Kein Hype, sondern ein Fortschritt

Mehr zu TTT oder: "TrockenTrennToilette" ...


Das Coronavirus verhindert zur Zeit nicht nur alle Reisepläne, sondern beschert uns sogar eine Ausgangssperre. Was macht man so lange in den eigenen vier Wänden? Jedenfalls hat man Zeit genug, um länger als gewohnt auf dem Klo zu sitzen und nachzudenken. Ein naheliegender Gedanke kam mir dabei in den Sinn: Ich könnte doch einen schon vor Jahren geplanten Bericht über Reisetoiletten endlich erstellen.

Damals hatte ich mich mit "Fachliteratur" versorgt und das Buch "How to shit in the woods" gekauft. Die Einleitung ist ganz nett, auch das erste Kapitel "Die Wissenschaft des Scheißens" enthält einige unbekannte Details und historische Fakten. Auf der Seite von Amazon kann man, ohne das Buch zu kaufen, auch einen kurzen Abschnitt lesen ...

Einladendes Plumpsklo ..??Aber alles Weitere war des Lesens nicht wert. Und ich will auch keine Anleitung zum Spatengang in der Wildnis geben. Nur eine Sache liegt mir dabei am Herzen: Lasst bitte nicht das verwendete Toilettenpapier in der Natur zurück! Die Ausscheidungen selbst sind je nach Witterung in wenigen Wochen, spätestens Monaten vollständig zu nahrhafter Erde geworden. Begehbare Wege sollte man halt von diesen Haufen freihalten. Aber die vielen weißen Papierfetzen, die an beliebten Orten zuhauf herumliegen, nicht verrotten und später vom Wind in alle Richtungen geweht werden, bleiben lange ein echtes Ärgernis.

Es werden aber immer mehr, die es in die Natur zieht und an schönen Plätzen mit hohem Freizeitdruck kann man nicht einfach seine Klopapierrolle nehmen und hinter dem nächsten Busch verschwinden. Wir reisen auch oft in Länder, in denen das Netz öffentlicher Toiletten dünn ist und wenn man eine findet, dann möchte man nicht wirklich dorthin müssen, siehe das Bild rechts eines Plumpsklos vor einem Kloster in Georgien ...

Deshalb gilt zunehmend: Wenn es sich technisch irgendwie einrichten lässt, sollten Offroad-Reisende eine Campingtoilette mitnehmen, und um die Technik derselben wird es in diesem Beitrag gehen. Wobei ich gleich auf das Wesentliche fokussieren möchte, die Trennung von fest und flüssig in der sogenannten TrockenTrennToilette, kurz TTT.

Im Wohnmobilbereich wird die Trenntoilette erst seit wenigen Jahren propagiert. Als ich im Jahr 2010 meine Wohnkabine auf dem Fahrgestell des Bremach baute, lief mir trotz vieler Recherchen im Internet diese Technik noch nicht über den Weg und ich verplante im Eingangsbereich noch eine PortaPotti.

"Damentoilette" im Eingangsbereich ...Die Erfahrungen mit dieser Art von Chemietoilette waren eher unerfreulich: Da wir als Hundebesitzer den Umgang mit Kotbeuteln gewohnt sind und das große Geschäft nicht in den Tank der PortaPotti kippen, sondern aus der Schüssel abgreifen, konnten wir zwar auf Chemikalien verzichten. Aber eine erhebliche Geruchsbelästigung durch die Urin-Wassermischung blieb und die alle 3-4 Tage notwendige Entleerung war gerade im Outback eine mentale Herausforderung. Schließlich wollte ich auch nicht beobachtet werden, wenn ich den weißen und von Weitem gut sichtbaren Tank irgendwo in die Natur kippte.

Dass es sich dabei um einen gut naturverträglichen Inhalt handelte, konnte ein zufälliger Beobachter ja nicht wissen. Aus diesem Grund entwickelte sich unsere PortaPotti zu einer reinen "Damentoilette" (Bild links), ich stellte mich lieber an den nächsten Baum und gut war es ...

Eines haben die konventionellen Mobiltoiletten wie Tank- oder Kassettentoilette, PortaPotti oder Notfalleimer mit einem Dixi- oder einem Plumpsklo gemeinsam: Sie sammeln alle Abfälle in einem Behälter, in dem sich bald eine übelriechende Brühe entwickelt, die dann eilig entsorgt werden muss. Chemiezugabe mag das Entleerungsintervall geringfügig verlängern und eine andere Geruchsnote ins Heim bringen. Aber ein Wohlfühlprogramm ist das dann leider immer noch nicht. Erst die Trennung von "Fest" und "Flüssig" in zwei unabhängige Entsorgungssysteme bringt den entscheidenden Fortschritt.

Ich habe 2015 zum ersten Mal von Trenntoiletten im Wohnmobil gehört und die immer zahlreicher werdenden Beiträge in den einschlägigen Medien aufmerksam verfolgt. In allen Foren bildeten sich zwei gegensätzliche Lager: Die Nutzer einer TTT mit ihren Erfolgsmeldungen und die Gegner dieser Technik, die ohne eigene Erfahrung nicht glauben wollten, was berichtet wurde. Es ging dabei meistens um diese These: Die Geruchsbelästigung einer TTT sei sehr gering und man könne mit Ansäuern des Urins und Zugabe von Trockengranulat in den Feststoffeimer die Gerüche fast zum Verschwinden bringen.

Ich beschloss, den Leuten mit eigener Erfahrung zu glauben und auch eine TTT zu bauen. Sie musste hinter die Klappe im Eingangsbereich passen, durfte also nicht größer als die alte PortaPotti sein. Ein maßgeschneiderter Eigenbau war somit unumgänglich. Da passte kein vernünftiger Urintank mehr in den Korpus, das war schnell klar. Aber Unterflur war an dieser Stelle noch eine kleine Lücke zwischen Dieseltank und Eingangstreppe: Dort konnte ich einen Tank mit 13 Liter Inhalt befestigen ..!

Zur Bauanleitung: Die Maße des Korpus aus 9 mm Multiplex sind mir vorgegeben durch die Größe der alten PortaPotti 365, nämlich BxHxT 39x43x43 cm. Für die beiden Arme des Schwerlastauszuges werden in den Korpus Nuten eingeschnitten. Als Trennaufsatz verwende ich das dunkelblaue Teil von Separett (Bild unten links), welches man einzeln kaufen kann. Es besteht aus einem Kunststoff ähnlich PVC, ist somit leicht zu bearbeiten. Es gibt auf dem Markt aber auch edlere Trennaufsätze, etwa aus Sanitärkeramik. Die Separett hat zum Aufstecken einer Klobrille diese 4 Nippel, siehe linke Bildhälfte unten links. Ich verzichte aber aus Gründen der einfacheren Reinigung auf eine Extrabrille und musste diese Nippel absägen. Leider nicht perfekt und spurenlos gelungen!

Separett Privy Trennaufsatz Keramag Geruchssperre mit Gummilamellen Korpus aus Multiplex und Trennaufsatz

Bei geschlossenem Deckel taucht der blaue Rohrstutzen unten am Urinausgang in den Keramag Geruchsverschluss (Bild oben Mitte)) ein und dichtet dort gut ab. Der Keramag selbst steckt in einem PVC-Rohrfitting 50 mm mit Reduzierteil für den Anschluss des 20 mm Silikonschlauchs zum Unterflurtank. Dieser weiße Schlauch wird beim Einschieben der TTT unter den Dinettensitz jedes Mal geknickt, irgendwann wohl auch defekt. Deshalb ist immer ein passender Ersatzschlauch dabei.

Im Bild unten rechts ist die TTT fertig zum Einsatz: Der Eimer für das Feste ist mit einem braunen Plastiksack ausgekleidet, der sich als zuverlässig wasserdicht erwiesen hat. Meist ist er oben offen, kann aber auch in besonderen Situationen mit dem grünen Deckel verschlossen werden. Die quadratische Öffnung im Korpus unten Mitte dient der Frischluftzufuhr, durch das runde Loch oberhalb des grünen Eimers saugt ein Ventilator die Luft aus der TTT wieder ab nach draußen, in meinem Fall nach Unterflur. Diese fast unhörbare Zwangsentlüftung braucht nicht viel Energie und darf auf Reisen gerne Tag und Nacht laufen. Zusätzlich dient sie der Wohnkabine als schwacher Luftaustausch, wenn alle Fenster geschlossen sind.

Das Bild unten links zeigt die geöffnete TTT mit dem braunen Beutel im Feststoffeimer hinten und der Öffnung des Keramag für den Urinstutzen vorne. Links und rechts vom Urinabfluss sind diese trapezförmigen Mulden, in denen das Trockengranulat lagert (auf dem Bild ohne Granulat). Nach jedem Eintrag von Material müssen wir leider den Deckel der TTT öffnen, eine Handvoll Granulat entnehmen und auf den Haufen im Eimer streuen. Wenn wir Platz für dieses Granulat außerhalb des Toilettenfaches hätten, könnten wir auf dieses Öffnen verzichten.

Fertige TTT ...Nach dem kleinen Geschäft muss man eigentlich nichts weiter machen. Besser ist es jedoch, die letzten Tropfen im Ablauftrichter mit einem Blatt Klopapier abzuwischen, einmal am Tag vielleicht auch eine Dosis Flächendesinfektion darüber zu sprühen.

Hinten im Korpus der TTT ist beidseits neben dem Eimer noch etwas Platz, den wir für hygienisch unkritisches Zubehör nutzen, das im Wohnbereich schwer unterzubringen ist. Wir lagern dort diverse Chemieprodukte wie die sehr empfehlenswerte Captain Tolley´s Dichtflüssigkeit, Schuhimprägnierungsspray, Lecksuchspray, eine Rolle Ersatztüten und natürlich eine Flasche mit Zitronensäure zum Ansäuern im Urintank.

Als Trockengranulat kann man alles Mögliche nehmen, etwa Katzenstreu, Sägespäne, Torf etc. Wegen angenehm erdigem Geruch und besonders hoher Wasseraufnahmekapazität haben sich Kokosfasern am besten bewährt. Das ist ein Produkt aus der Kokosschale und wird preiswert in stark gepressten und somit klein verpackten Platten angeboten und auch in Terrarien gerne verwendet. Eine Handvoll davon abgebrochen und mit etwas Wasser aufgegossen lässt innerhalb weniger Minuten eine trockene dunkelbraune Masse entstehen, federleicht und von einer Konsistenz ähnlich der von Sägespänen oder feinem Torf.

Nun zu unseren Erfahrungen mit der neuen Toilette:

Die Geruchsbelästigung kann man vernachlässigen! Natürlich riecht es, wenn man auf dem Topf sitzend erfolgreich war. Aber nach Abdecken mit Kokosstreu und Schließen der Klappe ist die Geruchsquelle weg und der Restgestank im Raum verschwindet durch Lüften des Wohnmobils. Das kleine Geschäft riecht überhaupt nicht, die Keramag Geruchssperre blockiert zuverlässig Gerüche aus dem Urintank und angesäuerter Urin ohne Wasserzusatz riecht ohnehin kaum.

Wenn man später die Klappe zur TTT wieder öffnet, entweicht keine üble Ausdünstung. Die Oberfläche des Haufens ist längst angetrocknet durch Bedeckung mit Streu und Absaugen der Feuchtigkeit. Da wir den braunen Plastiksack in dem Eimer etwa einmal die Woche über einen Restmüllcontainer am Straßenrand entsorgen, haben wir selbst keine Erfahrung mit der Geruchsentwicklung über längere Zeit. Aber unser Bremachfreund Hans hat schon mehrfach über viele Wochen vergessen, den Eimer seiner TTT zu entleeren und wurde nie durch Gerüche darauf aufmerksam gemacht. An dieser Stelle sei noch die sogenannte Komposttoilette erwähnt, z.B. die "Natures Head", die ähnlich einer TTT funktioniert und die festen Bestandteile im Eimer belässt, bis sie nach Wochen oder Monaten zu Kompost geworden sind. Schwedische Ferienhütten sind oft damit ausgestattet und niemand klagt hier über eine Geruchsbelästigung.

Im Gegensatz zur Komposttoilette kann man bei der TTT wegen der regelmäßigen Leerung des Feststoffbeutels auch das verwendete Klopapier, ja sogar andere unangenehme Abfälle wie Babywindeln oder verdorbene Lebensmittel, in den Eimer werfen und später gemeinsam entsorgen.

Geöffnete TTT mit "Inhalten" ...Die Entleerungsintervalle unserer TTT sind deutlich länger als früher bei der PortaPotti, die ja auch noch durch das Spülwasser schneller voll wurde. Wie lange unser Tankvolumen reicht, hängt natürlich vom Verhalten der Reisenden ab. Eine Tankanzeige im Fahrerhaus erinnert aber rechtzeitig an die Entleerung. Diese machen wir in aller Regel an einer offiziellen Entsorgungsstation, oft an Autobahnraststellen: Drauffahren, Hahn öffnen, einige Minuten warten, Hahn wieder schließen, fertig.

Aber wenn wir mehrere Tage keine Entsorgung finden, öffnen wir im Ausnahmefall auch einmal den Entleerungshahn ganz unauffällig am Straßenrand eines Waldweges. Darüber mögen sich vielleicht nicht alle Pflanzengemeinschaften an Ort und Stelle freuen, aber einen großen Schaden richten wir damit nicht an. Jede Kuh auf dem Feld kann mengenmäßig locker mit unserem Urintank mithalten ...

Ein kleiner praktischer Hinweis noch: Weibliche und männliche Anatomie unterscheiden sich ja ein wenig und für Männer ist es kein Problem, den Wasserstrahl gezielt in den Ablauftrichter zu richten. Frauen müssen dagegen etwas konzentrierter vorgehen. Durch ein leichtes Kippen des Beckens nach vorne gelingt es aber auch meiner Frau, den Trichter zu treffen. Misslingt dies einmal, trifft sie halt in den Eimer und muss den Einsatz vorzeitig wechseln – auch kein großes Problem ...

Die härteste Bewährungsprobe musste unsere TTT letztes Jahr im Piemont bestehen: Einige Stunden nach einem feinen Mittagessen in Alba wurde mir von einer Sekunde auf die andere übel, ich konnte gerade noch an den Straßenrand lenken und die Fahrertür öffnen.

Schon kam ein unaufhaltsamer Schwall Erbrechens hervor. Danach ging es mir zwar einige Minuten deutlich besser - bevor mich die zweite Welle überfiel. Bald war an ein Weiterfahren nicht mehr zu denken und ich stellte mich auf einen privaten Parkplatz vor einem Landhaus. Den Anwohnern musste ich nicht viel erklären, sie verstanden sofort und akzeptierten, dass ich die Nacht dort verbrachte. Es kam dann noch massiver Durchfall dazu und insgesamt dauerte der Spuk bis 5 Uhr früh, also gut 12 Stunden.

Als Mediziner war mir klar, dass dies nur eine Lebensmittelvergiftung sein konnte, vermutlich Staphylokokken. In dieser Nacht war mir die TTT Gold wert. Eine PortaPotti hätte die Sache noch erheblich unangenehmer gemacht. Den braunen Müllbeutel musste ich zwar zweimal wechseln und das Trockengranulat war zum Schluss verbraucht. Aber eine Schweinerei war das nicht. Auch die Geruchsbelästigung hielt sich den Umständen entsprechend in Grenzen. Einfach war auch die Entsorgung der drei Beutel am nächsten Tag in einen großen Müllcontainer, der übler roch als meine Kackbeutel. Eine PortaPotti mit diesem Inhalt hätte wirklich nur an einer Entsorgungsstelle gelöscht werden können, wobei diese vom Inhalt her schon im Laufe der Nacht vollgelaufen wäre. Igitt, ich will gar nicht daran denken ...

Meine Abneigung der PortaPotti gegenüber ist nun nicht mehr relevant und folgerichtig musste ich das Hinweisschild "Damentoilette" entfernen. Und Eines weiß ich nun sicher: Nie mehr werde ich auf eine Chemietoilette zurückbauen ..!


© 2020 Sepp Reithmeier


Anm. der Red.: Weitere Beiträge von Sepp Reithmeier im Explorer Magazin in unserer Autorenübersicht!