Kapitel 5: Durmitorgebirge und Tara-Schlucht

Das Wetter und unsere Stimmung bessern sich, wir pfeifen auf die mäßigen Prognosen für die nächsten Tage und brechen nach dem Frühstück auf mit Ziel Durmitor.

Wegen einer gesperrten Bergstraße führt uns der Weg vorbei an Sveti Stefan, dem klassischen Postkartenmotiv von Montenegro, dem weit im Osten liegenden Skadarsee und den Städten Podgorica und Niksic, bis wir schließlich am frühen Abend in Zabljak ankommen, dem Hauptort unterhalb des Durmitorgebirges.

Der Ort hat zwar ein Zentrum mit Supermarkt, diversen Sportgeschäften und Ähnlichem, aber er besteht zum größten Teil aus einer weitläufigen Streusiedlung von kleinen Häuschen mit spitzwinkligen Dächern, was schon auf hohe Schneelast im Winter schließen lässt.

Sveti Stefan Zabljak, etwas außerhalb des kleinen Zentrums Durmitor Massiv, heute noch verhangen ...

Frei campen darf man hier im Nationalpark nicht, aber 8 Euro für einen naturnahen Stellplatz mit Sanitäranlage und Kneipe kann man gelten lassen. Der Wirt Milo begrüßt alle mit dem Angebot von Raki und Kaffee und kann nicht verstehen, dass wir gerne auf derlei Stärkungsmittel verzichten. Für eine Bewirtung in seinem Lokal ist er noch nicht richtig gerüstet, die Sommersaison hat noch nicht angefangen. Seine Küche ist noch kalt, sein Gastraum noch viel kälter. Aber für den nächsten Abend vereinbaren wir ein Essen mit "Fisch von Schwarzem See" im geheizten Gastraum ...

Am nächsten Morgen regnet es und die Stimmung ist verhalten. Doch der Wetterbericht sagt für morgen, den 10. Mai, Besserung an: Es soll der schönste Tag der Woche werden. Deshalb planen wir für diesen Tag die Königsrunde, die 100 km lange Umrundung des ganzen Durmitorgebirges. Und heute Nachmittag, als das Wetter besser wird, machen wir die kleine Tour zur Tara-Schlucht hinunter. Die Frauen wollen nicht mitfahren und lieber oben am Beginn der Piste im Iveco warten. Milo hat einen handkommentierten Plan aller Fahrrouten und erklärt die Einzelheiten.

Die Serpentinenstraße auf den Grund der Schlucht ist gut in Schuss und bietet kaum Schwierigkeiten. Martin muss am Steuer meines Bremach bei der Abfahrt allerdings an 3 Kehren reversieren, während Hans im gleich großen Fahrzeug immer in einem Zug herumkommt. Unten an der Tara angekommen gibt es deshalb den unvermeidlichen Spott, der dazu führt, dass Martin die Auffahrt sehr ambitioniert antritt: Er fährt einen echt heißen Reifen und kommt natürlich jedes Mal um die Kurve. Herbert als Beifahrer bei Hans bemerkt dazu nur, dass er mit seinem Iveco die Strecke nur halb so schnell gefahren wäre. Ich wahrscheinlich auch ...

Milos Umgebungsplan ... Tara-Schlucht von oben ...
Frisches Buchengrün in Talnähe ... Kehre suboptimal angefahren - bergauf wird es besser! Am Tarafluss ...
Zurück geht´s ... ... und weiter hinauf ...

Oben angekommen glauben wir fast, dass sich mein Bremi leicht erkältet hat, so rau und heiser klingt sein Motorengeräusch. Ein Blick unter den Wagen zeigt den Grund: Die Verbindung Auspuffkrümmer-Oxykat war schon angerostet und hat sich nun ganz gelöst. Mehr zur Übung versuche ich mich an einer provisorischen Reparatur mit Alublechen von zwei Bierdosen, einer Schlauchklemme und mehreren Metern Bindedraht, die immerhin einige Kilometer bis zu einer Werkstätte halten.

Dort angekommen fallen diese Teile aber fast von selbst ab und werden durch eine gute Schweißnaht für 20 Euro professionell ersetzt. Vor dieser Werkstatt stehen drei Schneefräsen, die erahnen lassen, wie es hier im Winter aussehen dürfte. Eine davon begeistert unseren "Unimog-kranken" Martin besonders: Auf der Ladefläche eines alten 416 ist der 200 PS starke Dieselmotor, der über eine eigene Kardanwelle unter dem Unimog-Fahrgestell die große Fräse antreibt ...

Serie Auspuffreparatur ... Werkstattambiente Unimog-Schneefräse

Nach diesen gut gemeisterten Abenteuern freuen wir uns schon auf das Abendessen beim Wirt Milo und seine warme Stube. Sicherheitshalber und mit etwas Misstrauen ziehe ich aber dicke Socken und Winterstiefel an und friere beim Abendessen deshalb nur halb so viel wie die anderen, die den Versprechen von Milo geglaubt haben.

Trotz bullerndem Holzofen ist es saukalt in der Stube, vor allem in Bodennähe. Aber die Fische "Von Schwarzem See", recht kleine Forellen, schmecken wirklich lecker!

10. Mai 2017: Ja ist denn heut scho´ Weihnachten ..?Nicht nur in Milos Stube, auch in unseren Wohnkabinen wird es sehr kalt in dieser Nacht. Die Überraschung erwartet uns dann am Morgen. Zum Hundespaziergang stehe ich immer als Erster auf und mich trifft fast der Schlag: Ja ist denn heut scho´ Weihnachten? Letztes Weihnachten hatten wir jedenfalls weniger Schnee ..!

Nicht nur der Schnee und die Kälte hier auf 1.600 Meter Höhe sind nun unser Problem: Auch die Wolken, die knapp oberhalb des Ortes beginnen, machen eine Fahrt um den Durmitor sinnlos. Und dies soll laut mehrerer Wetter-Apps der schönste Tag der Woche sein! Ein Tief über der Adria soll mindestens 1-2 Wochen Schlechtwetter bringen! Deshalb ist die oben gezeigte, zweifellos schlechte Aufnahme vom Durmitorgebirge die einzige, die von unserer gesamten Reisegruppe gemacht wurde.

Welchen Entschluss die Krisensitzung ergab und wie die verbliebenen zwei Reisewochen schließlich ausgefüllt wurden, dazu später mehr ...


© 2017 Sepp Reithmeier