Von Büffeln und Fassschnüfflern ...

Es ist herbstelt allüberall ...Der heutige Morgen ist so anders als der gestrige: Nebelschwaden ziehen um die Hügel und sofort hat die Landschaft einen ganz anderen Charakter.

Wir brechen auf nach Ratsch an der Weinstraße zum Weingut Gross. oben auf dem Hügel über dem Dunst befindet sich die Kellerei. Es ist früh am Morgen und wir werden vor dem Haus begrüßt und bekommen sofort ein Glas eingeschenkt. Aber irgendwie irritieren Bouquet und Geschmack: Schon frisch, fruchtig und aromatisch, aber es fehlt doch etwas. Die Lösung ist aber ganz einfach: Es handelt sich um frischen Traubensaft aus den Weinbergen, der so gar nichts gemein hat mit den üblichen Säften aus dem Supermarktregal!

Auch hier sind begeisterte Weinmacher am Werk, man erläutert uns die speziellen Eigenarten von Weinbergen in einer Vulkancaldera und erzählt von der Liebe zu den Weinstöcken. Das geht so weit, dass man bei ESCA-Krankeit an den Weinstöcken den Befall chirurgisch  operiert. Auffällig ist ein Weingarten, in dem Terrassen aus Trockenmauern errichtet wurden.

Eine wechselreiche Geschichte hat der Weinberg Witscheiner Herrenberg, mit dem der Betrieb vor ca. 115 Jahren begonnen hat. Zuerst war der Weinberg österreichisch, dann nach dem Ersten Weltkrieg slowenisch, nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er von Jugoslawien enteignet, und schließlich als "Historischer Doppelbesitz" wieder zurückübertragen. Dadurch durften die geernteten Trauben in der Steiermark zu steirischem Wein gekeltert werden. Seit 2018 ist dies jedoch den Winzern per EU-Gesetz untersagt: Wein aus diesen Trauben darf nun nicht mehr als steirischer Wein verkauft werden ...

Im Weinkeller stehen die üblichen Stahltanks und riesige Holzfässer. Diese Fässer werden "Statin" genannt bei 600 Liter Fassungsvermögen und "Doppelstatin" bei 1.200 Litern.

Der Winzer heißt nicht nur Gross, eine seiner Spezialitäten ist auch die Abfüllung in Magnum (1,5 Liter), Jereboam (3 Liter) oder auch größer. Im modern gestalteten Verkostungsraum können wir uns so richtig durch das gesamte Angebot durchprobieren - mit 15 Weinen, vermutlich die umfassendste Verkostung je bei einem Winzer.

Ein guter Tropfen am Morgen ... Gute Pflege für die Weinstöcke, manchmal sogar eine OP ...
Nicht nur der Name ist "Gross", auch die Flaschen und Fässer sond so ... Was wurde hier verkostet?

So verplaudern und verkosten wir den ganzen Vormittag, aber auch mit anderen Winzern sind wir verabredet: Es geht weiter nach Leutschach an der Weinstraße zum Weingut Mahorko.

Ein modernes Restaurant mit Hotel erwartet uns, auf der Terrasse mit unglaublichem Weitblick über die Weinberge und die Landschaft lockt bereits ein Imbiss. Aber zunächst führt uns der Winzer zu seiner Kellerei. Ein bodenständiger Typ, der uns glaubhaft versichert, dass er es genießt, nie mehr Anzug und Krawatte tragen zu müssen und sich in seinem Casual Suit rundum wohlfühlt. Auch hegt und pflegt er seine Böden und Weinstöcke und baut die Weine mit Struktur und Eleganz aus. Er lehnt es aber ab, jedem Biotrend hinterher zu jagen oder gar seinen Betrieb irgendwelchen Bio-Dogmen zu unterwerfen. Aber auch hier gibt es keine Pestizide, Insektizide, Kunstdünger und nur ganz wenige Eingriffe in das Wachstum der Reben. Er gehört zu den wenigen Winzern, die auch Rotwein produzieren.

Neben dem Wein schlägt sein Herz auch für die Wasserbüffelzucht, daher rührt der Slogan des Hauses: DER REBSTOCK. DER BÜFFEL. DER MENSCH.

Und so wird uns zum Imbiss allerlei vom Wasserbüffel serviert: Carpaccio, Schinken, Wurst mit bunten Salaten und Brot. Es ist zwar etwas frisch auf der Terrasse, aber bei diesem Ausblick mag man nicht drinnen hocken und ein paar warme Wolldecken reichen schon für das Wohlbefinden ...

Nach dem Imbiss wollen wir aber die Wasserbüffel auch sehen und so fahren wir zu ihrem großen Gelände: Sie erkennen offensichtlich den Motor des Wagens ihres Besitzers und kommen von weit angetrabt, denn das Wagengeräusch bedeutet auch leckeres Futter. Auf diese Art bestochen posieren sie gerne für unsere Fotos.

Ein Winzer erzählt von der Philosophie bei Mahorko ... Terrasse mit Weitblick ...
Was wurde hier verkostet? Fototermin mit Wasserbüffeln ...

Zum Abschluss besuchen wir noch das Weingut Erwin Sabathi. Seit 10 Generationen (17. Jhdt.) arbeitet die Familie nachweislich als Winzer. Im Jahr 2004 wurde der neue Weinkeller in Betrieb genommen, ein architektonischer Augenschmaus. Der schlichte moderne Bau verblüfft durch seine Dachterrasse: Von unten kann man zu einem Weinberg durchsehen, ein bisschen wie durch einen Rahmen in ein Diorama. Durch die Verspiegelung der oberen Mauer ergibt sich ein interessanter optischer Effekt. Auf jeden Fall wie ein Kunstwerk, aber doch ganz natürlich. Kein Wunder, dass der holzverkleidete Bau das "Geramb-Dankzeichen für Gutes Bauen" erhielt, ein Preis für besonders gelungene Architektur in der Steiermark.

Stylische Kellerei Sabathi mit Durchblick ... Führung durchs Gelände ...
Was wurde hier verkostet?

Wir werden zunächst über das Gelände geführt und anschließend in den Keller, der in den Hügel hinein gebaut ist. Dort beobachten wir einen Mann, der an den Fässern hantiert und sein Ohr daran legt bzw. an den Fässern herumschnüffelt. Es ist niemand geringerer als Erwin Sabathi selbst, der die Gärprozesse in seinem Keller persönlich überwacht und der Musik der Gärung und dem Geruch entnehmen kann, wie sein Wein wird und ob er noch unterstützend einwirken muss. Er scheint eins mit seinem Wein zu sein. Und die Verkostung zeigt, er versteht seinen Wein wirklich exzellent ..!

Zurück in Ehrenhausen haben wir noch etwas Zeit, durch den Ort zu flanieren. Es stehen Buden am Straßenrand: Nach soviel hervorragenden Weinen ist uns ein erfrischendes Seidel Sturm grad recht. Ein Maroniröster sorgt für den passenden Snack dazu.

Das Abendmahl findet in St. Veit im Restaurant Thaller statt: Als Aperitif wird ein selbsterzeugter Wermut angeboten, leider nicht ganz unser Geschmack, denn Kardamom übertönt all die anderen Kräuteraromen ...

Wir bekommen ein Überraschungsmenü, das aus regionalen Bio-Produkten gezaubert wird. Auch der Sommelier hat so manchen guten Tropfen im Keller und auch manchen interessanten: Wer will, kann sogenanntem Orange Wine verkosten.

Als schwierig erweist sich jedoch ausgerechnet das Wasser: Einige Teilnehmer unserer Gruppe benötigen immer sprudelndes Wasser ungekühlt und ein stilles Wassser, ebenfalls ungekühlt. Letzteres wurde zuerst als Sprudelwasser gekühlt serviert, dann als stilles Wasser gekühlt und zuletzt als lauwarmes Wasser aus dem Wasserkran - Protest! Zum Abschluss versöhnt allerdings die wundervolle Auswahl an Edelbränden.

Das fast schon übliche Fazit: Insgesamt wieder eine unglaublich gelungene Weinreise, bei der man wie immer sehr viel über Wein dazu gelernt hat und tolle Winzer sowie eine vielleicht noch nicht ganz so bekannte Region kennenlernen konnte ...

Ehrenhausen "City" Kontrastprogramm: Maroni und gehobene Gourmetküche ...


© 2022 Sixta Zerlauth


Anm. der Red.: Weitere Beiträge von Sixta finden sich in unserer Autorenübersicht!