Rundkurs: Im Süden Albaniens ...

9. Tag: Elbasan - Ohrid (So, 01.06. / 151 km)

Gusseiserne Bänke und Tische, die eine Werkstatt ausstellt, erwecken unterwegs unser Interesse: Wir fragen nach Seitenteilen für unsere Gartenbank zu Hause. Die ganze Werkstatt ist voll von neuen Gussteilen. Nach einigem Suchen finden wir zwei fein gemusterte Seitenteile und ich noch ein Geschenk für meine Mutter.

In Elbasan angekommen parken wir fast im Zentrum. Es ist Markttag und die Straßen sind voller Leute. Es werden alle Gemüse- und Obstsorten angeboten. In einer Halle wird Butter, Käse und Quark in riesigen Mengen verkauft. Wer soll das alles kaufen? Wir schlendern durch die Straßen und bummeln durch die Geschäfte: Die Auslagen muten fremdartig an. Ein paar Gassen weiter treffen wir auf einen Zigeunermarkt. Auf dem Bürgersteig verteilt liegen Kleidung und Schuhe ...

Restaurant am Ohrid-See ... ... und Markt in Elbasan ...

Wir besichtigen die Stadtmauer und den Uhrturm. Es ist heute wieder unheimlich heiß. Am Nachmittag fahren wir weiter Richtung Ohrid-See: Die Restaurants direkt am See haben Stege in den See gebaut, auf denen man romantisch, fast mitten im See essen kann.

So schön wie die Restaurants sind, so scheußlich ist der Müll, der mancherorts am Ufer abgeladen wird. Auf der Suche nach einem Ausgrabungsgelände mit antiken Ruinen, die in unserem Reiseführer genannt sind, fahren wir in die Berge, finden aber leider nicht den richtigen Weg. So machen wir kurzerhand Picknick.

In Lin schauen wir uns nach einem Plätzchen für die Nacht um. Vergeblich. An Gerüsten wächst Wein über die engen Gassen. Die total romantischen Häuser sind ineinander verschachtelt und für den Landy gibt es kein Durchkommen mehr. 

Und so fahren wir durch die nächsten Dörfer auf der Suche nach einem Bauernhof, vor dem wir übernachten dürfen. Plötzlich winkt uns eine Frau zu, so als habe sie uns erwartet: Herzlich werden wir eingeladen, bei ihr zu bleiben. Christoph darf in den Stall und die Ziegen füttern. Spät abends verarzte ich der Oma der Familie ihre Zehen, für die aber leider jede Hilfe zu spät kommt. Eine Amputation wird wohl unumgänglich sein: Die arme Frau hat Alterszucker ...

10. Tag: Ohrid - Leskovik (Gozhdarazhe) (Mo, 02.06. / 131 km)

In Pogradec machen wir Station und schauen uns in der Stadt um. Die Uferpromenade wird neu hergerichtet und so stapfen wir durch die Baustelle. In der orthodoxen Kirche, die komplett neu restauriert wurde, zeigt uns der Pope alte Ikonen von 1100-1300.

Weiter geht die Fahrt nach Korce. Der Charme der Stadt bleibt mir verborgen: Erst liegen Schlachtabfälle am Wegesrand, die fürchterlich stinken, danach sehen wir viele leer stehende Fabrikhallen entlang der Straße. Es regnet leicht. Wir sind etwas müde und so ist unsere Laune heute auf dem Tiefpunkt. Eine leckere frische Pizza mit Salat rettet den Tag. Der Himmel reißt auf und die Sonne scheint wieder. Den Markt entdecken wir zu spät, er wird schon wieder abgebaut. Fürs Abendessen kaufen wir noch frisches Gemüse und Brot.

Es geht in die Berge: Bunker scheinen hier wie Pilze aus dem Boden zu wachsen, je genauer man in die Landschaft schaut, desto mehr entdeckt man. Was das für eine Arbeit und Schinderei gewesen sein muss, die alle zu bauen ..! 

Wie Pilze aus dem Boden: Allgegenwärtige Bunker ...

Wir genießen die tolle Aussicht und die herrliche Landschaft. Es fängt wieder leicht zu regnen an. In den Dörfern sind die Wege sehr steil und eng. In einem kleinen Dorf finden wir eine ebene Einfahrt. Auch hier dürfen wir für die Nacht bleiben. Die 7 Kühe und 20 Ziegen der Familie werden am Abend in den Stall getrieben: Tochter Mathilda zeigt uns alle Tiere und wir unterhalten uns recht nett, da sie ein wenig Englisch kann.

11. Tag: Leskovik - Kelcyre (Di, 03.06. / 102 km)

Wunderschöne Bergwiesen mit Bienenkörben ...Bei strahlendem Sonnenschein erleben wir eine traumhafte Bergwelt. Nur sehr selten kommen wir durch kleine Dörfer. Über Bergwiesen, auf denen Bienenkörbe aufgestellt sind, fahren wir an einem kleinen Bergbach entlang und gelangen über eine malerische Steinbrücke zu einem Ausflugslokal, das romantisch am Bachufer liegt.

Die Berge ragen steil und schroff in den Himmel. Permet wirkt durch die Architektur sehr kommunistisch, lauter gerade, einfache Fassaden. Viele der Häuser machen einen maroden, verfallenen und verlassenen Eindruck. Es wird aber doch etwas erneuert: die Hauptstraße wird geteert.

Wenige Einwohner sind auf den Straßen und Plätzen zu sehen. Die Weinkellereien, die in den Reiseführern genannt werden, finden wir leider nicht. Wir setzen uns in ein Cafe und trinken Mokka, während Christoph ausgelassen auf dem Spielplatz tobt.

Kurz nach Permet suchen wir uns einen sonnigen Picknickplatz an einem einsamen Feldweg. Ein Schafhirte zieht mit seiner Herde vorbei ...

Direkt in Kelcyre biegen wir von der Hauptstraße ab und fahren nach Norden Richtung Berat. In Suke fragen wir schließlich nach einem Stellplatz für die Nacht. Unser heutiger Gastgeber ist Polizist: Sein Häuschen liegt inmitten von Gemüsegärten. Christoph ist begeistert, dass er wieder Jungen gefunden hat, mit denen er Fußball spielen kann. Thomas wird von den Nachbarn zum Biertrinken in die nächste Ortschaft mitgenommen und sie kommen erst wieder, als es schon lange dunkel ist. Das Bier wird in 1,5 l Plastikflaschen ausgegeben. Er meint, es schmeckt nicht mal so schlecht, obwohl es sehr schal im Glas liegt ...

12. Tag: Kelcyre (Suke) - Berat (Drabanik) (Mi, 04.06. / 68 km)

Bauer mit Transport-Muli ...Ein paar Kilometer hinter Suke endet die Teerstraße in einem sandigen Feldweg, der dann endgültig in eine Offroadpiste wechselt. Wir werden stundenlang durchgeschüttelt: Die Straße sieht jetzt aus wie eine alte gepflasterte römische Straße, teilweise mit Teer bedeckt, der mittlerweile allerdings schon fast ganz abgebröckelt ist. Mit einem Pkw ist hier wegen der recht hohen Steinstufen wohl kein Durchkommen mehr.

Die Landschaft ist wunderschön: Wir kommen an türkisblauen Stauseen und terrassierten Feldern vorbei, auf denen Bauern mit Holzpflügen und vorgespannten Mulis ihre Felder bestellen.

Die kleinen Dörfer kleben an den Felsen wie Schwalbennester. Wir schaukeln mit unserem Landy gefährlich nahe am Abgrund entlang, bis wir die Ortschaft Buz erreichen. Ab hier verkehrt wieder regelmäßig ein Bus, der sich vor uns ins Tal hinunter quält. Die Piste ist mit Schotter hergerichtet, aber auch hier nicht geteert.

Für die Nacht kommen wir bei Pedro unter, einem redseligen, etwas schrulligen Gesellen. Er bietet uns an, auch die nächste Nacht bei ihm zu bleiben. Seine Frau bereitet uns spät abends Fleisch mit Pommes. Als wir gerade beim Zähneputzen im Badezimmer stehen, fällt plötzlich der Strom aus. Aber die Familie ist vorbereitet: Mit Kerzen "rettet" uns Pedro aus dem dunklen Badezimmer. Christoph ist über die plötzliche Dunkelheit sehr erschrocken ...

13. Tag: Berat (Drabonik) - Fier (Appolonia) - Berat (Drabonik) (Do, 05.06. / 138 km)

Wir entscheiden uns, heute Fier und Appolonia zu besichtigen und lassen Berat links liegen. 

Am Wegesrand stehen unzählige Bohrtürme: Wir sind in der Erdölregion Albaniens. Die alten rostigen Öltanks sehen nicht gerade vertrauenserweckend aus.In der Erdölregion ...

Der Markt in Fier ist zu Ende und erscheint uns wie eine einzige Baustelle und Müllkippe: Die Händler schmeißen ihren ganzen Müll einfach hinter die Baracken in den kleinen Fluss, der fast ausgetrocknet und mit Öl verseucht ist. Ein trauriger Anblick. Ein Ladenbesitzer erzählt uns, dass der Fluss früher sauber war und richtig viel Wasser geführt hat. Wir besichtigen die griechisch-orthodoxe Kirche St. Georg mit schönen Ikonen. Ob die alle echt und alt sind?

Ein Lokal unter Schatten spendenden Bäumen lädt zum Verweilen ein und wir wollen eine Kleinigkeit essen: Der Salat stellt sich als vollständige Mahlzeit für uns 2,5 Personen heraus, und das für nur 3 EUR ...

Appolonia zu finden ist gar nicht einfach: Wir fragen uns schon in Fier durch und können es nicht glauben, dass dieses römische Ausgrabungsgelände, auf das alle im Land stolz sind, gar nicht ausgeschildert ist und nur über eine Straße zu erreichen ist, die diesen Namen nun wirklich nicht verdient. Riesige Schlaglöcher und abgesackte Stellen in der Teerdecke verhindern das Fahren. Es geht durch einige winzige Dörfer. Viele Tiere sind auf der Straße. Immer wieder fragen wir, ob wir wirklich noch richtig sind und finden schließlich das Ausgrabungsgelände.

Die orthodoxe Kirche gefällt uns sehr gut: Alte Ikonen und Fresken sind zu bewundern. Leider fehlen einige der beschriebenen Statuen. Ob sie während der Revolution geklaut wurden? Das Ausgrabungsgelände hätten wir uns allerdings größer und umfangreicher vorgestellt, nur einige alte Mauerreste sind zu sehen. Einzig das Theater und das Rathaus sind erhalten, aber auch zu einem großen Teil nachgebaut ...

Auf dem Ausgrabungsgelände von Appolonia ...

Für den Eintritt haben wir 2 Dollar bezahlt, es gibt Eintrittskarten, die schon früher mal abgerissen wurden. Während wir durchs Gelände marschieren, kommt uns ein anderer Ticketverkäufer nachgelaufen und verlangt nochmals Eintrittsgeld für das Ausgrabungsgelände. Wir weigern uns hartnäckig, dem schimpfenden Kartenverkäufer noch einmal Geld zu geben. Es enttäuscht uns, dass man uns hier offenbar übers Ohr hauen will, da bis jetzt alle, bei denen wir Geld gewechselt oder bezahlt haben, egal ob im Restaurant oder an der Tankstelle, korrekt waren.

Abends fahren wir wieder zurück nach Berat zu Pedro und machen uns ein leckeres Abendessen ...


© Text/Bilder 2004 ASR