Woche 2: 27.11. - 03.12.13

Mittwoch, 27.11.13

Wir starten zeitig nach einem Frühstück mit dem obligatorischen Omeletta. Auf einen neuen Versuch geht es nach Corovode, kurz vor Piskove rechts ab nach Servani i Madh. Auf dem dortigen Campingplatz versorgen wir uns reichlich, gestärkt mit Caj Mali Tee, Kaffee, Wein, Honig und Walnüssen geht es schließlich weiter nach Zaberzan, Corovode und Bogove. Wir sind diesmal früh dran und erreichen Restaurant und Hotel noch bei Tageslicht. Der Hotelbesitzer versucht die Zimmer auf zivilisierte Temperaturen zu bringen und ich schicke durch unüberlegtes Einschalten einer Glühbirne die gesamte Hoteletage ins Dunkel. Zwei Stunden später, nach unserem Abendessen bei Kaminfeuer und zubereitet am Gasherd, haben wir wieder Licht: Romantik pur!

Donnerstag, 28.11.13

Es herrscht strahlender Sonnenschein, als wir vor unser Hotel treten. Die Windschutzscheiben sind aber noch mit einer kräftigen Eisschicht bedeckt. Max geht es schlecht, er hat sich den berühmten Reisevirus geholt. Rumoren im Gedärm ist das Symptom. Er entscheidet sich, die einfache Variante nach Gramsh zu nehmen. Karl S. entschließt sich, ihn zu begleiten ...

Über Höhen ... ... und mit fantastischen Ausblicken ... Der Berg rückt näher ... ... und der Schnee wird höher ...

Wohlgemut, weil wir ausnahmsweise nicht verspätet starten, machen wir uns auf den Weg zum Tomorri, einem der höchsten Berge im südlichen Albanien. Weiß gekennzeichnete Wegstrecken erweisen sich als leicht zu fahren. Der Berg rückt immer näher, der Schnee am Wegesrand wird höher. Wir passieren die Abbauhänge für den berühmten Kalkschiefer, dann liegt bereits Schnee auf dem Weg.

Wir erreichen die Abzweigung zum Tomorri, eine einzige Spur in dieser Richtung. Claas muss Ketten aufziehen, sonst geht nichts. Ich selbst bleibe bei der Einfahrt zum Anwesen des albanischen "Bektashi"-Ordens bereits hängen, für Uli und Hans gibt es noch kein Problem. Durch beide gespurt ist es dann für den Rest auch keine Schwierigkeit. Irgendwo enden alle Spuren: Claas versucht die Weiterfahrt mit Schneeketten. Der Schnee ist zu hoch und wir finden eine Variante, die uns zu unserer geplanten Route zurück führt. In Gjerbes folgt eine Kaffeepause und Besprechung mit den Einheimischen: Nach deren Aussagen führt der einzige Weg nach Gramsh nur durchs Flussbett des Tororrica. Also auf zu neuen Ufern!

Wege mit `eingeschränkter´ Befahrbarkeit ...Mühsam suchen wir uns den Weg: Nach ca. 5 km treffen wir auf unsere ursprünglich geplante Route. Wir entschließen uns, diesen Weg zu wählen - ein schwerer Fehler, wie sich später herausstellen wird. Zunächst durch einige kleine Ansiedlungen verliert der Weg zusehends an Befahrbarkeit. Uli fährt voraus, er treibt uns an. An einem schmierigen Steilhang wühlt sich Uli mit großen Schwierigkeiten durch, alle sollen ihm folgen. Hans und ich haben allerdings bereits gewendet, obwohl ich der Älteste der Crew bin, hänge ich einfach an meinem bisschen Leben ...

Nach kurzer Auseinandersetzung kommen Einheimische dazu und durch ihre deutliche Aussage in Gebärdensprache (= Sackgasse / Ende des Weges) wendet sich das Unentschieden zu Gunsten "Umkehren". Etwas genervt beugt sich Uli dieser Entscheidung: Er hatte im Flussbett weiterfahren wollen, wurde aber schließlich überstimmt.

Jetzt treibt er an, weil wieder die Dunkelheit droht und kurz danach auch anbricht. Die Abfahrt von Uli gestaltet sich im Anschluss sehr zeitintensiv: Aus Sicherheitsgründen fährt Hans rückwärts bis auf 10 Meter an Uli heran und sichert sein Fahrzeug bei der Abfahrt. Wir haben eineinhalb Stunden verloren, also heißt es zurück zum Ausgangspunkt Tororrica. Inzwischen ist es stockdunkel, als wir im Flussbett herumirren und die Fahrspur nach Gramsh suchen. Mitten im Flussbett dann bewegte Lichter: Uli fährt auf sie zu, verzweifelt versucht der Rest, auch Anschluss zu diesem Hoffnungsschimmer zu finden. Es sind Jäger im Fluss in einem Discovery, sie bieten uns an, nach Gramsh voraus zu fahren. Zwei Stunden benötigen wir dann trotz der Hilfe noch zu unserem Ziel, eine Übernachtung im Flussbett kann so vermieden werden ...

In Gramsh trifft sich die Gruppe wieder mit Max und Karl: Die beiden haben ebenfalls eine sehr abenteuerliche Fahrt auf lange nicht befahrenen Wegen hinter sich mit Schlammpassagen, Flussfahrten und mehreren Verirrungen. Der Grund ist, dass Max im Navi "Kürzeste Strecke" eingegeben hat und sich die 62 km nach Gramsh als wilde Piste erweisen. Die Konsequenz ist, dass auch sie erst um ca. 17:00 Uhr ankommen, nach einer Abfahrt um 09:30 Uhr - 7,5 Std. für 62 km. Danach war Max wieder gesund. Ein warmes Hotel, Pizza und kühles Cervisea verwöhnt uns am Abend mit den Unbilden des Tages ...

Freitag, 29.11.13

Nach den Erfahrungen des Vortags entscheiden wir uns, dem uns bekannten Weg, nämlich den Devol aufwärts direkt nach Pogradec zu folgen. So erfahren wir hautnah die Entwicklungen, die das große Staudammprojekt derzeit in die Landschaft gräbt. Kurz vor Maliq, eine halbe Stunde vor Pogradec, winken uns zwei Einheimische zu, sie haben sich festgefahren und Hans mit seinem 3-Achser zieht sie zurück auf die Spur.

Idylle am Ohridsee ...Wir werden zum Kaffee nach Maliq eingeladen, danach geht es links ab an der Hauptstraße Richtung Ohridsee. Ohne weitere zeitliche Verzögerung erreichen wir schließlich Pogradec, unseren Stützpunkt für die nächsten Tage.

Samstag, 30.11.13

Gut ausgeruht werden die Autos für die nächsten Aktionen von uns instand gesetzt. Claas begibt sich mit Nardi in die Stadt, es folgt dort die Suche nach einem Schuster, zweiter Teil ...

Sonntag, 01.12.13

Heute ist Strategietag: Diverse Einkäufe werden erledigt, man lässt es sich gut gehen. Unser Quartier in Pogradec erweist sich als komfortabel. Wir haben den Stützpunkt von Diakonia Albanien in Beschlag genommen. Warme Zimmer und genügend Duschmöglichkeiten ermöglichen uns den Wiedereintritt in die zivilisierte Welt. Ein wenig einkaufen und das kalte Pogradec besichtigen stehen auf dem Programm. Am Vormittag kommen wir in den Genuss, den bekannten Maler Taso in seinem Atelier zu besuchen. Mittags trifft die restliche Mannschaft ein.

Montag, 02.12.13

Hans und Claas fahren nach Bishnica, wir bringen Kleidung für das Sozialprojekt hinauf zur Kirche und sollen den dortigen Unimog herunterholen (Max würde ihn fahren), damit er am nächsten Tag zur Verfügung steht. Teilweise vergeblich, der Unimog steht nämlich derzeit in Pogradec und der Schlüssel liegt in der Werkstatt bereit, in der der Volvo von Max steht. Der Ablauf der Päckchenaktion wird geplant. Auf die Tatsache, dass von den 2.800 erwarteten Päckchen erst gerade mal 156 in Pogradec eingetroffen sind, nehmen wir noch keine Rücksicht. Wir warten auf zwei LKW und dann die erste Hiobsbotschaft: Der große 16-Tonner wird noch an der kroatisch-serbischen Grenze festgehalten. Es fehlt ein Zertifikat über den hygienischen Zustand der Kleidung. Über einen hektischen Mailverkehr kann diese Schwierigkeit beseitigt werden.

Nach kurzer Erleichterung dann die Nachricht: Gebrauchte Schuhe dürfen überhaupt nicht im Transit durch Serbien. Im Hintergrund laufen die Leitungen heiß, wir hören nichts mehr. Der zweite LKW nähert sich unaufhaltsam auf dem Landweg nach Albanien. Erwartete Ankunftszeit: Mitternacht. Ein großes Hallo bricht aus, als Axel um 20 Uhr meldet: "Wir stehen vor unserem Lager." In geordnetem Chaos wird der "Kleine" entladen und die erste Fuhre für Porocan und Holtash geladen. Zuhause im Quartier folgt eine der nötigen Grundsatzdiskussionen über das weitere Vorgehen: Wie erleichternd könnte es sein, wenn so richtig autoritäre Strukturen vorhanden wären ...

Dienstag, 03.12.13

Seit 04:30 Uhr morgens ist die erste Crew auf der Strecke Richtung Porocan und Holtas. Die Zufahrt nach Porocan ist mittlerweile schon sehr zivilisiert. Da es außerdem die letzten Tage nicht geregnet hat, aber kalt war, ist auch die Flusspassage nach Holtas kein besonders großes Problem. Nur Claas rutscht seitlich gegen einen (großen) Stein und verbiegt sich den Träger unter der Beifahrertür. Nach einigen für uns nicht albanisch sprechende unverständlichen Diskussionen mit den einheimischen Helfern entschließen wir uns trotz der fortgeschrittenen Stunde, eine bisher noch nie besuchte Schule anzufahren. Die Einheimischenmeinen, es sei nicht sicher, ob wir es schaffen, aber die Zeitangabe sagt, dass man mit dem Moped in 20 Minuten oben sei.

Von hier aus kein Durchkommen ... ;-)) ... aber die Flusspassage ist erfolgreich ... ... wenn auch kleine Hilfen erforderlich sind ...

Die Abdrücke von Zwillingsreifen im Weg machen zuversichtlich. Je weiter es allerdings nach oben geht, desto abenteuerlicher wird es: Drei Erdrutsche und eineinhalb Stunden später (die Bewohner des Dorfes sind uns mit Werkzeug entgegen gekommen und helfen beherzt beim Graben) stehen wir vor einer völlig desolaten Schule. Der Eindruck, den diese Aktion und die Schule hinterlassen, ist kaum in Worte zu fassen ...

Nach Besichtigung im Dunkeln, Verteilung der Päckchen und einem kleinen, aber herzlichen Umtrunk mit den Dorfbewohnern treten wir die Rückreise an: Unten wartet ja noch der Rest des Teams sehnsüchtig auf unsere Rückkehr - aus einer Stunde geplanter Abwesenheit sind letztendlich 4,5 Stunden geworden.

Es geht zurück mit Zwischenstopp im Restaurant. Kurz nach ein Uhr nachts treffen wir wieder in Pogradec ein. Holtas ist also auch an einem Tag zu schaffen ...

Bisher noch keine Nachricht von unserem LKW. Eine weitere Mannschaft macht sich auf den Weg, kleine Schulen in der Region Velcan mit Päckchen zu versorgen. Kaum sind alle Leute weg, kommt die Nachricht, der Lastwagen wäre morgen um 8 Uhr an der mazedonisch-albanischen Grenze und könnte dann durch den Zoll. Wir hoffen, am morgigen Mittag an die restlichen Päckchen zu kommen. Es wird eng: Kommenden Samstag um 20 Uhr müssen die 5 Volvos an der Fähre in Igoumenitsa sein, d.h. sich also um 8 Uhr auf den Rückweg machen. Bleiben somit zum weiteren Verteilen nur noch der Donnerstag und Freitag.

Geplant wird eine Mannschaft Bishnica und eine Mannschaft Proptisht, sowie für mich schließlich die noch ausstehende Fahrt nach Holtas. Der LKW kommt mit Anbruch der Dunkelheit, es folgt ein spannendes Einparken an der Rampe, die Straße vor dem Lager wird gerade aufgegraben. Spät abends ist schließlich dann noch das Entladen von vielen Päckchen und Hilfsgütern fällig ...


© 2014 Karl Ziegler