Rückfahrt nach Seyðisfjörður

28.08. Akureyri - Sænautasel, 220 km, 20° C, leicht bewölkt

Der letzte Tag in Akureyri begann mit einem (ebenfalls letzten) Ausflug der Kinder in das Schwimmbad, die Eltern durften wieder das Gespann für die Rückreise durchs Hochland rüsten. Wir ergänzten unsere Vorräte an Milch, Butter, Käse und Brot sowie frischem Schellfisch, den Rest konnten wir immer noch aus unseren Vorräten von zuhause bestreiten.

Mittags starteten wir bei weiterhin schönem Wetter mit unserer Rückfahrt. Wir fuhren schweren Herzens aus der Stadt hinaus und sagten ausdrücklich "Auf Wiedersehen". Noch einer letzter Blick zurück und dann verschwand der Eyjafjörður hinter den Serpentinen der Ringstraße, die uns wieder in das Hochland führte. Wir fuhren wieder am Goðafoss vorbei und umrundeten den Mývatn, diesmal von der südwestlichen Seite. Das Wetter war uns immer noch wohlgesonnen und so hatten wir herrliche Blicke auf den See und die in dieser Gegend vorhandenen Pseudokrater: Heiße Lava mit 2000° C hat sich hier über ein wasserhaltiges Gebiet (Sumpf oder See) geschoben, durch die enorme Hitze entwich Wasserdampf explosionsartig nach oben, die Lava riss auf und bildete Krater. Da diese aber niemals selbst Lava aus einem Schlot freisetzten, werden sie Pseudokrater genannt.

In Námaskarð, dem Solfatarengebiet am Mývatn, legten wir erneut eine Pause ein. Patrick hatte sich vorgenommen, noch einen Beutel Schwefel zu sammeln und so hatten wir nochmals Gelegenheit zu einem Rundgang um die brodelnden und dampfenden Schlammtöpfe.

Die Ringstraße führte uns zurück in die Einsamkeit des Hochlandes. Wir näherten uns langsam unserem heutigen Ziel, dem bis vor einigen Jahren verlassenen Hof Sænautasel. Dieser Hof soll nach Auskünften als ein Museumshof ausgebaut werden und über Campingmöglichkeiten verfügen. Er liegt am gleichnamigen See Sænautavatn, 5 km von der Ringstraße entfernt.

Diese letzten Kilometer führten über eine typische Hochlandpiste, die wir mit dem Wohnwagen im Schlepptau stellenweise nur im Schritttempo bewältigen konnten. Uns erwartete am Rand des Sees eine Wiese mit einem kleinen Gehöft, scheinbar waren wir die einzigen Gäste und suchten uns auf der Wiese einen Platz. Weit und breit war niemand zu sehen und so gingen wir zu dem Gehöft, um uns dort anzumelden. 

Einige Schafe begrüßten uns und wir trafen einen jungen Isländer, der am Wiederaufbau des Hofes arbeitete. Da er nur Isländisch sprach, mussten wir uns mühsam mittels Wörterbuch unterhalten. Wir durften hier übernachten und die Kosten waren vergleichsweise gering (wie die gebotene Infrastruktur). Er zeigte uns noch stolz Teile seines Hofes: Es war ein typisches Erdhaus (wie in Laufas), die Wände waren teilweise aus Erde und Torf, die Abstützungen und Decken aus Holz gebaut. Ein Zimmer zeigte die Einrichtungsgegenstände aus vergangenen Zeiten ... 

Wir richteten uns für die nächsten zwei Nächte ein und hatten noch einen sehr ruhigen Abend. Der Isländer fuhr abends weg und kam erst am nächsten Morgen wieder. 

 Da der nächste Hof in Richtung Süden Brú hieß, wurde der Isländer ab sofort der "Bauer von Bru" genannt. Wir waren ganz allein in der Umgebung, außer uns war weit und breit keine Menschenseele. Erst am späten Abend tauchte am Horizont noch ein Geländewagen auf, der am Hof vorbei fuhr und sich für eine Nacht auf die andere Seite des Sees stellte.

29.08. Sænautasel (Fahrt durchs Hochland), 120 km, 12° C, leicht bewölkt

Nach einer kalten Nacht (-3° C außen, 5° C innen) rüsteten wir uns zu unserer letzten Tour durch das Hochland. Um 9 Uhr kam der "Bauer von Bru" wieder und seine Schafe liefen ihm  freudig entgegen. Wir ließen den Wohnwagen am Hof stehen und fuhren in Richtung Herðubreið.

Erneut durchquerten wir beeindruckende Landschaften: Weite Sandflächen wechselten sich mit Schotter- und Lavaflächen ab, der Weg durch Lavafelder und -platten war streckenweise nur durch Stangen zu erkennen. Nach der Überquerung der Kreppa fuhren wir noch einige Kilometer und wanderten zum Fluss Jökulsá á Fjöllum.

Den ganzen Tag über begegneten uns nur wenige Autos und die Kinder durften deshalb ihre erste Fahrversuche machen. Patrick konnte dank seiner langen Beine bereits ganz alleine fahren und so kutschierte er uns einige Kilometer stolz durch die Natur.

Hochlandpartie ...

30.08. Sænautasel - Egilsstaðir, 140 km, 12° C, ab Mittags Regen

An diesem Morgen standen völlig unerwartet zwei Italiener mit ihren Leihwagen neben unserem Wohnwagen und wollten den Hof besichtigen. Leider war der "Bauer von Bru" noch nicht da und die Besichtigung musste ausfallen. Wir tauschten unsere Reiseerfahrungen aus und stellten fest, dass sie aus dem Tal Valle Maira (Nähe Turin) stammten, das wir Pfingsten anlässlich unserer Zeltreise Italien 2000 besucht hatten.

Während der Rückfahrt nach Egilsstaðir fanden wir in einer Baustelle ein ausrangiertes Straßenschild mit der Aufschrift "EINBREIĐ BRÚ". Übersetzt heißt dies einspurige Brücke und wurde für uns in den letzten 14 Tagen zu einer Art Weckruf, denn vor diesen Brücken sind Wildroste in die Straßen eingelassen, bei deren Überquerung es laut im Auto schepperte. Dieses Schild ziert heute den Bereich unserer Garageneinfahrt ...

Auf dem Campingplatz in Egilsstaðir herrschte heute Hochbetrieb. Viele inzwischen bekannte Gesichter und Fahrzeuge waren hier versammelt zum Einschiffen am morgigen Tag. Zum Abschied von Island fuhren Sonny und ich noch ca. 25 km zur einsamen Mjóafjarðarheidi, der Passhöhe des nächsten Fjordes südlich von Seyðisförður. Bei leichtem Nieselregen wanderten wir beide von der Passhöhe die Straße zum Fjord hinunter und jeder von uns nahm auf seine Weise Abschied von der Insel.

Abends erledigten wir noch die letzten Einkäufe und beendeten diesen Tag in den Hot Pots des Freibades. Das Wetter war zwischenzeitlich ziemlich ungemütlich geworden, es regnete und dazu blies ein kräftiger Wind, eben typisch isländisch.

31.08. Egilsstadir - Seyðisfjörður, 25 km, 10° C, bis Mittags Regen, mäßiger Wind

Das schlechte Wetter hatte sich wieder etwas beruhigt und überall herrschte Aufbruchstimmung. Um 12:00 Uhr sollte die Fähre ablegen und wir verließen gegen 9:30 Uhr als mit die letzten den Platz und kamen um 10:00 Uhr in Seyðisfjörður an.

Bekannter Lindwurm in Seydisfjördur ...Wie ein langer Lindwurm erstreckte sich eine Armada von Allradfahrzeugen, Wohnmobilen, Pkw´s und sogar einem Reisebus durch den kleinen Ort und bestimmte für diesen Tag das Erscheinungsbild. Da während der Verladung kräftig umsortiert wurde, hatte sich für viele der frühe Aufbruch nicht gelohnt. Wir fuhren erneut als mit die letzten auf das Schiff (und konnten es so später mit den ersten verlassen). Vor uns im Laderaum stand wieder der rote VW-Bus aus Fürstenfeldbruck ...

Mit einer halben Stunde Verspätung war alles eingeladen, einschließlich eines kleinen Hubschraubers, und die Leinen wurden losgeworfen. Der Abschied fiel allen schwer. Wir standen auf dem Sonnendeck und blickten zurück auf wunderbare Erlebnisse.

Schnell wurden wir wieder von der Bordroutine eingenommen. Glücklicherweise hatten wir diesmal eine Außenkabine mit Bullauge, ein echter Zugewinn. Die erste Nacht bescherte uns kräftigen Wind und Seegang, den wir mit den uns inzwischen vertrauten Mitteln bekämpften.

Am kommenden Tag erfuhren wir von Mitreisenden noch eine interessante Geschichte zum Thema Fahrerflucht auf Island: Der Fahrer des seinerzeit in Tórshavn eingeladenen NVA-Lkw (Marke IFA) wurde auf Island in einen Unfall verwickelt und beging Fahrerflucht. Da es für ausländische Fahrzeuge nur wenige Stellen zum Verlassen des Landes gibt, konnte der Fahrer prompt an der Fähre dingfest gemacht werden ...

Den zweiten Abend auf dem Schiff krönten wir mit einem Besuch des Bordrestaurants. Das Wetter hatte sich zwischenzeitlich wieder beruhigt und so konnten wir uns beruhigt den Magen an einem wunderbaren Buffet vollschlagen. Die weitere Schiffsfahrt war wenig spektakulär und am 02.09.2000 kamen wir gegen 16:00 Uhr wieder in Hanstholm an.

Heimfahrt

Da wir noch einen weiten Weg vor uns hatten, waren wir froh, ohne jegliche Kontrollen wieder das europäische Festland betreten zu können und fuhren ohne weiteren Pausen bis nach Kolding, wo wir uns in einem Gewerbegebiet einen ruhigen Stellplatz suchten.

Der nächste Tag, ein Sonntag, sollte unsere fahrerische Ausdauer auf eine harte Probe stellen. Unser Ziel war Darmstadt, und wir starteten bereits früh morgens. Der Elbtunnel bei Hamburg war leider nicht so durchlässig wie gehofft und so standen wir hier bereits eine Stunde im Stau. Der weitere Verlauf bis Kassel war eine einzige Katastrophe. Den geringen Verkehr auf Island mussten wir auf dieser Strecke sehr büßen. Der einzige Lichtblick in diesen endlosen Staus war der Rastplatz Verden an der Aller: Dort trafen wir wieder den roten VW-Bus aus FFB und gleich drehte sich der Gesprächsstoff wieder um Island. Abends um 21:30 Uhr kamen wir endlich todmüde in Darmstadt an - unsere Anka erwartete uns schon schwanzwedelnd und nach einigen Erzählrunden fielen wir in die Betten ...

Wieder vereint, starteten wir am kommenden Morgen zu unserer letzten Etappe. Leider hatte ich meinem Arbeitgeber meinen Ankunftstermin in München mitgeteilt und so rief man mich bereits unterwegs ganz erfreut an und teilte mir mit, dass ich bereits am 05.09. (also morgen!) um 8:00 Uhr bei einem neuen Kunden anfangen könne und fürsorglich hatte man gleich die erste Besprechung mit dem Programmleiter für 8:30 Uhr terminiert.

So etwas nennt man dann wohl gleitende Arbeitszeit, oder ??


© 2001 Hans-Jörg Wiebe    


Anm. der Redaktion, Juni ´10: Weitere Berichte von Hans-Jörg Wiebe führen uns nach Italien sowie Südamerika und in den Nahen Osten::