5. Tag: So 25.07.99 23:17 03:23

Der Wecker geht am "wilden Campingplatz" um 7:00 Uhr. Natürlich war niemand in der Umgebung des Fahrzeugs während der kurzen Nacht, ein Spaziergang zum nahen See ist heute morgen bei steifer Brise und 17° C angesagt.

Wirklich schön ist es hier heute morgen, doch die Thermounterwäsche ist trotzdem bereits wieder angezogen, SIE sind auch morgens da, alles andere ist Fabel! Jede Menge "Schwestern" umschwirren schon das Redaktionsfahrzeug, aber die Tomcat-Kappe mit Ohrenklappen (gegen das Surren am Ohr) und eine Autan-Abreibung helfen wieder - eigentlich alles kein Problem und alles andere ist Panik-Mache!

Nur wenige hundert Meter neben unserem "wilden" Stellplatz fahren wir an der dortigen Hütte vorbei - völlig fassungslose Gesichter hinter den Scheiben lassen erkennen, wie die Wirkung unseres (überraschend?) hier in der Wildnis aufgetauchten Fahrzeugs ist - wohl kaum einer von denen hatte mit uns gerechnet - wir hatten sie aber sehr wohl auf unserem gestrigen Rundgang (aus der Deckung) gesichtet!

Nachdem sich das Gelächter an Bord gelegt hat, verlassen wir das Grenzgebiet über eine mittlerweile glitschige, vom Regen durchweichte Piste. Spannend ist Weiterfahrt auf der Lehmpiste, deren Ablagerungen uns bis weit nach Rückkehr zur heimischen Waschanlage verfolgen sollen - selbst der Pfotenabdruck eines nebenher laufenden "wilden" Hundes bleibt uns erhalten bis zur Rückkehr!

Wir umkurven Kuusamo großräumig bei der Abfahrt, folgen der 81 Richtung Rovaniemi. Regen, Sonne, gleichförmige lange Strecke, Straßen bis zum Horizont. Manchmal fast schon amerikanisch anmutende Atmosphäre mit Blick zum Horizont, der allerdings hier deutlich früher beginnt als dort, wie sich der Berichterstatter an seine Touren in Texas oder New Mexico erinnert - aber wir sind hier in Europa, und mit Sicherheit an einem seiner schönsten Fleckchen!

Bäume am Straßenrand in Hülle und Fülle, rosa-lila Phlox am Wegesrand, überall neben der Straße und in den Wiesen, zauberhafte Anblicke. Leider macht sich wie immer schnell die Gewöhnung breit. Was normalerweise zum Überleben in unseren Verhältnissen beiträgt (wer könnte es sonst täglich aushalten, morgens mit der S-Bahn in die Stadtmitte zu seinem Büro zu fahren?), kehrt sich hier ins Gegenteil - auf diese Gewöhnung könnte man schon verzichten: ein Anblick, heute normal, in wenigen Wochen schon wieder nur Wunschtraum! Aber wo sind eigentlich die Touristen?

Eigentlich sollte laut Roadbook dieser Streckenabschnitt ca. 250 km betragen und bis hinter Rovaniemi reichen, aber eigentlich war auch am Vortag ein Ruhetag eingeplant, der ausgefallen ist! So genehmigen wir uns eine kürzere Strecke - unser heutiges Ziel ist ein Platz, an dem wir endlich den verdienten ersten Ruhetag einlegen können. Wir werden den ersten Platz nehmen, der uns heute gefällt: Der Kemijoki (mit 510 km Finnlands längster Fluss) liegt neben uns und bietet immer wieder faszinierende Anblicke.

Deutlich vor Rovaniemi halten wir am Kelokylä Ja Camping, Kuusamontie, Viirinkylä (Camp4, 66°23.16407´ E026´°35.8885´), immer noch an der Straße 81. Wieder mal haben wir anscheinend ein Campingdorf für uns allein, kein Mensch außer uns ist hier, als wir das Fahrzeug direkt neben der Treppe zum Fluss parken und unser Camp aufbauen ...

Allein im Campingdorf ... ... nur das Geschütz droht ...

Feuerstellen sind wie überall auch hier, deshalb ist Grillen im allgemeinen angesagt - entsprechendes ist auch zu beobachten, als sich der Platz nach und nach mit Einheimischen zu füllen beginnt, die mit ihren Pkws von Hütte zu Hütte zu touren scheinen ...

was bruzelt denn da ??
.. die Küche ist doch eigentlich im Tipi ...

Kaum "Schwestern" unterwegs, wie wir die "Hüttinnen" (oder profan Mücken) inzwischen nur noch nennen - das muss man nutzen! Das Schlauchboot wird wieder ausgepackt, eine erste Fahrt auf dem Kemijoki (stromabwärts) führt teilweise zu heftiger Ruderei, da in der Mitte doch Strömung aufkommt - aber es ist so erholsam hier, dass wir morgen sicherlich hier unseren ersten "verdienten" Ruhetag einlegen werden!

6. Tag: Mo 26.07.99 23:13 03:27

Der Suunto weckt heute morgen mit Alarm 2: Ruhetag und damit eine Stunde später aufstehen! So kann man sich nochmal im Schlafsack herumwälzen, trotz aller Freizeit ist man doch morgens wie abends nach allem immer ziemlich fertig - warum eigentlich?!

Verwaltungsarbeit steht an, die Tourenbeschreibung bzw. einige Stichworte dazu wollen reingehackt werden - also sitzt man dann irgendwann hinter seinem Laptop - Idylle hin oder her!

Ein Redakteur bei harter Arbeit ... ... während rundherum das Idyll lauert ...

Um es kurz zu machen: auch heute ist wieder viel Bootfahren angesagt (wann steht man schon mal direkt an der Treppe zum Kemijoki?), darüber hinaus Ausruhen, Genießen - Finnland pur also!

Am Kemijoki ...
Wer sagt, dass die Mavica nicht auch die richtige Stimmung einfängt ..?

Die Bilder der Mavica sind schließlich auch von Disketten auf den Laptop gebracht, die Verwaltung beendet, die Berichtsnotizen niedergeschrieben, die Temperatur von tagsüber 22°C auf mittlerweile 15°C gefallen - immer noch mehr als gut erträglich!

Wieder kommen wie schon vorher Gewitter vorbeigezogen, aber es erwischt uns am Platz nicht mit voller Wucht. Als gut erweist sich bei Windstille im "Grillhäuschen" die große Citronella-Kerze mit Silberfolie - kaum eine "Schwester" verirrt sich zu uns!

Finnland wird wirklich zu recht als das wärmste Land dieses Breitengrads bezeichnet, wie wir auch heute feststellen können, was allerdings bei einer Höhe von 100 -140 m auf unserer Tour auch kein Wunder zu sein scheint. Hier herrscht "echtes" Kontinentalklima mit kalten Wintern, aber heißen Sommern - uns soll es recht sein unter der Plane ...

Auch der Suunto funktioniert zufriedenstellend: 1016 mbar zeigt er an bei einer Höhe von 100 m - was will man mehr!

Heute abend ist erstmalig schon wieder wenige Minuten früher Sunset als am Vortag, wie uns das GPS anzeigt, runde 4 Minuten, die man allerdings noch nicht bemerkt. Aber dass der Wendepunkt nun kommt, zieht als "dunkle Ahnung" auf in noch beleuchteter Mitternacht - immer noch braucht man nach wie vor kein Licht und keine Lampe am Abend im Redaktionsfahrzeug ...


© 1999 J. de Haas