschifffahrt geschrieben ..."
Bei unserer Skandinavientour 2012 waren wir nun erneut auf
dem Weg von Kiel nach Oslo: Diesmal brachte uns das
Schwesterschiff der Color Fantasy, die Color Magic, in den Hafen
der norwegischen Hauptstadt. Dieses rund drei Jahre nach der Color Fantasy
im September 2007 getaufte Schwesterschiff ist ebenfalls eines der Superlative:
Mit 75.100 BRT sogar noch rund 70 Tonnen schwerer als die "kleine" Schwester,
ist die Magic dennoch aber geringfügig schneller (0,2 Knoten
)
und kann auch 33 Passagiere mehr in ihren 1.015 Passagier-Kabinen
transportieren, nämlich 2.700 Personen.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Schiffen ist allerdings die Kapazität hinsichtlich der Transportmöglichkeit von Fahrzeugen: Während die Color Fantasy 750 Autos auf einer Fahrspurlänge von 3.320 Metern mitnehmen kann, bringt es die Color Magic "nur" auf 550 Fahrzeuge bei einer Fahrspurlänge von 2.320 Metern.
Beide Schiff begegnen sich auf der täglich befahrenen Route Kiel-Oslo jede
Nacht auf halber Strecke östlich von der dänischen Insel Anholt - wie viele
Passagiere an diesem Schauspiel während der rund zwanzigstündigen Überfahrt
teilhaben, wissen wir nicht. Das sicherlich auch so turbulente Bordleben entspricht dem eines
Kreuzfahrtschiffes und es wimmelt dort (insbesondere auf der Color Fantasy)
auch von Fotomotiven, wie wir in unserem damaligen Beitrag Kunst am Schiff zeigen konnten.
Nun wundert es nicht, dass wir sofort handelten, als wir zu unserer Überraschung diesmal im Duty Free Shop der Color Magic ein stattliches Modell des Schiffes vorfanden: 55 cm lang, 17 cm hoch, recht schwer und - offenbar eine Art LEGO-Modell aus 685 Teilen, wie der Karton verriet.
Nun, nachdem wir schon mit unseren Modellen vom
höchsten Turm der Welt, dem "Burj Khalifa", in die LEGO-Welt eingestiegen
waren, schreckten wir auch diesmal nicht zurück, zumal das Modell "trotz" LEGO
äußerst gelungen erschien. So wechselten rund 320 Norwegische Kronen (NOK) oder
umgerechnet knapp 45,- EUR den Besitzer und der glückliche Käufer konnte fortan
mehr als zwei Wochen lang täglich eine kiloschwere Tüte mit Hunderten von
Bauelementen im Explorer ein- und ausräumen ...
Nach Hause zurückgekehrt wurde der Karton etwas genauer in Augenschein genommen: Im Gegensatz zum "Burj Khalifa" handelte es sich anders als zunächst angenommen überhaupt nicht um ein Modell aus einer LEGO-Serie, sondern vielmehr um eines der polnischen Firma COBI. Zum Thema "Legobausteine" muss man dabei wissen, dass im Jahr 2010 ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in Luxemburg erging: Demnach können Legosteine, die bereits im Jahr 1961 patentiert wurden, nicht mehr als Marke eingetragen werden und erhalten somit auch keinen Markenschutz. Damit war ein Versuch des dänischen Spielzeugherstellers endgültig gescheitert, gegen die Konkurrenz vergleichbarer Bausteine anderer Hersteller vorzugehen. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass sich die Form der Legosteine weitgehend aus ihrer technischen Funktion ergebe und ein Markenschutz in solchen Fällen auf eine Dauerverlängerung des technischen Patentschutzes hinauslaufen würde.
Somit war also der Markt endgültig geöffnet für Firmen wie COBI, wonach diese neben dem
(nicht im Katalog enthaltenen) Color Fantasy/Magic-Modell auch gleich
eines der Titanic in der selben Technik und den selben Bauelementen
herausbrachte.
Und eines muss man COBI lassen: Sie haben sich mit dem Bausatz, mit dem man durch entsprechende Aufkleber wahlweise eines der Schwesterschiffe darstellen kann, einige Mühe gemacht: Durch Verteilung der Bausteine in viele einzelne Tüten, wobei eine Tüte niemals die gesamten in einem Bauabschnitt benötigten Teile enthält, haben sie gleichzeitig auch ein gigantisches Puzzle geschaffen.
Hat man aber erst einmal die Vorgehensweise der Bauanleitung verstanden, macht es mehr und mehr Spaß, das gesamte gewaltige, kiloschwere und über einen halben Meter lange Modell zusammen zu stecken: Selten haben wir es bisher mit einer derart exakten, fehlerlosen und insgesamt hervorragenden Bauanleitung zu tun gehabt. Auch die Aufkleber schließlich, die dem Schiffsmodell den letzten Schliff verleihen und anders als die verhassten Abziehbilder aus soliden Folien bestehen, die man problemlos auf den Plastikbausteinen anbringen kann, sind verglichen mit denen anderer Modelle die reine Freude.
So wundert es insgesamt nicht, wenn wir bereits nach kurzer Zeit das
prächtige "LEGO-Schiff" () in unserem Modellkeller aufstellen konnten und dabei auf
einer Seite die Color Magic und auf der anderen sowie hinten die Color
Fantasy zeigen.
Unser Fazit: Allen Oslo-Reisenden, die sich für Modelle interessieren und
mit einem der beiden Fährschiffe (gern) nach Norwegen und zurück reisen, können
wir deshalb raten: Selbst wenn ihr keine Kinder dabei habt, solltet ihr an
Bord vielleicht zugreifen, wenn ihr gleichzeitig Spaß an Puzzles und an dem Modell eures
"Kreuzfahrtschiffs mit Autodeck" habt. Aber eines solltet ihr
ebenfalls wissen: Falls ihr vorhabt, mit dieser polnischen Firma COBI in Kontakt
zu treten über deren Webseite, rechnet nicht mit einer Antwort - wir bekamen
jedenfalls keine. Oder sollte das etwa damit zu tun haben, dass wir (in
englischer Sprache) auch nach LEGO
und der Verfügbarkeit der Katalog-Titanic in Deutschland
gefragt haben ..?!
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© 2012 Jürgen de Haas
Anm. der Red.: Weitere Beiträge von Jürgen finden sich in unserer Autorenübersicht!