Zunächst Grüße an Tony Broad und meine Freunde in Crediton ...

Zu Besuch bei Garmin Europa ...

1. Tag

Am 19.07.1999 startete ich mit meinem Motorrad in Richtung Norden: Auf dem Wege zur Autobahn schaute ich kurz auf mein Garmin II plus und dachte mir, dass es eigentlich schön wäre, das Update für "Find City" zu haben. Ich könnte dann schnell und bequem einige Waypoints als Zwischenpunkte eingeben und bräuchte nicht mehr lange in der Karte herumsuchen. Mein PC war eh wieder mal total durcheinander und nicht zu gebrauchen. Die Explorer-Crew, die da sonst immer eingriff, war auf ihrer Tour Skandinavien ´99 und ich auf dem Weg zu ihnen nach Nordschweden ...

Aber das natürlich nicht wegen des vermaledeiten PC´s: Ich hatte mit ihnen ein evtl. Treffen in der Gegend um Arvidsjaur in Schweden ausgemacht - nicht 100prozentig, aber wenn ich nach Schweden kommen würde, dann eben dorthin. Sie waren schon eine geraume Zeit vor mir aufgebrochen, fuhren aber über Finnland nach Schweden und dann weiter über Norwegen heim. Darüber werden sie, wie ich sie kenne, aber lieber selber berichten. Ich wollte sie nur auf meiner zig-sten Nordlandreise etwas aufmuntern - es kam jedoch ganz anders!

Unterwegs mit dem Garmin II plus ...Am Bamberger Kreuz bog ich noch auf die A70 Richtung Norden ab - beim Annähern an das Wernecker Kreuz hatte ich es mir endgültig überlegt und fand den Gedanken, statt der geplanten Tour nun doch die Garmin-Zentrale in England zu besuchen, gar nicht übel. Ein "Empfehlungsschreiben" des immer an GPS-Themen interessierten Explorer Teams an Garmin hatte ich vor einigen Wochen schon bekommen und in meiner Brieftasche. Da ich dort bei Exeter auch noch Bekannte von meiner Israelreise habe, die ich schon lange besuchen wollte, könnte ich beides verbinden!

Also bog ich am besagten Kreuz in die A7 ein, nicht nach Norden sondern in Südrichtung auf Würzburg zu ...

Beim Biebelrieder Kreuz fuhr ich nun einfach Richtung Westen auf die A3 und folgte dieser dann über Aschaffenburg, Offenbach und Rüsselsheim in den Raum Frankfurt. Es war sicher nicht die kürzeste Strecke nach England, aber eine, die ich so noch nie gefahren war ...

Die Sonne schien, das Wetter war schön. Was wollte ich mehr? Störend empfand ich nur die langen Schlangen an den Theken der Raststätten. Zum ersten Mal hatte ich es abgelehnt, mir fertige Brote für unterwegs mitzunehmen - ich fuhr also ohne zu Essen weiter. Pause machte ich wie gewohnt alle 1-2 Stunden.

Der A61 folgte ich bis in die Gegend um Bingen, später in Richtung Trier - Luxemburg über den Hunsrück. Dort war ich schon lange nicht mehr gewesen - es hat sich einiges geändert seit dem letzten Trip! Aber die Schönheit der Landschaft ist geblieben. Als ich später auf der Karte den Riesenbogen sah, dachte ich, das darf ich niemandem erzählen. Doch jetzt tat ich es doch und es ist auch durchaus empfehlenswert, nur eilig darf man es nicht haben. Und die Fähre nach England, die darf man auch nicht gebucht haben. Als ich bei Trier dann auf der A48 gen Luxemburg fuhr, hatte sich das Wetter ziemlich verschlechtert. Jetzt wäre ich froh gewesen, doch nach Norden gefahren zu sein! Dort soll es noch Sonne geben ...

Es half nichts. Ich musste die Regenkombi drüberziehen und hoffen, dass es nicht zu schlimm wird. Meinen Garmin II plus, um den es eigentlich bei dieser Reise geht, habe ich, obwohl er wasserdicht sein soll, auch mit einer Regenhaube bedacht, aus der nur der Antennenstummel herausschaut.

Luxemburg umfuhr ich auf dem Autobahnring und dann in Richtung NW über Bastogne nach Namur. Hier dann ein kurzes Stück auf Brüssel zu und dann ohne einen Blick auf die Karte zu werfen, weiter nach Westen. Der Kompass war mein Wegweiser.

Unterstellmöglichkeit gesucht!Das Wetter wurde etwas besser und als ich in der Nähe von Tournai (fl. Doornik) (N50°36‘00" O003°23‘00") nach Norden abbog, kam kurzzeitig die Sonne raus. Bei Kortrijk (frz. Courtrai) fragte ich mich nach Izegem (N50°55‘00" O003°12‘00") durch. Nach kurzer Zeit hatte ich die Adresse von Rick Seys, einem Freund aus Islandzeiten, gefunden: Rik war allerdings nicht zu Hause, sein Geschäft geschlossen. Die Nachbarin befürchtete, daß er die Nacht über nicht heimkommen würde. Ich wartete eine Weile auf ihn und versuchte dann in der Umgebung eine Schlafgelegenheit zu finden. Die Hotels waren alle in der Innenstadt und hatten dem Anschein nach keine Unterstellmöglichkeit für mein Motorrad. Ehrlich gesagt war ich auch etwas enttäuscht, daß aus meiner Überraschung, Rik zu besuchen, nichts geworden war und fuhr weiter auf die Küste zu ...

Die Zeit hatte ich irgendwie vergessen. Jedenfalls verfuhr ich mich auf der A14 südwestlich von Kortrijk aufgrund der verschiedenen Schreibweise der Ortsnamen und fuhr bei zunehmender Dunkelheit auf Lille zu (die flämische Schreibweise habe ich vergessen). Ich hatte die Faxen dick und wollte auch nicht bei Nacht auf Herbergsuche in Lille herumkurven, so fuhr ich dann schließlich bei Beuvry les Bethune von der Hauptstraße herunter: Gleich bei der Ausfahrt (N50°30‘46,4" O002°40‘19,6") war ein Hotel der "Formel 1"-Kette!

Inzwischen war es 2350 Uhr geworden. Es handelte sich bei dieser Art Hotels um ein sogenanntes Automatenhotel: Den leider nur in französisch geschriebenen Notizen am Eingang entnahm ich, daß man nur seine Kreditkarte in den Automaten stecken brauche und dann, nach der Wahl seiner Sprache, durch die Prozedur der Anmietung geführt werde. Da ich sehr müde war und das Hotel einen abgesicherten Abstellplatz hatte, entschloß ich mich, das Angebot anzunehmen. Um beim Einziehen keine Verzögerung an der Tür zu haben, die mit einem Code geöffnet wurde, entlud ich meine Maschine und fuhr sie vor den auch mit einem automatischen Tor versehenen Parkplatzeingang. Wie ich da nach dem Parken wieder raus kommen könnte, beschäftigte mich schon etwas, aber im Vertrauen, daß man das dem Automaten entlocken könne, begab ich mich zum Hoteleingang an den Automaten. Falls es jemand nicht interessiert, wie einen eine solche Kiste ärgern kann, dann möge er mir verzeihen und einfach bei der Beschreibung des nächsten Tages weiter lesen ...

Zuerst muß man seine Karte in einen Schlitz stecken: Die ist dann erst mal weg. Danach soll man auf die Flagge des Landes drücken, dessen Sprache man versteht. Eine Flagge erschien aber nicht. Sondern ein in gutem Amtsfranzösisch abgefaßter Bildschirm voller Möglichkeiten. Mit viel Oui (wui) und No. Ich spreche leidlich französisch und kam bis jetzt auch immer klar. Doch auf dem ganzen Screen war nicht ein einziges Wort, das ich vorher schon einmal gesehen oder dessen Bedeutung ich hätte erraten können. Also drückte ich ganz unten am Schluß auf den Knopf  NO. Damit kann man bei den meisten Automaten nichts verkehrt machen.

Doch hier kam ein neues Image mit noch mehr komplizierten Fragen, wie ich den vielen Oui und No entnahm. Ich wurde nervös und dachte daran, was ich da wohl alles falsch machen könnte und welche Kosten da wohl von meinem Konto abgebucht werden und drückte die Taste 'Security' oder ähnlich. Jedenfalls meldete sich gleich eine Männerstimme, die mich nach meinem Begehren fragte. Natürlich sprach der Mann nur französisch. Wir kamen dann mit meinen mehr oder weniger guten Sprachkenntnissen auch ganz gut klar. Ich erklärte ihm, daß ich ein Zimmer wolle, meine Karte im Automaten stecke, ich aber den komplizierten Text, wegen meiner mangelhaften Französischkenntnisse nicht verstehen könne. Ich bat ihn herauszukommen und mir behilflich zu sein. Er lehnte ab. Meinte aber, ich solle meine Karte, die noch immer drinnen war, einschieben, und auf die deutsche Flagge drücken und dann den Anweisungen folgen ...

2. Tag

Ich machte ihm klar, daß ich schon eine Taste gedrückt und beim zweiten Image sei, aber noch immer keine deutsche oder englische Flagge sehe. Er unterbrach die Unterhaltung mit "Bonsior Monsieur!" Auf mein erneutes Läuten rührte er sich nicht mehr. Inzwischen war es 0045 Uhr geworden und ich stand immer noch mittenmang meines Gepäcks vor der Türe. Wütend hielt ich den Klingelknopf fest. Nichts. Todesmutig und zu allem entschlossen, drückte ich dann auf alle "No"-Tasten, die auf dem Automaten waren und hatte Erfolg: Meine Karte kam unbeschädigt heraus! Da ich nicht wusste, ob ich nicht für eine Buchung, die ich unbeabsichtigt ausgelöst hatte, bezahlen müsste, versuchte ich, noch mal die Hilfe zu aktivieren. Doch der Herr ließ sich nicht erweichen, noch mal zu antworten ...

Ich belud mein Motorrad und fuhr auf der Suche nach einer Polizeistreife durch den Ort. Ich wollte die Polizisten wenigstens veranlassen, den Nachtwächter am anderen Ende der Notfallklingel zu fragen, ob eine Buchung eines Zimmers über den Automaten erfolgt war oder nicht. Die Gendarmerie war in dem Ort jedoch nicht vertreten, wie mir zwei Straßenjungen sagten. Mein Französisch klappte überall, nur an dem besch... Automaten nicht. Ich fuhr wieder zurück und beschloss, auf der Veranda im Eingangsbereich den Morgen abzuwarten.

Kurz vor 0130 Uhr kamen drei Männer, die am Automaten herumtippten. Ich grüßte freundlich und erzählte von meinem Missgeschick. Wie sich herausstellte, wollte einer davon, für zwei, die keine Kredit- oder Bankkarte hatten, ein Doppelzimmer buchen. Er versuchte mit seiner Karte wenigstens an eine der Flaggen zu kommen und bot mir letztlich an, mit seiner Karte eine Buchung zu machen und ich solle ihm dann das Geld geben.

Ich lehnte also das Angebot des Mannes ab, bat ihn aber, meine Karte zu benutzen und die Fragen auf dem Bildschirm in ein mir verständliches Französisch zu übersetzen. Es ging ganz prima. Auch die Frage, ob ich vorher schon eine Buchung gemacht hatte, erledigte sich in kürzester Zeit. Wenn kein Papier mit Codenummer und anderen Angaben, die alle viel verständlicher formuliert waren als der Wust auf dem Bildschirm aus dem Automaten kommt, dann kostet es nichts. Hoffe ich immer noch. (Anm.: einen Monat später) ...

Der Rest ist schnell erzählt: Ich bekam ein sauberes, geräumiges, preiswertes Zimmer, sogar mit einigem Komfort wie z.B. TV, und konnte mich gegen 0200 Uhr endlich hinlegen. Eingeschlafen bin ich erst sehr viel später ...

Am Morgen erwachte ich trotz allem ausgeruht. Das Wetter hatte einen erheblichen Anteil, meine Laune zu heben. Nach einer Dusche zog ich mich an und packte meinen Kram auf das Motorrad. Auch das war noch da, wo ich es hingestellt hatte. Die Damen, die im Foyer aufräumten und das Frühstücksbüffet herrichteten, musterten mich beim ersten Passieren mit meinen Koffern freundlich - bei jedem weiteren Mal eher etwas amüsiert. Was ich bis dahin nicht wusste, war, dass der alte Mann, der an der Theke einen Kaffee trank, der Simpel von heute Nacht war.

Ich weiß nicht, was ich dem, trotz meiner schlechten (oder waren die gar nicht so schlecht?) Sprachkenntnisse erzählt hätte. Ich bestellte nur einen Kaffee. Heute Nacht hatte ich die Frage, ob ich Frühstück wünsche, verneint. Die Dame, die mir das Geld für den Kaffee abnahm, fragte, ob es möglich sei, dass ich heute Nacht Probleme mit dem Zimmermieten gehabt hätte.

Ich erzählte ihr die Episode. Sie ging gleich mit mir an den Automaten. Da ich nicht riskieren wollte, meine Money Card noch mal in den Schlitz zu stecken, konnte sie mir nicht weiter helfen. Ob nun wirklich die verschiedenen Sprachen nicht funktioniert haben oder ich auf dem ersten Image vielleicht irgendwelche Flaggen übersehen hatte, wusste sie auch nicht, versprach aber der Geschichte nachzugehen. Beim nächsten Besuch in Romsey werde ich es testen. Man erlaube mir ein hi, hi...

Fähre bei Calais ...Den geplanten bösen Brief an die Geschäftsleitung unterließ ich übrigens auch. Die ganze Sache kann man nämlich dadurch umgehen, dass man vor 2200 Uhr bucht: Bis dahin sitzt nämlich eine freundliche Person hinter dem Tresen, die mindestens eine der gängigen europäischen Sprachen spricht, wie mir ein Ehepaar aus Schottland beim Kaffeetrinken versicherte.

Ich fuhr bei schönem Wetter in Richtung Béthune (N50°32‘00" O002°38‘00"). Jetzt bemerkte ich, dass ich gestern Abend die falsche Autobahn genommen hatte. Die Autobahnen in Belgien sind gebührenfrei. Ich aber bin zu weit nach Süden geraten und musste jetzt die gebührenpflichtige französische nehmen. Jedenfalls erreichte ich Calais. Es fing gerade mal wieder an zu regnen. Ich löste ein verbilligtes 5-Tage-Ticket und kam 20 Minuten später auf die fast leere Fähre nach Dover ...

Bei der Einfahrt traf ich auf zwei weitere Biker: Ein älteres Ehepaar aus der französischen Schweiz mit einer BMW unterwegs nach Nordschottland und ein junges Paar aus Oxford mit einer Harley auf dem Heimweg von Belgien. Der Schweizer half mir an Bord, meine überladene Honda Arfica Twin auf den Hauptständer zu hieven, wo sie dann von der Besatzung gewissenhaft verzurrt wurde. An Bord verloren wir uns bis zur Ankunft in Dover aus den Augen. Die beiden aus Oxford traf ich im Schnellrestaurant wieder: Der junge Mann gab mir gute Tips beim Zusammenstellen des dort angebotenen typischen englischen Frühstücks - nachdem ich das aus Würstchen, Kartoffelpuffern, zwei Eiern, Bacon, Bohnen mit Soße und Brot bestehende Mahl mit zwei Tassen Tee hinuntergespült hatte, konnte ich mich nicht mehr rühren.

Das Wetter klarte auf, war aber den ganzen Tag über wie im April: Sonnenschein und Regen lösten sich in schöner Regelmäßigkeit ab. Ich fand mich überraschend schnell mit dem Linksfahren zurecht und fand nach einer Wende gleich den Weg entlang der Küste nach Westen.

Die Fahrt rief Erinnerungen an meinen ersten Englandtrip 1991 wach: Ich konnte mich nicht satt sehen. Ich hatte nur eine vage Vorstellung, wo Romsey/Hampshire liegt. Unterwegs hatte ich nur die Koordinaten N50°W001° eingegeben. Einige junge Frauen, die ich in Tankstellen danach fragte, meinten, dass es sehr weit im Norden sein müsse, andere dagegen, daß das an der Küste im Osten wäre und ein älterer Herr meinte schließlich, ich solle im nächsten Ort bei der Garage fragen, die wüssten über solche Sachen Bescheid.

Ich verließ mich auf meinen Instinkt und darauf, dass, wenn ich an W001° angekommen wäre, sich da auch der 50te Breitengrad finden ließe. So weit es möglich war und das Wetter mir nicht mit seinen Kapriolen die Laune verschlug, bewegte ich mich im dichten Verkehr auf der Küstenstraße westwärts. Irgendwann hatte ich das Gefühl, ich fahre nicht, sondern "roundaboute" - von Kreisverkehr zu Kreisverkehr, und alles an Südenglands Küste sei eine einzige Stadt.

Ab Eastbourne (N50°48‘00" O00°15‘00") dachte ich schon, ich müsse doch bald auf der Höhe von Portsmouth sein, wo ich Hampshire vermutete. Aber wie jeder Geographiekenner weiß, hatte ich bis dahin noch eine ganze Weile zu roundabouten. Zwischendurch regnete es und ich zog meine grellgelbe Regenkombi über. Danach hatte  ich das merkwürdige Gefühl, die Leute seien mir gegenüber höflicher. Man fuhr scharf links und ermöglichte mir, manchmal auch durch Zuwinken, das Überholen. Durch die Freundlichkeit der englischen Kraftfahrer überrascht, nutzte ich das mehr und mehr aus. Bei Worthing (N52°44‘00" O00°57‘00") kam mir dann grüßend ein Kollege entgegen - er trug eine Jacke der gleichen Farbe, hatte aber die blaue Hose eines Polizisten an und hinten ein blaues Rundumlicht auf seiner BMW - das Geheimnis war gelüftet!

Die Polizei benutzt hier die fast gleiche Signalfarbe für ihre Motorradstreife. Den Teufel tat ich, dieses Wundermittel auszuziehen: Selbst als die Sonne schien, schwitzte ich lieber, als auf die Vorzüge der Kombi zu verzichten. Schließlich stand hinten auf meinem Rücken nicht "Polizei", sondern "Follow the sun" - also unverwechselbar mit der Polizei. Ich möchte nicht wissen, was die lieben Autofahrer mir alles gewünscht haben, die ich überholt hatte und denen ich dann anbot, der Sonne zu folgen ... Eigentlich bin ich froh, daß die EU noch nicht alles generalisiert hat, so kann auch mal ein Normalbürger einige Vorteile ausnutzen!

Selbst als ich es wusste, habe ich natürlich genau wie vorher die Verkehrsregeln exakt eingehalten. Nur überholen konnte ich halt leichter und sicherer. Irgendwann wusste ein Herr an einer Tankstelle um Portsmouth herum, etwa bei Chichester, wo Hampshire und sogar Romsey liegt und erklärte es mir so, dass ich nicht mehr falsch fahren konnte. Ich titulierte ihn spaßeshalber als geographisch besten Kenner Englands - er verstand Spaß und lachte. Ein hinzugekommener Kunde sprach mich auf Deutsch an und erzählte mir, er kenne Bamberg und sei da schon gewesen. Auf meine Frage, ob er auch Romsey in Hampshire kenne, musste er leider passen. Also wie man sieht, ist Bamberg in England bekannter als Romsey!

Bei besagtem Chichester bog ich dann von der Küstenstraße ab nach NW und umfuhr auf dem Motorway die Städte Cosham, Fareham und Southampton. Kurz nach der Abzweigung des Motorways nach London fuhr ich ab und direkt auf Romsey zu. Inzwischen war es 1700 Uhr geworden. In Romsey (N50°59‘47,2" W001°28‘32") war ich so gegen 1800 Uhr. An der dortigen Shelltankstelle informierte ich mich über die gesuchte Adresse, die ich aber - immer engere Kreise schlagend - dann schließlich gegen 1830 Uhr fand.

Eine Dame, die gerade das Haus verließ, sprach mich an und meinte, dass ich um einige Minuten zu spät sei. Es sei zwar noch jemand da, aber der Chef sei schon gegangen. Das war mir klar. Ich wollte ja auch gar nicht mehr stören, sondern eigentlich nur schauen, wo das Hauptquartier von Garmin für Europa liegt, um es morgen leichter zu finden.

Sie gab mir noch den Tip, Quartier im Withe Horse in der Stadt zu nehmen und ging. Ich fuhr in die Innenstadt zu dem angegebenen Hotel. Dort hatte man kein Bett mehr frei, meinte aber, daß bei Bertie's B&B gleich um die Ecke etwas frei sei. Die Begründung für das volle Haus und die Wahrscheinlichkeit, keine Unterkunft in der Stadt zu bekommen, lieferte man mir gleich mit: Viele Leute seien auf Urlaub und hier im Süden, das sei nun mal die Riviera der Engländer ...

Bertie war weiblich und hatte noch ein Einzelzimmer, welches sich als Kammer (allerdings mit Toilette und WC) entpuppte und über der Küche lag mit Blick zum Hof - ich war zufrieden. Meine Maschine konnte ich in der Garage des Eigentümers unterstellen und hatte eigentlich dann keine Wünsche mehr übrig. Der Preis betrug 45 £. Für südenglische Verhältnisse, so sagten mir meine Freunde später, sei das angemessen. Das Haus, in dem das Restaurant mit B&B und Bar untergebracht ist, war mindestens 300 Jahre alt und lag im Zentrum der malerischen Altstadt von Romsey/Hampshire.

3. Tag

Ausgeruht und mit gutem Frühstück im Bauch machte ich mich so gegen 0730 Uhr auf in den Abbyepark (N50°58‘58,2" W001°27‘50,7") - bei Garmin war man schon am werkeln. Ich wurde Tony Broad vorgestellt und er machte sich, nachdem ich ihm Grüße vom Explorer Team ausgerichtet hatte, das er schon von anderen Problemen her kannte, ohne großes Federlesen über meinen Empfänger her.

Wir unterhielten uns, derweil der Computer meinen Empfänger modifizierte. Dieses und jenes kam zur Sprache, unter anderem auch, daß er einige Zeit als 2.Offizier auf einem Tanker gefahren war. Auch mit der Dame, die am Nebentisch so ein kleines Orientierungswunderding bearbeitete, wechselte ich ein paar Worte. Nach ca. 20 Minuten war mein Kästchen "aufgeladen" und ich konnte wieder gehen. Nach einigen Abschiedsworten verließ ich Tony mit dem Versprechen, dem Explorer Team Grüße von ihm auszurichten ...

Ich schwang mich auf meine Maschine und fuhr in Richtung Westen. Auf der M27 verweilte ich nur ein kurzes Stück und fuhr auf dem Neubau nach Ringwood (N50°51‘00" W001°47‘00") - oder war es schon Wimborne Minster? Ich konnte es nicht ausmachen. Exeter (N50°42‘00" W003°32‘00"), meinen nächsten Zwischenpunkt, hatte ich schon eingetippt und wurde jetzt recht gut geführt. Den Straßenverlauf konnte ich natürlich nicht eingeben. Aber nur mit Angabe der größeren Orte kam ich schon einigermaßen klar: Auf der Kartenseite tauchten die gespeicherten Orte jetzt automatisch auf.

Ich sollte aber nicht unerwähnt lassen, daß das Wetter jetzt wieder schön war und sommerliche Temperaturen herrschten. Meine Regenkutte war heute nicht notwendig. Ich hatte mich gestern Abend bei meinen Freunden in Crediton bei Exeter / Devon telefonisch angekündigt und viel Zeit. Mittags - es mag so um 1300 Uhr herum gewesen sein - traf ich in dem kleinen Ort außerhalb von Crediton (N50°47‘00" W003°39‘00") ein. Bob freute sich sehr. Er dachte, ich hätte in Romsey länger zu tun - ich glaubte das heute morgen auch noch. 

St.Marys, Clifford Bridge Einblick in den Garten ...

Sue, seine Frau, war noch arbeiten. Bob führte mich in seinem so um die 300 Jahre alten, herrlichen Haus herum. Ich wurde nicht fertig mit Staunen. Es war früher eine Posthalterei und dann eine Eierverpackerei und Honigabfüllerei, bevor es Bob in den 60er Jahren kaufte. Er hatte viel Arbeit und auch viel Geld hinein gesteckt, bis es so aussah, wie es jetzt war. Er meinte, es wäre jetzt ohne die Kinder langsam zu groß und er überlege, ob er es nicht verkaufen solle. Ich riet ihm ab. Als Sue am Abend von der Arbeit kam, luden mich die beiden netten Leute zum Essen ein.

Wir fuhren in ihrem Wagen in eine uralte Gaststätte, wo wirklich noch alles frisch gekocht wird. Ich nahm einen Lammbraten mit typisch englisch zubereitetem Gemüse und Minzsoße. Leider darf ich zur Zeit keinen Wein trinken - der hätte das ganze noch abgerundet. Wir aßen und plauderten und wärmten alte Geschichten von unseren Erlebnissen in Israel und Jordanien auf. Ehe wir uns versahen, war Mitternacht vorbei und Zeit, schlafen zu gehen. Bob brachte mich in der Fürstensuite seines Hauses mit eigenem Bad und Toilette unter - schon bald schlief ich tief und fest ...

4. Tag

So um die 0800 Uhr machten Bob und ich, wie es in England üblich ist, erst einmal den "morning tea". Sue gesellte sich dann kurz danach dazu: Sie fing gleich darauf an, ein richtiges "english breakfast" zuzubereiten. Von gestern noch gewarnt, aß ich heute etwas weniger. Man kündigte mir an, daß wir heute eine Visite in Dartmoor machen würden.

Nach dem Vorbereiten einiger Lunchbrote und einer Kanne Tee fuhren wir zum Dartmoor Nationalpark: Dort stellten wir auf einem Parkplatz das Auto ab und gingen zum "Den-Namen-habe-ich-vergessen-Tor" bei N50°39‘26,9" W004°03‘57,7". Mit meiner dicken Motorradjacke und dem Tropenhut sah ich verboten aus und erregte die Aufmerksamkeit der Gottseidank nicht so zahlreichen Besucher. Durch das tagelange Fahren auf dem Motorrad war ich steif geworden und musste ganz schön blasen bei dem Anstieg zum Tor. Sue und Bob dachten bestimmt, ich sei das nicht gewohnt - was jedoch nicht zutrifft ... 

Dartmoor: Postbridge ... noch mehr Dartmoor ...

Übrigens war ich mit Irmi, meiner Frau, in den frühen 90ern schon zwei Wochen hier in Dartmoor gewesen. Ich kannte also die Landschaft. Nichtsdestotrotz war es ein Erlebnis. Ich danke Bob und Sue für dieses Vergnügen nachträglich noch einmal. Danach machten wir erneut eine Vesperpause und lagen in der Sonne - erst am späten Nachmittag fuhren wir wieder zurück.

In Crediton Okehampton (N50°44‘00" W004°00‘00") kauften wir frisches Gemüse und ich erstand einige Lebensmittel, die ich für die Rückfahrt brauchte. Ich sollte morgen langsam zurück oder zumindest ein Stück wieder in Richtung Dover fahren. Mein Ticket musste bis Sonntag früh benutzt werden - heute war schon Donnerstag.

Sue machte am Abend ein herrliches Essen mit Hackfleisch und sehr viel Gemüse im Wok. Es schmeckte super. Danach saßen wir im Wintergarten und genossen die letzten Sonnenstrahlen. Spät gingen wir ins Bett. Morgen musste Sue früh zu arbeiten anfangen. Sie sollte um 0700 Uhr schon in Crediton (oder war's gar Exeter?) sein. Bob wollte auch mit und für mich war es ebenfalls Zeit, an die Heimreise zu denken. Also blieb ich abends etwas länger auf und packte meine überall verstreuten Sachen zusammen ...

5. Tag

Ich schlief tief und fest, wachte aber um 0500 Uhr auf. Ich machte mir einen Tee und schlich mich in den Hof. Dort richtete ich die Maschine her und überprüfte sie. Eh ich mich versah, war es 0600 Uhr und ich hantierte scheinbar so laut herum, dass Bob und Sue aufwachten - sie schienen nicht sehr begeistert.

Es gab ein eher spartanisches Frühstück. Da aber zuvor genügend Zeit war, hatte ich mir für unterwegs schon einige belegte Brote gemacht und davon auch genascht. Alles ging jetzt etwas hektisch. Ich hatte gut getan, gestern alles vorzubereiten. Ich knallte also meine Koffer an die Maschine und zog mich an. Das Anziehen der Motorradutensilien dauert natürlich länger als leichte Sommerkleidung - trotzdem kamen wir rechtzeitig los.

Landschaft in Devon ...Wir reihten uns in die Verkehrsschlange nach Exeter ein. Bob fuhr vor und ich folgte auf Tuchfühlung. In Exeter war eben noch Zeit für ein Zuwinken und ich fuhr weiter nach Osten. Bob hatte mir für den Heimweg empfohlen, über den Motorway zu fahren. Bis Honiton (N52°58‘00" W000°35‘00") blieb ich auf der A303 und sollte dann auf die M3 einbiegen. Vor Andover hatte ich aber das Gefühl, viel zu früh in Dover anzukommen und fuhr von der Schnellstraße ab. Ich suchte etwas herum, tankte in einer kleinen Stadt namens Gillingham (N51°24‘00" O00°34‘00") und fragte nach einem Campingplatz. Zelt und Ausrüstung hatte ich dabei. Man verwies mich an eine Farm außerhalb der Ortschaft.

Es war die Wyndhamfarm (N51°03‘59,2" W002°18‘07,1"). Dort wies die anwesende Bäuerin darauf hin, dass sie nur die Genehmigung zum Aufstellen von fünf Caravans hätte und mich also nicht unterbringen könne. Nach einer kurzen Unterhaltung willigte sie dann ein, mich eine Nacht mein Zelt auf der Wiese aufbauen zu lassen. Ich suchte mir einen schönen Platz aus und wollte gerade aufbauen, als sie wieder zurückkam und mir sagte, dass ihr Mann abends die Kühe auf dieses Stück treiben wolle.

Die Wyndhamfarm war ein reiner Milchbetrieb, ich dachte schon, ich müsse weiterfahren, als sie mir anbot, meine Sachen in einen der leeren und sauberen Pferdeställe zu bringen. Auch gut, da war meine Maschine aus der Sonne, die seit heute früh unerbittlich auf mich hernieder brannte. Ich richtete mich häuslich ein, spannte meine Hängematte auf und ruhte, nachdem ich die dicken Motorradklamotten mit leichtere Sachen vertauscht hatte, bis Mittags. Bei meiner Ankunft war es so um die 1000 Uhr.

Ich verbrachte den ganzen Tag mit Schlafen, nur unterbrochen von Teekochen und Essen zubereiten. Mittags gab es einen Topf Reis aus dem Beutel. Abends dann Brot, Käse und etwas von der in Okehampton gekauften Wurst. Für nachts war mir die Schlaferei in der Hängematte zu unbequem und so machte ich mir mein Bett mit der Isomatte und meinem leichten Schlafsack.

Als es dunkel wurde, schloss ich die untere Hälfte der Stalltüre und ging schlafen. Ich pennte die ganze Nacht durch. Meine Rechnung hatte ich abends noch beglichen. Die Dame wollte für ihren Stall den gleichen Preis, wie sie ihn für einen Caravan verlangte - 3,5 £ musste ich bezahlen ...

6. Tag

Morgens gegen 0700 Uhr folgte das Frühstück. Danach räumte ich  meine Sachen ein. Gegen 0800 Uhr fuhr ich zurück auf die gut ausgebaute A303. Dieser folgte ich, genau wie Bob mir angeraten hatte, bis sie zur M3 wurde. Die Autobahn ging dann in die M5 über und wurde als Ringstraße um London herum zur 25 und 26. Wichtig war, am Beginn der A25 (N51°24‘15,7" W000°32‘24,3") in Richtung Gatwick abzubiegen. Später stand dann bereits Dover auf den Schildern. Nach London verließ ich die Autobahn und suchte mir kleine Seitenstraßen in Richtung Fährhafen. Kilometerweit fuhr ich auf sehr schmalen Straßen durch eine schöne englische Landschaft, die man kaum beschreiben kann ...

Das Wetter hatte auch heute wieder Sonnenschein pur zu bieten und Temperaturen über 25°C. Unterwegs versuchte ich in einem winzigen Dorf bei einem Haus mit B&B Schild, ein Zimmer zu bekommen: Es machte jedoch niemand auf. Der Nachbar meinte, die Dame sei wohl einkaufen. Da schon ein deutscher PKW mit Mainzer Nummer davor stand, nahm ich an, daß wohl kein Zimmer frei sei und fuhr weiter. Beim Wenden auf einer stark gewölbten Straße konnte ich meine Maschine nicht halten und fiel um. Beim Aufstellen war ich auf der falschen Seite und warf sie dann gleich noch mal auf die andere Seite. Ein hinzukommender Radler, der Sprache nach ein Bayer (!), half mir das Ding wieder hoch zu wuchten. Kaputt war nichts. Mein neuer Koffer sah jetzt dem alten ähnlicher. Bei mir war außer einigen blauen Flecken auch alles ok ...

Mit der ganzen Herumgurkerei wäre ich fast zu weit nach Westen gekommen, so daß ich wieder einen Weg nach Süden in Richtung St. Margarete suchen musste. Ich genoß den Tag. Mein Hals tat mir schon weh, so oft schaute ich dauernd in eine andere Richtung ...

In Dover wollte ich mich eigentlich nur nach der Stelle erkundigen, wo meine Fähre morgen starten sollte. Doch irgendwie kam ich in eine Schlange und eh ich mich versah, hatte ich eine Boarding Card nach Calais ...  

Cornwall ... Am Beachy Head ...

Ich kam natürlich nicht zufällig auf die Fähre - eigentlich wollte ich ganz einfach nicht in Dover nach einer Herberge für die Nacht suchen, sondern in Frankreich übernachten!

So war ich also um 2100 Uhr wieder auf dem Kontinent. Diesmal erwischte ich die Autobahn Dunkerque - Calais und auch die um Gent und Brüssel nach Norden führende. Es war dunkel, als ich an Gent vorbei knatterte. An Schlafen dachte ich eigentlich erst, als ich in Luxemburg tankte. Doch die Motels dort hatten alle keine Parkgelegenheit neben den Zimmern und so fuhr ich halt immer weiter - irgendwann sah ich dann die Wegweiser nach Mannheim und dort nach Heilbronn.

In Viernheim war ich schließlich unaufmerksam und kam wirklich aus Versehen auf die Autobahn nach Frankfurt. Beim Wenden, natürlich nicht auf der Autobahn, hörte ich ein knarrendes Geräusch aus der Gegend des Motors, konnte aber in der Dunkelheit nichts feststellen. Also fuhr ich zum Tanken zur Raststätte Hockenheimring. Dort sah ich dann, dass die Antriebskette des Motorrads so lose war, daß sie auf dem Hauptständer schliff - daher das Geräusch! Ich fuhr unter eine Laterne, entlud mein Gepäck und spannte mittels des Bordwerkzeugs die Kette wieder - danach sollte es wieder heimwärts gehen ...

7. Tag

Bei Tagesanbruch erreichte ich die Rastanlage Jagsttal (N 49°20‘15" O009°25‘26"). Ich kochte einen Tee und machte Frühstück. Ich hatte bereits Brote geschmiert und deshalb jetzt nicht mehr viel zu tun. Die letzten zwei Stunden fror ich etwas, ich legte mich auf eine Bank und schlief ca. eine Stunde. Danach wusch ich mich und fuhr weiter. Rechtschaffen  müde kam ich gegen 0800 Uhr zu Hause an. Irmi war mit dem Hund unterwegs. Ich duschte und legte mich erst mal hin zum Schlafen - noch nicht einmal unser Hund hatte gleich beim Nachhausekommen bemerkt, daß ich wieder im Bett lag ...


© 1999 Kurt Gradolph