Etappe 2: Der lange Weg zum Dempster Highway ...

Donnerstag, 20.07.06

(Wegstrecke: 0 km, Zeit unterwegs: 0 h)

Der erste Pausentag steht eher nicht im Zeichen der Erholung, da wir uns gleich daran machen, den Fluss zu überqueren: Zu diesem Zweck bringen wir erst einmal die Tonnen mit Hilfe einer tollen Tragestange nacheinander zum Fluss, wo wir dann auch die ersten Menschen während dieser Tour aus einiger Entfernung sehen, es sind etwa 10 Kanufahrer, die ein Stück weiter flussabwärts an Land gegangen sind. Als wir dann einige Zeit später mit der zweiten Tonne zum Strand kommen, sind sie bereits weiter gezogen - ein kurzes Vergnügen!

Doch nun geht es daran, das Lager abzubauen und die restlichen Dinge in den Rucksäcken zum Fluss zu schaffen. Chrisie macht uns das Versuchskaninchen und testet einen Weg über den Fluss: Er kann sich über einige Inseln entlang hangeln, doch von der letzten aus geht es nicht weiter. Wir beschließen, unser ganzes Zeug bis zu dieser Sandbank-Insel zu bringen und es von dort mit den Tonnen weiter zu transportieren. 

Zu diesem Zweck soll einer von uns die restliche Strecke mit einem Seil schwimmen, um dann die Tonnen immer zwischen Insel und anderem Ufer hin und her ziehen zu können. Der erste, der dies versucht, ist Chrisie, nur leider ist das Seil zu kurz, da wir zu wenige aneinander geknüpft haben. Also muss er es loslassen, um zum Ufer zu gelangen. Nach einigen vergeblichen Versuchen von mir, das Seil mit einem Stein zu ihm zu werfen, kommt er schließlich wieder zur Insel zurück, er ist nun ziemlich unterkühlt. Wir müssen uns warm arbeiten: Ein paar zusätzliche Seile (Gleitschirmleinen) werden an das zu kurze Seil geknüpft und nun bin ich an der Reihe zu schwimmen. Dies stellt sich nicht gerade als leicht heraus, wenn man in der einen Hand einen Drybag mit den Sachen zum Anziehen halten muss und ohne Brille nichts sieht ... 

Schließlich ist es aber geschafft und wir können beginnen, die gesamte Ausrüstung über den Fluss zu transportieren. Natürlich gibt es dabei auch wieder einige Schwierigkeiten, denn der Wind ist so stark, dass es kaum möglich ist, alle Dinge aus den Tonnen windsicher zu verstauen. Ein weiteres Problem ist, dass die leere Tonne vom Seil sofort in den Fluss gezogen wird, so dass man sie die ganze Zeit mit einer Hand festhalten muss, während man mit der anderen das Zeug ein- bzw. auslädt. Auf diese Art und Weise zieht sich die ganze Sache ziemlich lang hin, zum Glück spielt aber - abgesehen vom Wind - das Wetter recht gut mit und es regnet nicht während unserer Räumaktionen. 

Der Weg über den Fluss ... Chrisie als Tonnenschwimmer ...
Fast geschafft ... Mal "Alles" mit Zwiebeln, Bohnen, Beef, Gemüse ...

Nachdem Chrisie zum zweiten Mal zur anderen Flussseite geschwommen ist, heißt es nun einen geeigneten Lagerplatz (Camp 9) zu finden, da es wegen des heftigen Windes unmöglich ist, direkt am Strand zu zelten, wo es eigentlich von der Lage her toll gewesen wäre. Also schaffen wir unsere Sachen hinter einen Hügel, wo wir schließlich auch das Tarp aufbauen und uns eine kurze Rast gönnen.

Nach der Rast muss gekocht werden, es soll Chili mit "Allem" werden, was wir haben, also mit Zwiebeln, Bohnen, Beef, Gemüse, ...  

Nicht so gut ist, dass wir hier keine Steine zur Verfügung haben, auf die wir den Topf stellen können und so müssen wir ihn immer wieder ins Feuer stellen, was zwar nicht optimal ist, aber doch irgendwie geht. Das Essen ist lecker und riecht intensiv - vermutlich auch für andere hungrige Mäuler. Aus dem ursprünglich ausgesuchten Zeltplatz wird somit nichts und wir schlagen unsere Zelte ein gutes Stück weiter flussaufwärts entgegen der Windrichtung auf. Hier hatte ich allerdings einige ziemlich große Löcher in der Erde und verdächtige Fußspuren entdeckt - wir hoffen nur, dass das keine Vielfraßgegend ist. Aber wer weiß, vielleicht sind es ja keine Vielfraße, sondern eher Fuchsbauten, was bei weitem besser wäre. Vielleicht wissen wir nach dieser Nacht schon mehr ...

Freitag, 21.07.06

(Wegstrecke: 0 km, Zeit unterwegs: 0 h)

Heute schauen wir uns nach dem Aufstehen die Karten für die zweite Etappe einmal genauer an: Unser ursprünglicher Plan, den nächsten Pass drei Tage nach unserem erneuten Aufbruch überqueren zu können, scheint uns heute kaum noch durchführbar - dieser Pass wirkt viel zu steil. So wählen wir eine Ausweichroute, die etwa einen Tag länger dauern wird, dafür aber relativ sicher zu gehen sein wird. 

Mit Chrisies "Methode", dass drei Finger 10 km entsprechen, kommen wir insgesamt auf einen zusätzlichen Tag bis zur Durchquerung des Hart River, insgesamt also 20 Tage à 10 km. Da wir uns beide aber ziemlich sicher sind, doch mehr schaffen zu können, teilen wir uns das Essen für insgesamt 18 Tage ein und beschließen eine weitere Einsparung in Sachen Kalorienverbrauch. Da wir bisher kaum Nüsse gegessen haben, werden wir diese ganz weglassen und uns bei den Müsliriegeln auf die Hälfte beschränken, was eine Gesamtgewichtseinsparung von 4,5 kg bringt. Morgen werden wir uns dann auch noch die Ausrüstung genauer daraufhin ansehen, ob wir wirklich alles benötigen. Wir könnten dann etwas in den Tonnen zurücklassen, wenn wir halbwegs sicher sind, dass diese irgend jemand - eventuell ein Kanufahrer - mitnimmt. Aber das werden wir morgen entscheiden ...

Idyllische Rast ... Kochen als Hauptbeschäftigung ...
Das Ergebnis kommt gut an ... Neuer Geruch: Duschgel ...

Heute verbringen wir den restlichen Tag zum Großteil mit Kochen (Spaghetti, "Kebab" und Haferflocken) und Wäsche waschen. Nun stinkt das ganze Zeug nicht mehr nach Schweiß, sondern intensiv nach Duschgel, was auch nicht unbedingt besser ist ...  

Der Wind war den ganzen Tag über wieder ziemlich heftig und auch jetzt, kurz nach 22 Uhr, ist er noch nicht wirklich abgeflaut. Ich bin tatsächlich froh, wenn wir endlich aus diesem Tal heraus kommen und dann hoffentlich weniger Wind haben werden. Und überhaupt, ich kann es schon kaum mehr erwarten, endlich wieder loszuziehen, das "Herumhängen" ist nicht so wirklich ein Vergnügen für mich.

Am Abend sitzen wir noch etwas am Feuer und Chrisie spielt Mundharmonika, während ich mich am Brennholz mit Messer und Säge zu schaffen mache. Morgen geht es dann ans Umfüllen und Packen ...

Samstag, 22.07.06

(Wegstrecke: 0 km, Zeit unterwegs: 0 h)

Das Abfüllen von Mehl, Milchpulver und vielem anderen ist wie erwartet eine ziemliche Sauerei: Vor allem beim Milchpulver, bei dem Chrisie gemeint hatte, er würde sich gar nicht erst bemühen, da sowieso alles eingestaubt würde. Dementsprechend sieht die ganze Sache dann auch aus: So ziemlich alles unter unserem Tarp ist mit einer weißen Milchpulverschicht bedeckt ...

Alles in allem geht das Abfüllen aber ziemlich zügig dahin und auch das Sortieren der Sachen geht uns recht flott von der Hand. Interessanterweise haben wir von den Hauptspeisen gerade genug für die 18 Tage. Die Fertiggerichte, die wir an den ersten beiden Tagen hier gegessen haben, waren offensichtlich durchaus nötig. Aber da wir jetzt ohnehin mit 18 Tagen rechnen, sollte die Versorgung eigentlich kein Problem werden. 

Ansonsten tut sich dann nicht wirklich mehr viel, abgesehen vom Essen: Wieder dabei das leckere "Strofanoff-Ding" und auch wieder Chili, das immer für ziemliche Schaase sorgt (Anm. der Red.: Österreichischer Fachbegriff für Blähungen ... ), vor allem bei Chrisie ist das ganz extrem, da es bei ihm auch ziemlich lange anhält ... 

Das Abfüllen von Mehl, Milchpulver ... ... artet zur Sauerei aus ...
Drin ist Chili ... Ob die Flöße funktionieren werden?

Somit ist der Großteil des Tages schon wieder verplant und es bleibt kaum noch Zeit, etwas anderes zu tun. Ich bin schon froh, wenn wir hier endlich wieder aufbrechen, das viele "Herumhängen" macht mich schon ganz fertig und wirkt auf mich auch nicht wirklich erholsam. Aber wahrscheinlich wird sich unser Aufbruch verschieben, da Chrisie vor hat, die Tonnen wieder über den Fluss zur Hütte zu schaffen, damit sie unser Pilot mitnehmen kann, falls er wieder mal hierher kommt. Das wird sicher interessant, da Chrisie plant, die Tonnen als Floß zu verwenden. Auf dem Rückweg will er Drybags verwenden, ich bin schon gespannt, ob das wirklich funktionieren wird, oder ob sich eines seiner Flöße auflösen wird ...

Sonntag, 23.07.06

(Wegstrecke: 13 km, Zeit unterwegs: 5 h)

Aus dem Floßbauen gleich am Morgen wird nichts, da das Wetter nicht mitspielt, deshalb beginnt der Aufbruchstag relativ gemütlich und in der ersten größeren Regenpause machen wir uns erst einmal Apple Pancake mit Maple Sirup, was sehr lecker ist. Deshalb machen wir uns auch in der nächsten oder übernächsten Regenpause erneut diese Dinger, motiviert ungemein ..!

Da das Wetter auch weiterhin nicht wirklich schön ist, lässt Chrisie seine Idee fallen, die Tonnen zurück zum Angel Lake zu bringen. Wir wollen sie einfach irgendwo hinstellen, wo sie Kanufahrer mitnehmen können. Das Ganze verzögert sich aber weiterhin und so dauert es schließlich bis gegen 16 Uhr, bevor wir nicht sonderlich motiviert mit dem Packen anfangen. 

Die ganze Sache mit Camp abbauen, Müll verheizen, Tonnen herrichten und Rucksäcke packen dauert dann bis fast 19 Uhr, als es endlich wieder losgeht. Das erste Mal den etwa 30-32 kg schweren Rucksack zu heben, ist allerdings ganz und gar kein Spaß und jeder Schritt muss sorgfältig gewählt werden beim Versuch, so schonend wie irgend möglich zu gehen. Nach der ersten Stunde geht es jedoch schon bedeutend besser und wir kommen trotz des Gewichts gut voran. Der Weg ist in dieser Hinsicht auch ganz hilfreich, wir haben nur ein ganz kurzes Stück Wald zu Beginn, der Rest ist ein ausgetrocknetes Flussbett oder Ähnliches, auf dem wirklich ganz fein zu gehen ist ...

Natürlich - wie wir es von hier schon gewohnt sind - gibt es keine optimalen Bedingungen und so werden die Moskitos zum Negativpunkt dieses Tages. Noch nie waren so viele von ihnen ständig zugegen, zum Teil ignorieren sie sogar das Insektenspray stechen einen meist zu dritt oder viert gleichzeitig durchs Hemd in den Schulterbereich - es ist zum wahnsinnig werden!

Mit viel Gepäck im ausgetrockneten Flussbett ... Trotzdem angenehm zu gehen ...
Das Gewicht ist nicht zu verachten ... Nächtliches Beef Rotini im Camp 10 ...

Abgesehen von diesen Quälgeistern ist es jedoch ganz angenehm zu gehen, selbst mit all dem Gewicht kommen wir so schnell voran, dass wir aller Voraussicht nach nicht einmal die geplanten 18 Tage brauchen werden. Wenn wir nicht jeden Tag nur um die 4 Stunden gehen wollen, könnte es weniger lang dauern, deshalb werden wir wahrscheinlich noch etwas vom Essen entsorgen und zusätzlich noch den einen oder anderen Berg ohne unser Zeug in Tagestouren besteigen, doch wir werden sehen!

Jetzt heißt es, nachdem wir unser Lager (Camp 10) in der Talmitte aufgeschlagen und Beef Rotini gegessen haben, erst einmal Schlafen zu gehen und auszuruhen für morgen, denn es ist jetzt bereits kurz nach 2 Uhr morgens und um 11 Uhr oder so heißt es wieder aufstehen und die Tour fortsetzen ...

Montag, 24.07.06

(Wegstrecke: 13 km, Zeit unterwegs: 6 h 30 min)

Am heutigen Morgen haben wir nach dem Frühstück gegen 11 Uhr von Essensvorräten für zwei Tage Abschied genommen, da wir annehmen, dass wir jeden Tag ziemlich viel km gehen können und deshalb weniger lang brauchen werden, was die Rucksäcke leichter macht.

Der Tag entwickelt sich hinsichtlich des Wetters hervorragend und so verdunkeln bei unserem Aufbruch gegen Mittag so gut wie keine Wolken mehr unser Tal. Durch den gleichmäßigen Wind sind auch im Moment keine Moskitos mehr da, weshalb wir zum ersten Mal auf unserer Tour mit den kurzen Hosen gehen können, was sich bei den augenblicklichen Temperaturen als sehr angenehm erweist. 

Die Landschaft tut dann ihr übriges dazu, dass dieser Tag der bisher schönste wird. Im Tal ist der Weg gut, wir kommen wieder mit rund 3 km/h voran und alles läuft fein. Als es jedoch daran geht, in ein Seitental einzubiegen, wo unser "Pass" liegt, sehen wir schon bald, dass es nicht mehr so einfach gehen würde, am Fluss zu laufen, da die Bäche hier in ziemlichen Schluchten fließen. Da wir aber ohnehin einige durchqueren müssen, versuchen wir unser Glück bei dem, der zu unserem Pass führen sollte.

Das Gehen in den Schluchten macht eigentlich nur in den Sandalen Sinn, da man ständig die Seiten wechseln muss, oder es überhaupt nur möglich ist, im Wasser zu gehen. Es sind sehr imposante Eindrücke, die man dabei bekommt, nur leider ist bei unserem Bach schon nach kurzer Zeit Schluss mit Gehen, da das Wasser einfach zu tief wird und man in der Ferne auch schon eine Art Wasserfall sehen kann. Also gehen wir wieder ein Stück zurück, um dann eine ziemlich extreme Wand hochklettern zu müssen, was nicht unbedingt sehr sicher ist. Anschließend heißt es den Weg oben fortzusetzen, was sich als eigentlich ganz gut herausstellt, da es nicht schlecht zu gehen ist, man einen einigermaßen guten Überblick hat und auch die Wanderschuhe verwendet werden können. 

Bäche fließen hier in Schluchten ... ... und imposante Eindrücke garantiert ...
Der Weg kann nur oben fortgesetzt werden ... Camp 11: Die letzte Möglichkeit vor dem Passtal ...

Dort oben gehen wir dann auch einige Zeit dahin, ehe wir an einem der anscheinend letzten guten Campmöglichkeiten vor dem Passtal (Clear Area) Halt machen (Camp 11).

Zu Essen gibt es "Ranch Omelette with Beef", das sehr stark an das Eipulver von vor zwei Jahren erinnert. Es schmeckt aber gut, auch wenn es nicht allzu viel ist. Es ist kurz nach 21 Uhr, Sonnenschein mit Regen taucht die Umgebung in ein fantastisches Licht ...


© 2007 Richard Schuster