Gobi und alte Knochen ...


Die Nomaden

Das Nomadentum ist in diesem Land die eigentlich übliche Lebensform - das Klima und die geographischen Gegebenheiten lassen auch keine andere Lebensform zu. Die normale Familie auf dem Land lebt in der Jurte. Sie ist Zuhause, Arbeits- und Versammlungsplatz. Diese Zeltform hat sich seit vielen Jahrhunderten nicht mehr geändert und ist optimal für das hier herrschende Klima. Die Jurte kann von einem geübten Team in zwei Stunden wohnfertig aufgestellt werden. Im Sommer ist sie kühl und angenehm, im Winter mollig warm. Dann werden allerdings mehrere extra Lagen Filz auf die Konstruktion gelegt. Schon beeindruckend, wenn man das mal erlebt hat: Draußen bis zu -50°C und drinnen angenehm warm - obwohl nur maximal 7 Lagen Filz verwendet werden, also nur ca. 7 cm Isolation!

Hier, weit entfernt von der Hauptstadt und im Winter völlig von der Außenwelt isoliert, ist die Jurte die Grundlage jeglicher Existenz. Allerdings wandelt sich auch hier das Nomadentum zu einer periodischen Erscheinungsform: Im Winter ziehen die meisten Familien in die Nähe der Siedlungen. Das hat allerdings weniger mit dem Klima als vielmehr mit dem Schulsystem zu tun. Denn aufgrund des Nomadentums ist ein geregeltes Schulsystem, wie wir es kennen, kaum durchzusetzen. Deshalb gehen die meisten Jugendlichen nur im Winter zur Schule. Das spart auch einen teuren Internataufenthalt, nämlich den im Sommer. Wenn die Familien unterwegs sind, müssten eigentlich alle Kinder ins Internat. Das geht aber nicht immer, da die Kinder bei der täglichen Arbeit helfen müssen. Nicht ohne Grund gibt es in der Mongolei drei Monate Sommerferien ...

Zur chinesischen Grenze ...

Chinesisch-mongolischer Grenzübergang ...Nachdem ich mich bis zur chinesischen Grenze vorgearbeitet habe, führt mein Weg nun weiter, immer an der Grenze entlang Richtung Osten. Jetzt wird es so richtig einsam. Selbst Mongolen meiden dieses Gebiet. Einzelne Familien leben hier weit verstreut, meist über 100 km von einander entfernt. Straßen oder Wege gibt es nicht mehr. Vereinzelt trifft man auf Fahrspuren, die führen aber meist nur zur nächsten Wasserstelle. Die alten, aus russischer Zeit stammenden Militärpisten, sind in den letzten zehn Jahren nicht mehr gepflegt worden und zum größten Teil weggespült. 

Vereinzelt trifft man auf mongolische Militärposten. Dort ist man jedes Mal über mein Erscheinen völlig erstaunt, denn Mongolen, außer den Schmugglern, meiden dieses Gebiet. Von den Militärposten darf man sich aber im Notfall keine große Hilfe erhoffen. Die Ausstattung spottet jeder Beschreibung, Transport- oder Kommunikationsmöglichkeiten gibt es nicht. 

Landschaftlich ist dieses Gebiet, in dem noch die letzten Exemplare des Schneeleoparden frei leben, sehr beeindruckend. Wer eine Vorliebe für weite und einsame Ebenen hat, der kommt hier richtig auf seine Kosten. Manchmal ist es allerdings für mich schon etwas beängstigend, hier so völlig im Alleingang durch zu fahren ...

Meine Landkarte verzeichnet einen mongolisch-chinesischen Grenzübergang, den ich anfahren will. Die Piste dorthin ist erbärmlich. Nach viel Mühen erreiche ich diesen Grenzübergang. Leider ist er geschlossen, somit war die Mühe umsonst. Was ich eigentlich dort wollte, war auch mir nicht genau klar: Eine Weiterfahrt nach China kommt ja aufgrund der erheblichen Zollprobleme für das Fahrzeug nicht in Frage ...  Dünen in der Gobi ...

Nun gut, nach diesem Erlebnis geht es weiter. Ich bin immer noch in der Gobi, allerdings hat sich die Landschaft jetzt geändert. Die Gebirgsformationen des Altais sind verschwunden. Vereinzelt treten noch einige Berge hervor, aber ansonsten ist die Landschaft eher hügelig.

Nach weiteren hundert Kilometern kommt die erste Siedlung in Sicht. In dieser Gegend hat es in letzter Zeit wohl stark geregnet, es wird recht schlammig rund um die Ansiedlung. Hier kann man auch wieder etwas an Lebensmitteln und Gemüse beschaffen. 

Diese Siedlung wird der Ausgangspunkt für die letzte Etappe meiner Mongoleirundreise. Es geht jetzt zu den Ausgrabungsfeldern für versteinerte Dinosaurierknochen.  Das Hauptgebiet dafür befindet sich wunderschön gelegen in einem Canyon. Regen- und Schmelzwasser haben diesen Canyon ausgewaschen. Die Formationen sind beeindruckend, man findet hier auch jede Menge an versteinerten Knochen. Ich brauche mir keine große Mühe zu geben, habe sogar viel Glück und finde einige Dinosauriereier. Weil es hier sehr schön ist, beschließe ich, einen Tag Pause einzulegen, bevor es dann zurück nach Ulanbator geht. Der Weg zurück zur Hauptstadt ist nicht besonders aufregend. Es geht noch vorbei ein einem der Gobiseen, allerdings ist dieser meistens ausgetrocknet, so das man nicht viel von ihm sieht ...


© Text/Bilder 2001 Vait Scholz