Feuer und Stahl:

Von Kochern, Öfen und Feuerstellen 
zum Einsatz in der Natur ...

 

Feuer und Stahl ...

So ungefähr 10.000 Jahre vor Chr. ...

Der Morgen kündigte sich durch eine leichte Röte am Horizont an. Seit Tagen hatte es ununterbrochen geregnet, aber nun schien das vorbei zu sein. Dünne Nebelschwaden wallten  über der Wiese, die sich bis zu einer steilen Abbruchkante erstreckte. Eine kräftige stark behaarte Hand schob vorsichtig das dichte, von Feuchtigkeit schwere Farnkraut zur Seite, und scharfe Augen blickten suchend und prüfend über die langsam sichtbar werdenden Konturen der Bäume und Büsche, die hier nicht so dicht standen wie im umliegenden Wald.

So ungefähr 10.000 Jahre v. Chr. ...Da, ein leises Knacken und Rascheln - dann sah er ihn. Vorsichtig sichernd, immer wieder den Kopf anhebend, prüfend und deutlich hörbar die Luft durch die Nüstern ziehend stand er plötzlich da. Der riesige Hirsch, den er mit seinem Jagdtrupp schon seit Tagen verfolgt hatte. Und was für ein Glück, nur wenige Meter waren es bis zum Abgrund. Mit einem lauten Ruf sprang er auf und seine Männer, die sich im weiten Rund um die lichte Stelle genau wie er versteckt gehalten hatten, taten es ihrem Anführer gleich.

Mit lautem Rufen und Wedeln der Arme rannten sie auf den Hirsch zu. Dieser warf sich in Panik herum und sprang mit einem gewaltigem Satz  in die einzig freie Richtung: Beinahe lautlos stürzte das gewaltige Tier über die Abbruchkante in die Tiefe, und nach fast endlosen Sekunden schlug er mit einem dumpfen Laut etwa 50 Meter unterhalb der Lichtung auf dem felsigen Boden auf. Sein Fleisch würde die Sippe gut zwei Wochen ernähren ...

Die Sonne stand schon gut über dem Horizont, als sie das tote Tier erreichten und sofort damit begannen, es auszuweiden und für den langen Transport zu zerlegen. Geschickt hatte er mit Hilfe der zwei  kostbaren Feuersteine, die nur der Anführer besitzen durfte, und etwas trockenem Zunder, der in einem kleinem Beutel immer mitgeführt wurde, einen kleinen Gluthaufen erzeugt. Aber der tagelange Regen hatte es unmöglich gemacht, irgend etwas Trockenes aufzufinden. Es gelang einfach nicht, ein Feuer zu entfachen, es wurde nichts mit etwas gegartem Fleisch, und so stärkten sie sich durch den Verzehr der noch warmen Leber, bevor es zum Lager zurück ging ... Hmm!? Na Mahlzeit!

So ziemlich genau 1.999 Jahre nach Chr. ...

Mit dem Canadier unterwegs ...Zögernd wurde es endlich hell: Eine Hand schob sich in mein Blickfeld, meine Frau öffnete zum wiederholten Male den Zeltreißverschluss und starrte hinaus in den strömenden Regen. Als wenn man es nicht nur zu deutlich auf unser Zelt pladdern hörte! Und doch schaute auch ich hinaus, wird es nicht doch schon weniger?

Schon seit zwei Tagen saßen wir hier auf dieser winzigen Insel fest. Es stürmte und schüttete ohne Pause. Langsam machte sich auch ein dummes Missgeschick bemerkbar, das mir vor zwei Tagen passiert war. Kurz nachdem wir mit unserem Canadier hier angelegt und unser Lager aufgebaut hatten, stieß  ich in einem unachtsamen Moment die Literflasche mit dem Katalytbenzin um, als ich gerade unseren neuen kleinen HighTech-Kocher befüllen wollte. Dummerweise fiel sie so unglücklich zwischen ein paar Steine, dass alles ausgelaufen war, bevor ich sie da herausgefingert hatte. Sch**** nein, ich sag´s ja nicht!

Nun, so blieb die Küche kalt und wir futterten alles aus unseren Vorräten, was ohne zu erwärmen genießbar war. Und erwärmen - ja das war das Problem. Ein schöner heißer Tee hätte uns jetzt sicher getröstet, aber wie und womit zubereiten? Auch ein einfaches Feuer ließ sich nicht entfachen. Alles war patschnass und wir hatten ja auch keine trockenen Holzvorräte angelegt. Es hatte so schnell angefangen zu regnen, dass das Aufbauen des Zeltes allemal wichtiger war als Feuerholz für ein Lagerfeuer. Und eigentlich hatten wir ja den tollen neuen Benzinkocher ...

Der aber war nun ohne Benzin wertlos und wir um eine Erfahrung reicher.

Nun ja, wir haben uns trotz des Regens auf die Socken gemacht und paddelten auf dem schnellsten Weg zurück zu unserem Campingbus und genossen den Luxus von trockenen Socken und heißem Tee mit etwas Geschmacksverstärker!

Und ganz genau 2.000 Jahre nach Chr. ...

So etwas Blödes ist uns zum Glück nicht mehr passiert, und eigentlich hätte ich ja mit den diversen Kochern, die wir mit der Zeit so ausprobiert hatten, zufrieden sein können. Die Dinger funktionieren ja schon irgendwie alle mehr oder weniger gut. Einziger Nachteil ist halt die Brennstoffversorgung. In Skandinavien hat man einige Mühe, Katalytbenzin aufzutreiben, Gas ist auch nicht oder nur sehr schlecht zu bekommen. Spiritus gibt es dafür in jedem Supermarkt. Im Süden Europas wiederum ist Gas kein Problem.

Aber Katalyt-/Wasch-/Reinbenzin habe ich dann doch immer von zu Hause mitgebracht - im Ausland weiß man nie, wer so was nun führt ...

Ich wäre ja nun eigentlich zufrieden gewesen, hatte ich doch durch meine Erfahrungen beim Wohnmobilausbau, festgehalten im Bericht Vom Wohnen und Schlafen auf Reisen, schon mehrere Kochertypen ausprobiert und je nach Anwendung einen den Anforderungen entsprechenden Kocher benutzt. Bei einer Kanutour findet ein kleiner einflammiger Benzinkocher Verwendung: Da stimmt das Verhältnis von Größe und Kochleistung. Auch wenn man sein Zeug nicht selber tragen muss - meistens wenigstens - hat man ja nicht endlos Platz für Ausrüstung und Vorräte ...

Für mich gehört zu einer gelungenen Tour auch immer ein abendliches Lagerfeuer, ein paar pyromanische Gene meiner Vorfahren hatten wohl die 12.000 Jahre Evolution überdauert!

Nur zum Kochen, was ja prinzipiell möglich wäre, war mir das alles doch zu umständlich. Jeden Tag eine neue Bastelaufgabe, um Topf oder Wasserkessel zu halten, nein, so puristisch war ich dann doch nicht eingestellt. Es gibt zwar pfiffige Konstruktionen, um auf offenem Feuer kochen zu können, aber man muss dann entweder eine neue Feuerstelle anlegen, was ich ja gerade vermeiden will, oder eine vorhandene benutzen. Diese sind aber häufig ziemlich versaut und in der Regel überdimensioniert. Außerdem liegen sie oft an Stellen, die mir nun gerade nicht gefallen. Das ist ja das Dilemma, jeder macht sein Feuerchen natürlich da, wo er es haben will und im Nu ist so ein Lagerplatz eine einzige Brandstelle. Die empfindlichen Böden in Skandinavien tragen diese Narben auf Jahre!

Bei einer Wochenendtour in Süddeutschland traf ich dann im Frühjahr auf einen netten Canadier-Paddler, der es sich an einer schönen Stelle zu einer Pause gemütlich gemacht hatte. Wie das halt so ist, beäugte man kurz die jeweilige Ausrüstung, und was für ein Boot der andere paddelt . Ich fragte, ob ich mich etwas dazu setzen könne, Canadier-Paddler haben sich schließlich immer was zu erzählen! Als ich mich bei ihm niederließ, kochte er gerade Wasser auf einem - ja was war das eigentlich? Ein kleines, aufrecht stehendes Rohr von ca. 15 cm Durchmesser und knapp 30 cm Höhe. Rundherum mit ein paar kleinen Löchern versehen. Das ganze stand auf einem flachen Stein, den er wohl hier irgendwo gefunden hatte. In dem Rohr brannte ein kleines Feuer und wirklich sehr schnell kochte auch schon das Wasser.

Nun wurde ich aber wirklich neugierig. Ich machte aus meinem Interesse kein Geheimnis und er erzählte mir bereitwillig, wie er zu der Idee gekommen war. Er hatte das Prinzip bei einer Tour in den USA gesehen, und sich dann daheim aus einem Stück Eisenrohr diesen Kocher nachgebaut. Wie er mir dann erzählte, hatte er mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen, die diversen Löcher in die Wandung zu bohren und den innenliegenden Rost zu befestigen. Ja, Metallbearbeitung ist für Heimwerker nicht so einfach! Das Rohr war recht rostig und das ist bei Eisen, das einmal geglüht hat, ja sehr schnell der Fall. Als wir uns dann verabschiedeten, hatte ich für die nächsten Stunden nur noch diesen an sich ja sehr einfachen, aber irgendwie genialen Kocher/Ofen im Kopf: Er hatte ein Rohr mit einer Wandstärke von gut 4-5 mm benutzt und das Ding war wirklich schwer. Es musste doch möglich sein, das irgendwie leichter hinzubekommen!

Es hatte mich mal wieder gepackt, ich wollte auch so einen Kocher, und ich wollte den natürlich besser, leichter, und vor allem: Nicht rostend. Etwas zu kaufen ist ja OK, aber ich war schon immer sehr ehrgeizig und erfinderisch, wenn es um das Anfertigen von Ausrüstung  für meine Hobbies ging ...

Trotz der umständlichen Anfertigung noch ganz gut gelungen! Glücklicherweise habe ich die Möglichkeit, ab und zu in einer Schlosserwerkstatt meine diversen Basteleien ausführen zu können. Hier versuchte ich auch sofort, ein Stück dünnwandiges Rohr aus Edelstahl zu bekommen. Leider hatte ich da Pech, und es ist wohl auch nicht so einfach, an so etwas heran zu kommen. Man kann zwar alles kaufen, aber eben nicht in kleinen Stücken. Und was sollte ich mit 6 Meter ziemlich teurem Rohr?

Da die Werkstatt sehr gut mit Werkzeug und diversen Maschinen ausgerüstet ist, kam ich auf die Idee, wenn es denn schon kein  fertiges Rohr gab, das eben selber herzustellen. Nach etwas Üben gelang es mir dann auch, aus einem Stück 1 mm starkem V2A Blech ein Rohr von 16 cm Durchmesser und 30 cm Länge zu walzen und wickeln. Ich musste nur noch die Nahtstelle verschweißen und fertig war das gute Stück. Aber kaum war ich fertig, merkte ich auch schon, was für einen Fehler ich gemacht hatte: Ein Rohr zu bearbeiten und da Löcher hinein zu bohren, ist natürlich viel schwieriger, als das an einem geraden Stück Blech zu tun. Einem Fachmann wäre das sicher nicht passiert .

Aber jetzt hatte ich das Rohr, und so ging ich es eben auf die umständliche und sicher nicht sehr professionelle Weise an: Ich schnitt und schliff ein Stück Lochblech zu einem in das Rohr passenden Rost, der dann auf angeschweißten Winkeln befestigt wurde. Kleine 10 mm-Löcher für die Luftzufuhr bohrte ich rundherum etwas oberhalb des Rostes in das Rohr, und wusste nun auch, was der Paddler damals mit Schwierigkeiten gemeint hatte ... 

Langer Rede kurzer Sinn - nicht sehr elegant, aber irgendwie passte es dann doch alles. Ich fertigte noch zwei Blechstreifen, die mit Stegen an das Rohr geschweißt wurden, dazu oben und unten größere Löcher, die für weitere Luftzufuhr und als Abzugsmöglichkeit für Rauchgase beim Kochen dienten. Nach viel Schleifen und Richten und kurz bevor ich alles ziemlich genervt in die Ecke geknallt hätte, war dann doch plötzlich ein Gebilde fertig, das meinen Vorstellungen schon sehr nahe kam! Nachdem ich das Ganze dann noch mit feinen Glasperlen abgestrahlt hatte, sodass meine "meisterhaften" Schweißnähte nur noch kaum sichtbar waren,  konnte ich doch sehr zufrieden sein. Das Ergebnis meiner Mühen wog zwar immer noch etwa 1.900 g, aber die waren immerhin rostfrei, und ich wollte das ja nicht im Rucksack herum tragen ...

Den Ofen auf einen Stein zu stellen, fand ich nicht so praktisch - was wenn sich kein flacher Stein finden würde? Ich machte mir erst einmal ein Stück Aluminiumblech von 1 mm Stärke mit ca. 40 cm x 40 cm zurecht, um das dann als feuerfeste Unterlage zu benutzen. Ich war doch sehr gespannt, als dann am Abend  der Ofen erstmals im Garten gezündet wurde. Mit einem Grillanzünder und ein paar kleineren Stücken Holz brannte der in kürzester Zeit wirklich wie die Hölle, und die gleichmäßig matte Oberfläche lief in den schönsten Farben an - rot, blau und violett.

Nach einer halben Stunde, in der ich mich traute, immer größere Holzstücke aufzulegen, war der komplette Ofen fast einheitlich goldfarben verfärbt. Und ohne Übertreibung, der brannte wie ein Triebwerk! Ich hörte erst auf nachzulegen, als der untere Teil des Rohres schon kirschrot glühte. Erfreulicherweise zeigte sich der Ofen davon völlig unbeeindruckt. Nichts hatte sich verzogen oder war sonstwie beschädigt. Am erstaunlichsten aber war, dass die ganze Menge Holz absolut restlos bis auf ein winziges Häufchen feinste Asche reduziert worden war. Ich hatte den Ofen einfach ausbrennen lassen und es lag nicht ein Krümel mehr auf dem Rost!

So wenig es dem Ofen ausgemacht hatte, umso mehr hatte mein Rasen gelitten: Ein viereckiges Stück von gut 40 cm im Quadrat war völlig vertrocknet und in der Mitte schon beinahe angekokelt. So also nicht! Ich bin ja viel in Schweden unterwegs und ärgere mich sehr oft über die elenden Brandstellen, die beinahe jeden Rastplatz in großer Anzahl verunstalten. 

In die Liste der Verursacher solcher Schweinereien  wollte ich mich nicht unbedingt einreihen, und nach etwas Überlegen und probieren wurde aus dem einfachen Alublech eine hitzeisolierende Unterlage. Der untere Teil wird zwar noch warm, aber nicht mehr so heiß, dass die darunter liegende Vegetation beschädigt würde. Legt man nun z.B. vier etwa gleichgroße Kieselsteine darunter, kann man wirklich stundenlang Feuer machen und der Boden wird nicht mal richtig warm. 

Inzwischen erfüllt das abmontierte Untergestell eines alten, kaputten Warndreiecks den gleichen Zweck und ist sogar noch zusammenlegbar. Damit die Unterlage nicht so sperrig ist, habe ich sie geteilt und mit Scharnieren versehen. So lässt sie sich halbieren und ist trotzdem fest.

Die Isolierunterlage auf- und zusammengeklappt ... 

Es folgten noch etliche "Brennversuche", die zeigten, dass dieser Ofen wirklich beinahe alles, was sich in der Natur finden lässt, so gut wie rückstandslos verheizt. Aufgrund der enormen Hitze lassen sich auch leicht feuchtes Holz und frische Ästchen verbrennen - bei entsprechender Rauchentwicklung, aber es verbrennt! Es zeigte sich, dass z.B. trockene Kiefernzapfen ähnlich wie Birkenrinde ausgezeichnete Feuerstarter sind, und Grillanzünder perfekt ersetzen können. Ich bemerkte aber sehr schnell, dass ich wohl einige Löcher zu viel in den Brennraum gebohrt hatte.

Die Verbrennung fand immer sehr heiß und auch sehr schnell statt. Ich fertigte noch einmal zwei Blechstreifen an mit dem gleichen Lochraster wie am Ofen. Die konnte man nun auf den Ofen schieben, und durch Verdrehen die Lochgröße und somit die Luftzufuhr regulieren. Der Ofen brannte nun deutlich langsamer und wurde auch nicht mehr so schnell glühend im unteren Teil. Außerdem sparte das Brennstoff. Auf einigen kleinen Touren und besonders während meiner Paddeltour im Herbst in Schweden auf dem schwarzen Fluss bewährte sich der Ofen ausgezeichnet!

Die Regulierschieber am ersten Modell ... ... und Kochspaß während meiner Herbsttour!

Ein "normaler" Kocher wurde dabei wirklich nicht vermisst. Wir konnten schnell und einfach unser Kaffee- bzw. Teewasser erhitzen,  und auch Kochen und Braten klappte prima und macht Spaß (vorausgesetzt, man hat noch ein paar von den besagten Genen ). Nachdem wir mit der "Küchenarbeit" fertig waren, wurden einfach etwas größere Holzstücke nachgelegt und der Ofen entwickelte sich zum Lagerfeuer. Alles zwar etwas gebremst, aber durchaus gemütlich. Und wir hinterließen keinerlei Spuren! Das alles geschah präzise 2001 Jahre nach Chr. und mein "Luchsfeuer"-Ofen war geboren, wie ich diesen Hobo-Ofen von nun an nannte ...

Eigentlich hatte ich nun was ich wollte, aber ich kann nicht anders: Was gut ist, kann man noch verbessern!

Fortsetzung: Die Verbesserung nimmt ihren Lauf ...


© 2002 Bernd van Ooy, Bild Alley-Canadier: Reisebericht Rogen 97, Zeichnung Urmensch: Tim Hildebrandt