Antwortschreiben ADAC vom 28.10.98, Juristische Zentrale, München

"... besten Dank für die Zusendung Ihrer Stellungnahme zum Kreisverkehr in Großbritannien und zu dem Ihnen in diesem Zusammenhang bedauerlicherweise widerfahrenen Unfall. Ihre Unterlagen sind uns leider erst kürzlich zugeleitet worden.

Die komplizierten britischen Regelungen im Hinblick auf den Kreisverkehr führen immer wieder zu Unsicherheiten bei Autofahrern vom Kontinent. Im Hinblick auf das Geradeausfahren im Kreisverkehr müssen wir Ihnen leider mitteilen, dass Ihre Auffassung durchaus mit dem "Highway Code" oder dem "Road Users Handbook" in Einklang steht, in der Praxis jedoch erhebliche Unterschiede zu den gesetzlichen Vorgaben bestehen. 

Nach unserem Kenntnisstand ist es beim Geradeausfahren in einem zweispurigen Kreisverkehr üblich, bereits beim Anfahren des Kreisverkehrs sich in die rechte Fahrspur einzuordnen um in die innere Spur des Kreisels einzufädeln. Fährt man aus dem Kreisverkehr heraus, so nimmt man die rechte Spur der Ausfahrt, die meist bald in die linke Spur einfädelt. Beim Einfädeln müssen Sie die Vorfahrt beachten, da die linke Spur Vorfahrt hat.

Was die linke Fahrspur betrifft, so wird sie in der Praxis wohl tatsächlich nur von Verkehrsteilnehmern benutzt, die bereits an der ersten links liegenden Abfahrt wieder aus dem Kreisverkehr herausfahren.

Wir bedauern, Ihnen keine günstigere Auskunft geben zu können und verbleiben
mit freundlichen Grüßen ..."


Anmerkung der Redaktion:

Alles klar?? Wir haben den Brief dreimal gelesen, uns wieder mal die Augen gerieben und dann zum Hörer gegriffen. Der freundliche Jurist beim ADAC bestätigte den Eindruck, daß es sich hier eigentlich um eine unglaubliche Sache handelt - mitten in "Europa" und dann noch im öffentlichen Straßenverkehr eine solche Situation!

Wie die Versicherungen in diesem Fall reagieren und die Justiz bei derartiger Rechtslage, konnte er uns nicht mitteilen ohne weitere Nachforschungen. Dass jedoch die Reaktion der Polizei wie in unserem Fall erfolgte, nämlich uns eine Mitteilung über die nicht erfolgte Unfallaufnahme zu senden, erschien ihm durchaus damit zusammenzuhängen und auch wir sehen diese Mitteilung ab sofort in einem ganz anderen Licht!

Aber woher soll der Tourist das nun wissen? Reisebüro: Negativ. Fähre: Negativ. Sonstige Infos: Negativ. Aber klar: Wenn man sowas publik machen würde, erschienen dortige rechtliche Vorgaben als diejenigen einer Bananenrepublik, und welches Land würde das schon zugeben? Also wird man stillschweigend weiter die Touristen auf eigene Gefahr durch die wirren Kreisel Newcastles jagen - die meisten kommen ja offensichtlich durch, auch wenn nach Auskunft des ADAC derartige Unfälle (naturgemäß!) an der Tagesordnung sind!

Na dann, auf nach England und viel Vergnügen in den "entschärften" Kreuzungen!

Übrigens: Wie telefonisch vereinbart, liefern wir nach Abschluss des Falls einen Gesamtbericht an den ADAC - offensichtlich eine interessante Geschichte für dessen Zeitung ...