Deutschland, Winter 2008: Vorbereitung ist alles ...

Winter in Bayern. Immer noch überlegen wir, wohin die Reise nächsten Sommer gehen könnte. Der Osten lockt, und insbesondere das Baltikum: Doch wohin genau? Es werden Fährstrecken studiert: Tallinn (ist nicht mehr direkt erreichbar), Riga (Ankunft um 21:00 Uhr abends!), Klaipeda (kennen wir schon), Ventspils vielleicht (Ankunft 23:30 Uhr nachts )? Alles irgendwie nicht ganz das Richtige und lockt nicht wirklich ... 

Da entdecken wir die Verbindung von Sassnitz/Mukran nach Baltijsk, dem Hafen von Kaliningrad. Baltijsk, bis vor wenigen Jahren ein gesperrter Hafen der russischen Marine, der mit einer Eisenbahnfähre angefahren wird, erscheint uns plötzlich interessant: Von da aus könnte man die Kurische Nehrung komplett bereisen!

Nun, der Fahrplan endet im Mai ´09, aber was soll´s, es wird schon weiter gehen: Schließlich wurde erst im Januar die Frequenz von einmal pro Woche auf zweimal pro Woche erhöht ...

Unterlagen ohne Ende: Visumantrag ...Ein Anruf bei der Reederei ergibt jedoch, dass man unsicher ist, wie es weiter geht, wir sollen eine E-Mail schicken, man würde sich dann melden. 

Es wird schließlich Mai ´09 und niemand meldet sich. Erneuter Anruf: Man hat uns nicht vergessen, aber die Reederei hat das Buchungssystem erneuert und die Software kann die Route Baltijsk noch nicht buchen, man solle Verständnis haben. Die Wirtschaftskrise hat dazu geführt, dass nur noch einmal pro Woche gefahren wird, die Speditionsaufträge, die die Fährstrecke lukrativ machen (sollen?), sind offenbar erheblich reduziert worden ...

Na, wird schon werden, derweil kann man sich um die Einreiseformalitäten in die russische Exklave, den Oblast Kaliningrad kümmern: Erst im Sommer 2008 soll die Duma, das russische Parlament, beschlossen haben, dass sich Fährreisende für 3 Tage ohne Visum auf russischem Gebiet aufhalten dürfen. Schön, nur weiß niemand etwas davon. Das Risiko, mit der Fähre dorthin zu reisen und die russischen Zöllner vor Ort mit dem Duma-Beschluss zu konfrontieren, erscheint tollkühn.

Die russische Botschaft reagiert nicht auf diesbezügliche E-Mail-Anfragen und während der offiziellen Telefonstunden (09:00 - 13:00 Uhr) ist sie ständig nur besetzt. Klar, dass man bis 08:59 Uhr und ab 13:01 Uhr nur Rufzeichen hört, ab 09:00 Uhr schließlich wird dann das Besetztzeichen als Ringbacktone eingespielt ...

Also gehen wir auf Nummer sicher und wenden uns an eine Visum Agentur, um die gewünschten Visa zu erhalten. Dort ist man sehr hilfsbereit und beantwortet alle Fragen per E-Mail in kürzester Zeit.

Mitte Mai ´09 schließlich trifft die Bestätigung ein, dass die Fährpassage gebucht wird: Nach kurzen Verhandlungen mit den Krankenversicherungen gibt es die für das Russlandvisum erforderlichen Bestätigungen, Zusatzversicherungen müssen von uns hierfür nicht abgeschlossen werden. Kurze Sitzung noch beim Fotografen und schon sind die Visa Anträge auf dem Weg.

Der internationale Führerschein ist ebenfalls beantragt, bleibt nur noch das Auto: Zwar ist Russland westlich des Urals nun im Gültigkeitsbereich der Grünen Karte enthalten, doch will unsere Versicherung davon nichts wissen. Nach längerer Diskussion räumt man ein, dass das wohl stimme, aber deswegen gibt es dennoch keine grüne Karte mit dem gewünschten Eintrag: Die aktuellen grünen Karten sind noch ohne Russland gedruckt und müssen erst aufgebraucht werden. Auch der ADAC kann nicht helfen; es wird bestätigt, dass kein Weg daran vorbei führen wird, eine entsprechende Kfz-Versicherung nach Ankunft in Baltijsk abzuschließen. Großzügig zeigt man sich nun auch bei unserer Versicherung: Man will uns ggf. die russischen Gebühren zurückerstatten ...  

Soweit also noch die Situation im Jahr 2009: Helfen kann der ADAC jedoch bei der Besonderheit, dass unser Fahrzeug nicht auf einen der Reisenden zugelassen ist: Man stellt eine beglaubigte Bestätigung aus, dass für das Fahrzeug eine Vollmacht vom Halter vorliegt und es in das russische Staatsgebiet eingeführt werden darf ...

Amtliche Einladung: Schrift gewöhnungsbedürftig ... ;-))

Nach und nach treffen die Ergebnisse der geballten deutsch-russischen Bürokratie ein und auch das Roadbook mit den Etappen für die Reise durch 7 Länder wird fertig gestellt. Die Etappenrouten liegen als gpx-Dateien für Map Source und den Zumo vor und der Explorer kann gesattelt werden. Lediglich für den Oblast Kaliningrad gibt es keine offiziellen Garmin-Karten, die verfügbare freie Karte erscheint nicht sonderlich zuverlässig. Als Konsequenz wird eine passende topografische Karte gescannt und dem OziExplorerCE vorgeworfen - kein Problem, auf dieser Etappe auch mit dem PDA hervorragend zu navigieren.

Doch es kommt alles ganz anders: Zwei Tage vor Abfahrt wird der Zumo geladen mit allen Etappenrouten, die Routenansagerin Steffi bekommt ihre neuste Voice-Datei, damit sie nicht nur duzen kann, sondern auch sonst noch alles anspricht, was wichtig erscheint - alles ist bereit!

Natürlich ist noch ein Test des Zumos erforderlich, der einmal rund um den "Block" führt - und oh Schock - permanent erscheint nun die Meldung, dass die GPS-Firmware geladen wird und danach ist kein Satellit mehr zu sehen. Die wenigen Diskussionsbeiträge in den Foren zu diesem Thema lassen Schlimmes befürchten: Der Support in Gräfelfing gibt zwar noch einen Tipp, der schlägt aber fehl - Steffi ist definitiv kaputt und muss eingeschickt werden. Mit 10 Tagen Wartezeit ist derzeit zu rechnen, ein Ersatzgerät können wir nicht erhalten.

Wir fragen im Expeditionsladen Därr an, man hat leider keine Zeit, weiß nicht so recht wozu man uns raten soll und will zurückrufen, woraus aber leider offenbar nichts wird ...

Pünktlich zum Reisebeginn: Der Zumo fällt aus ... Ebenso pünktlich: Der Wechsel zu TomTom gelingt ...

Was also tun? Einen neuen Zumo kaufen mit Steffi? Der hat doch dann womöglich auch bald den gleichen Defekt! Die ganze Tour mit TomTom auf dem PDA fahren? Das Display ist doch sehr klein. Also wird der Schritt gewagt: Kurzfristiges "richtiges" Umsatteln auf TomTom. 

Dank Amazon bekommen wir über Nacht für kleines Geld einen TomTom IQ One mit der uns vom PDA schon bestens bekannten Routenansagerin Lisa. Zum Glück können die Routen schnell in das nun erforderliche itn-Format konvertiert werden. Lisa kommt, erhält die Routen, übersteht den wichtigen Test bei der Fahrt um den Block und lässt uns staunen: Die Karten der mitgelieferten Edition Europa enthalten auch Kaliningrad und sämtliche anderen Länder, die wir bereisen wollen.

Von Garmin Deutschland werden wir später nach Abschluss unserer Tour trotz abgelaufener Garantiezeit einen brandneuen Zumo erhalten, ein Service also, über den man nicht meckern kann. Aber: Lisa samt TomTom wird während der gesamten Reise einen derart guten Eindruck bei uns hinterlassen, dass wir nach Rückkehr unser "Haupt-Navi" wechseln. Aber das alles wissen wir jetzt noch nicht: Was wir wissen, ist, dass es nun losgehen kann, für entspannte "Führung" unterwegs scheint nun trotz aller Hindernisse gesorgt ...


© 2009 Text/Bilder Sixta Zerlauth