Samstag, 13.09.08: Zufallshalt in Clamecy

Der Vorabend hatte trotz des fürstlichen Abendessens in der L´Auberge des Pyrénées noch mit einem Schock aufgewartet. Aus Richtung München erreichte uns eine schlechte Nachricht: Es gibt Probleme mit Kater Felix, der den Autor nun schon seit 16 Jahren treu begleitet und der seit langem aus vielen Gründen eher den Status eines Sohnes hat als den eines Haustieres. Erst vor drei Monaten das letzte Mal wegen seiner Krebserkrankung operiert, schien er doch so weit genesen, dass man wenigstens diese kurze Tour bis in die Bretagne hatte planen können. Doch nun waren völlig überraschend kurzfristig Probleme aufgetreten und hatten damit schlagartig das kurzfristige Ende dieser Reise eingeläutet: Es hieß relativ zügig nach München und zu Felix zurückzukehren ... 

500 km zurück ins Burgund ...Nach Lage der Nachrichten und um das Ganze nicht in übermäßigen Stress ausarten zu lassen, sind für diese Rückfahrt insgesamt noch drei weitere Übernachtungen eingeplant bis zur Ankunft in München und der erste Streckenabschnitt soll bereits rund 500 km wieder zurück bis ins Burgund führen.

Es folgt die uns (und Steffi! ) bereits gut bekannte Strecke auf der A11 Nantes bis Ancenis, danach wieder Angers, Saumur, Tours und Vierzon - schließlich sind wir zurück an der eindruckvollen Loire, die wir über dieselbe Brücke überqueren wie bei der Hinfahrt. 

Unmittelbar nach der Überquerung stecken wir schon fest in La Charité sur Loire: Steffi verliert den Überblick im Labyrinth der Einbahnstraßen und lockt uns in engste Gassen, wo die ARB-Stoßstange nur zentimeterweit an Hindernissen vorbei gelenkt werden kann. Schließlich erweist sich die Innenstadt so als endgültig undurchdringlich selbst für unser Fahrzeug, wir schaffen es wieder heraus aus dem Ort und umrunden ihn großräumig nördlich, bis wir schließlich die angepeilte N 151 erreichen: echte Großtat, Steffi, aber was kannst du schon für dein Kartenmaterial ...

Wir nähern uns wieder der Region, die wir noch vor wenigen Tagen als erste Station im Burgund angesteuert hatten. Wir haben uns aufgrund der langen Strecke noch auf keinen bestimmten Halt festgelegt und wollen an einem Ort übernachten, der uns gut gefällt. Einen ersten Platz in landschaftlich schöner Umgebung bei Varzy verlassen wir wieder nach kurzem Halt: Zu unwirtlich erscheint das Ambiente für den heutigen Abend, und auch die dort schon befindlichen Camper wirken nicht unbedingt einladend ...

Schon bald folgt der Ort Clamecy und damit der Bereich Vaux d´Yonne im Département Nièvre im nördlichen Burgund: Nicht all zu weit entfernt von Vermenton, das uns doch recht gut gefallen hatte. Gelegen in der waldigen Landschaft am Zusammenfluss von Yonne und Beuvron und auch am Canal du Nivernais sind wir hiermit wieder im Paradies der Hausbootfahrer angekommen, das uns ja bereits in Vermenton schon recht attraktiv erschien. Aufgrund seiner exponierten Flusslage war Clamecy vom 16. bis zum 19. Jahrhundert ein wichtiges Zentrum für den Holztransport flussabwärts auf der Yonne, und an diese bedeutenden Zeiten der Stadt erinnern auch einige Tafeln unten am Kanal ...

Kanäle und Wehre ... Erinnerungen an die Holzflößer ...
... und eine bedeutende Vergangenheit ... Heute ein Areal für Freizeitschiffer ...

Der Campingplatz ist recht einfach: Nur eine lang gezogene Wiese am Kanal entlang erwartet hier den Camper, aber der Empfang ist mehr als freundlich. Wir erhalten an der Rezeption einen Zettel mit einer Einladung, uns an diesem Abend um 18:30 Uhr zu einem Empfang in der Rezeption und auf einen Drink einzufinden. 

Als wir da später erscheinen, sind zu unserer großen Überraschung bereits etliche Camper des Platzes versammelt und das Team vom "Tourism Office" hat ein umfängliches Buffet mit Blätterteigplätzchen aufgebaut, wozu ordentlicher Chardonnay gereicht wird. Schnell ergibt sich ein Englisch-französisches Gespräch auch mit netten Engländern, von denen insbesondere ein Paar sich als überzeugte Radler outen, die täglich von hier aus viele Kilometer ausschließlich an den Kanälen entlang fahren. Es wundert wenig, dass gerade die Beiden am nächsten Morgen besonders angetan sind von einer A-Bike-Vorführung und den Möglichkeiten, die das kleinste Klapprad der Welt bietet ...

Campingplatz von Clamecy ... Freundliche Einladung zum Drink ...

Der freundliche Empfang ändert nichts an der üblichen Ausstattung, die man hierzulande zumeist auf den Campingplätzen findet: Auf den meisten Toiletten gibt es weder Papier noch Seife, dafür wird allerdings immer an Rollstuhlfahrer gedacht, für die in der Regel eine komfortablere Kabine zur Verfügung steht. Kein Wunder, dass unter diesen Bedingungen manch einer zum Rollstuhlfahrer aufgrund eigener Erklärung wird!

Nach dem Empfang machen wir uns auf den kurzen Fußweg in die mittelalterliche Stadt, in deren Zentrum wieder einmal eine beeindruckende alte Kirche zu finden ist: die St. Martin Kirche am Place St. Jean. Bevor wir dort ankommen, haben wir allerdings erst wieder einmal ausreichend Gelegenheit, die am Kanal angelegten Hausboote zu begutachten und erneut zu überlegen, ob das nicht für den nächsten Besuch hier genau das Richtige wäre. Wie schon bei Vermenton erwähnt, wären Ausflüge mit France Afloat möglich und auch Clemency gehört zum bereits genannten Canal du Nivernais, auf dem man von hier aus nicht nur nach Vermenton fahren könnte ...

Mittelalterlich: Innenstadt von Clamecy ...

Am Abend gibt es eine Uraufführung: Im Restaurant L´Angelus direkt am Place St. Jean an der Kirche, wo wir heute essen gehen, bekommen wir tatsächlich einen Platz, ohne vorher reserviert zu haben - der gastronomische Bann scheint tatsächlich gebrochen!

Merkwürdige Schließungszeiten ..? ;-)))Schaut man sich allerdings die Schließungszeiten des Lokals im städtischen Prospekt an, werden unsere finstersten Befürchtungen bestätigt: Bereits vor dem 14. Februar und bis zum Jahresende soll es geschlossen sein - oder hat da etwa jemand das nur etwas ungeschickt ausgedrückt ..?

Auf jeden Fall ist heute geöffnet und sowohl das Essen als auch der vorzügliche Rotwein bieten keinerlei Anlass zur Klage. Nach dem Essen und nicht nur unter dem Einfluss des Rotweins fällt die Entscheidung, auch heute Abend wieder einmal so eine schöne "PDA-Fotoserie" zu machen. Und in der Tat: Auch die abendlich beleuchtete Kulisse der alten Gassen bietet Gelegenheit, alles aus dem digitalen Assistenten heraus zu holen, was er an besonderen fotografischen Möglichkeiten zu bieten hat ...  

Abendbummel durchs mittelalterliche Clamecy mit PDA ...

© 2009 J. de Haas