Das Spiel ...

Geschenkten Gäulen schaut man bekanntlich nicht ins Maul - und so freut man sich gewaltig auch über Eintrittskarten zu einem "Freundschaftsspiel": Die Begegnung zwischen dem FC Bayern und dem FC Inter Mailand im Rahmen des "Franz Beckenbauer Cup" am 05. August 2008 verspricht sicherlich nicht gerade einen Fußballkrimi, aber immerhin doch einen guten Einblick in den Alltag des Spielbetriebs in dieser gewaltigen Arena ...  

Geschenktes Spiel: FC Bayern gegen Inter Mailand ... Fanartikel: Gummibonbons und Arena-Schokolade ...

Schon beim Aussteigen aus der U-Bahn weiß man nicht, ob man nun in einem Zirkus oder einem Theater angelangt ist: Falls es ein Theater sein sollte, dann auf jeden Fall eines mit Zuschauermitwirkung - Hunderte von Fans in allen Altersklassen sind wild kostümiert im Bayern-Dress: Es gibt unzählige Lahms, Schweinis und Poldis, die sich da zum Teil noch an der Hand der Mutter auf den Weg in die Arena machen ...

Kostümfest ..? Prozession zur Arena ...
Schweinis und Lahmis überall ... Nachwuchs ..?
Auch Rollstuhlfahrer wollen rein ... Arena-Zirkus ...

Das Gedränge nimmt zu, je näher man der Arena kommt - ein endloser Lindwurm kostümierter Gestalten schiebt sich von der U-Bahn-Station Richtung Arena. Was in aller Welt mag wohl Abertausende Menschen dazu bewegen, an einem solch schönen Tag wie heute kostümiert zu einem Fußballspiel zu ziehen, und dann noch zu einem, wo es wirklich um nichts geht als nur um diesen Beckenbauer-Pokal und wo vermutlich nur eine schöne Show zu erwarten sein wird, aber kein ernsthaftes Turnierspiel?

Wir wissen es nicht und werden es wohl auch nie wirklich verstehen. Egal, heute sind wir da, die Arena einmal "Live" kennen zu lernen!

Die ersten größeren Ansammlungen vor den Schaltern sind da zu finden, wo man die ArenaCard erwerben kann: Auch wir kaufen so ein Plastikkärtchen, mit dem alle Zahlungsvorgänge in der Arena abgewickelt werden  ...   

Unangenehmes Gedränge: Am Eingang ... Entspannung an den Kiosken ...

Schließlich und endlich am Eingang: "Eingang für Frauen" ist hier ernst gemeint und selbst offensichtlich erprobte Schlachtenbummler neben uns beginnen zu murren, dass es so etwas wohl nur in München gäbe - Frauen werden von ihren Männern und Familien "zwangsgetrennt", um sich dort separat untersuchen zu lassen: Strenge Welt der Allianz Arena!

Einer der Torwächter fragt einen Fan, der mit einem Fotoapparat kommt: "Ist das eine Spiegelreflex?" Nachdem dieser bejaht, will ihn der Mann fast nicht ins Stadion lassen, bis ihn ein Kollege aufklärt, das dies kein Problem sei und eine "Spiegelreflex" sicherlich nicht das professionelle Gerät ist, mit dem man das Stadion nicht betreten darf ...

Nach Erreichen des Arena Geländes und im Bauwerk sowie den höheren Rängen ist dann Entspannung angesagt: Das zahlreiche Publikum verläuft sich hier wie kaum erwartet - Platzangst und Bedrängungsgefühl kommen hier anders als in der Masse an den Eingängen gar nicht erst auf.

Lockere Atmosphäre rund um die zahlreichen Bratwurststände, die von der Stadiongesellschaft und damit letztlich ebenfalls vom FC Bayern München betrieben werden. Toiletten mit "links rein und rechts raus"-Durchlauf - so können keine Engpässe an Pissoirs und Handwaschbecken entstehen. Wenn man sich dagegen die Organisation beim Tollwood-Festival und z.B. dem Loreena McKennit Konzert dort vor etlichen Wochen in Erinnerung ruft, fühlt man sich in einer anderen, geordneteren Welt - manch einer, der dort seinerzeit eigentlich zum Klo wollte, hat hier schon vorher entnervt aufgegeben ...

Das Glückgefühl und die Zufriedenheit steigert sich nach Besichtigung des eigenen Platzes in der Arena: Mit gekonnter Online-Buchungstechnik konnten wir einen Eckplatz ergattern mit einem tollen Blick von hier oben auf Spielfeld und die doch recht gut gefüllten Ränge.

Spielergesichter kann man von hier oben keine erkennen, aber würde uns das wirklich etwas nutzen, wenn man weder einen Kroos noch einen Torwart Rensing oder auch andere je gesehen hat als Fußballzuschauer, der vielleicht höchstens ab und zu am Fernseher dabei ist, wenn die Nationalmannschaft wieder mal zu einem Sommermärchen einlädt und Deutschlands Autofahrer mit mindestens 4 Flaggen am Auto ihren Nationalstolz zeigen ..? 

Kultische Handlungen ..? Oder nur Aufwärmen ..? Auch der Gegner bildet geheimnisvolle Kreise ...
Müssen starr sitzen: Die Former des Telekom-T ... Klinsi beim Interview ...
Die Spannung vor dem Anpfiff wächst ... Wer hat das eigentlich mit den Fußball-Kids erfunden ..? Spielbeginn ...

Es beginnen die Spielvorbereitungen, kultische Übungen werden von den Spielern beider Mannschaften dort unten auf dem Rasen absolviert, oder sollten die vielleicht doch nur dem Auflockern und Aufwärmen dienen ..? Kein Ribery und auch kein Luca Toni wird bei diesem Spiel dabei sein und auch das obligatorische Klinsi-Interview am Spielfeldrand kann man mehr erahnen als sehen - hätte man doch besser das Teleobjektiv zum heutigen Abend mitnehmen sollen ..?

Der Anpfiff erfolgt und es folgt das Spiel um den Pokal - wir müssen an dieser Stelle nicht ebenfalls kommentieren wie die Presse dies am Folgetag machen wird nach dem einfallslosen und langweiligen 1:0 des Inter Mailand gegen die Bayern - ein Spitzenfußballspiel zu sehen war für uns eindeutig nicht Hauptziel dieses Abends gewesen ..!

Will kaum einer sehen: Die Pokalübergabe ...

Die Zuschauer pfeifen und nach Spielende leert sich das weite Rund geradezu in sensationeller Geschwindigkeit: Die Übergabe des "Beckenbauer Pokals" durch den großen Meister persönlich wird nur noch von einem Bruchteil der Zuschauer vor fast leeren Rängen verfolgt - auch wir sehen sie am besten auf den Riesenbildschirmen der Arena, die nun das Fernsehbild zeigen ...  

Das weite Rund hat sich schnell geleert ...

Schell vereinsamt: Die Arenaausgänge ... Unwirkliches Leuchten: Abschied in der Abendstimmung ...

   Presseleute bei der Arbeit ...

Wir folgen dem Zug der verbliebenen Fans nach draußen - vorbei an einer rot leuchtenden Kulisse und an unzähligen Pressefahrzeugen, die vor der Arena ihrer Arbeit nachgehen - wer diesen Betrieb noch nie gesehen hat, kann hier heute Abend mit Sicherheit viele neue Eindrücke gewinnen ...

Nach kurzer Fahrt mit der falschen U-Bahn sind wir schließlich wieder auf dem richtigen Weg: Der gewaltige Strom der Zuschauermassen hat sich zu dieser Zeit bereits genau so schnell wieder im Nichts verloren wie er zu Spielbeginn plötzlich entstanden war - nur der Fahrzeugstau in Stadionnähe lässt noch darauf schließen, dass sich hier vor kurzem Zehntausende eingefunden haben.

Am nächsten Tag wird man den Spielbericht lesen in der SZ: Unter dem Titel "Der Cup der Verlierer" heißt es: Inter bezwingt Bayern 1:0 - einen Sieger hat der müde Edeltest nicht verdient.

Aber was soll´s - wir waren wenigstens einmal dabei ...


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