Achter Tag:

Radtour Kenmare - Glengarriff

 

Kenmare - Glengarriff; Bantry; Adrigole

Nach der ersten Woche in Irland verließen wir den Ring of Kerry und wandten uns weiter nach Süden, nach Glengarriff. Wegen durchwachsenem Wetter und tiefhängender Wolken entschieden wir uns für den direkten Weg, statt die landschaftlich schönere Strecke über Ladragh und den Healy Pass zu wählen. So hatten wir eine Passstraße durch die Caha Mountains vor uns, die 16km bergauf führte und danach 9km wieder bergab.

Pass zwischen Kenmare und Glengarriff
in den Caha Mountains

Sobald man vom Ring of Kerry weg ist, merkt man deutlich, wie der Verkehr nachlässt. Man wird häufiger von Schafen oder Kühen auf der Fahrbahn überrascht und wird nur noch selten von Autos oder Reisebussen überholt. Nach drei in den Fels gehauenen kurzen Tunnels waren wir endlich am höchsten Punkt angekommen. Der Pass ist gleichzeitig die Grenze zwischen den Grafschaften Kerry und Cork. Wir begrüßten Cork im schönsten Irish Mist und waren froh, dass es nach Glengarriff nur noch abwärts ging.

In Glengarriff gibt es zwei Campingplätze direkt nebeneinander. Wir entschieden und für den etwas kleineren, der dafür sehr gepflegt war und fast aussah wie ein kleiner Park. Dieser Platz sollte für die nächsten paar Tage unsere Basisstation für Tagesausflüge sein.

unser Zelt auf dem Campingplatz in Glengarriff

Neunter Tag: Garinish Island und Glengarriff

Glengarriff ist wegen seines besonders milden Klimas bekannt. Hier wachsen Palmen und andere tropische Pflanzen. Farne und Rhododendren werden riesengroß und bilden ganze Wälder. Die ganze Umgebung lädt zum wandern ein. Wir sahen uns gut um und beschlossen, das schöne Wetter (blauer Himmel und Sonnenschein!!!) für einen Besuch im botanischen Garten auszunutzen.

Der Garten ist auf der kleinen Insel Garinish Island angelegt, zu der in regelmäßigen Abständen Motorboote fahren. Garinish Island war ehemals Privatbesitz eines Politikers und wurde von ihm um die Jahrhundertwende angelegt. Heute ist die Insel in öffentlicher Hand und wird gegen Eintrittsgeld zur Besichtigung freigegeben.

Farn auf Garinish Island
italienische Anlage im botanischen Garten

Es ist erstaunlich, wie viele unterschiedliche, auch tropische Bäume auf der Insel gedeihen. Besonders auch die Größe der Pflanzen ist überragend, die meisten Gewächse sind ungefähr doppelt so groß wie normal, was scheinbar alles auf das Klima zurückzuführen ist. Auf dem Rückweg vom botanischen Garten fahren die Bootsführer oft noch an "Seal's Island" vorbei, einer Insel, die von Seehunden bewohnt wird. Die Tiere sind inzwischen an die Boote gewöhnt und kommen neugierig nachsehen, ob man nicht mit den Touristen spielen kann oder sogar etwas zu fressen bekommt. Mit etwas Glück bekommt man sogar ein paar Jungtiere zu sehen.

Der Hafen von Glengarriff selbst ist voll mit Segelyachten, die meist aus Cork City kommen und auch dorthin wieder zurückfahren. Weiter nördlich von Glengarriff hört der Einfluss des Golfstroms auf und das Klima wird bedeutend kälter. Daher sind die Strände und Buchten im Süden weitaus mehr frequentiert als die im Westen und Norden Irlands.

Hafen von Glengarriff

Zehnter Tag: Busfahrt nach Bantry, Bantry House

Nachdem wir Glengarriff angesehen hatten, ließen wir unsere Fahrräder einen Tag lang stehen und fuhren mit dem Bus nach Bantry, einer kleinen Stadt in der Bantry Bay. Alleine die Busfahrt ist ein Erlebnis. Die Strecke ist landschaftlich schön und es ist faszinierend, wie der Bus nicht unbedingt an festen Haltestellen hält, sondern dort, wo Leute ein- oder aussteigen wollen.

Bantry ist eine geschichtsträchtige Stadt. Hier wurde die französische Armada zurückgeschlagen, was einem durch Denkmäler, Museen und Namen von Restaurants und Pubs an jeder Straßenecke in Erinnerung gerufen wird. Auf dem Platz in der Stadtmitte ist ein riesiger Holzanker von einem der gesunkenen Schiffe zu sehen. Es spielen die Kinder darauf und jeder möchte mit dem Anker fotografiert werden.

Anker von französischem Kriegsschiff in Bantry
Bantry House und Garten

Weiteres Highlight von Bantry ist das Bantry House, ehemaliger Sitz des Stadthalters Lord of Bantry. Das Anwesen befindet sich bis heute in Privatbesitz und die Familie Bantry wohnt immer noch in einem Flügel des Hauses. Einige Zimmer wurden als Gästezimmer (sehr teures Bed&Breakfast) eingerichtet und der Großteil ist zur Besichtigung freigegeben. Das Haus hat eine prunkvolle Einrichtung mit uralter Bibliothek, Wandbehängen und imposantem Speisezimmer. Um das Haus herum ist ein wunderschöner Italienischer Garten angelegt, ein Brunnen lädt zum Verweilen ein, oder man lässt sich in der Teestube bei Irischem Tee und Kuchen nieder.


Elfter Tag: Ring of Beara bis Adrigole

Nach zwei Tagen fast ohne Fahrrad juckte es uns wieder, die Drahtesel zu benutzen. Diesmal fuhren wir von Glengarriff aus gen Westen, auf dem Ring of Beara und schauten, wohin die Straße uns führte. Statt auf der Haupt-Küstenstraße zu bleiben, bogen wir bald links an das Meer ab und schlängelten uns auf winzigen Wegen über Berg und Tal - immer direkt an der Küste entlang. Solche Touren sind sehr empfehlenswert, lernt man doch eine ganz andere Seite von Irland kennen als auf den großen Straßen. Hier trifft man stundenlang (mit dem Fahrrad dauern ein paar Kilometer natürlich länger...) auf keine Menschenseele. Und wenn doch einmal jemand am Wegesrand steht, so grüßt er freundlich und ist sogar zu einer Unterhaltung aufgelegt.

Als wir am Wasser eine kleine Pause einlegten, trafen wir sogar auf ein paar unerschrockene Kinder, die bei ca. 14 Grad Wassertemperatur und 18 Grad Außentemperatur schwimmen gingen. Ihre Eltern sahen dem Ganzen mehr oder weniger kopfschüttelnd zu und unterhielten sich mit uns solange über Urlaub, Sehenswürdigkeiten, etc.

Landschaft bei Adrigole
Standing Stones

Weiter ging es in Richtung Adrigole. Dort angekommen, hatten wir es uns in den Kopf gesetzt, die "Standing Stones" zu finden, die auf unserer Karte eingezeichnet waren. Standing Stones sind Überbleibsel aus der Keltenzeit: große Steine, die aufrecht stehen und dadurch etwas bizarr aussehen. Es gibt in Irland sehr viele dieser Steine, allerdings werden sie von den Iren nicht unbedingt als schützenswert angesehen.

Daher kann es schon vorkommen, dass das Fremdenverkehrsamt Standing Stones in einer Karte ausweist, diese jedoch den Bauern auf seiner Kuhweide gestört haben und er sie deshalb einfach abtransportiert - oder mindestens umlegt. Dies scheint auch bei unseren Standing Stones bei Adrigole der Fall gewesen zu sein, denn wir haben trotz intensiver Suche auf jeder Wiese im Umkreis von einem Kilometer keine Steine gefunden. (Das Foto links sind Standing Stones, die wir bei Glenbeigh fotografiert hatten.)

Wir kehrten also unverrichteter Dinge wieder um, schauten einer Kuh am Wegesrand zu, die genüsslich an einer Regenhose kaute und fuhren zurück nach Glengarriff. Dort suchten wir uns ein Pub mit Live-Musik und ließen den Abend bei Guinness und Salt&Vinegar Crisps (Kartoffelchips mit Salz-Essig-Geschmack) ausklingen.

Straße in Glengarriff

© 1998 Katja Dorn