Zurück: Über Kanal und Kobarid ...

Sa, 30.09.00

Heute morgen verlassen wir die Gegend um Postojna, und wir waren gerne hier! Unsere Fahrt nach Kanal, dem nächsten Ziel, wollen wir so gestalten, wie es die "Geländewagen Touren" auch gemacht hätten - zunächst so weit wie möglich über Schotterpisten!

Camping pur in Kanal ...Die Karte zeigt recht schnell, wie wir zu fahren haben: Ab Postojna führt der Kurs wieder in Richtung zur Burg Predjama, an der letzen Abzweigung zur Burg in Bukovje nach links fahren wir allerdings jetzt geradeaus, nun geht es zum Ort Podkraj. Ca. 10 km sind es auf dieser Strecke, dann ist Col das nächste Ziel.

Nachdem anfangs noch kurz Asphalt unter den Rädern ist, wechselt es dann zur bekannten Schotterpiste - diesmal unsere eigene, ohne einem Roadbook zu folgen (die Strecke können wir aber unseren "Nachfahrern" genau so empfehlen, wie die anderen auch!).

Bei Col gelingt es uns dann auf die Schnelle nicht mehr, weiter irgend einer Schotterpiste zu folgen, wie wir das eigentlich wollten. Da wir nicht mehr lange herum suchen möchten, bleiben wir von nun an wieder auf einer Hauptstraße, die uns über Ajdovsoina und später nochmals Nova Gorica Richtung Norden nach Kanal führt - auf eine Höhe von etwas über 100 m, runter von ca. 560 m in Postojna ...

Das Camp Kanal (N46°05.29645´ E013°37.98824´) entspricht noch dem Standard wie vor 20 Jahren, wie von einem Mitglied des Explorer Teams festgestellt wird, das zu dieser Zeit schon mal hier war - lange vor dem Fall des eisernen Vorhangs ...

Nur ist inzwischen die Wiese deutlich größer geworden und auf der wird auch das Redaktions-"Basisfahrzeug" abgestellt und das Zelt aufgebaut - zu diesem Zeitpunkt ahnen wir noch nicht, welch gigantischer Unterschied zwischen dem Explorer und einem Zelt uns heute wettermäßig vorgeführt werden wird ...

Lange sitzen wir heute abend wieder einmal am Ufer der Soca, die wir bereits im Vorjahr so schätzen gelernt haben - kaum Wasser führt sie jetzt und man sitzt im Schotterbett und fragt sich, wo ihr Wasser wohl geblieben sein mag ...

Der Ort Kanal hat am heutigen Samstagabend, den 30.09., kein geöffnetes Lokal, so dass wir den Pickup noch mal starten müssen, obwohl wir das wirklich nicht wollten. Auf Empfehlung der Wirtin in Kanal fahren wir wieder zurück nach Süden: In Deskle, ca. 5 km entfernt, soll es ein gutes Restaurant geben!

Kanal-Feeling pur ...

Die Fahrt von 5 km lohnt sich trotz allem: Das Restaurant ist ok, es ist die "Gostilna Zimic" an der Durchgangsstraße, hier gibt es leckere Sauerkrautsuppe und auch sonst vieles, was uns schmeckt ...

Zwar hatten wir heute den ganzen Tag über, insbesondere am Nachmittag an der Soca, dauernd dunkle Wolken, aber komischerweise nicht den erwarteteten Regen. Doch der kommt heute abend! Bereits vor Verlassen der Gostilna Zimic hören wir draußen ein Rauschen in einer Lautstärke, die uns alarmiert. Als wir raus schauen, sehen wir die Autos auf der Straße Richtung Kanal in strömendem Regen durch hohe Gischten fahren - der Bedarfszelter in einem zuckt gleichsam zusammen und fragt sich: Was mag da draußen im Camp mit dem alten Zelt wohl in der Zwischenzeit passiert sein?

Später: Gischt, Wolkenbrüche, Gewitter, Böenwalze, Regengüsse in ungeahntem Maße. Man sitzt im Cockpit des Pickups, kann eigentlich kaum aussteigen, greift in die (glücklicherweise) hier aufgestellte Kompressorkühlbox und siehe da: Es wurde doch noch das ein oder andere "Notbier" nach Slowenien mit gebracht, das heute abend dringend benötigt wird! Abwechselnd mit dem "Kleinen Feigling" (was sollte man sonst zum Bier dazu trinken bei diesem Wetter?) folgt die eine oder andere Halbe, während draußen die Blitze in die Motorhaube einzuschlagen scheinen, Sturzbäche herunter kommen und man sich wirklich nicht mehr traut, an das Zelt gut 2 Meter neben einem zu denken. Ob es schon 20 cm unter Wasser steht? Und was war noch gleich eingeräumt worden? Der Gedanke an den fehlenden "Explorer" wird echt schmerzlich, hatten wir doch mit diesem so was schon viele Male problemlos überstanden!

Irgendwann scheint die Flut nach zu lassen, oder ist es nur die kombinierte Wirkung vom mehrfachen "Kleinen Feigling" und mitgebrachten Paulaner-Bieren? Im Regenumhang stapfen wir draußen durch fast knöchelhohes Wasser und wagen es irgend wann, ins Zelt zu schauen: Es grenzt an ein Wunder, aber das viele Jahre alte Teil hat Stand gehalten! Kein Wasser im Zelt, und als kurz danach der Regen etwas nachlässt (vorübergehend, wie wir bald feststellen werden!), beschließen wir, tatsächlich wieder darin die Nacht zu verbringen und doch nicht auf der Ladefläche des Pickups. Alle Achtung vor der Fjällraven-Qualität dieses Zelts, das wir nun wieder aufbereiten werden für kommende Touren, denn dafür hat es sich echt bewährt! Die kommende Nacht wird ruhig, wenn es auch hin und wieder "tröpfelt" ...

So, 01.10.00

Heute morgen lässt der Regen kurz nach, so dass tatsächlich weitgehend trocken gefrühstückt werden kann - die Soca ist an diesem Morgen wieder gut gefüllt im Gegensatz zu gestern - während die Handtücher am Pickup-Heck trocknen, kann noch das eine oder andere Bild an diesem wirklich bemerkenswerten Ort für die Nachwelt festgehalten werden ...

Zwischen den Wasserschlachten ...
Nach dem Sturzregen: Kanal wieder voll ...

Wir verlassen Kanal. Wieder in strömenden Regen geht es Richtung Kobarid - wird der Ort noch so sein, wie wir ihn im Vorjahr kennen gelernt haben?

Das Kamp Koren (N46°15.0348´ E013°35.21022´) ist voller als letztes Jahr, klar doch, wir sind ja auch diesmal deutlich früher hier, Wildwasserfahrer bevölkern unübersehbar das Gelände.  Es gießt unverändert und auch die Betreiberin des Camps prognostiziert frühestens für morgen besseres Wetter für uns, nachdem sie den aktuellen Wetterbericht eingeholt hat (extra für uns, sie hatte uns in ihrem PC wieder gefunden!).

Was kann man an so einem Regentag als "echter" Zelter tun? Nun ja, natürlich ins Museum gehen, denn das hatten wir im Vorjahr ausgelassen: Das Museum von Kobarid! Dieses Museum berichtet über die bewegte Vergangenheit der Umgebung in den letzten Weltkriegen: Im Ersten Weltkrieg fand hier die berühmte 12. Schlacht am Isonzo statt im Oktober/November 1917 - Österreich/Deutschland-Ungarn erreichte in diesem Jahr einen geschichtsträchtigen Sieg gegen Italien (In diesem Umfeld spielt auch auch Hemmingways "In einem anderen Land").

Im Museum findet eine deutsche Vorführung statt, es kommt sogar jemand rum, der uns auf diesen Film im Museum aufmerksam macht - echter Service hier! Was folgt, sind intensive Eindrücke von Vernichtungsschlachten mit Giftgaseinsatz, auch Kämpfe auf hohen und höchsten Berggipfeln - Ereignisse wie der erste Blitzkrieg der Kriegsgeschichte, die größte Bergschlacht der Menschheit, der erfolgreichste Durchbruch im Ersten Weltkrieg werden hier beschworen - hat aber alles letztlich nichts genutzt, denn bereits 1918 fiel alles wieder zurück an Italien ...

Wir stehen noch unter dem Eindruck letztlich sinnlosem europäischen Schlachtens in dieser Region - wie viel besser sind wir da doch heute dran. Da kann man die EU und selbst den Euro letztlich nur noch gutheißen - all das Gesehene gehört im Europa unserer Tage wirklich nur noch der Vergangenheit an, soviel scheint heute nun zum Glück wirklich recht sicher!

Der strömende Regen hält an: Gegen 15:00 Uhr sitzen wir im Anblick einer "Kobarider Seenplatte" mitten in der "City" unter der Markise einer Cafeteria - es fällt der Entschluss zur Rückkehr. Was bringt einem "echten" Zelter eine Nacht bei strömendem Regen auf der Wiese an der Soca? Wir werden das für den Abend eingeplante Essen im Kobarider Restaurant vom Vorjahr auslassen und zurück fahren - aber erneut gilt eines heute nachmittag: Wir werden wieder kommen - aber dann doch wie bisher mit dem Explorer ...


© Text/Bilder 2000 J. de Haas