Mittwoch, 03.09.08: In der Bretagne ...

Wir sind nicht allzu unglücklich, dass es heute wieder auf die Piste geht: Rund 420 km sollen es werden, und dann sind wir endlich in der Bretagne, und zwar in Carnac!

Es regnet heute morgen in Strömen und vom versprochenen Baguette-Service ist natürlich wie erwartet nichts zu sehen. Eine Viertelstunde später heißt es schließlich, den Regenumhang anzulegen und durch den Schlamm auf den Wegen des "botanischen Gartens" zur Rezeption zu stapfen - doch die ist noch geschlossen. Man hatte am Vortag ausdrücklich behauptet, die Baguettes zum Fahrzeug zu bringen, aber nach weiteren zehn Minuten im Regen ist man doch froh, als sich jetzt wenigstens etwas in der Rezeption regt und die Tür geöffnet wird und - oh Wunder - da stehen tatsächlich unsere Baguettes. Wir ahnen noch nicht, dass es von nun an dauern wird, bis wir noch einmal in den Genuss eines solchen Service kommen werden ...

420 km Richtung Bretagne ...

Wir rollen vom Platz wieder Richtung Westen - das heftige Regenwetter sind wir eigentlich von den Explorer "Suntours" nicht gewohnt - will da etwa wieder jemand unser OZtent testen, das hinten auf seinen nächsten Einsatz wartet ..?

Kurz nach der Abfahrt erreichen wir Tours. Vor der angepeilten Autobahn dann der erste Wutanfall des Fahrers an diesem Tag: Steffi hat uns in eine "Abzockschleife" geführt, wo gezahlt werden muss, dahinter stellt sich aber heraus, dass sie doch anders fahren will. Also heißt es umdrehen und wieder rein in die Abzockstation und neuen Mautzettel ziehen (siehe Trackverlauf Bild unten rechts).

Vom Chefinformatiker an Bord werden Theorien entwickelt, wie die Funktion "Umfahren" beim Zumo wohl programmiert sein könnte und mit welchen Strategien früher oder später wieder die ursprüngliche Route angesteuert wird.

Irrfahrt südlich von Tours ...Sollte hier trotz eingestellter "kürzester Zeit" vielleicht streckenweise die Strategie "kürzeste Strecke" verwendet werden, bis man wieder auf Kurs ist? Viel spricht für die Hypothese an diesem Morgen: Wir werden am Ufer der Loire entlang navigiert auf einer Straße, die auch noch als N152 bezeichnet wird, obwohl sie offenbar schon seit längerem in D952 umbenannt wurde. Irgendwann dürfen wir wieder auf die A85, ein ganzer Streckenabschnitt in Richtung Rennes ist "Steffi" gänzlich unbekannt, worauf sie wieder die Nerven verliert und wirre Anweisungen erteilt.

Im Gegensatz zur Benutzung der (kostenlosen) und völlig entspannt zu fahrenden Nationalstraßen mit dem großen "N" davor ist die Benutzung von Autobahnen ab und zu eher etwas für starke Nerven: Manchmal gibt es auch hier kostenlose Stücke, dann aber wieder Abschnitte für 1,60 EUR, zumeist jedoch streckenabhängig zu bezahlende Partien, dann wieder die "Abzockschleifen" entweder mit Automat oder Bedienung - Fenster rauf, Fenster runter, Münzengefummel am (hoffentlich intakten!) Automaten oder langer Arm in Richtung des (zum Glück!) im Häuschen sitzenden Kassierers ..?

Bei Angers verlassen wir endlich die Autobahn wieder und kommen erneut auf eine der hervorragenden zweispurigen Nationalstraßen, auf denen kaum jemand die zulässigen und entspannten 110 km/Std voll nutzt. Und Orte, bei denen man sich fast wie auf der "Speisekarte" wähnt, auch wenn es sich manchmal geringfügig anders schreibt: Wir werden von Steffi durch Châteaubriant geleitet, den Ort mit den bisher meisten Kreisverkehren auf kürzester Strecke. Es gibt manchmal einen Rückstau von einem Kreisverkehr in den nächsten, insgesamt aber sind sie (im Gegensatz zu ihren britischen Gegenstücken) zumeist entspannt zu fahren, vorteilhaft erweist sich zusätzlich die unerwartet gelassene und vorsichtige Fahrweise der Franzosen bisher.

Während wir der angenehmen N165 nach Westen folgen, beginnt sich langsam aber sicher die Landschaft zu wandeln: Es mehren sich Aussichten auf langgestreckte grüne Hügel, die Erinnerungen an englische und vor allem irische Impressionen wecken - wir sind in der Bretagne angelangt, eine Region Frankreichs, die für ihre außergewöhnlichen Landschaften, faszinierende Natur und einzigartigen Zeugen früherer Kulturen berühmt ist und die zu den attraktivsten und beliebtesten Ferienzielen hierzulande zählt.

Wir erreichen Carnac, wo wir selbstverständlich einen Ruhetag einlegen und die einzigartigen Megalithen der Bretagne besuchen wollen, die sich hier in besonders eindrucksvoller Form finden lassen. Zu unserer Freude haben wir die Auswahl: Schräg gegenüber vom eigentlich geplanten Camping Les Druides befindet sich das ebenfalls noch geöffnete Camping Le Dolmen, für das wir uns nach kurzer Besichtigung sofort entscheiden.

Eigener Dolmen vorm Campingtor ... Geschützter Standort am Atlantik ..?

Rund 600 m Luftlinie vom Strand Men Du entfernt und knappe zwei Kilometer vom Ortszentrum Carnacs befindet sich der Platz mit seinem eigenen "Dolmen" vor dem Eingang. Er liegt geschützt auf abschüssigem Gelände hinter einem Wall in Hauptwindrichtung - so zumindest stellen wir uns das vor beim Aufbau.

Vor allem aber die Megalithen, die "Alignements" von Carnac, sollten am morgigen Ruhetag im Rahmen einer Wanderung erreichbar sein. Das OZtent wird neben dem Explorer aufgebaut, dem Wetter ist zurzeit auch in Anbetracht erheblicher Luftdruckschwankungen nicht wirklich zu trauen, auch wenn an diesem sonnigen Nachmittag alles optimal scheint. Doch für morgen und die nächsten Tage sagt unser Wetterfrosch, der WF Future 4, für die einzustellende Region Brest, nicht Gutes voraus ...

Donnerstag, 04.09.08: Die Alignements von Carnac

Der neue Tag beginnt mit Rekorden: Zum einen gelingt es, mit unserem einen noch fahrbereiten A-Bike in Rekordzeit vom nächsten SUPER U in Carnac ein sensationelles Baguettes zu holen, zum anderen zeigt der Suunto erschreckendes: Der Luftdruck ist um sensationelle 15 mbar gefallen - was wird das heute werden ..?

Hinterlassenschaften: Die Megalithen von Carnac ...Doch noch hält sich das Wetter: Wir machen uns auf den Weg nach Norden, die Megalithen warten. Mehr zu unserem Besuch unter dem Schwerpunktthema Hinterlassenschaften - Die Alignements von Carnac ...

Der Abend sieht uns wieder im Camp: Da lediglich eine Crêperie in der Nähe ist, wird auch heute Abend erneut am Platz gekocht - irgendwann muss sich das mal ändern!

Doch die Aufmerksamkeit wird schon bald auf etwas anderes gelenkt: Unser "Wetterfuzzi", wie er mittlerweile genannt wird, zeigt jetzt inzwischen Beängstigendes an: 4 Balken und ein Windsack werden für heute Nacht beim Wind angezeigt, d.h. die maximale Anzeige und damit ein Sturm in Orkanstärke von mindestens 90 km/Std. oder mehr.

Zusätzlich unangenehm: Die bis jetzt recht genauen Vorhersagen lassen Böses ahnen, da zusätzlich eine Drehung der Windrichtung von West nach Süd angekündigt wird, und damit ein Sturm von der Seite.

Bei auffrischendem Wind beschließen wir kurzfristig, das OZtent noch heute Abend abzubauen und den Explorer um 90° nach Süden zu drehen. Nachdem im Dunkeln alles abgebaut ist, brechen kurz darauf der Sturm und heftiger Regen über uns herein. Um es kurz zu machen, was in dieser langen Nacht geschieht, soll nur eines gesagt werden: Zum ersten Mal in all den Jahren der Explorertouren ist heute Nacht "closed shop" angesagt, das Dach wird geschlossen und auf Bank und Boden genächtigt. Am frühen Morgen peitschen Sturm und Regengüsse derart um unser in Windrichtung stehendes Fahrzeug, dass es trotzdem heftig von Böen geschüttelt wird, während Sturzbäche auf das geschlossene Dach herunterprasseln - herzlich willkommen in der Bretagne ..!


© 2009 J. de Haas