Deutschland   Nimm mich mit, Kapitän, auf die (Deutschland-)Reise (4) ...

Weihnachten mit Mooren, Hexen, Sauriern ...


Der Heiligabend ruft!

Inzwischen schreiben wir den 24. Dezember 2020 - es ist Weihnachten! Wegen der aktuellen und wohl noch lange dauernden Corona-Pandemie waren seit Anfang November Reisen grundsätzlich unerwünscht, um die Pandemie an der Ausbreitung zu hindern. Doch da die Pandemie vielfach unterschätzt wurde, konnte sich das Virus in der Zwischenzeit weiter gut ausbreiten.

Der ursprünglich nur für den November vorgesehene Lockdown wurde bekanntlich deshalb verlängert. Um in der Bevölkerung während der Weihnachtstage nicht allzu viel Unmut zu erzeugen, gab es eine temporäre Lockerung für die Zeit vom 24. bis zum 26. Dezember. In diesem Zeitraum fand auch die nächste Reise mit dem "Mini-Womo" statt, über die hier berichtet wird - erneut also unter den Bedingungen: Keine Restaurants, keine Hotels und kaum Menschen. Selbst ein ausgiebiger Besuch von Ortschaften wurde aus diesen Gründen von mir dieses Mal gar nicht erst eingeplant, die Pandemie schien allgegenwärtig zu sein ..!

"Mini-Womo", gemalt von Sabine Martinovsky Wenige Minuten vor dem Recker Moor ...

Mit meinem Kleinwagen will ich während dieser drei Tage noch einmal ein Moor und ein Urmeer besuchen sowie mich auf die Suche nach Saurierspuren machen. Ich hoffe, auch das wird wieder sehr interessant! Zum Antritt der Reise bekomme ich von einer lieben Freundin noch ein wirklich schönes Geschenk: Ein sehr gelungenes Portrait vom Fahrzeug samt seinem weihnachtlichen Lenker ...

Es ist 05 Uhr am Morgen, als ich schließlich starte: Wieder einmal regnet es in Strömen. Das Wetter für die nächsten Tage soll zwar durchwachsen sein. aber ich hoffe trotzdem, dass ich nicht nur im Regen unterwegs bin. Für ein warmes Auto in der Nacht habe ich ausreichend Vorsorge getroffen. Nur allzu viel Nässe kann ich auch bei dieser winterlichen Tour im Auto wirklich nicht gebrauchen. Nässe zusammen mit der aktuellen Kälte kann durchaus gefährlich für die Gesundheit werden, weshalb diese Mischung besser draußen bleiben sollte.

Ich fahre wieder nur Landstraße, es gibt fast keinen Verkehr. Ich kann deshalb trotz der überall im Regen glänzenden Straßen recht angenehm fahren ...

In die Moore

Ich lasse mir sehr viel Zeit, da mein heutiges Ziel, das Recker Moor, nicht sehr weit entfernt liegt. Seinen Name verdankt es der gleichnamigen Stadt Recke, die sich hier ganz in der Nähe befindet. In der Verlängerung Richtung Südwesten ändert sich der Name in Mettinger Moor, diesmal in Anlehnung an den nächsten Ort. Mit Beginn des Tageslichts will ich bereits dort sein, um heute als Erster das Moor zu betreten. Damit will ich den möglicherweise vielen Wanderern und Hundebesitzern möglichst aus dem Weg gehen, ich suche derzeit nicht unbedingt Kontakte ...

Im Recker Moor ... So weit die Füße tragen ... Sumpfiges Umfeld ...
Moor-Idyll ... Die Schlammschlacht wartet ... Querfeldein ..?
Tierbeobachtung im Recker Moor Tierbeobachtung ..?

Auch hier drohen Allergien ...

Es ist es schon 08:30 Uhr, als ich die Zufahrt zum Moor finde. Noch in der Dunkelheit habe ich auf einem finsteren Parkplatz am Straßenrand gefrühstückt. Kurz nach 09 Uhr ist es schließlich hell genug und ich breche auf ins Moor: Der Regen hat erfreulicherweise pünktlich zu meinem Start aufgehört - die Wettergötter sind mit mir! Hier findet man nicht die bekannten Holzwege wie in anderen Mooren. Die Wege sind stattdessen als Damm aus Moormaterial aufgeschüttet und dadurch sehr weich und nachgiebig. Es ist in etwa wie das Laufen auf einer etwas festeren Matratze. Alle anderen Wege sind wetterbedingt einfach nur der reine Matsch! Wie es in einem Moor sein sollte, findet sich hier fast kein Baumbestand. Der ist in Mooren auch "unerwünscht", da die Wurzeln einfach zu viel Wasser für sich selbst benötigen.

Zur Zeit ist Winter und auch die Pflanzen haben jetzt eine Pause: Die Blüte im nächsten Jahr wird das Aussehen des Moores wieder völlig verändern. Das Gleiche gilt für die Tierwelt, jetzt herrscht Ruhe. Alle warten auf die wärmende Sonne des nächsten Frühlings. Vereinzelt sind trotzdem noch Vögel zu beobachten.

Ich gehe weiter, der Schlamm wartet! Ein großer Stand zur Beobachtung von Tieren weckt meine Neugier. Ich klettere nach oben und beobachte Vögel, die an diesem Morgen ab und zu auftauchen. Es heißt einfach ganz still und leise etwas zu warten. In dem Stand ist man für die Tiere unsichtbar, kein Mensch, keine Gefahr. Ich sehe mich um und erkenne sehr viele Hochstände für die Jagd, für meine Begriffe zu viele! Beim Blick über das Moor wird die enorme Vielfalt verschiedener Pflanzenarten deutlich. Im Frühling, wenn auch die Tierwelt in der Luft sowie am und im Moor wieder aktiv wird, muss für Augen und Ohren des stillen Beobachters sehr viel zu sehen und zu hören sein! Ich habe allerdings wieder das Glück, dass ich der einzige Mensch weit und breit bin: Gut versteckt bekomme ich deshalb auch in dieser Jahreszeit etwas zu sehen. Zum Schluss noch ein paar Schnappschüsse und ich gehe weiter ...

Auch hier: Recker Moor ... Schuhe putzen ist sinnlos ... Hier läuft es sich besser ... Man sollte auf den Schlammpisten bleiben ...

Auch im Angesicht des Schlamms gibt es kein Zögern: Da muss ich durch! Und Verlierer wird es bei dieser Tour auf jeden Fall geben - meine Schuhe! Egal, ich habe heute schließlich kein Date! Die Beschäftigung für den Abend ist auf jeden Fall gesichert: Schuhe putzen! Und das am Heiligabend, denn bereits morgen soll es ja weiter gehen.

Dieses Moor war nicht so vom Torfabbau betroffen: Man kann keine der typischen rechteckigen Flächen eines ehemaligen Abbaus erkennen wie etwa im von mir ebenfalls besuchten Pietzmoor der Lüneburger Heide. Der Weg durch den Schlamm wird durch braunes Spritzwasser so heftig, dass auch die Hose mittlerweile darunter leidet. Unterwegs findet man immer heraus, was man bei der Abreise vergessen hat: Hier ist es die Waschmaschine ...

Der Schlammweg endet am südöstlichen Ende des Recker Moores. Um zurück zu kommen, müsste ich diesen Weg noch einmal laufen, und dazu habe ich natürlich keine Lust. So verlasse ich das Moor, um den Schlammweg außerhalb des Moores zu umgehen und an passender Stelle wieder das Moorgebiet zu betreten. Doch weit gefehlt: Auf meinem Umweg sind zwar Wege Richtung Moor eingezeichnet, aber sie führen nur zu Ackerflächen und enden auch dort. Das beschert mir am Ende einen Umweg zurück zum "Mini-Womo" von mehr als 5 km. Ich bin begeistert!

Untenherum ziemlich verdreckt erreiche ich am frühen Nachmittag wieder mein kleines Auto. Die Pause wird dadurch etwas länger als geplant, auch für ein kleines Nickerchen reicht es diesmal. Inzwischen sind hier tatsächlich viele Wanderer und Hundebesitzer unterwegs. An meinem Parkplatz für die Nacht steht eine kleine Holzhütte mit Sitzbank und Tisch. Die Sonne geht bereits unter, als endlich auch für mich diese Hütte frei ist ...

Abendstimmung am Recker Moor ... Nachtlager ... Der Abend kann kommen ...

"Meine" kleine Hütte für Heiligabend: Alles, was ich jetzt brauche. Die "Gitarre" für ein spontanes Musikvideo bietet mit einem Balken und einer Isolationsfolie Platz: Das erweist sich als sehr gut und verschafft einen dauerhaft warmen Sitzplatz. Dazu glücklicherweise kein kalter Wind, aber Essen, Kerze und warmer Tee. Passt!

Die Temperatur liegt bei +1°C: Da ich meine Kleidung sehr gut aufteilen kann, habe ich nie gefroren. Ehrlich! Da selbst jetzt immer noch Leute mit Hunden auftauchen, esse ich zunächst erst einmal ganz in Ruhe. Doch dann kommt endlich niemand mehr und ich starte mein erstes Live-Musikvideo. Ich hoffe, es ist gelungen, ich musste einfach wieder einmal etwas Lustiges machen: Das deutsche Weihnachtslied "Leise rieselt der Schnee" in der Hardrock-Version. Doch ich will ehrlich sein: Da ich nicht über eine passende Singstimme verfüge, haben mich dabei die Jungs von TXL aus Berlin tatkräftig mit Instrumenten und Gesang unterstützt. Vielen Dank, Jungs! Danach verbringe ich den Heiligabend wie Millionen anderer Menschen auch: Ich denke an meine Freunde und besonders an Menschen, die mir sehr viel bedeuten. Also alles ganz normal. Um 23 Uhr ist dann Zeit für´s Bett, morgen geht die "Mini-Womo"-Reise weiter ...

Musizieren gemeinsam mit TXL ... Ankunft bei den Dörenther Klippen

Zu den Klippen des Urmeeres

Ich beginne meinen Tag gern früh: Bereits um 05:30 Uhr am ersten Weihnachtstag bin ich mit einer kleinen Morgentoilette beschäftigt, inklusive Rasur. Man weiß ja nie, wer als nächstes vor einem steht!

Dann geht es auch gleich los: Alle geplanten Orte dieser Reise liegen nicht weit auseinander. So stehe ich bereits um 07:30 Uhr auf dem Parkplatz der Dörenther Klippen. Es ist Zeit für ein Frühstück im Sonnenaufgang und warmen Auto. Doch zuerst ein paar Worte zu diesen Klippen: Ihr Name ist auf die in der Nähe liegende Ortschaft Dörenthe zurückzuführen. Die Klippen sind bis zu 40 m hohe Ablagerungen aus einem Urmeer vor gut 140 Millionen Jahren und bestehen aus Sandstein. Das will ich mir gleich einmal aus der Nähe ansehen. Ich gehe mit dem ersten Tageslicht los, um dem von mir erwarteten Ansturm der Wanderer heute zu entkommen.

Der Weg fängt ganz harmlos an, doch alles ist feucht und glitschig. Hier findet sich kein Matsch, dafür aber jede Menge schmieriges und nasses Laub. Unter dem Laub lauern außerdem jede Menge feucht-schmierige Wurzeln der lebenden Bäume. Nach kurzer Zeit komme ich an einem dicken Baumstumpf vorbei: Das muss einmal ein stattlicher Baum gewesen sein! Dann steigt das Gelände an und ich laufe entlang der ersten meterhohen Abhänge. Wie erwartet ist noch nichts los, ich bin erst einmal völlig allein unterwegs ...

Unterwegs in den Dörenther Klippen ... Noch keine Klippen in Sicht ... ... beeindruckende Baumstümpfe
Jede Menge schmieriges und nasses Laub ... Die Wege werden nicht besser ... Das Gelände steigt an ...

Bald werden die Abhänge höher und ich komme zu richtigen kleinen Tälern, in denen sich der Morgennebel fängt. Jetzt wird auch der Weg steiler. Natürlich ist noch immer alles feucht und glatt. Die Temperatur liegt in schattigen Bereichen unter 0°C, ich finde an einigen Stellen Raureif. Teilweise muss man über Wurzelwerk klettern, um weiter zu kommen. Solches feuchtes und rutschiges Wurzelwerk ist oft auch unter dem Laub versteckt. Inzwischen kann ich aber wenigstens sehen, wo ich hintrete ... 

Ein Wald im "Winterschlaf": Inzwischen hat sich das Wetter gebessert. Die feuchte Luft wird durch den einsetzenden Sonnenschein an vielen Stellen vertrieben. Doch in den schattigen Bereichen muss ich sehr aufpassen. Die Tageshöchsttemperatur liegt zur Zeit nicht höher als bei 4°C. Mit der Sonne kommen schließlich auch die Menschen: Kindergeschrei ist bereits in der Entfernung zu hören. Es wird Zeit, dass ich meinen Weg zu Ende bringe!

Die Abhänge werden höher Wurzelwerk überall ... Morgennebel fängt sich in Tälern ...
Es geht noch steiler ... Selbst Bergsteiger sind hier unterwegs ... Es geht auch steiniger ...
Alles feucht und glatt ... Erste Sonnenstrahlen ... Ein Wald im "Winterschlaf" ...

Beeindruckende Aufnahmen der gut 140 Millionen Jahre alten Ablagerungen des Urmeeres sind heute möglich. An einigen Stellen kommt der Sandstein in seiner Originalfarbe durch. Bäume verschiedener Arten und viele Pflanzen leben mit den Steinen zusammen. Aus zahlreichen Spalten der Ablagerungen wachsen Bäume heraus. Auf den Bildern erkennt man, wie es direkt hinter den Steinen wieder bergab geht. Man findet hier dennoch gangbare Wege, sie sind nicht vorgeschrieben. Es kommen nun immer mehr Menschen, die kreuz und quer durch die Natur klettern.

Deshalb trete ich nun zügig den Rückweg zum "Mini-Womo" an, zuvor noch ein letzter Blick ... und nicht zu früh: Als ich am Parkplatz ankomme, ist dieser fast voll. Ein Gedränge wie vor einem Supermarkt. Ich räume daher meinen Platz gern!

Klippen in Sicht! Mount Rushmore ..?
Beeindruckende Formationen ... Bäume und Pflanzen leben mit Steinen zusammen ... Steile Klippen ... Man findet selbst hier noch gangbare Wege ...

Nachdem ich den Parkplatz der Dörenther Klippen verlassen habe, suche ich mir irgendwo weit außerhalb eine ruhige Stelle, an der ich mit meinem Auto wieder allein stehen kann. Dann ist erst einmal eine Pause fällig, bei der Kamera und Smartphone von den vielen Bildern "befreit" werden. Alles wird vorerst auf dem mitgenommenen Laptop gespeichert. Heute Abend, wenn ich wieder irgendwo einen ruhigen Nachtplatz gefunden habe, folgt dann die Bildbearbeitung: Den Horizont gerade rücken, Motive zuschneiden oder Ausschnitte hervorheben ...


© 2021 Jürgen Sattler