Woche 3: 04.12. - 09.12.13

Mittwoch, 04.12.13

Der Morgen beginnt früh für uns: Sobald der LKW von der Rampe gefahren ist, können die Volvos beladen werden. Für jeden Konvoi gibt es einen Einsatzchef. Die Mannschaft für Bishnica packt gleich ihre Autos für die beiden Tage in den Mocrabergen. Die anderen werden von Pogradec aus die Dörfer anfahren. Strahlendes Wetter wird uns den ganzen Tag begleiten: Auch gestern schon hatte Petrus Einsehen mit uns und es war trocken. Die Truppe wird sich nun erneut wieder teilen: Die eine Gruppe startet früh nach Bishnica, mit ihr werden wir uns dann erst wieder am Freitag treffen. Der andere Teil macht sich auf die kleine Tour nach Proptisht ...

Landschaftliche Idylle überall ...Als einziger Volvofahrer ist Hans für die Gruppe Bishnica eingeteilt, sie sollen heute und morgen jeweils drei Schulen anfahren. Die gemeldeten Zahlen oder die Anzahl der geladenen Päckchen stimmen nicht, am Ende des Tages haben sie nichts mehr, in der letzten Schule fehlen zwei Lehrerpakete. Der Unimog muss noch einmal nach Pogradec, Päckchen fassen.

Da die am Freitag anzufahrende Schule nur insgesamt 120 Päckchen benötigt und sich für Hans auch keine Transportaufgabe in Pogradec findet, fährt er nicht wieder über den Thane zum Stützpunkt, sondern bricht direkt Richtung Heimat auf. Kurz nach Librazd komme ich ihm am Rückweg von Holtas entgegen - er ist beruhigt und strebt nun der Heimat zu ...

Die Grenzer sind alle neugierig - so ein großes Fahrzeug und ganz leer, ob er wohl etwas Verbotenes dabei hat ..? Ab Kroatien läuft der Volvo wieder wie er soll, der Sprit in Albanien ist wohl unter jeder Kritik. Am 07.12. gegen 16:30 Uhr kommt er schließlich wieder in Graz an ...

Donnerstag, 05.12.13

Während oben in Bisnice die Verteilung weiter läuft, erfolgt gleichzeitig auch die Verteilung in den Schulen von Rodocal (oben und unten) und Homezh. Außer Plan fahre ich mit Dieter, Horst und der Übersetzerin Blerda noch einmal nach Holtash. Die Wasserversorgung der Ortschaft ist marode und es kommt regelmäßig zu Infekten bei den Kindern. Dieter will sich das alles anschauen. Ein Gespräch mit dem Bürgermeister ist vor Ort geplant, die Leute bekommen eine Lektion in albanischer Kommunalpolitik. Am Abend nach 330 km Fahrt kann man feststellen, es ist alles nicht so einfach wie es auf der Sachebene scheint.

Die Gruppe von der kurzen Tour ist längst zurück. Am Morgen haben natürlich alle in der Aufbruchshektik vergessen, sich um die Hinterlassenschaften des Frühstücks zu kümmern - also Chaos in der Küche. Der Abend zeigt atmosphärische Verstimmung man spürt die Anspannungen der letzten Tage ...

Freitag, 06.12.13

Die Autos werden ein letztes Mal gepackt: Proptisht steht auf dem Plan, eine große Schule. Wieder Sonnenschein und die Stimmung hat sich ebenfalls erholt. Wir wollen uns dort mit den anderen aus Bisnice treffen. Sonnenschein am Himmel und auf den Gesichtern der Kinder. Es ist Mittag, die Aufgaben sind erledigt, wir gehen noch einmal gemeinsam Essen. Dann macht sich auch Dieter auf den Rückweg. Abends dann ein Rückblick auf die Aktion, noch einmal schlafen, dann geht es zurück ...

Zufriedene Kinder ... ... in den mühsam erreichten Schulen ...
Ein Lächeln ... ... als Dank

Samstag, 07.12.13

Abschied, die Volvofahrer machen sich auf den Heimweg: Igoumenitsa ist heute Etappenziel. Um 20 Uhr müssen wir am Fährbüro unser Bordticket abholen, die Fähre geht dann 3 Stunden später. Auf guten Straßen rollen wir Richtung Griechenland, ich erinnere mich daran, in welchem desolaten Zustand diese Straße war, als ich hier vor 6 Jahren das erste Mal hier fuhr ...

Der Grenzübertritt erfolgt sachlich und flott, in 20 Minuten ist alles erledigt. Noch einige Kilometer Landstraße und dann Autobahn bis Port 7 liegen vor uns. 69 km bis  Igoumenitsa weist das Schild. Maxens "Geriatrix" stößt im Schubbetrieb Wolken aus, die Experten versammeln sich um den Patienten und versuchen sich an diversen Diagnosen. Vorsichtige Weiterfahrt wird vereinbart: Die Wolke verdichtet sich, wird "Geriatrix" bis zum Hafen durchhalten? Um 19 Uhr stehen wir schließlich erleichtert vor dem Fährbüro: Jetzt Tickets holen, dann etwas essen und rauf auf´s Schiff. Die Fähre kommt mit zwei Stunden Verspätung aus Patras und wird dann hier bis auf den letzten Platz beladen. Mit dreieinhalb Stunden Verzögerung legen wir schließlich ab: 26 Stunden Müßiggang liegen vor uns ...

Montag, 09.12.13

Ankunft in Triest um 06:00 Uhr: Max verhandelt mit dem ADAC über den Rücktransport, denn seiner soll nicht auf eigener Achse zurück. Die anderen machen sich auf den Weg Richtung Norden. Uli, Karl S. und Helmut zweigen nach wenigen Kilometern Richtung Innsbruck ab, Andi, Claas und ich streben Salzburg entgegen. Die slowenischen Hinweise auf der Autobahn vernachlässigt unsere müde Truppe. Dann aber wird klar, der Karawankentunnel ist gesperrt, Umleitung erfolgt über Travisio. Geht dann aber recht flott, da nur wenige Verkehrsteilnehmer unterwegs sind. In Altenmarkt trennen sich dann unsere Wege ...

Max sitzt noch bis 14:30 Uhr in Triest fest, da sich die Mitarbeiter des ADAC zwar bemühen, aber nicht gerade mit Kompetenz glänzen. Mit dem Leihwagen geht es schließlich wieder nach Hause. Claas trifft am 10.12. spätabends als vermutlich letzter Teilnehmer pannenfrei wieder zu Hause ein ...


Zum guten Schluss ...

Albanien ist fast wie Deutschland, nur ganz anders ...... noch ein paar Anmerkungen ...

  • Die Straßen in Albanien sind völlig unberechenbar.
  • Auch im Hotelzimmer kann man auf einem Spirituskocher eine Pizza zubereiten.
  • Nach fast 3 Wochen schmeckt auch der beste Bauernsalat und Omelette nicht mehr.
  • Schwarzbrot ist für Südländer eine notwendige Ernährungsgrundlage und wird schon nach kurzem schmerzhaft vermisst.
    (Hans hatte zum Glück Schwarzbrot dabei.)
  • Auch dieses Jahr war Picknick im Felde möglich.
  • Man glaubt es kaum, aber der selbst gebackene Kuchen in Helmuts Reisegepäck reichte bis zur Rückfahrt.
  • Karl S. war ebenso mit Süßem aus Eigenproduktion unterwegs und konnte nicht lange seine Schätze zurückhalten.
  • Am albanischen Wein scheiden sich die Geister bzw. die Geschmäcker.
  • Hypothese: Da nur die Fahrer von der Darmgrippe betroffen waren, muss dies auf den unzureichenden Genuss von Raki zurückgeführt werden.
  • Fast alle Unstimmigkeiten, die bei einer solchen Aktion zwangsläufig auftreten, lassen sich beseitigen.
  • Gute Planung ist unabdingbar, sie hilft nur nicht. (Anm. der Red.: Wie man weiß, ist die Planung nur die Ablösung des Zufalls durch den Irrtum! )
  • Die Vorkehrungen aus der letzten Aktion erweisen sich als keineswegs hilfreich, weil dieses Jahr etwas ganz anderes nicht funktioniert.
  • Albanien ist fast wie Deutschland, nur ganz anders.
  • Die Drohung gilt: "Wir kommen wieder, Albanien. Du schreckst uns so schnell nicht ab."

... eine Reiseübersicht ...

Unsere Route tageweise:

  • Von Innsbruck über den Brenner bis Brixen, herunter von der Autobahn über Bruneck bis Innichen. Von dort über Sexten bis Tolmezzo. Hinter Tolmezzo wieder auf die Autobahn vorbei an Udine bis Triest.
  • Von Igoumenitsa zum Grenzübergang Konispoli, ab da über Mesopotam nach Sarande (Geld holen), zurück über Mesopotam und Jergucat bis Gjirokaster.
  • Von Gjirokaster über Libohove bis Polican (nicht das zwischen Corovode und Berat). Über Sheper Richtung Doshnice, aber vorher schon umgedreht und über Topove auf die neue Straße, Abzweigung Richtung Labove (schlechter Weg). Zwischen Gjirokaster und Tepelene wieder auf die Schnellstraße, bis Permet.
  • Ab Permet bis Benja (Brücke, heiße Quellen), dann entlang des Lengarica, bis zur Baustelle, ab da schlecht. Bei Gostivisht 2x Erdrutsch. Weiter bis Frasher, ab dort "besserer" Weg. Zurück bis kurz vor Permet.
  • Von Permet über Sevran i Madh, entlang des Osum-Canyons bis Corovode und weiter bis Bogove.
  • Bogove, Novaj, Gjerbes, Flussbett Tororrica Versuch Ausstieg Dobrenj, ab Kerpice wieder "Straße" bis zur Brücke 3,5 km südlich von Gramsh über den Devol.
  • Gramsh, Maliq, Pogradec.
  • Schulen: Golik, Verri, Slotine, Proptisht, Krickove, Homcan, Radokal und Homezh, Porocan und Holtash, Bisnice und Umgebung.
  • Rückfahrt Richtung Korca, "Abkürzer" ab Libonik über Rrembec bis Grenze Kapshtice/Krystallopigi, vorbei an Kastoria, Kaffeepause in Mikrokastro bis nach Igoumenitsa.

... und noch ein Aufruf ...

Das Christliche Hilfswerk Wismar e.V. (CHW), das bisher viele nachhaltige Projekte angestoßen hat, stößt mittlerweile an seine Grenzen. Über Spenden, die unregelmäßig kommen, ist die Arbeit in bisherigem Umfang für die Zukunft nicht sichergestellt. Ich habe dieses Mal so viele anrührende Begegnungen mit Kindern und albanischen Lehrern gehabt, dass mir die Idee zu einer Patenschaft kam. Dies funktioniert aber nur, wenn sehr viele Menschen davon erfahren und somit möchte ich meinen Aufruf auch hier ans Ende des Berichtes stellen.

Ich bin nun also zurück aus Albanien: Es gibt ein Reisetagebuch, es gibt Fotos, es gibt demnächst auch eine hoch dramatische Fotoreportage über die Weihnachtsaktion 2013 des CHW und es gibt eine Idee zu alledem: 450/20.

Wichtige Projekte sind gewachsen ...Was bedeutet 450/20? Man könnte vielleicht raten:

  • Von 450 Eindrücken hat er gerade mal 20 verkraftet. Nicht schlecht!
  • Karl braucht größere Reifen für seinen Volvo. Nein!
  • Ab 2014 gibt es bei 450 Arbeitstagen 20 Tage Urlaub. Ebenfalls nein.
  • Es ist ein Kürzel für die neuen Aktivitäten des NSA. Nochmals nein.
  • Bayern übernimmt von 470 Flüchtlingen 450. Wäre ein Wunder. Aber ist vielleicht schon eine gute Idee für den Anfang!

Nun, es gibt derzeit in der BRD ca. 68 Millionen Bürger über 18 Jahre. Das Bruttoinlandsprodukt beträgt derzeit nach Schätzungen ca. 38.000 EUR pro Person und Jahr. In den albanischen Bergen, der Mokraregion, kämpft eine Hilfsorganisation um ihre Projekte. Über 20 Jahre ist das CHW in dieser Region engagiert. Wichtige Projekte sind so gewachsen, dass sie einer sicheren und fundierten Finanzierung bedürfen.

Sozialarbeit in Albanien: Gewachsene und notwendige Arbeit, sie gibt Menschen in den vernachlässigten Bergregionen Chancen auf ein besseres Leben, da wo der Staat nichts tut, vielleicht auch nichts tun kann. Ein Internat, das den Schulbesuch für Kinder aus den abgelegenen Dörfern möglich macht. Eine Sozialarbeiterin, die vor Ort unterstützt, wenn im Haus nur noch die kleinen Kinder und die ganz Alten leben. Eine Pflegestation, die sich um Behinderte und alte Menschen ohne Angehörige kümmert. Eine Familienhilfe, die immer wieder helfen muss, weil alles darniederliegt. Die Krankheit eines Familienmitglieds kann zur absoluten Notlage führen, ebenso eine Krankheit im Tierbestand, der fehlende Regen in der Wachstumsperiode, der starke Regen in der Erntezeit ...

Die Idee 450/20: Eine solide Finanzierung von Projekten, Mieten, Gehältern der Mitarbeiter in Albanien und anderes benötigen Ressourcen, die monatlich zur Verfügung stehen. Der Partner Diakonia Albania CHW benötigt derartige Mittel für seine Arbeit. Über viele Jahre hat das CHW ohne solche festen Mittel gearbeitet und vieles aufgebaut, das jetzt in dieser Größe gefährdet ist.

Deshalb an dieser Stelle mein Aufruf: Werdet Paten für die wundervollen Projekte in den Mokrabergen. Helft uns, aus den 68 Millionen Bundesbürgern über 18 Jahren die 450 zu finden, die bereit sind, jeden Monat das CHW mit 20 EUR zu unterstützen. Damit wäre eine gute Basis für die notwendige Hilfe gelegt. Macht mit!

Neuste Meldungen über eine Flut von Armutsflüchtlingen treffen ein. Man kann aber mithelfen, dass Kinder in den Mokrabergen eine gute Schulausbildung bekommen, dann bleiben sie entweder in ihrer Heimat oder sie gehören zu den Fachkräften, die unsere Wirtschaft so dringend braucht. Ich weiß, viele engagieren sich bereits in diversen Projekten in aller Welt, aber: Es würde mich freuen, wenn unter den Lesern einige sind, die mithelfen, 450 Menschen in Deutschland zu finden, die sagen, das ist es genau wonach ich gesucht habe um mich zu engagieren ...


© 2014 Karl Ziegler, Bilder Aufruf: CHW