Fuerteventura 2017

Unterwegs mit Sack & Pack & Krücken:
Wenn nachts die Bürgersteige locken ...


Vorwort

Was kann man eigentlich machen, wenn man nicht wie immer jedes Jahr ganz langweilig auf eine kanarische Insel fahren und dort ganz langweilig wie immer irgendwelche Drachen steigen lassen oder gar - auch ganz langweilig - alte Schiffsreste besuchen will?

Nun, dann könnte man vielleicht stattdessen einmal über die aufregende Erforschung des spanischen Gesundheitssystems nachdenken, wenn man schon mal da ist. Aber wie könnte man das am besten anfangen ..?

Bei dieser Frage können wir wie so oft helfen und haben da einen ganz hervorragenden, praxiserprobten Vorschlag, wie das am besten geht: Einfach die Weisheit der dort unten Einheimischen in den Wind schlagen, dass man immer nur auf der Straße gehen darf, aber niemals auf dem Bürgersteig!

So fängt man es also an und das spannende, aber nicht ganz billige Abenteuer kann beginnen!


Der alte Hafen von El CotilloLos geht´s - was für ein Auftakt!

Wie jedes Jahr machen wir uns für einen Kurztrip auf nach Fuerteventura, natürlich wie üblich mit zwei großen Koffern und dem noch größeren Kitebag, alles in allem knapp 70 kg Gepäck.

Die Windvorhersage von www.windfinder.com für diese Exkursion ist traumhaft: Am ersten Tag starker Wind, aber danach 2 - 4 Bft Windstärke, ideal für unsere Drachenherde. Insgesamt 26 Drachen dürfen diesmal mit, dazu vier 30m-Sky Streamer und jede Menge weiterer Leinenschmuck.

Der Kitebag war bei Lufthansa angemeldet als Spezialgepäck mit 30 kg. Beim Check-In meinte man aber, nur 23 kg wären erlaubt: Es hätte wohl bei der telefonischen Anmeldung (Sperrgepäck kann bei der Lufthansa im Gegensatz zu anderen Fluggesellschaften nur telefonisch und nicht online angemeldet werden) eine falsche Information gegeben ...

Auf unseren Einwand, wir hätten aber eine Bestätigungs-Email in den Unterlagen, räumte man ein, dass bei der Buchung tatsächlich 30 kg bestätigt worden seien und man deshalb ausnahmsweise (!) den Kitebag für 50 Euro transportieren würde ...

Beim Check-In kann man aber nur für eine Strecke bezahlen, für den Rückweg müssten wir das also dann am Flughafen in Fuerteventura erledigen. Oh nein - wer die begabten Servicekräfte am Aeropuerto Rosario kennt, weiß sofort, das kann nicht gutgehen. So schickt man uns schließlich zum Ticketschalter, wo ausnahmsweise (!) ein Voucher für den Rückflug des Kitebags ausgestellt wird - mit dem Hinweis, dass wir das Gewicht im Kitebag aber nicht erhöhen dürfen.

Was für ein Aufstand als Auftakt!

Beim anschließenden Rundgang im Münchener Flughafen fällt noch etwas auf: Am Morgen unseres Abflugs starten angeblich 4 Maschinen gleichzeitig und ebenfalls gleichzeitig sollen 8 Maschinen landen. Bei zwei Runways? Das ist wohl höhere Flight-Controller-Mathematik oder aber nur die Anzeige vom Slotmanagement ...

Vier Maschinen starten gleichzeitig? Acht Maschinen landen gleichzeitig?

Wir starten etwas verspätet und benötigen wegen heftigem Gegenwind diesmal fast 5 Stunden bis zur Insel. Immerhin wartet nach der Landung in Puerto del Rosario erstmalig seit langem das tatsächlich gebuchte Geländefahrzeug auf uns und alles Gepäck lässt sich verstauen.

Im seit Jahren gewohnten Maravilla in El Cotillo erwartet uns aber schon die nächste traurige Nachricht: Micky, die Chefin der seit Jahren vertrauten Katzenbande war am Tag zuvor neben ihrer Tochter verstorben. So viele Jahre hatte sie unseren Aufenthalt bereichert, indem sie unser Appartement anhaltend mitbewohnte, immer die scheue halbblinde Tochter Lucky im Schlepp. Lucky ist sichtlich verstört, mit lautem Miau sucht sie nach ihrer Mutter. Auch der schöne weiße Kater aus der Katzenbande, der letztes Jahr schon sehr krank war, hat es nicht mehr bis zu unserem diesjährigen Besuch geschafft ...

Was für ein trauriger Auftakt!

In Memoriam: Weißer Kater ... In Memoriam: Micky ...
Allein zurückgelassen: Lucky ...

Kaum haben wir ausgepackt, gibt es schon Anweisungen, die Terrassenmöbel sicher zu verstauen: Der Katastrophenschutz hat Warnstufe "orange" ausgerufen, ein Sturm mit Böen bis zu 10 Bft zieht heran. Der Sand wird schon bald dermaßen aufgewirbelt, dass El Cotillo im beigefarbenen Nichts verschwindet ...

Was für ein windiger Auftakt!

In der Nacht pfeift es wirklich wüst ums Appartement, die Fenster klappern laut und auch am Morgen weht es immer noch heftig, zu heftig für unseren geplanten Ausflug zur Amstar. Stattdessen schmöckern wir aktuelle Berichte von der Sturmfront im Fuerteventura Live Forum, mit dessen Chefin Barbara wir 2011 Fuertes Mini-Weinparadies besucht hatten. Da bei diesem Wetter natürlich alle Gäste nicht am Strand, sondern im Wifi vom Maravilla hängen, ist die Information über das Internet allerdings mehr als mühselig ...

Immerhin, wir nutzen die Zeit für ein (wie so oft! ) nicht ganz ernst gemeintes kurzes Video, stellen es im Forum ein und natürlich müssen wir dann auch nach El Cotillo zum alten und neuen Hafen, um uns anzusehen, wie die vom Sturm gepeitschten Flutwellen hereinrollen. Am alten Hafen erkennt man, welche Kraft der Sturm in der Nacht hatte: Alles ist überzogen mit Steinen und Kies, manche Haustüren sind mit Sandsäcken gesichert, Touristen bannen die heranrollende Flut auf ihre Handies und Fotoapparate ...

Naturgewalten: Weg übersät mit Geröll ... Angst und Spaß, so nah beieinander ...
Faszination der Brandung ...

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