Donnerstag, 9. Oktober 2008: Alltägliches aus der Shari (=Straße) Gaber Ibm Hayyer, Parterre ...

Nun ist der Ramadan vorbei. Allah sei Dank. Schon heute gebärdete sich die Kairoer Bevölkerung erheblich entspannter.

Während eines Kurzurlaubs auf dem Sinai reifte bei uns der Entschluss, etwa zu Weihnachten umzuziehen. Angestrebt wird eine Wohnung in einem ruhigeren Viertel mit vernünftiger Parkmöglichkeit für den Unimog. Es wird wohl der Stadtteil Maadi im Süden von Kairo werden, da auch dort sich die Mehrheit unserer sozialen Kontakte befindet. Wir hoffen auf eine Wohnung mit etwas mehr Nutzwert: Unsere jetzige Wohnung besteht aus einer riesigen Eingangshalle mit etwa der Hälfte der Quadratmeter und fünf kleinen Zimmern darum drapiert, zwei fensterlosen Bädern und einer fensterlosen Küche. Das liegt an der Natur der Aaraber, nach außen großartig zu repräsentieren. Das passiert im feudalen Eingangsbereich, der mit opulenten Sesseln und Sofas möbliert ist. Der private Bereich, in dem kein Besuch Zutritt hat, führt dagegen ein stiefmütterliches Dasein.

Unser Haus in Dokki ...Durch die Lage in Parterre ist die Wohnung eher dunkel durch die zahlreichen Bäume um das Haus. Einziger Lichtblick ist hier die Veranda. Diese ist allerdings kaum nutzbar, da dort ebenfalls viele opulente Sessel und Sofas herum stehen.

Kurzum, wir wollen eine unmöblierte Wohnung finden mit besserer Raumaufteilung und helleren Räumen. Gute Chancen bestehen immer zum Schuljahresende im Juni, wenn etliche Lehrer wieder nach Deutschland zurück gehen, deren Wohnung zu übernehmen. 

So lange wollen wir aber nicht warten. Man wird sehen, was sich ergibt. Unser Hausstand wächst langsam aber stetig, indem wir die Lücken in der möblierten Immobilie hier füllen und einiges auf europäischen Standard bringen.

Mit den stetig zahlreicher werdenden Einkaufsquellen steigen unsere Ausgaben für Haushalt und Ernährung leider auch stetig: Bei den Lebensmitteln haben wir bald deutsches Preisniveau erreicht, ohne auch nur annähernd die Vielfalt und Qualität zu bekommen. Die Kehrseite ist allerdings, dass uns der siebentägige Ausflug auf den Sinai umgerechnet Euro 250,- für fünf Personen gekostet hat bei einem Spritanteil von Euro 30,- für 200 Liter Diesel. Das ist in Europa bei tausend gefahrenen Kilometern nicht annähernd zu schaffen.

Bücherregale sind ein unbekannter Artikel in Kairo. Alle Recherche lief bisher ins Leere. Also werde ich mich an den Rechner setzen und mit CAD ein Regal zeichnen, das mir der Schreiner zwei Straßen weiter bauen soll. Was dann zwischen Theorie und Praxis rauskommt und was die Praxis kosten soll, müssen wir noch ausloten. Ich werde zur passenden Zeit berichten.

Heute Nachmittag war ich mit Petra shoppen in einer der großen Straßen in unserer Umgebung. Erstanden haben wir ein neues Handy, oder Mobile, wie man hier sagt. Das hat die unglaubliche Summe von Egypt Pounds (EP) 300,- gekostet. Das sind weniger als Euro 38,-. Das Mobile ist von Nokia und kann nichts anderes als telefonieren und SMS schicken, allerdings mit Farbdisplay. So was suchte ich in Deutschland schon oft vergeblich. Über die englisch-arabische Tastatur kann man prima die arabischen Buchstaben lernen. Zumindest ein bisschen ...

Die nächsten Tage werden wir unseren Internetanbieter aufsuchen, den wir heute endlich gefunden haben und den Versuch wagen, unseren Zugang von armseligen 512 kB Download auf 2000 kB aufzustocken.

Auf unserem Weg durch die Shari Mossadak wurde ich durch starken Gasgeruch aufmerksam. Bei genauerem Hinsehen entpuppte sich die Tankstelle linker Hand als Gastankstelle. Als technisch interessierter Mensch beäugte ich das Betankungsprozedere. Der TÜV-Ingenieur für Gastankstellen würde tot umfallen, wenn er das sehen müsste. Es scheint aber schon eine Weile gut zu gehen. Nach dem äußeren Zustand zu urteilen, hat die Tankstelle schon einige Jahre hinter sich. Die Mehrheit der alten Taxis der Marken Fiat, Peugeot und einige Japaner aus den Sechzigern und Siebzigern sind auf Gasbetrieb umgebaut. Die drängeln sich in arabischer Manier um einen Platz am Betankungsschlauch. Tank und Einfüllanschluss befinden sich bei diesen Fahrzeugen im Motorraum. Die Tanks schätze ich je nach Modell auf 10 - 20 Liter Volumen. Immerhin ist das besser, als verbleites Benzin.

Unimog direkt vor der Türe ..?Gestern Abend wollte ich an unserer Wetterstation nachschauen, welche Außentemperatur wir haben. Da zeigte das Display aber an Stelle der Grad Celsius nur drei Strichlein. Mein erster Gedanke war: Die Batterien sind leer. Doch gleich darauf schaute ich - vom bösen Verdacht getrieben - auf den Fenstersims der Veranda, wo die Außenstation stehen sollte und da war gähnende Leere. So wie es aussieht, hat uns jemand während der sieben Tage Urlaub die Außenstation geklaut. Da kommt man ohne Leiter aber nicht hin. Da muss sich unser Wächter morgen ein paar Fragen gefallen lassen.

Vor ein paar Tagen hat es ein wenig geregnet. In Kairo gibt es keine Kanalisation. Wenn es dann an einem der drei Regentage im Jahr einen nennenswerten Niederschlag gibt, sollen sich riesige Pfützen auf den Straßen bilden, die nicht ablaufen können. Die Eigner der Taxis aus den Sechzigerjahren fürchten das Wasser wie der Teufel das Weihwasser wegen ihrer maroden Zündanlagen. Dann ist Notstand in Kairo. Das kennen wir bisher nur vom Hörensagen und das Erlebnis eines richtigen Regens steht noch aus.

Heute war wieder der Sohn des Hausbesitzers an der Tür und wollte, dass wir den Unimog wo anders parken. Der steht seit Montag direkt vor der Türe. Wo anders habe ich im Stadtteil Dokki nicht den Hauch einer Chance. Bei den reicheren Anwesen ist es in Kairo üblich, den Parkraum vor dem Haus zu reservieren mit richtigen Absperrungen aus Polizeibeständen. Davon profitiert der Mieter in der Regel, da er dadurch immer einen Parkplatz bekommt.

Unser Unimog erregt aber offensichtlich das Missfallen des Vermieters. Auf den Lehrerparkplatz der Schule dürfen wir auch nicht mehr stehen, Es haben sich liebe Lehrerkollegen bei der Schulleitung beschwert, dass wir dort Dauerparken. Ein weiterer Grund, uns eine neue Bleibe zu suchen. Einen privaten Parkraum abzugrenzen, entbehrt auch in Kairo jeder Rechtsgrundlage. So werde ich versuchen, das Problem "auszulächeln". Diesen Begriff habe ich heute gelernt.

Seit wir in Kairo sind, habe ich immer unsere kleine Kamera in der Seitentasche meiner Hose. Das ist ein Teil von Aldi mit sieben Megapixeln und einigen Schwächen. Die Knipse passt aber in die Hosentasche und ist immer dabei. Damit sind mir schon einige nette Schnappschüsse gelungen: Schönes, Kurioses, Hässliches und Bemerkenswertes ...

Montag, 13. Oktober 2008: Heute beim Zoll ...

Die zwei Monate der vorläufigen Einfuhr unseres Unimog´s in Ägypten sind bald vorbei. Also bin ich heute Morgen um 8:00 Uhr mit unserem Mitarbeiter der DEO für Behördenbelange (weiterhin Herr M genannt) zum Zoll gefahren, um die richtige Einfuhr des Fahrzeugs für die Dauer unseres Aufenthaltes in Ägypten zu erledigen. Das lief auf weiten Strecken ähnlich ab wie an der ägyptischen Grenze bei der Einreise. Warum das Prozedere zweimal gemacht werden muss, entzieht sich meiner Kenntnis.

Nach einer sehr langen Fahrt in einen nordöstlichen Außenbezirk erreichten wir das Zollgelände. Das entpuppte sich als ein trostloser Hof voll mit Autowracks aller Größenordnungen, die mit einer dicken Patina von Staub und Dreck der dicken Luft Kairo´s überzogen waren. Vom PKW bis zum 60 t Sattelzug reichte die Palette und von technisch Schrott bis brauchbar. Jedes dieser Wracks könnte wahrscheinlich eine spannende Geschichte erzählen. Auf diesem Hof wurde nun zum wiederholten Mal die Fahrgestellnummer und die Motornummer des Unimog´s erfasst. Dazu klebt der Nummernbeauftragte ein selbstklebendes Etikett 80x30mm auf die eingeschlagene Nummer und paust sie mit einem Bleistift ab.

Schon bei der Einreise gab es eine Diskussion, weil der Mercedesmotor keine Motornummer am Motorblock mit Schlagzahlen eingeschlagen hat. Heute wurde dies zum riesigen Problem. Auch Herr M mit seiner ruhigen, diplomatischen Art konnte das Problem nicht abbiegen: Das serienmäßige Typenschild akzeptierten die Herrn vom Zoll nicht.

Nach langer, ermüdender Diskussion einigten sich Herr M und die Herrn vom Zoll darauf, dass ich die Motornummer in den Zylinderkopf schlagen kann. Die einzige Stelle, die überhaupt in Frage kommt, ist die Stirnfläche am Zylinderkopf. Da kommt man leidlich hin, wenn man die Riemenscheibe der Wasserpumpe, die Dieselhauptfilter und den Wasserschlauch vom Thermostat zum Kühler abbaut ...

Beim Zoll: Motornummer muss eingeschlagen werden ...

Reicht der Aufkleber ..?

Also holte ich - ziemlich sauer - den Arbeitsanzug raus, packte das Werkzeug aus und begann mit den Demontagearbeiten. Mit den 6 mm Schlagzahlen des Zolls verewigte ich die Motor-Endnummer senkrecht am Zylinderkopf. Doch da tauchte schon wieder ein neues Problem auf: Die Motor-Endnummer lautet 619966. Nun monierte der Herr vom Zoll, dass die Nummer auch als 996619 gelesen werden kann, je nachdem, von welcher Seite man anfängt zu lesen. Das Problem konnte Herr M nach weiteren, zermürbend langen Wortwechseln offensichtlich aus der Welt schaffen. Das war auch gut so, denn ich war inzwischen kurz davor, das Theater abzubrechen und den Unimog nach München zu bringen. Also konnte ich das Fahrzeug wieder zusammen bauen. Wir verließen darauf hin den Zollhof und parkten ein Stück weiter vor einem umzäunten Gelände mit Wachtürmen an der Ecke. Herr M verschwand für längere Zeit in diesem Anwesen und tauchte mit anderen Herrn vom Zoll wieder auf, um die zahlreichen Detailfragen um die Zulassung zu klären. Von elementarer Bedeutung war wieder die Wohneinrichtung, der Kühlschrank, wie viel Gänge der Unimog hat, ob Klimaanlagen verbaut sind und ob das Autoradio DVD´s abspielen kann ...

So gingen 6 Stunden ins Land zwischen dem chaotischen Einschlagen der Motornummer und dem Warten und Beantworten diverser Detailfragen. Dabei stand der Unimog natürlich in der prallen Sonne. Um 14:00 Uhr war das Prozedere endlich vorbei und wir konnten nach Hause fahren. Die neuen ägyptischen Nummernschilder bekomme ich voraussichtlich übermorgen. Herr M informierte mich auf der Heimfahrt darüber, welche Summe der Zoll für die Einfuhr des Unimog´s veranschlagt hat, die ich aber - Allah sei Dank - nicht bezahlen muss. 750.000.- EP würde die Einfuhr kosten. Das sind etwa 100.000,- Euro. Dafür bekomme ich einen niegelnagelneuen Unimog in Deutschland. Ich enthalte mich eines Kommentars. Jetzt steht noch die Steuer aus, die ich jährlich bezahlen muss. Man wird sehen.

Ein besonderes Lob gebührt Herrn M von der DEO, der immer die Ruhe bewahrt und Aussichtsloses bei den Behörden möglich macht. Meinen Respekt, Herr M. Die Fotos sind leider nicht sehr gut, da ich heimlich fotografieren musste. Das ist auf dem Zollgelände natürlich streng verboten ...

Freitag, 17. Oktober 2008: Neues aus Tausend und einer Nacht

Seit Sonntag, den 12. Oktober 2008 bin ich in Lohn und Brot: Die Schule hat mich als Betreuer der Webseite und zur Unterstützung des IT-Administrators eingestellt. Das ist für uns als Familie natürlich optimal. Die Schule hat sich dankenswerterweise sehr bemüht, mich unter die Haube zu bringen. Nun muss ich mich bemühen und den Anforderungen gerecht werden. Die Webseite der DEO ist mit dem Content Management System TYPO3 erstellt. Das ist Freeware und die ist so mächtig, dass man mit intuitiver Bedienung nicht sehr weit kommt. Da schwitze ich gerade mächtig darüber, um damit klar zu kommen. Ich werde versuchen, meinen Chef davon zu überzeugen, dass eine Schulung die Einarbeitungszeit mächtig verkürzt. Mal sehen, ob meine Argumente fruchten.

Wenig einladend: Die Gehsteige von Kairo ...Gestern habe ich erfahren, was an Steuer für den Unimog auf uns zu kommt. Es wird so um die EP 1.300,- mit allen Gebühren kosten. Das sind etwa Euro 175,-. Damit kann ich leben. Die Zulassung eines Fahrzeuges muss jedes Jahr erneuert werden. Die Erneuerung bekommt man nur, wenn alle im zurückliegenden Jahr aufgelaufenen Strafmandate bezahlt werden.

Das System funktioniert folgendermaßen: Einer der zahlreich herumstehenden Polizisten bemerkt einen Verkehrsverstoß und notiert die Autonummer. Das meldet er der Zulassungsbehörde. Die präsentiert am Tag der Zulassungsverlängerung die mehr oder weniger lange Liste der Verstöße mit der entsprechenden Summe in Egypt Pounts. Dass der Verkehrsteilnehmer bei einigen Vergehen nachweislich in Deutschland auf Urlaub war oder strafbare Handlungen in Gegenden passierten, in denen er noch niemals war, darf nicht auf die Goldwaage gelegt werden. Ist die Summe unter EP 1.000,-, was in der Regel der Fall ist, empfiehlt es sich zu zahlen, wenn man weiterhin in Ägypten Autofahren möchte. Ein Einspruch ist nicht vorgesehen. Erfahrungsgemäß orientiert sich die Summe am geschätzten Einkommen des Delinquenten.

Bei entgleisten Summen, was manchmal vorkommt, entscheidet das Verhandlungsgeschick über die Endsumme. Einfluss auf die Endsumme hat auch, welcher diensttuende Beamte gerade anwesend ist und mit welcher Befindlichkeit sein Arbeitstag begann. Zulassungsverlängerung im Ramadan stelle ich mir gebührenverschärfend vor. Böse Zungen nennen das dynamische, sozialverträgliche Einkommenszulage für notleidende Staatsbeamte der Zulassungsbehörde. Diese variable Gebühren- und Bußgeldfestsetzung kann man in allen ägyptischen Behörden beobachten.

Meine Studie über Kairos Gehsteige ist etwas ins Stocken geraten, weil sich das Fotografieren als echtes Problem herausstellt: Es sind ständig ein oder mehrere Passanten im Weg, die missbilligend mein Tun beäugen. Ich bleibe trotzdem dran.

In unserem Stadtteil Dokki gibt es mehrere kleine Supermärkte, die dem europäischen Einkaufsstil nahe kommen und zum Teil ein dünnes, europäisches Warenangebot zu teuren Preisen haben. Da wäre zu nennen Seoudi, Metro und Alfamarket. Im Unterschied zu Deutschland steht dort meist ein freundlicher Ägypter an der Kasse, der die eingekaufte Ware in Plastiktüten packt. Unser bevorzugter Supermarkt ist Metro, weil er von uns aus am Nächsten liegt. Dort gibt es als Service home-delivery. Es wird der Einkauf gegen eine Gebühr von 4,00 EP mit einem Minivan die ca. 900 m bis zu unserer Haustür gefahren.

Alkoholsammlung hilft weiter ... ;-))Heute waren wir bei Seoudi einkaufen: Der hat ein etwas anderes Sortiment. Da der Supermarkt 1,2 km entfernt liegt, orderten wir auch hier home-delivery. Es wurde also nach dem Bezahlen unser gefüllter Einkaufswagen von einem Mitarbeiter auf die Straße geschoben. Aber nicht, wie ich dachte, zu einem Minivan des Supermarktes. Der junge Mann schob den Einkaufswagen zu Fuß allen Widrigkeiten zum Trotz durch das belebte Dokki. Es war inzwischen dunkel geworden. Unser Mann vom Supermarkt kämpfte sich mit dem rollenlahmen Einkaufswagen durch miserable Straßen, dichten Verkehr und hupende Autofahrer bis vor unsere Haustür. Das ist Service auf ägyptisch ...

Kürzlich waren wir mal wieder in der Pizzeria Rose im Stadtteil Maadi (Sprich "Maädi") zum Essen. Dieses Lokal hat keine Lizenz zum Verkaufen von Alkohol. Kurz nach uns kamen Amerikaner an den Nachbartisch. Die packten, nach dem sie Ihre Bestellung aufgegeben hatten, zwei Flaschen Rotwein aus und tranken diesen genüsslich zur Pasta und zur Pizza. Ich gebe zu, dass ich bei diesem Anblick lange Zähne bekam vor meinem Mineralwasser.

Motiviert von diesem einschneidenden Erlebnis suchten Petra und ich ein paar Tage später einen Alkoholladen in der Shari Dokki, unserer Hauptstraße auf, der uns von Lehrerkollegen schon früher empfohlen wurde. Dort erwarben wir zwei Flaschen ägyptischen Rotwein und eine Palette Heinecken Dosenbier. Als ich im Regal einen Uzo12 entdeckte, empfahl mir der Verkäufer ein uzoähnliches Gebräu mit dem Namen Zibiba Extra aus dem Lande. Der sei besser als der Uzo, meinte der Verkäufer. Die erworbenen Drogen verpackte der Verkäufer in schwarze Plastiktüten, mit denen wir schnell nach Hause eilten. Schwarze Plastiktüten gibt es sonst nirgends in Kairo. So waren wir auf dem Nachhauseweg wahrscheinlich gebrandmarkt und jedermann wusste um unser schändliches Tun ...

Preislich lag der Wein um die Euro 5,- und der Schnaps kostete Euro 1,50 die 0,6 Literflasche. Nach zwei Dosen Heineckenbier waren Petra und ich uns einig, dass wir lieber unser Becks Alkoholfrei weiter trinken, an das wir uns zwischenzeitlich schon gewöhnt haben. Eine Flasche Wein ist schon vernichtet und die zweite angebrochen. Der ägyptische Wein besteht hauptsächlich aus Trauben der Sorte Cabernet Sauvignon und schmeckt nicht schlechter als ein Franzose um die Euro 5,-. Das ägyptische Gebräu Namens Zibiba Extra schmeckt tatsächlich besser als unser Haus-Uzo.

So kehrte also doch noch etwas mehr Trinkgenuss in unser ägyptisches Leben und bei dem nächsten Gang in die Pizzeria Rose habe ich auch eine Flasche Wein dabei, um die italienische Kost stilgerecht runter zu spülen ...

Dienstag, 21. Oktober 2008: Neulich an der Tankstelle

Jedes Haus in Kairo hat einen Boab (Wächter). Wir auch. Der wacht hauptsächlich über seine freie Zeit und seine Siesta. Munter wird er nur, wenn der Sohn des Hausbesitzers kommt. Als die Frau des Eigners noch lebte, muss sie ein eisernes Regiment geführt haben. Sie ist seit ein paar Jahren tot und so herrscht Schlamperei und Schmutz ums Haus vor. Der Eigner kann sich scheinbar bei seinem Personal nicht durchsetzen. Vor allem wäscht er meinen Unimog nicht, was er als Boab eigentlich müsste. Eine Kommunikation ist kaum möglich, weil er nicht englisch kann und wir nicht arabisch.

Also machte ich mich am Freitagnachmittag zur nahe gelegenen Tankstelle auf, um den Unimog vom Dreck der Kairoer Luft und vom Staub des Sinai zu befreien. Dort ist ein sehenswertes Schauspiel zu bewundern: Die zu waschenden Fahrzeuge werden zuerst mit einem Wasserschlauch nass gespritzt. Darauf kommt ein Fahrzeugkosmetiker mit einem anderen Schlauch, aus dem dicker, weißer Schaum quillt. Damit wird das Auto bis zur Unkenntlichkeit eingeschäumt. Während ich das alles so betrachte, sehe ich wie meine Fahrertür auf geht. Von böser Vorahnung getrieben, spurte ich um den Unimog herum und kann gerade noch verhindern, dass er auch den Innenraum einschäumt ...

Eingeschäumt: Der Unimog soll sauber werden ...

Motorwäsche ..? Abspülen muss sein ...

Darauf hin rückt die Waschkolonne an: Die verschmiert den Schaum flächig mit unidentifizierbaren, lappenähnlichen Teilen am ganzen Fahrzeug. Besonders akkurat werden die Reifen gewaschen. Nun kommt die erste Spülung. Mit dem dicken Wasserschlauch wird der verteilte Schaum abgespült. Es wäre nun alles in bester Ordnung. Leider rückt nun eine andere Kolonne an, die mit anderen unidentifizierbaren, lappenähnlichen Teilen trocken wischt. So bekommt der saubere Unimog nun eine Patina aus hellen Schlieren und verschmierten Fenstern. Innen und Außen, versteht sich.

Für dieses Erlebnis musste ich EP 20,- bezahlen. Spezialpreis, sagte der Wasch-Chef, weil ich in Kairo lebe. Bei Touristen hätte er EP 50,- genommen. Schmunzelnd musste ich daran denken, dass sich an diese Tankstelle im Herzen des Stadtteils Dokki garantiert kein Tourist hin verirrt. In der Bilanz war diese Aktion typisch ägyptisch: Viel Schaum um nichts!


© 2008-2009 Franz Murr