Auf in den Süden: Die Villa Winter wartet ...

Und wieder: Nur undeutliches Satellitenbild verfügbar ...Auch für den bevorstehenden Trip in den Süden gilt: Nahezu keine Details sind auf den vorsorglich vorher geprüften Satellitenbildern zu erkennen - warum ist auch und gerade diese ominöse Villa Winter im Süden Fuerteventuras auf dem Satellitenbild hinter einem Wolkenband verborgen?

Und überhaupt: Eigentlich gibt es doch bei Google Earth kaum derartige Bilder, die nur Wolken zeigen ..?

Fragen über Fragen also auch bei dieser Tour, die wir entgegen unseren ursprünglichen Planungen um zwei Tage verschoben haben - sicher ist sicher und so sind wir heute morgen überzeugt, dass wir nun wirklich völlig überraschend im Gebiet von Cofete auftauchen werden.

Wer auch immer unsere Nachforschungen auf der Insel beobachten sollte, wird spätestens heute Probleme haben, unseren Spuren zu folgen, als wir unseren Nissan die Piste zum Pass auf dem Weg zur Bar Cofete hinaufquälen ...

Auf einem Plateau am höchsten Punkt, kurz bevor sich die Schotterpiste in einer Rechtskurve hinab ins Tal stürzte, stand ein Geländewagen der Guardia Civil. ... Die beiden Gardisten hinter der Windschutzscheibe des Nissan-Geländewagens sahen aus wie alle Mitglieder dieser paramilitärischen spanischen  Landpolizei: Sie trugen Sonnenbrillen und einen gelangweilten, fast schläfrigen Gesichtsausdruck zur Schau. (S. 136).

Wie immer auf unserer Erkundungstour halten wir uns an den Text der "Kette": Natürlich gibt es auch die dort beschriebene Stelle an der Schotterpiste - wir halten vorsichtshalber nicht dort, wo alle Touristen stoppen und ihre Fotos machen - auch heute herrscht am höchsten Aussichtspunkt fast schon ein Gedränge geparkter Fahrzeuge. Stattdessen stellen wir den Nissan rückwärts zwischen die Mauern, die das in der "Kette" beschriebene Plateau am hinteren Rand begrenzen: Direkt neben dem Abgrund pfeift ein sehr heftiger Wind um die Höhe und lässt den Fahrer unwillkürlich noch viel vorsichtiger rangieren als sonst schon.

Von hier oben gibt es in der Tat auch heute wieder einen tollen Ausblick: Fast schon am Horizont El Islote und die unverkennbaren Sandstrände in der Umgebung - nur der erbarmungslos über den Pass fegende Wind hindert die Betrachter daran, hier länger zu verweilen ... 

Auf dem Plateau am höchsten Punkt der Piste ...

Eines vorweg: Wir sind irgend wie erleichtert, als wir auch heute die Villa Winter wieder so an ihrem Berghang entdecken wie früher - hatte es doch in der "Kette" die Szene mit der Explosion gegeben, die selbst die Brandung übertönte und die Erde erzittern ließ und an deren Ende sich der Rauch verzog und die Villa verschwunden war.

Sicherlich hatte der Autor seine Gründe dafür, die Villa verschwinden zu lassen in der "Kette" - die mehr als detailgenauen Darstellungen im Buch erforderten vermutlich am Ende doch noch eine gewisse Vorsicht - nicht allzu viele Touristen sollten wohl angelockt werden, die wie wir nun den tatsächlichen Hintergründen auf die Spur kommen wollen. Und das auf der Insel unverändert mächtige und undurchsichtige Organisationen am Werk sind, beweisen unsere bisherigen Ergebnisse mehr als ausreichend - wer hat schon die Möglichkeiten, gar Einfluss auf veröffentlichte Satellitenbilder zu nehmen ..?

Einfach: Eine Wegsperre zur Villa Winter ...Zwanzig Minuten später, unten im Tal, etwa fünf Meter vor der Gabelung des Weges, der nach links in gerader Linie hinunter zur Küste führte und sich nach rechts den Berg hinauf zur Villa Winter schlängelte, stoppte er den Toyota ... Mitten auf der Weggabelung stand der schwarz glänzende Landrover Defender. ... Der Landrover versperrte den Weg in beide Richtungen, sowohl zur Küste als auch zur Villa. (S. 137).

Als wir die im Buch geschilderte Wegsperre nachstellen, ist es wieder einmal mehr als deutlich: Die Szene ist exakt so wie in der "Kette" (Bild rechts anklicken). Offenbar ist das dort geschilderte Geschehen so geplant worden oder hat bereits einmal so stattgefunden - woher sollte der Autor sonst diese Idee haben?

Und wie zur Bestätigung unserer Überlegungen kommt genau in dem Moment unserer Aufnahmen ein Geländewagen herunter von der Villa Winter und stoppt vor uns mit einigen finster dreinblickenden Zeitgenossen an Bord. Dass die nur deshalb so merkwürdig aus ihrem Fahrzeug herausschauen, weil wir gerade die Pistengabelung sperren, kann man sich eigentlich nicht vorstellen - was also treiben die Gestalten ausgerechnet jetzt an dieser Stelle ..?

Wir fahren unseren Nissan zur Seite und die drei Männer rollen grußlos davon - auffällig unfreundliche Figuren, die wir später ausgerechnet an der Bar Cofete wieder treffen werden - wer nun noch an Zufälle glaubt, dem kann wirklich nicht mehr geholfen werden!

Die Szene muss uns eigentlich verraten haben: Jeder, der das Geschehen um die "Kette" kennt, weiß von dieser Sperre der Pistengabelung und so sehen wir zu, dass wir weiterkommen: Mit 4L-Untersetzung lassen wir unseren Nissan die Piste zur Villa hochklettern, schließlich wollen wir Mensch und Material für unsere weiteren Vorhaben schonen ...

Die Villa Winter fast senkrecht unter einem Felsplateau ...

Zehn Minuten später legten sie sich neben Hurl. Sie lagen zu viert bäuchlings auf dem rostroten Felsplateau und sahen in die Tiefe. Die Villa Winter befand sich fast senkrecht unter ihnen. Wie ein Puppenhaus, auf die Entfernung. (S. 330).

Wir stehen vor der Villa und schauen hoch zu dem Berghang, auf dem in unserem Thriller Max Maifeld, Josef Morian und Hurl liegen, während sie das Geschehen tief unter sich beobachten. Und in der Tat beschleicht uns jetzt auch das Gefühl, dass wir von irgendwo her beobachtet werden, zu menschenleer ist es hier oben, um wirklich wahr zu sein ...

Wir nähern uns der Villa bis auf ein paar Schritte und es entgeht uns nicht, dass hier jetzt zwar kein schwarzer Landrover steht, dafür aber ein dunkler Toyota Hilux - ein versteckter Wink an uns, die normalerweise bei unseren Touren immer mit einem Pickup unterwegs sind?

Ein Toyota Pickup anstelle eines schwarzen Landrovers ..?

Als sie durch eine weitere Flügeltür am Ende des Salons auf die Terrasse traten, blieben sie für einen Moment stehen ... Nein, der Blick über die monotone Landschaft hinunter zum wild schäumenden Atlantik verschlug ihnen den Atem (S. 70).

Immer noch ist kein Mensch zu entdecken, als wir um die Villa herum gehen - allerdings macht hier aufgehängte Wäsche deutlich, dass es sich wohl um eine trügerische Ruhe handelt: Hier befanden sich zweifelsfrei Menschen, die sich im Moment aber offensichtlich versteckt hielten - was hatte das zu bedeuten? Wir schauen trotzdem herunter zum Strand: Wieder einmal ist es genau so wie im Buch beschrieben und auch wir sind mehr als beeindruckt vom imposanten Anblick, der sich uns von der Villa aus bietet ...

Blick zur Küste: Einzelne Personen zu erkennen ..?

Schienen führten quer über den asphaltierten Platz in den Berg. ... Max bückte sich und betastete die rostigen Schienen ... Sie verschwanden unter einem Holztor in der Felswand jenseits des Vorplatzes ... Er leuchtete den Boden ab. Rechts vor ihm lag in der Ecke eine umgekippte Lore, wie sie früher im Bergbau benutzt wurde. Völlig verrostet. Nur die Plakette des Herstellers war aus rostfreiem Stahl. Max richtete den Lichtstrahl auf die kreisförmige Plakette. Krupp Essen. (S. 71-73).

Als wir das Gebäude weiter umrunden, erkennen wir sofort auch eine der beschriebenen Loren: Auffällig jedoch, dass offenbar jemand ausgerechnet die Stelle, an der die Firmenaufschrift "Krupp" zu lesen ist, sorgfältig mit einem Zweig abgedeckt zu haben scheint - wer auch immer hier tätig war, kann uns allerdings nicht täuschen!

Wir wissen jedoch nun endgültig, dass wir uns vorsehen müssen: Scheinbar ist von unserer bevorstehenden Ankunft doch etwas durchgesickert und man hat in aller Eile noch versucht, Spuren zu verwischen. Wir sollten auf der Hut sein ...

Verwischte Spuren? Lore von Krupp ...

Der Weg schlängelte sich durch die verwilderten Felder um das Anwesen hinauf zur Bergseite der in den Hang gebauten Villa. ... Sie standen in einem von Arkaden gesäumten Atrium, das an die Kreuzgänge romanischer Kirchen und Klöster erinnerte. ... Die Villa Winter musste mal ein prächtiges Anwesen gewesen sein. Doch die Natur hatte sich das Areal zurückerobert. Der Garten im Innenhof war völlig verwildert und verdorrt ... Die kostbaren Schnitzereien der hölzernen Rundbögen, die das Dach rund um den Patio trugen, verrotteten in der salzhaltigen Luft. ... Verschlossen war auch die massive Stahltür zum Kellergeschoss im Südflügel sowie die Tür zu dem Turm an der Nordseite, der das Dach des Hauptgebäudes nochmals um zwei Stockwerke überragte und an Wehrtürme mittelalterlicher europäischer Burgen erinnerte.

Weit offen standen hingegen die kunstvoll gearbeiteten Flügeltüren jenseits des Innenhofs am meerseitigen Kopfende des Atriumbaus. ... Auf dem Fußboden aus Marmor waren Strohballen gelagert und vor dem offenen Kamin Maiskolben zum Trocknen ausgelegt. (S. 68-70).

Während wir noch nachdenken über die Beschreibung des Inneren der Villa und wie wir wohl unauffällig dort hinein gelangen könnten, dort hinein, wo wir durch ein Loch im verschlossenen Eingangstor nur ein Gewirr von Pflanzen erkennen, gehen wir langsam wieder zurück zu unserem Nissan. In diesem Moment geschieht es: Eines der Fenster der Villa öffnet sich und ein Mann, der offenbar nicht erkannt werden will, ruft so etwas wie "!hola!"

Sofort ist er wieder verschwunden und wir überlegen, ob es nicht besser wäre, so schnell wie möglich von diesem verlassenen Ort wieder zu verschwinden, doch die Neugier überwiegt: Langsam gehen wir zurück in Richtung zum Eingangstor, das plötzlich wie von Geisterhand geöffnet sperrangelweit aufsteht - wer lädt uns hier ein, das Gebäude zu betreten und vor allem: Warum!?

Der verwilderte Garten: Stuhl nicht weggeräumt ...

Wir denken an die Beschreibungen der Villa, die wir auch im Internet überall finden konnten und an Beschreibungen, dass sie eher an ein "verwunschenes Schloss" als an das Haus eines deutschen Ingenieurs erinnern würde - nun, wenn man dann tatsächlich im verwilderten Garten steht, kann man diesen Eindruck irgendwie schon nachvollziehen.

Der unbekannte und geheimnisvolle Mann, der uns eingelassen hat und aus der Entfernung an einen Einheimischen erinnert, ist sofort wieder verschwunden und huscht auf der anderen Gebäudeseite herum - will er nicht erkannt werden? Uns fällt sofort ein Stuhl auf, der dort am Rande des Gartens steht und irgend wie dort nicht hinpasst: Wer ist hier überstürzt aufgebrochen, ohne seinen Stuhl wegzuräumen - wusste man etwa doch, dass wir kommen würden ..?

Aufgang ... Die Villa überragt vom Bergplateau ...

Wir untersuchen den Innenhof der Villa weiter, bevor wir hinaus auf die Terrasse gehen (Bild oben rechts): Warum wurde das "Winter-Emblem", das deutlich zu erkennende "W" an der Innenhoftür, zum Teil entfernt? (siehe Bilder unten). Die Hinweise, die wir schon in der letzten Zeit gesammelt hatten, verdichten sich weiter: Zweifellos sind hier Unbekannte am Werk, die Spuren verwischen wollen - aber was bezwecken die tatsächlich ..?

Schnitzereien und zerstörtes "W": Das Winter-Emblem ...

Wir streifen weiter durch das geheimnisvolle Gebäude, schließlich haben wir nicht vergessen, dass in der "Kette" von dem Zugang zu einem geheimen U-Boot-Hafen an der Küste die Rede ist - einmal mehr hält sich damit eine Geschichte, die schon seit Jahrzehnten im Umlauf ist. Ausgerechnet hier also soll es eine Wendeltreppe in die Tiefe geben, eine Stahltür, durch die man mit der Kenntnis der Ziffernkombination 1 - 4 - 9 ... - wir werden abrupt aus unseren Gedanken gerissen, als wir wieder die huschende Gestalt erkennen, die in der Villa offenbar alle Türen öffnen kann: Im Halbdunkel eines Treppenaufgangs meinen wir eine Handbewegung zu erkennen, die uns den Weg hinauf auf den Turm der Villa weist ...

Erinnerungen an einen Bergfried: Im Turm der Villa ... Nie fertig gestellt ...

Maiskolben zum Trocknen ausgelegt? Durchgang zur Terrasse ...

Als wir am Turm ankommen, ist die schemenhafte Gestalt bereits wieder verschwunden - völlig ungestört können wir den Turm der Villa erklimmen, der nicht nur zeigt, dass dieses Gebäude niemals fertig gestellt wurde, sondern der irgendwie tatsächlich auch an einen Bergfried erinnert, den Turm einer Burg. Auch hierzu gab es eine mysteriöse Geschichte: Der merkwürdig hohe Turm soll einst ein Peilpunkt für Flugzeuge und U-Boote gewesen sein und ein sehr großer Sicherungskasten oben soll darauf hingewiesen haben, dass dort etwas mit gewaltigem Strombedarf angeschlossen war - nur was ..?

Wir erinnern uns an andere Beschreibungen der Villa, die Zugänge zu dem teilweise versperrten Teil des Untergeschosses erwähnen oder einen dort unten liegenden langen Gang ohne Türen oder Fenster, dessen Funktion nicht erklärbar sein soll, da der Gang angeblich bei einem winzigen Fenster endet. Ist dort unten irgendwo der Zugang zu der besagten Wendeltreppe ..?

Es fröstelt uns, als wir uns vorstellen, was hier möglicherweise für Geheimnisse im Untergrund begraben sind, von denen wir nichts, aber auch gar nichts erfahren sollen. Und auch die unheimliche Gestalt ist nun wieder verschwunden - will man damit andeuten, wir hätten hier nun genug gesehen und mehr wäre nicht gut für uns?

Wir deponieren noch schnell einen 5-Euro-Schein am Eingang der Villa, als wir fast schon fluchtartig das Gebäude verlassen - sollen sie uns doch ruhig für normale Touristen halten, wenn sie nicht schon längst wissen sollten, wer hier nach der Wahrheit sucht.

Die milde Sonne draußen und die frische Seeluft, die vom Atlantik hoch weht, beruhigen uns wieder, als der Nissan über die sich nach unten schlängelnde Piste über Felsbrocken hinweg endlich wieder rollt - niemand folgt uns, wie wir erleichtert feststellen ...   


© Text/Bilder 2006 J. de Haas