Auf der Suche nach dem Schwebezustand ...

Nun, bei uns ist der zweite Tag wirklich hart, denn wir machen Bekanntschaft mit den Schleusen und diese sind für Boote mit nur zwei Personen Besatzung insbesondere bei unserem ausschließlichen Aufwärtsschleusen eine echte Herausforderung: Man braucht ein paar Schleusengänge, bis man den Bogen raus hat.

So eine Schleuse besteht im wesentlichen aus folgenden Komponenten:

Der Anleger

Der Anleger dient dazu, vor der Schleuse beim Warten auf das Öffnen des Tores festzumachen und beim Aufwärtsschleusen mindestens ein Besatzungsmitglied abzusetzen, das von oben die Leinen entgegen nehmen kann. Es gibt nur wenige Schleusen, wo alle Besatzmitglieder an Bord bleiben können. Man macht hier natürlich auch fest, wenn die Schleuse besetzt oder z.B. wegen Mittagspause nicht geöffnet ist. Übernachten ist hier nicht erlaubt. Häufig sind die Anleger in schlechtem Zustand, so dass man beim Anlegen improvisieren muss.

Die Ampelanlage

Einige Schleusen verfügen über eine Ampelanlage mit den Signalen grün -> man darf in die Schleuse einfahren, und rot -> man darf auf keinen Fall in die Schleuse einfahren und grün + rot gleichzeitig -> die Schleuse ist in Betrieb, man darf ebenfalls noch nicht einfahren.

Schleusenwärterhäuschen mit Infotafel ... Die Schleusenwärter warten schon ...

Die Schleusentore

Man kann ihnen alle das 17. Jahrhundert ansehen, aus dem sie stammen und sie dienen auf sehr rustikale Art und Weise nach wie vor zum Abschotten der Schleusenbecken, damit darin das Wasserniveau angeglichen werden kann.

Die Schleusenbecken

Die Schleusen im Canal du Midi haben häufig mehrere hintereinander gelagerte Schleusenkammern. Wir treffen dabei überwiegend auf Einkammer-, Zweikammer- und Dreikammerschleusen und auch Kombinationen von diesen. Den größten Höhenunterschied in einer Einkammerschleuse überwindet wie bereits erwähnt die von L´Orb bei Béziers mit 6,19 m. Insgesamt den größten Höhenunterschied erklettert man mit insgesamt 13,60 m in der Schleusentreppe von Fonsérannes mit heutzutage noch 7 Kammern. Nahezu sämtliche Schleusenkammern haben eine ovale Form, was je nach Position beim Verlassen der Kammern und nicht genügendem Abstoßen vom Beckenrand zu gewissen Problemen beim Ablegen führen kann.

Die Poller

Oben auf der Schleusenmauer befinden sich mehrere Poller, mal aus Stein, mal aus Metall, mal direkt an der Mauer, mal etliche Meter weit weg. Beim Schleusen legt man die Bootsleinen einmal und nur einmal um die Poller, da man die Leinen beim Aufwärtsschleusen kontinuierlich straff ziehen und beim Abwärtschleusen ebenso kontinuierlich nachlassen muss ...

Das Schleusenwärterhäuschen

Am Häuschen befindet sich eine Tafel mit dem Namen der aktuellen Schleuse, der Meereshöhe und der Entfernung zur nächsten Schleuse kanalab- und kanalaufwärts. Das ist ganz praktisch, denn es gibt Kanalabschnitte, wo man vor lauter Schleusen schon mal durcheinander kommen kann oder am besten gleich zu Fuß zur nächsten voraus geht. Außerdem ziehen sich hierhin gerne die Schleusenwärter zurück - will man sie verärgern, stürmt man während der Mittagspause rein und fragt, wann es endlich weiter geht ...

... und auch die Touristen warten gern und viel ... Wehe, wenn die Leine nicht geordnet ist ...

Der Schleusenwärter (und ganz oft die Schleusenwärterin ...)

Diese Menschen führen das Regiment über die Schleuse und halten sich exakt an die Betriebszeiten. Kein Schleusenwärter wird einen Schleusengang starten, wenn das Ende in den Anfang der Mittagspause oder in den Beginn des Feierabends fällt. Deshalb gilt die Regel: Ab ca. 30 Minuten vor der Mittagspause oder vor dem Feierabend geht wahrscheinlich kaum noch was.

Auch sind die SchleusenwärterInnen charakterlich sehr unterschiedlich: Da gibt es freundliche, hilfsbereite Wesen, die den einen oder anderen guten Ratschlag haben und schon mal zur Hand gehen, wenn man sich ungeschickt anstellt. Es gibt aber auch Feldwebel, die einem Anweisungen zubrüllen und sichtlich verärgert sind, wenn man Fehler macht oder zu langsam ist.

Dann gibt es noch die schlimmsten, das sind diejenigen, denen die Bootsfahrer offenbar egal sind. Einen solchen erleben wir in der Schleuse von Orb. Mit ihrer höchsten Einzelkammer von 6,19 m kann sie schon bei der Einfahrt beeindruckend bis bedrohlich wirken: Die Bootsleine wird hier nicht über Poller gezogen, sondern um senkrechte Stangen in der Schleusenkammer geschlungen, die es erst einmal zu erwischen gilt. Das gelingt uns nicht auf Anhieb bei der zügigen Einfahrt, während der sich bereits blitzschnell die Tore wieder zu schließen beginnen.

Weit und breit ist kein Schleusenwärter zu sehen, er sitzt in seinem Kabuff, wie wir später feststellen. In der Schleuse von Béziers, die nach dem gleichen Verfahren funktioniert, hatte der Schleusenwärter von oben genau kontrolliert, dass die Leine korrekt um die Stange herum gelegt wurde. Die riesigen Tore der Schleuse von Orb schließen sich nun ganz, wir sind die einzigen in der Kammer. Während bereits erste Strömung vom einlaufenden Wasser aufkommt, wird weiter versucht, die Stangen anzufahren, um die Bootsleine herumzuschlingen. Nun wird die Kammer bereits voll geflutet, was bei dem Höhenunterschied und der hohen Einlassgeschwindigkeit mit gewaltigem Wasserdruck verbunden ist. Nur mit lautem "Scheißegebrüll" am Steuerstand und voller Kraft voraus lässt sich die BUCK DANNY noch stabilisieren und es wird verhindert, dass das Boot vor die rückwärtigen Schleusentore getrieben wird. Immer weiter wird dabei versucht, die Stangen zu erwischen und auf ungefähr der Hälfte der Füllung, als der Druck etwas nachlässt, gelingt es schließlich.

Da überlegt man schon: War der Kanaltrip wirklich eine so gute Idee? Und: Darf man eigentlich Schleusenwärter in ihrer eigenen Schleuse ersäufen ..?

Eines muss man auch noch wissen: Schleusensprache ist Französisch und nur Französisch. Erst wenn man sich geschickt anstellt, den Betrieb nicht behindert, kann man mit den Schleusenwärtern ins Gespräch kommen - da gibt es dann auch schon mal ein paar deutsche anerkennende Worte - ist allerdings erst nach einigen sehr erfolgreichen und "professionellen" Durchgängen zu erwarten ....

Hat man den Eindruck, ab und zu wieder die selben Schleusenwärter anzutreffen, so täuscht man sich nicht, denn etliche Schleusenwärter arbeiten jeden Tag an einer anderen Schleuse und so kann man tatsächlich mehrmals den selben Mann oder die selbe Frau an unterschiedlichen Schleusen antreffen.

Schöne Brücken, auch schon mal mit Radarkontrolle Bootsidylle mit Hightech ...

Die anderen Bootsfahrer

Natürlich hat man die Schleusen nicht für sich allein. Muss man warten, wird genau darauf geachtet, dass keiner sich vordrängelt. Aber professionelle Boote wie z.B. Ausflugsdampfer oder Hotelschiffe haben immer Vorfahrt, sie sind  sogenannte Bateaux priorisés. Ansonsten hat man es mit den unterschiedlichsten Touristen zu tun.

Da gibt es dann natürlich auch Profis, die mit ihrem Familien- oder Freundesclan seit Jahren den Kanal rauf- und unterfahren, für ihre 8 Mann Besatzung selbstverständlich ein Boot mit Seitenstrahlruder gemietet haben und einem gerne vorführen, wie zentimetergenau und einfach man damit manövrieren und anlegen kann.

Weiter gibt es Rücksichtslose, die bei Engstellen einfach reinfahren, obwohl man als Gegenverkehr schon mitten drin ist oder auch solche (z.B. bei einem großen Ausflugskahn), die in Warteposition vor der Schleuse den Motor vor einem voll aufdrehen, so dass man abtreibt und die beliebten Vollkreise drehen muss.

Besonders Schlaue trifft man ebenfalls an, die versuchen, einen vor der Schleuse mit ihrem größeren und etwas schnelleren Boot noch zu überholen und hinter denen man dann plötzlich nur noch das Umschalten der Schleusenampel auf "Rot" sieht ...

Es gibt auch Trottel, die vor der Schleuse die Ausfahrt blockieren und dann ganz erstaunt sind, wenn nach dem Öffnen der Tore auch Boote rausfahren wollen. Besonders beliebt machen sie sich bei Schleusen mit mehreren Kammern, wo sie nicht mit dem hier möglichen Gegenverkehr rechnen, die "Verkehrsregelung" der Schleusenwärter ignorieren und so zu heillosem Chaos führen.

Spaß machen Verpeilte, die zwar die Bootsleinen um die Poller schlingen, sie dann aber loslassen und überhaupt nicht verstehen, dass sie vom Schleusenwärter angeschnauzt werden.

Verpennte dagegen gibt es auch, die die Boote an den Pollern in der Schleuse richtig "festknoten" und ebenfalls überrascht sind vom barschen Ton des Wärters, der auffordert, sofort den Knoten zu lösen.

Dann gibt es schließlich noch die kleinen Zweimann-Boote mit einem so speziellen Instruktor wie dem aus Agde, die zum Aufwärtsschleusen einfach in die gerade offene Kammer fahren und nach vergeblicher Cowboy-Lassowurf-Einlage mit der Bootsleine meterhoch nach oben die Poller nicht erreichen können (das ist aber nur bei den ersten zwei Mal passiert, dann war klar - der Schleusenwärter am Canal du Midi ist offensichtlich nicht dazu da, das Tau von irgendjemand entgegen zu nehmen ).

Übrigens, Zweimann-Boote haben wir nur sehr selten gesehen und wir haben in der ganzen Woche nur ein einziges "Schwesterboot" getroffen, die LORIOT: Die hatte aber (Nomen est omen? ) eine Panne und wurde gerade vom mobilen Reparaturdienst des Vermieters betreut ...

Béziers St. Nazaire, der Blick lohnt sich ... Einladung zur Dégoustation ...

Die Touristen

Touristen finden Schleusen grundsätzlich immer interessant und besonders interessant sind komplizierte Schleusen mit mehreren Kammern und Boote, bei denen man den Eindruck hat, da könne es Action geben - und das sind natürlich Zweimann-Boote. Bei einer Zweimann-Besatzung ist der eine gut beschäftigt, das Boot von Kammer zu Kammer zu fahren, der andere läuft teilweise mit der Bootsleine nebenher über die offenen Schleusentore zu den entsprechenden Pollern, immer darauf achtend, dass sich die Leine nicht in irgendwelchen Zahnrädern oder sonstigen Hindernissen verfängt.

Da freut man sich über jeden Touristen, der sich in den Weg stellt, um einen zu fotografieren oder kurz bestätigt haben will, dass das Alles sehr viel Spaß macht oder einfach nur wissen will, woher man kommt, ob man die nächste Schleuse auch zu Fuß erreichen kann, ob Fonsérannes wirklich so toll ist usw. usw. ...

Es gibt aber auch wirklich nette Touristen, so z.B. einen Fahrradfahrer, der oben bereitwillig die Leine entgegennimmt. Ein merkwürdiges Gefühl kommt erst auf, als sich diese anschließend nicht mehr bewegt und man schließlich entsetzt feststellt, dass der gute Mann sie oben ordentlich verknotet hat - zum Glück kann man hier aber noch im letzten Moment eingreifen, nachdem man sich mit dem Kopf über der Schleusenmauer befindet ...

Eine ganze Touri-Gruppe ist an anderem Ort so begeistert von unserem mittlerweile glatt ablaufenden Schleusengang, dass wir sogar anhaltenden Applaus bekommen und mit viel Gewinke verabschiedet werden. Auch andere Touristen sind sich nicht zu schade, manchmal Hand anzulegen und den Bootsfahrern zu helfen - wenn man sie dabei genau beobachtet, was sie so tun ...

Landschaft satt ... Le Somail, einkaufen auf der Penichette ...
Hübsche Orte unterwegs ...

Falls jetzt ein Leser oder eine Leserin unbedingt auch den Canal du Midi im Zweimann-Boot befahren will, für diese hier nun eine Empfehlung, wie das Aufwärtsschleusen mit nur einer Bootsleine glatt geht.

1. Vorbereitung

Im Kanalführer kann man schon erkennen, wo sich der Anleger vor der Schleuse befindet (rechts, links oder manchmal sogar an beiden Ufern), damit ist klar auf welcher Seite man anfährt. Hat man Wind aus ungünstiger Richtung, kann das Anlegemanöver zur Herausforderung werden. Die vorderen Bootsleinen legt man schön geordnet irgendwo aus am Bug oder sogar auf das Kabinendach ...

2. Die Einfahrt

Der "Matrose" geht mit Bootshaken vor der Schleuse am Anleger an Land und begibt sich zur Schleusenkammer. Der Kapitän wartet auf das Grün der Ampel oder darauf, dass die sich Schleuse öffnet und alle anderen Boote rausgefahren sind. Er fährt unten an die Schleusenmauer, wo ihn (manchmal hoch oben) sein Matrose erwartet.

3. Das Schleusen

Bei hohen Kammern legt sich der Matrose am besten auf den Bauch und angelt sich mit dem Bootshaken die vordere Bootsleine. Manchmal ist aber die Schleusenmauer so hoch, dass der Bootshaken nicht bis zur Leine reicht. Dann muss der Kapitän (sobald sich das Boot an der richtigen Position hält) nach vorne turnen und ein wenig mithelfen und die Leine in den Bootshaken legen. Die Leine wird dann hochgezogen, um den Poller vor dem Boot geschlungen - der Kapitän kann noch ein wenig ausgleichen - und dann um den Poller am hinteren Ende des Boots. Den Rest der Leine wirft man dem Kapitän hinunter. Der kann nun während des Schleusenvorgangs die Leine gespannt halten und das Boot stabilisieren.

Die Methode mit dem Bootshaken hat sich bewährt, denn das Lassowerfen der oft nassen und schweren Bootleine nach oben funktioniert nicht wirklich gut.

Gibt es keine zwei passenden Poller, was in einigen Schleusen der Fall ist, muss sowohl die Bug- als auch die Heckleine benutzt werden. Eine Leine läuft dann um einen Poller und wird vom Kapitän gehalten, die andere Leine hält der Matrose an Land. Wichtig: Arbeitshandschuhe anziehen, den Händen tun die nassen Taue auf Dauer nicht gut und man kann auch viel kräftiger mit Handschuhen an den Leinen ziehen.

4. Die Ausfahrt

Der Matrose sammelt die Leine ein, wirft sie an Bord, stößt das Boot vorne ein wenig ab, dann ist es einfacher aus der ovalen Kammer heraus zu fahren, geht anschließend mit dem Bootshaken (so lange es noch geht ) zügig wieder an Bord und ordnet sofort wieder die benutzten Leinen.

Beim Abwärtsschleusen ist das Ganze wesentlich einfacher, da man stets vom Boot aus die Leine um die Poller schlingen kann und niemand aus- und irgendwo hochsteigen muss.

Dickschiffe all überall, nur richtig festmachen sollte man beherrschen ... Hier hat der Schleusenwärter den Überblick im Tower ...
Kanal-Wartung auch heutzutage noch erforderlich ...

Aber nicht nur in den Schleusen gibt es viel zu erleben: Zunächst muss man sich daran gewöhnen, dass man langsam unterwegs ist, sehr langsam. Laufen parallel Straßen zum Kanal, rasen die Autos vorbei, auf dem Treidelweg überholt einen jeder Radfahrer oder so mancher Jogger. Sogar die Enten, die mitten im Kanal schwimmen, müssen nicht wegfliegen, sie legen einfach einen Zahn zu und schwimmen davon. An einer Brücke gibt es sogar ein Radarmessgerät, dass die ungeduldigen Raser auf dem Kanal ermahnen soll - das Gerät ist zum Glück außer Betrieb ...

Aber die wunderschöne Landschaft mit den Weinbergen, Hügeln, malerischen Dörfern, alten Kirchen und Burgen hat verdient, dass man sich in Ruhe umschaut. Die zahlreichen kleinen Brücken und die Aquädukte, die man fährt, machen die Reise abwechslungsreich. Außerdem kann man sich vom Schleusen erholen, falls man die Zeit findet: So mancher Winzer hat am Kanal eine Anlegestelle errichtet, um die Bootsfahrer zu einer Dégoustation in seinen Weinkeller einzuladen, Steinplatten und Tröge am Ufer erinnern an Zeiten, wo hier noch Wäsche gewaschen wurde.

Mit unserer kleinen Triton-Klasse, die bei Vollgas mit viel Mühe 7,6 km/h schafft, sind wir die echten Underdogs: Rings um uns herum fahren überwiegend Dickschiffe, oft mit mehreren sonnenbebrillten, braungebrannten Kerlen auf der Flybridge, deren weibliche Begleitung auf dem Sonnendeck Champagner schlürft und das Champagnerglas auch dann nicht aus der Hand nimmt, wenn sich die Kerle in den Schleusen abmühen. Kinder toben übers Boot und experimentieren unbeaufsichtigt, was man alles hinten in der Nähe der Schraube ins Wasser halten kann. Solche Dickschiffe fahren natürlich gut 8 km/h und so werden wir recht oft überholt und fast immer winkt man uns dabei freundlich zu ...

Schwesterboot LORIOT en panne Endlos geradeaus bis zur nächsten Kurve ...

Gegenverkehr ist an den Engstellen, z.B. bei den Brücken, spannend: Es empfiehlt sich, mit dem kleinen Boot schon mal auf die Vorfahrt zu verzichten. Zunehmend gibt es am Kanal Dauerliegeplätze mit wirklich sehenswerten Schiffen. Riesige Blumenkübel auf den Sonnendecks, Smokergrills, Swimmingpools, Windturbinen, Solarzellen, Satellitenschüsseln und natürlich jede Menge Fender zum Schutz gegen die Fullcontact-Bootstouristen. Teilweise beherbergen die Boote kleine Hotels oder gastronomische Betriebe.

Diese Dauerliegeplätze werden zunehmend zum Problem und führen zu Verstimmungen zwischen den Gemeinden und dem VNF, der Behörde, die für die Kanäle in Frankreich zuständig ist. Die Gemeinden vermieten gerne Dauerliegeplätze, das bringt Geld in die Kassen. Der VNF dagegen möchte aber den Tourismus auf dem Kanal fördern und je mehr Dauerliegeplätze vergeben sind, um so weniger Möglichkeiten gibt es für die Touristen, am Abend noch einen Übernachtungsplatz zu finden.

Auch wir sind an einem Abend betroffen und finden in Argeliers keinen Anlegeplatz und auch danach ist alles belegt, so dass wir bis Le Somail schippern müssen. Auch da gibt es keinen Anlegeplatz mit der Möglichkeit festzumachen. Es hilft also nichts, wir müssen am Ortsende die Armiereisenstangen, die an Bord sind, am Ufer einschlagen und daran das Boot befestigen. Es versteht sich von selbst, dass das Ufer hart wie Beton ist, aber wer sucht, findet als erfahrener Camper natürlich Löcher von Vorbewohnern und kann diese ggf. benutzen.

Der Gegensatz dazu ist z.B. der Hafen von Béziers, da gibt es "full Service" vom Hafenmeister, allerdings muss man dafür auch einige Euros bezahlen, darin enthalten ist auch die Security, die die ganze Nacht an den Booten auf und ab patrouilliert.

Kurz nach seiner Erbauung versandete der Kanal dermaßen schnell, dass er schon bald nicht mehr nutzbar war. Wie bereits in der Einleitung  geschildert, wurde wieder mal Festungsbauer Vauban zu Hilfe gerufen. Dennoch muss der Kanal auch heute noch regelmäßig gereinigt werden: Wir treffen auf so ein Baggerboot, das dafür sorgt, dass auch weiterhin Boote hier problemlos fahren können.

Aber wie versorgt man sich unterwegs? Da gibt verschiedene Varianten. Z.B. kann man in Béziers vom Hafen aus in 10 Minuten Fußweg ein riesiges Einkaufszentrum erreichen. Außerdem sollte man in diesem Ort die Statue des Kanal-Erbauers Pierre-Paul Riquet besuchen, der hier geboren wurde. Allerdings ist der Fußweg nicht schön, man muss ein langes Stück entlang einer Straße gehen mit Unmengen stinkenden Verkehrs. Danach wird es netter man klettert eine Treppe hoch in die Altstadt und schon erwartet einen die Statue. Hat man es soweit geschafft, empfiehlt sich noch der Weg zur Kathedrale St. Nazaire, von dort aus hat man einen wunderbaren Blick über das Land.

Aber Häfen mit einer Infrastruktur wie Béziers sind rar auf der Strecke: An der Schleuse von Villeneuve-lès Béziers müssen wir die Mittagspause abwarten, die kann man gut nutzen für den Einkauf, ein Bauernmarkt und Supermarkt sind nur wenige Schritte von der Schleuse entfernt.

In Le Somail darf man sich nicht den Laden auf der Penichette entgehen lassen: Unglaublich, was der kleine Supermarkt auf dem Boot zu bieten hat, hier bei dem freundlichen Ladenbetreiber macht Einkaufen Spaß.

Meilenstein für Meilenstein Richtung Carcassonne ... Ziel erreicht ...

In Homps hat unser Vermieter auch eine Bootsstation: Wir beschließen dort nachzufragen, wo genau der Anleger des Vermieters in Carcassonne zu finden ist. Wir betreten das Büro und werden von einem perfekt Deutsch sprechenden Mitarbeiter empfangen. Wir beginnen: "Wir sind von Agde nach Carcassonne mit der BUCK DANNY unterwegs."

Weiter kommen wir nicht, denn sofort meint der Mitarbeiter: "Aber Sie können das Boot hier nicht abgeben" - Ähm, auch wenn wir den Schwebezustand noch überhaupt nicht erreicht haben, den Bootstrip wollen wir bis zum bitteren Ende durchziehen. Der Mitarbeiter ist erleichtert, aber offensichtlich scheint es doch häufiger Leute zu geben, die die Nase voll haben und den Trip hier abbrechen wollen. Ganz ehrlich, die ersten zwei oder drei (? ) Tage haben wir das auch erwogen, aber Aufgeben gibt es nicht! Wir erhalten genaue Information zur Anlegestelle und kehren mit einem Umweg zum Supermarkt zur BUCK DANNY zurück ...

Lohn der Angst: Entspannung in Carcassonne ...

Nach einer Woche erreichen wir endlich Carcassonne, die letzten Schleusen sind nur noch Routine. Es ist Punkt 12 Uhr mittags, mit unglaublich gut passendem Glockengeläut fahren wir zum Anleger, Erleichterung macht sich breit, alles geschafft - und (vermutlich) nie mehr wieder! Der Schwebezustand ist jetzt erstmalig voll erreicht und die nächste Schiffstour folgt wohl wieder mit AIDA!

(Anm. der Red.: Es dauert erfahrungsgemäß nur kurze Zeit, bis sich der Trip verklärt, eigentlich war doch alles so schön und gemütlich und die Strecke hinter Carcassonne über die Wasserscheide müsste doch auch interessant sein und die Rabattangebote des Bootsvermieters, die dauernd per E-Mail kommen, könnten einen schon in Versuchung führen, und ... )

In Carcassonne dürfen wir einfach Tourist sein, durch die Altstadt flanieren, die Burganlage besichtigen, ausgiebig essen gehen. Und am Schwebezustand ändern auch die täglich neu eingeschlagenen Seitenscheiben fremder Autos und offensichtlich naiver Fahrer am Bahnhofsparkplatz in der Nähe der Marina nicht das Geringste. Aber zu Carcassonne gibt es vielleicht in einer späteren Ausgabe mehr ...

Trotz Freude und der Begeisterung, ein letzter trauriger Punkt bleibt noch zu berichten: Der Platanentod an den Ufern des Kanals ...


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