WK I: Die ersten Panzer der Welt

Kriegsende-Monster (2): Der "Char 2C"


Geschichte

In unserem ersten Beitrag zur Nachfolge-Miniserie "Kriegsende-Monster" hatten wir bereits erläutert, welche drei Panzer wir hier zum Abschluss noch vorstellen wollen und warum. Auch dieser Beitrag befasst sich mit einem Exemplar, welches erst später in den Kriegsjahren entwickelt wurde und somit wegen dessen Ende im Jahr 1918 nicht mehr zum Einsatz kam.

Das zweite "Kriegsende-Monster", der französische "Durchbruchpanzer" Char 2C, war ebenfalls für die entscheidenden Schlachten des Jahres 1919 geplant und zeigte dies auch deutlich in seinen Eigenschaften. Der Panzer war der letzte in einer Reihe von Entwicklungen der Franzosen gegen Kriegsende und galt seinerzeit als "unverwundbarer Superpanzer".

99 "Champagne": Bahnverladung ...Seine Entstehungsgeschichte begann mit der Tatsache, dass man in Frankreich trotz der drei im WK I eingesetzten Panzer Schneider CA1, Saint Chamond und Renault FT den Bedarf für weitere schwere Panzer sah. Im Rahmen der schon beim "Saint Chamond" erwähnten Konkurrenzkämpfe bei Herstellern und in der militärisch-industriellen Bürokratie ging schließlich erneut ein Auftrag über die "Direction du Service Automobile (DSA)" an den französischen Rüstungshersteller und die Schiffswerft FCM zur Entwicklung eines weiteren Schwerpanzers.

Ein 1:1 Holzmodell des ersten Prototyps FCM A wurde bereits im Januar 1917 präsentiert. Trotz interner Grabenkämpfe wurde im Dezember 1917 der Prototyp FCM 1A vorgestellt und erfolgreich getestet, später auch als "Char 1A" bezeichnet. In der Folgezeit entstanden Pläne für einen "Char 1B" und schließlich auch einen "Char 2C" bezeichneten 65-Tonnen Panzer, alle gefertigt durch FCM.

Weitere Diskussionen folgten aufgrund der Ende 1917 vorangetriebenen Entwicklung des britisch-amerikanischen Schwerpanzers MARK VIII - Liberty, der auch in der französischen Militärführung Sympathien erlangte und parallel zum geplanten "Char 2C" beschafft werden sollte. Bei all diesen diversen Konzepten und internen Konflikten erteilte Frankreichs Ministerpräsident und Kriegsminister Clémenceau im Zusammenwirken mit Petain und Estienne schließlich im Februar 1918 den Auftrag an FCM zur Herstellung von 300 Exemplaren des "Char 2C", geplant für einen Einsatz ab März 1919.  

In der Folgezeit nach der Bestellung von Panzern dieses Typs kam eine große Zahl von Änderungswünschen auf die Entwickler zu: Die Anforderungen reichten von einem optionalen "Stützgestell" am Heck, einer Art "Kufenrutsche" wie beim Renault FT und beim Schneider CA1, bis zu einem ebenfalls optionalen Frontschutz, einem "Rammbock" für den "Durchbruch" am Bug. Weiterhin sollte das Einhängen des Panzers an Schienen-Drehgestellen möglich sein, die an Bug und Heck einen Bahntransport des 65 Tonnen-Ungeheuers überhaupt erst möglich machen sollten.

Beutepanzer 99 "Champagne" unterwegs ...So bizarr wie der Panzer selbst entworfen wurde, so bizarr verlief auch die weitere Geschichte dieses "Kriegsende-Monsters": Nachdem man später die Produktion von nur noch maximal 60 Exemplaren für realistisch hielt, wurde auch diese Zahl gegen Kriegsende noch weiter reduziert auf lediglich 10 Panzer, deren Auslieferung sich jedoch weit über das Kriegsende hinaus bis zum Jahr 1921 verzögerte.

Die zehn Exemplare wurden mit Nummern von 90 bis 99 versehen und erhielten die Namen französischer Regionen: So hatte man schließlich die Panzer 90 "Poitou", 91 "Provence", 92 "Picardie", 93 "Alsace", 94 "Bretagne", 95 "Touraine", 96 "Anjou", 97 "Normandie" (unser Modell, später in "Lorraine" umbenannt), 98 "Berry" sowie 99 "Champagne".

Die obigen Panzer wurden bis zum Beginn des WK II zu Propagandazwecken als "unverwundbare Superpanzer" eher als "Ausstellungsstücke" im Land präsentiert. Zum Schutz vor eingedrungenen deutschen Truppen wurde entschieden, die Panzer mit der Bahn nach Süden zu verlegen. Nachdem der Weitertransport durch einen brennenden Zug unterbrochen wurde, folgte die Sprengung der Panzer, um diese nicht an die Deutschen fallen zu lassen. Nur ein Panzer, 99 "Champagne". wurde zum Teil noch funktionstüchtig später von den deutschen Truppen aufgebracht und nach Berlin transportiert. Eine weitere Verlegung soll später nach Kriegsende durch die Russen erfolgt sein.

Spezifikationen

Der 69 Tonnen schwere und 10,27 Meter lange Char 2C (mit Zubehör wie Stützgestell und Rammbock über 12 Meter, siehe hierzu unseren besonderen Beitrag unten) verfügte über eine 22 mm bis 45 mm dicke Panzerung, die zwei Kampfabteile abdeckte. Der Panzer 97 "Normandie", der im Jahr 1939 in "Lorraine" umbenannt wurde, war das Fahrzeug des Kompaniechefs. Die Panzerung dieses Fahrzeugs wurde später erheblich verstärkt, und zwar bis 90 mm vorn und 65 mm an den Seiten. Diese Panzerung sollte selbst deutschen Geschützen des WK II standhalten und erhöhte  das Gewicht auf 75 Tonnen, womit dieser Panzer bis heute zu den schwersten einsatzbereite Tanks der Welt gehört.

Weitere Merkmale:

Besatzung: 12 Mann (Kommandant, Fahrer, Lader, Schütze, Mechaniker, Hilfsmechaniker, Elektriker, Funker, 4 MG-Schützen). Länge: 10, 27 bis 12 m (siehe oben), Breite: 3 m, Höhe: 4,09 m, Masse: 68 t - 75 t, Bewaffnung: 75-mm-Kanone (vorderer Turm, Panzer "Champagne" vorübergehend mit 155 mm Haubitze ausgestattet), 4 MG Kal. 7,92 mm (seitlich zwei MG, ein MG vorn, ein MG im hinteren Turm).

Antrieb: Motoren von deutschen Zeppelinen für das elektrische Getriebe, 180/200-PS-Mercedes-Motoren, später 250-PS-Maybach-Motoren. Geschwindigkeit: 8-12 km/h, Treibstoff: 1.260 Liter, Reichweite: 150 km, Grabenüberschreitfähigkeit: 4,25 m.

Literatur

  • French Tanks of World War I, Steven J. Zaloga,
    © 2010 Osprey Publishing Ltd., ISBN 978-1-84603-513-5

Das Modell

Wie oben schon erwähnt, stellt unser Modell den Char 2C-Panzer 97 "Normandie" dar. Das Modelik Modell Rok XV (XXII) Nr. 2/11 ISSN 1428-3840 hat wie alle in unserer Serie den Maßstab 1:25 und die gewohnte Stabilität all dieser Modelle.

Bestellt worden war wieder wie üblich alles, d.h. der Bogen samt Lasercut-Spantensatz und Kettensatz. Schnell fiel auf, dass manche einfachen Teile im Lasercut wohl "vergessen" wurden. Dafür gab es Kettenglieder und deren Bauteile dazu im Überfluss, dennoch aber relativ aufwändig zu fertigen trotz Lasercut.

Wie schon bei früheren Modellen erwähnt ist die Google-Übersetzungsqualität vom Polnisch der Bauanleitung nach Deutsch geradezu erstaunlich gut - wie üblich wurde deshalb der Text der Bauanleitung eingescannt und sofort übersetzt. Aufgrund der zumeist fortlaufenden Teilenummern kann man aber beim neunten Modell dieser Serie einer solchen Anleitung nur noch wenig Neues entnehmen und so stürzt man sich dann sofort auf die 3D-Skizzen. Die waren bei diesem Modell allerdings erstaunlich wenig umfangreich: Alles wird auf nur zwei Seiten abgebildet!

Das Modell wächst ...Bei diesem Modell fällt allerdings sofort auf, dass hier ein riesiges Rumpfteil in einem Stück auf das wie üblich stabile Karton-Skelett geklebt werden muss: Dieses Verfahren ist fehleranfällig und führte auch zu erforderlichen Korrekturen.

Das Modell (Baubogen 15,- EUR, Lasercutsatz Spanten/Räder 16,- EUR, Lasercutsatz Ketten 12,- EUR, Stand 03/20) zeigte schon bald eine Länge, die im Widerspruch zum Maßstab 1:25 und der angegebenen Länge des Originals von 12 Metern stand. Zu diesem Sachverhalt, der sich später im Kontakt mit Modelik-Chef Janusz Oleś aufklärte, haben wir den eigenen Beitrag "Maßstab-Irrtum?" erstellt.

Nachdem sich die Ursache für den vermeintlichen Irrtum herausgestellt hatte, nämlich die Mitberücksichtigung der optionalen Teile am Heck und Bug des Panzers bei der Gesamtlänge, haben wir diese Teile natürlich in Eigenregie ergänzt, weil sie beim Modelik-Modell nicht vorgesehen sind. Somit verfügt unser Panzer 97 "Normandie" auch noch über ein Stützgestell am Heck sowie einen "Rammbock" am Bug, einen Frontschutz bestehend aus einem Querträger.

Die Türme des Panzers wurden drehbar gestaltet und auch die Seitenschürzen können ähnlich wie beim deutschen Panzermodell A7V seitlich hochgeklappt werden, womit ein Blick auf die Ketten darunter möglich ist.

Natürlich konnte man auch dieses Modelik-Modell wieder problemlos "einschmutzen" und so sieht es wieder aus, wie man sich ein derartiges Gerät nach Fahrt im Gelände vorstellt, auch wenn dieses (zum Glück!) niemals zum Kriegseinsatz kam. Als zweites Modell unserer Nachfolge-Miniserie insgesamt sehr zufriedenstellend!

Zu diesem Modell gibt es auch zum ersten Mal einen Baubericht im Forum "Die Kartonmodellbauer", wo man nach einer Einführung in unsere Serie den Bauablauf detailliert verfolgen kann, wobei für registrierte Mitglieder auch alle Bilder als Großbilder verfügbar sind.


3D-Zeichnungen ausreichend ..? Erste Kettenanprobe ... Selbstkontruiert: Rammbock und Stützgestell ... Auch unten braucht er Ketten ...
Das Heck-Stützgestell passt! Seitliche MG montiert ... "Frontschutz" oder doch eher "Rammbock" ..? Auch am Heck ist die Kette sichtbar unter den Seitenschürzen
Noch mehr Blick auf die Ketten am Bug ... Aufwändige Aufbauten: Bizarre Auspuffanlage Fast fertig: Nur noch ein "paar" Nieten fehlen ... Größenvergleich: Der Renault FT ist niedlich dagegen ...

© 2021  J. de Haas, Bilder historisch


Anm. der Red.: Weitere Beiträge von Jürgen finden sich in unserer Autorenübersicht!