Donnerstag, 13.07.06

(Wegstrecke: 13 km, Zeit unterwegs: rund 11 h)

Aus dem geplanten Aufstehen um halb Acht wird dann leider doch nichts, aber gegen 8 Uhr ist es schließlich geschafft. Wir starten unseren Tagesmarsch dann doch erst kurz vor 10 Uhr und machen uns endlich auf in Richtung Pass.

Wieder kommen wir ziemlich gut voran, nur gelegentlich treffen wir auf unangenehme Büsche und manchmal müssen wir das steile Bachbett herauf- und wieder runter klettern, was mit den schweren Rucksäcken auf die Dauer sehr kräftezehrend ist.

Auf dem Weg zum Pass, so etwa eineinhalb Stunden vor dem "Gipfel", ziehen plötzlich ziemlich große Gewitterwolken auf und wir beschließen, zurück ins Tal auf eine Wiese zu gehen, um dort die Zelte aufzuschlagen. Mittlerweile ist es schon fast 13:00 Uhr und etwa 10 Minuten nachdem wir sie aufgestellt haben, kommt Chrisie der Gedanke, dass unser Tarp in dieser Situation vielleicht nicht schlecht wäre und wir es eigentlich für Situationen wie jetzt mitgebracht haben - wie wir schon bald feststellen, eine hervorragende Idee! 

Das losbrechende Gewitter selbst ist beeindruckend und beängstigend zugleich und ich bin mir nicht wirklich sicher, ob mein Zelt auf diesem Untergrund, wo es nicht gut verankert werden konnte, dem wirklich standhalten wird. Doch es hält und als ich etwas zu Chrisie hinüber rufe, antwortet der, er würde jetzt schlafen, bis das Gewitter vorbei sei - Gemütsmensch! Also versuche ich, es wie er zu machen und packe meine Sachen aus, um ebenfalls etwas zu schlafen.

So etwa gegen 15:00 Uhr schrecke ich auf: Panikartig werfe ich meinen Schlafsack weg, da es plötzlich unerwartet heiß in meiner Umgebung ist. Wie sich allerdings schnell herausstellt, war jedoch nur die Sonne wieder herausgekommen und hatte mein Zelt stark aufgeheizt. Nachdem Chrisie geweckt war, packen wir unsere Sachen wieder zusammen und machen uns erneut auf den Weg in Richtung Pass, den wir dann endlich auch überqueren können. Oben sehen wir das erste größere Tier auf unserer Tour, ein Caribou: Als wir jedoch versuchen, ihm zu folgen, ist es genau so schnell verschwunden, wie es aufgetaucht war ...

Auf dem Wg zum Pass ... Gewitterwolken ziehen auf ...
Nach dem Gewitter ... ... wieder auf dem Weg durch´s Gelände ...

Endlich können wir den Pass überqueren ...

Das nächste Tal und die umliegenden Berge bieten uns wieder einen imposanten Ausblick. Auf dem Weg hinunter hat Chrisie dann fast einen Unfall, als er auf einem steilen Schneefeld abrutscht - zum Glück ist das Feld aber relativ kurz und so wird er nicht allzu schnell, bis er wieder von den Steinen gebremst wird ...

Unten angekommen können wir nicht sehr weit gehen, ehe es wieder zu regnen anfängt - erneut müssen wir unseren Weg in den Regensachen fortsetzen. Zu Beginn stoßen wir in diesem Tal noch auf so gut wie keine Büsche und so geht es trotz des Regens flott dahin und es macht uns viel Spaß. Als der Regen schließlich wieder aufhört, erreichen wir ein Gebiet mit wieder zahlreichen Büschen und das Vorankommen wird teilweise etwas schwieriger, doch insgesamt können wir zufrieden sein: Es geht immer noch einigermaßen gut weiter.

Doch dann beginnt es heute zum dritten Mal zu regnen: Wir beginnen das Wetter zu verfluchen und auch die Büsche werden immer dichter und höher. Und dann traue ich meinen Augen nicht: Chrisie beginnt plötzlich wie ein Duracell-Hase irgendwie unaufhaltsam dahin zu marschieren und so halte ich mich einfach nur dahinter - es funktioniert ..! 

In dieser Landschaft macht das gehen Spaß ... ... auch wenn mal immer wieder in die Regensachen muss ...
Kurzer Halt im Regen ... ... doch dann geht "Duracelli" voran ...

Auf diese Weise kommen wir trotz allem relativ gut voran, obwohl die Situation nicht die Beste ist.

Als wir allerdings zu einer Stelle kommen, an der zwei Bäche zusammenfließen und wir unsere Schuhe hätten ausziehen müssen, um einen der beiden durchqueren zu können, ist auch für den "Duracell Mann" Schluss: Wir suchen uns in den Büschen einfach zwei Plätze, an denen wir halbwegs unsere Zelte aufschlagen können und beenden diesen für uns ereignisreichen Tag (Camp 5).

Als Mahlzeit gibt es Müsliriegel und Schokolade, mehr ist heute Abend nicht drin. Bis vor ein paar Minuten hat "Duracelli" dann auch noch Mundharmonika gespielt, doch jetzt kurz vor Mitternacht ist Schluss und auch ich werde mich zur Ruhe begeben, denn schließlich wartet auch morgen eine anstrengende Strecke auf uns ...

Freitag, 14.07.06

(Wegstrecke: 0 km, Zeit unterwegs: 0 h)

Aus dem verabredeten Aufstehen um 8 Uhr ist zunächst wieder einmal nichts geworden - eine Stunde später hänge ich meine nassen Sachen zum Trocknen auf und auch Chrisie folgt diesem Beispiel. Da es ihn im Moment nicht wirklich freut, weiter zu gehen, auch seine Sachen trocknen zu müssen und sich zudem schon wieder gewaltige Wolkenberge vor uns auftürmen, einigen wir uns darauf, das Tarp aufzubauen. Wir genießen unser Haferflockenfrühstück, diesmal mit Wasser, das wir zuvor durch die Büsche hatten tragen müssen, da der Bach ein gutes Stückchen entfernt vom Camp verläuft. Chrisie will sich nach dem Frühstück erst einmal für eine Weile ins Zelt legen, also gehe auch ich ins Zelt zurück, nachdem ich vergeblich versucht hatte, etwas unter dem Tarp zu dösen, was sich aber wegen der verdammten Mücken schon bald als unmöglich erweist ...

Tarpaufbau ... ... und Haferflockenfrühstück darunter ...

Mein Zeltplatz ist ziemlich "hügelig" und deshalb wollte ich eigentlich nicht unbedingt viel Zeit im Zelt verbringen. Schon bald folgt wieder der nächste Regen - er überrascht uns mitten in der Ruhephase. Weil es allerdings in den Zelten viel zu heiß ist, flüchten wir schon bald unter das Tarpsegel. Und wieder folgt ein Regenguss: Noch einmal suchen wir unsere Zelte auf - und plötzlich verwandelt sich der Regenfall in ein kräftiges Gewitter. Ein paar Mal habe ich auch an diesem Tag Angst, dass der Wind mein Zelt davontragen könnte, denn zuletzt ist das Gewitter noch heftiger, als das vor dem Pass am Tag zuvor ...

Wie sollten wir unter diesen Umständen weiterkommen? Als nach dem Gewitter wieder einmal kurz die Sonne durchblitzt, sind wir jedoch wieder optimistischer: Vielleicht könnten wir einmal eine "Nachtwanderung" machen, der Himmel scheint dafür hell genug zu sein. Also wollen wir diesmal wieder gegen 20:00 Uhr aufstehen und mit dem Packen beginnen.

Ein paar Minuten vor der verabredeten Zeit geht es allerdings schon wieder los: Erneut prasselt Regen auf das Zeltdach und wir beschließen wieder einmal, den Start zu verschieben - diesmal wollen wir den nächsten Versuch um 22:00 Uhr starten. Als es unaufhörlich weiter vom Himmel schüttet, verschieben wir noch einmal: diesmal direkt auf Mitternacht.

Wieder einmal hat der Regen gerade aufgehört, der Himmel ist jedoch ziemlich bedeckt. Noch vor Mitternacht ist Chrisie der festen Überzeugung, dass da eine üble Wetterfront auf uns zukommt. Ich hoffe inständig, dass das nicht etwas länger anhaltendes wird, was ganz und gar nicht gut für unser Vorhaben wäre; tröstlich eigentlich nur die letzten Worte, mit denen sich unser Pilot von uns verabschiedet hatte: "Eigentlich regnet es ja hier auch fast nie oder so gut wie nie ..."

Voller Vertrauen in die Worte dieses Piloten wälze ich mich unruhig in meinem Zelt herum: Mal sehen was der neue Tag ab Mitternacht so bringt ..!

Samstag, 15.07.06

(Wegstrecke: 24 km, Zeit unterwegs: 15 h)

Aus dem Aufstehen so gegen Mitternacht wird dann doch nichts: Aber um 5:00 Uhr kriechen wir endlich aus unseren Schlafsäcken, und das trotz Kälte und Nässe, die uns empfängt. Es ist zwar anfangs ziemlich ungemütlich und vor allem schwierig, den warmen Schlafsack aufzugeben, aber nach einer Weile ist es dann schon besser und es wird dem Frühaufsteher schließlich auch schon warm.

Kurz vor 7:00 Uhr brechen wir dann auf in Richtung Gillespie Lake. Mit unserem Vorankommen können wir eigentlich zufrieden sein, die Büsche sind zum Glück relativ niedrig. Als wir schließlich das Tal mit dem in der Karte eingezeichneten Weg erreichen, stehen wir unvermittelt vor einer Schlucht, in die sich der Fluss eingegraben hat. Wir klettern also zwangsläufig wieder hinunter und müssen unten den Fluss in Sandalen durchwaten, was wegen der Strömung allerdings gar nicht so ohne ist. Auch nach der Flussdurchquerung können wir nicht wirklich rasten, da wir uns an einem gefährlich aussehenden Hang befinden, der jeden Moment nach unten abzurutschen scheint. Also geht es gleich weiter und auf die Suche nach unserem Weg, den wir tatsächlich auch schon bald finden ... 

Aufstehen im Mondlicht ... ;-)) Flusswaten erforderlich ...
Über Geröllhalden ... ... und erneut durch´s Wasser ...

Er erweist sich als recht gut und so kommen wir sehr schnell voran. Kaum sind wir wieder am Fluss angekommen, müssen wir den auch schon wieder durchqueren, da wir dem Weg so lange wie möglich folgen wollen. Nach einer Weile jedoch verlieren wir den Weg irgendwie oder vielleicht löste er sich auch einfach nur auf ... Wieder heißt es also zurück zum Fluss, wieder müssen wir ihn durchqueren und gelangen schon bald in das nächste Tal - heute lassen wir aber wirklich nichts aus ..!

In diesem nächsten Tal geht es auch ohne Weg wieder gut weiter: Die meiste Zeit werden wir nur von wenigen Büschen behindert, wir bewegen uns auf einem guten Untergrund und kommen ziemlich genau in Luftlinie voran - was will man mehr? Als wir dann so gegen 16:00 Uhr am Nachmittag an einer Gabelung des Tals ankommen, durchqueren wir den Fluss erneut ziemlich schnell, da es offensichtlich bald wieder zu regnen anfangen wird. Die Stelle erweist sich als die bisher tiefste und wohl auch gefährlichste, doch wir haben Glück und schon bald können wir auf der anderen Seite wieder unser Tarpsegel aufbauen, um den Regen abzuwarten und anschließend zu kochen. Der Regen dauert nicht lange und so können wir uns schon bald daran machen, ein schmackhaftes Brot zu backen und dazu eine kräftige Suppe zu machen - unbeschreiblich, wie nach einem solchen Tag auch einfache Gerichte schmecken können!

Nach dem köstlichen Mahl heißt es erst einmal verdauen, und da es wieder zu regnen anfängt, suchen wir wie gewohnt den Schutz unseres Tarps. Nach knapp einer Stunde Rast, es ist schon fast 18 Uhr, rappele ich mich hoch und beginne zu packen. Chrisie, dem es nach dem Essen gar nicht gut geht und dem es nun deutlich an Motivation mangelt, braucht etwas länger als ich und so kommen wir erst gegen 19 Uhr weg von unserem Rastplatz. 

Ganz extrem nach diesem Essen ist, dass wir beide plötzlich sehr großen Durst haben: Chrisie trifft es dabei noch wesentlich härter, vor dem Weggehen hatte er schon zwischen 2 und 3 Liter Wasser getrunken - nun wird es echt quälend.

Der Weg ist auch hier allerdings wieder gut, nur beginnt sich jetzt bei uns beiden die Müdigkeit bemerkbar zu machen: Nach einiger Zeit kann Chrisie nicht mehr voran gehen, da er zu müde und fertig ist. Also setze ich mich an die Spitze und wir folgen dem Weg teilweise im Flussbett. Übel wird es, als wir den Hang hinauf gezwungen werden, da es neben dem Fluss auf unserer Seite keine Gehmöglichkeit mehr gibt. Auf der anderen Seite scheint es irgendwie nie Probleme zu geben, so ein Pech aber auch!

Die Aufstiege sind in unserem Zustand schon sehr schwierig und quälend: Einmal müssen wir sogar fast umkehren, als sich vor uns eine Schlucht öffnet. Als wir diese umgehen wollen, rafft sich Chrisie zu einem Foto auf und dabei passiert es: Die Kamera rutscht ihm aus der Hand und fällt auf den Boden. Seitdem macht der Fotoapparat nun Probleme und ist derzeit außer Gefecht gesetzt - wir wollen nur hoffen, dass wir ihn bald wieder funktionsfähig bekommen ..!

Wieder und wieder müssen wir ihn durchqueren ...

Und wieder schützt das Tarpsegel ... Vor uns der Gillespie Lake ...

Weiter geht die Quälerei: Wir stolpern mehr als dass wir Gehen, sind fast schon im Halbschlaf, während wir ein Bein vor das andere setzen, langsam aber sicher nähern wir uns dem Ziel von heute. Beim letzten Aufstieg zum See erwartet uns dann noch eine weitere, diesmal jedoch zum Glück kleinere Schlucht, die wir auch noch umgehen müssen, dann ist es nach stundenlangen Mühen und Strapazen endlich so weit: Wir sehen vor uns den Gillespie Lake!

Es ist ein sehr schöner See und die Landschaft ist auch sehr fein, doch für unseren geplanten Pausentag fehlen leider zwei sehr wichtige Dinge: Fließendes Wasser und Holz (in Form von Bäumen oder auch Sträuchern). Also beschließen wir, uns zum anderen Ende des Sees durchzuschlagen, um dort nach dem Bach zu suchen, der den See speist: Wieder nichts mit Nachtruhe!

Das Stolpern und Rutschen wird nun noch schlimmer, der einzige Lichtblick dabei ist, dass es mehr oder weniger flach dahin geht und es deshalb nicht allzu gefährlich ist. Nachdem wir eine halbe Stunde nach Mitternacht dann endlich an einem kleinen Bächlein am anderen Ende des Sees ankommen, beginnen wir sofort damit, die Zelte aufzubauen und endlich schlafen zu gehen (Camp 6). Es gibt dort auch ein paar Büsche, also besteht vielleicht die Möglichkeit, Feuer zu machen und doch einen Ruhetag einzulegen. Jedenfalls ist dieser Tag für uns beide von der Anzahl der Gehstunden her der bisher längste Tag überhaupt - und sicher auch der anstrengendste ...


© 2007 Richard Schuster