In Norwegen

09.08. Hirtshals - Egenes, 130 km, 20° C, Sonne

Warten auf die Fähre ...Heute war frühes Aufstehen angesagt, denn um 8:00 Uhr ging bereits die Fähre und wir wollten deshalb den Campingplatz eineinhalb Stunden vorher verlassen. Die Warterei auf die Fähre war eintönig, unsere Fahrzeughöhe wurde von keinem vermessen, und wir alle waren froh, als es endlich losging. 

Die Überfahrt dauerte 4 Stunden und wir kamen uns vor wie auf einer Kreuzfahrt im Mittelmeer: Die Sonne schien vom Himmel, das Meer war spiegelglatt und an den windgeschützten Stellen des Schiffes war es herrlich warm. Die Kinder erkundeten das Schiff und waren bald mit seinen Örtlichkeiten und dem Serviceangebot vertraut. 

Die Einfahrt in die norwegische Schärenlandschaft bot uns tolle Motive und bestätigte die Aussage von Norwegenreisenden, dass die Landschaft sich grundlegend von der Dänemarks unterscheidet ...

Der Zöllner in Norwegen zeigte keinerlei Interesse an unseren Mitbringseln (Alkoholika und Lebensmitteln) und wir hofften, dass es uns in Island genauso ergehen würde.

Von Kristiansand ging es noch 3 Stunden durch eine herrliche Landschaft mit Wäldern, Fjorden und einer Unzahl von Seen. Entspannend war die geringe Verkehrsdichte, obwohl wir auf einer der Hauptverkehrsstraßen fuhren.

Einige Kilometer vor Flekkefjord sahen wir von einer Anhöhe einen schönen, zwischen zwei Seen gelegenen Campingplatz (Egenes Camping) und beendeten die Fahrt für heute. Es war noch warm genug für ein erfrischendes Bad im See und die Kinder nutzten die Zeit, um Fallschirme aus Plastikfolie und Garn zu bauen. Sven´s Superschirm wurde dabei von der Thermik erfasst und hoch in die Lüfte gehoben: Ein Aufschrei folgte, der Schirm aber flog sicher über eine Baumgruppe hinweg und landete auf der dahinter liegenden Wiese ...

Am Leuchtturm von Kristiansand ...

10.08. Egenes - Preikestolen, 166 km, 13° C, bewölkt, teilweise Nieselregen

Nachdem uns das Wetter die letzten Tage so verwöhnt hatte, mussten wir uns heute mit Wolken und zeitweiligem Nieselregen abfinden: Wir fuhren weiter Richtung Stavanger durch eine liebliche Landschaft, die uns zeitweise an die Schweiz erinnerte.

In Algard verließen wir die E39 und es hieß jetzt auf wesentlich schmaleren Straßen in Richtung der Straße Nr. 13 zu fahren, dem "Ryfylkevegen". Diese Straße begleitete uns die nächsten Tage durch phantastische Naturerlebnisse, vorbei an großartigen Fjorden und wunderbaren Gebirgslandschaften. Sie ist stellenweise recht schmal und deshalb mit einem Wohnwagen mit Vorsicht zu befahren. Ab dieser Straße beginnen, von Süden kommend, die sagenhaften Fjorde Norwegens.

Camping Preikestolen ... Zu Beginn der Straße Nr. 13 stand die erste Fährpassage über einen Fjord an und 20 km später erreichten wir den Campingplatz, von dem aus wir am nächsten Tag die berühmte Felsenkanzel "Preikestolen", die 600 m senkrecht über dem Lysefjord hochragt, besteigen wollten. Der Campingplatz ist sehr schön gelegen und mit allem erforderlichen Komfort ausgestattet.

Mit frischem Steinbutt, in Butter gebraten, beschlossen wir diesen Tag und bereiteten uns auf die anstehende Wanderung morgen vor ...

11.08. Preikestolen, 20 km, 13° C, bewölkt, Nieselregen

Für den heutigen Tag stand die Wanderung auf den Preikestolen auf der Agenda: Leider hatte sich das Wetter aber nicht gebessert, die Wolken hingen niedrig über den Bergen und es nieselte immer wieder. Wir holten unsere Regenjacken hervor, packten trockene Klamotten und Verpflegung in die Rucksäcke, schnürten unsere Bergschuhe und fuhren vom Campingplatz noch einige Kilometer bis zum Ausgangspunkt der Tour. Trotz des Wetters waren wir nicht die Einzigen, die sich auf den gut markierten Weg von ca. 2,5 Stunden begaben. Der führte durch abenteuerliche Landschaften, über Holzpfade durch Hochmoore, wir kletterten über glattpolierte Felsen und stiegen durch regelrechte Felsenmeere hindurch. Dadurch war der Weg auch für die Kinder überhaupt nicht langweilig, auch wenn die obligatorische Frage "wann sind wir endlich da" nicht fehlen durfte. Ziemlich durchfeuchtet kamen wir auf dem Preikestolen an. Zu Beginn sahen wir ihn nur schemenhaft, aber auch so ist die Form beeindruckend.

Leider war das Wetter nicht besser geworden und wir mussten uns die Aussicht auf den Fjord und die umliegenden Berge vorstellen ...

Die Felskanzel ist weitgehend eben und man kann sich ohne jegliche Sicherung direkt bis an die Felskante vortasten. Es gibt in Führern sogar Bilder, auf denen besonders Mutige auf der Kante sitzen und die Füße über dem Lysefjord baumeln lassen. Soweit trauten wir uns nicht, uns reichte ein Gruppenbild, etwas von der Abbruchkante entfernt - durch die fehlende Sicht sah die ganze Kulisse gar nicht so gefährlich aus.

Felsenkanzel und ... ... Family im Nebel ...

Der Abstieg kam uns viel schneller vor und wir freuten uns alle auf eine heiße Dusche. Die Eltern durften sich zusätzlich noch überlegen, wie die Klamotten von 5 Personen in einem kleinen Wohnwagen wieder trocken wurden - ich glaube, nach 2 Tagen hatten wir dies geschafft ...

Abends gab es wieder frische Krevetten. Leider kam auch Dirk heute auf den Geschmack und so fielen die begehrten Portionen für die restlichen Esser etwas kleiner aus ...

12.08. Preikestolen - Røldal, 236 km, 20° C, Sonne

Heute schien wieder die Sonne vom strahlend blauen Himmel (warum nicht gestern?). Morgens gegen 5 Uhr überlegte ich ernsthaft, ob ich nicht nochmals alleine schnell den Aufstieg wiederholen sollte - leider bin ich darüber wieder eingeschlafen und habe mich später mit einem Bildband über diese Landschaft entschädigt .

Das Wetter war traumhaft für die heutige Strecke auf der Straße Nr. 13 und sorgte für grandiose Landschaftseindrücke.

An dem Minihafen eines Fjordes machten wir Mittagspause und ließen die Landschaft auf uns wirken. Patrick, Sven und Dirk beobachteten dabei neidisch einheimische Kinder, die auf Booten mit Außenbordern "Nachlauf" auf dem Wasser spielten.

Einige Kilometer vor Suldal stellten wir den Wohnwagen ab und unternahmen einen zweistündigen Abstecher in die Fjelllandschaft auf ca. 1000 m Höhe rund um den See Sandsavatnet ...

Unser Abendquartier bezogen wir in Røldal auf einem kleinen, aber feinen Campingplatz, direkt an einem See. Mit einem Sundowner und Ausblick auf die noch sonnenbeschienenen Schneegipfel fand dieser Tag ein würdiges Ende.

13.08. Røldal - Bergen, 150 km, 18° C, Sonne, abends Regen und Wind

Der heutige Tag sollte uns nach Bergen, dem Endpunkt unserer Norwegenfahrt bringen und wieder lag eine ziemlich lange Reiseetappe vor uns. Es ging weiter auf der Straße Nr. 13 und einige Kilometer hinter Røldal führt ein langer Tunnel durch ein Gebirgsmassiv - oder aber man zweigt, wie wir, auf die alte Passstraße ab, die sich steil und in vielen Kehren den Berg hochschraubt. Da das Wetter weiterhin schön war, versprachen wir uns bessere Ausblicke als von der Tunnelröhre aus. Etwas Bedenken hatten wir nur vor dem Hinweisschild "Max. Breite 2 m", da unser Wohnwagen genau diese Breite hatte. Nach Einlegen der Geländeuntersetzung war von der steilen Straße nicht mehr viel zu spüren. Einige Entgegenkommende musterten uns erstaunt, und wir grüßten jeweils freundlich zurück.

Wie erwartet hatten wir einen tollen Blick von hier oben und konnten gar nicht verstehen, dass sich die meisten Touristen diesen Abstecher entgehen ließen.

Die Fahrt ging weiter durch uns inzwischen vertraute Landschaften in Richtung der Industriestadt Odda am Ende des Sørfjorden. Der Ort selbst ist trotz der schönen Lage keine Bereicherung und wir verließen jetzt die Straße Nr. 13, die wir wirklich weiter empfehlen können. Entlang des Fjords standen bis zur Fähre über den Hardangerfjord jede Menge Ostbäume, anscheinend eine der "Obstkammern" Norwegens ...

An der Nordseite des Fjords angekommen, machten wir an einer Mole Rast und die Kinder entdeckten jede Menge erzhaltiges Gestein, das natürlich über Island nach Deutschland mitgenommen werden musste. Die weitere Fahrt bis zum Campingplatz Espeland kurz vor Bergen verlief zügig. Die Natur war hier nicht mehr so aufregend wie auf der Strecke zuvor, vielleicht lag es aber auch am Wetter, das zunehmend schlechter wurde.

Am Campingplatz fanden wir einen Stellplatz nur wenige Meter vom Wasser entfernt und so richteten wir uns für die nächsten zwei Nächte ein. Am späten Nachmittag kam starker Wind mit Regen auf und wir waren froh, in einer festen Behausung zu sitzen ...

Später fachsimpelten wir noch mit einer anderen "Landy-Familie" (mit 1 Kind), die auf der Rückreise vom Nordkap waren und die die letzten 4 Wochen fast nur Regenwetter erlebt hatten (Anm. der Red.: Komischerweise trifft man genau solche "Regen-Touris" auf jeder Fahrt - auch wenn es noch so sonnig ist ). Sie waren mit einem Defender mit Dachzelt unterwegs und mussten dieses jede Nacht neu aufbauen. Irgendwie hatten wir den Eindruck, dass sie urlaubsreif waren ...

14.08. Bergen, 140 km, 10° C, Regen und starker Wind

Der Wind hatte sich über Nacht beruhigt und es hatte aufgehört zu regen. Unser schöner Stellplatz hatte sich in eine leichte Sumpflandschaft verwandelt, öfter benutzte Wege gingen im Laufe des Tages in Morast über.

Die Regenpause nutzten wir zu einer Kanufahrt auf dem See. Der wiederkehrende Regen kürzte diesen Ausflug jedoch ab. Bergen im Regen - so steht es in vielen Reiseführern und wurde uns auch von einigen "Bergen-Erfahrenen" prophezeit.

Nicht umsonst hat diese Stadt eine der höchsten Niederschlagsmengen von Norwegen zu verzeichnen. Aber Bergen hat nicht nur Regen zu bieten, sondern wird als heimliche Hauptstadt und als Tor zu den Fjorden bezeichnet. Die Stadt hat heute 227.000 Einwohner und war bis 1830 die größte des Landes. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts war sie nur auf dem Wasserweg zu erreichen und erst die Bergenbahn sorgte für den Anschluss an das norwegische Verkehrsnetz. Am Hafen gibt es noch ein altes Stadtviertel, genannt "Bryggen", aus der Hansezeit. Diese heute liebevoll renovierten Häuser mit schmalen Gässchen zeugen von vergangenen Jahrhunderten und beherbergen inzwischen Läden, Galerien und Boutiquen.

Trotz des Regens fuhren wir in die Stadt und suchten zuerst die Anlegestelle der Norröna auf, damit wir am kommenden Tag die Suche nicht mit dem Wohnwagen durchführen mussten. Anschließend bummelten wir am Hafen durch das "Bryggen", sowie über den Fischmarkt.

Während Sonny in einer Boutique stöberte, kam mir ein sehr vertrautes Gesicht entgegen: Michael, unser Islandflieger, stand auf einmal mit seinem Flugkompanion vor mir. Sie waren den Tag zuvor aus München gekommen und hatten hier Zwischenstation gemacht. Die Freude war natürlich groß und wir planten den restlichen Tagesablauf. Da wir alle hinreichend nass geworden waren, beendeten wir unseren Stadtrundgang und fuhren gemeinsam zum Flughafen von Bergen, um die Wetterauskunft für die geplante Flugroute nach Island zu erfahren.

Leider war die Auskunft enttäuschend, denn auf der geplanten Route bestand Vereisungsgefahr für das Flugzeug und dieses Risiko wollte natürlich keiner eingehen. So zeichnete sich für Island keine Luftbegleitung ab und wir mussten bereits wieder Abschied nehmen. Zuvor luden wir die beiden Flieger noch zu einer Tasse Kaffee in unseren kleinen Wohnwagen ein und mit 7 Personen hatten wir "Full house" ...


© 2001 Hans-Jörg Wiebe