Tunesien 2014 / 2015

Caravan-Trekking-Tour: Eine irre Fahrt, aber keine Irrfahrt ...

Wohnwagengespanne unterwegs ... ... mit SafariCar

Die Idee muss man erst einmal haben: "Mit dem Wohnwagen nach Nordafrika /Tunesien"! Aber dann waren ganz schnell drei Gespanne beisammen, die dieses Reiseabenteuer erleben wollten. Eigentlich war bei uns alles perfekt geplant: Am 23.12.2014 erst noch zu den Kindern nach Krefeld, um mit ihnen den Heiligen Abend zu verbringen. Und von dort aus dann in Richtung Genua zur Fähre.

Am 24.12. um 10:30 Uhr klingelt mein Handy: Ein Bekannter, der bereits in Tunesien verweilt, berichtet mir, dass es in Kebili Unruhen gibt. Reifen brennen, es wurden Steine geworfen und in Douz gingen die ganze Nacht die Sirenen. Zur Info für diejenigen, die diesen Bericht erst später lesen: Am 23.12.14 waren in Tunesien Präsidentschaftswahlen und die Anhänger des unterlegenen Kandidaten machten Krawall ... Nun war uns nicht klar, ob dies nur ein Strohfeuer war oder ob es sich zum Flächenbrand entwickeln würde. In dieser Zeit und unter solchen Bedingungen ist eine Prognose nur schwer möglich.

20 cm Neuschnee über Nacht ...Die Reisefreunde telefonierten hin und her. Um 11:30 Uhr stand dann die Entscheidung: Wenn wir in Kenntnis dieser Krawalle nach Tunesien fahren und etwas passieren würde, dann hielte uns jeder für leichtsinnig. Also wählten wir schließlich eine Italien Rundreise als Alternative.

11:45 Uhr: Es hieß schnell per Mail die Fähre "Genua – Tunis" zu stornieren. Um 12:10 Uhr kam die Bestätigung der Stornierung (das Büro hatte nur bis 12:00 Uhr geöffnet). Auf Italien waren wir natürlich nicht vorbereitet: Also schnell in die Stadt und zur Buchhandlung. Die hatte zum Glück bis 13:00 Uhr geöffnet. Campingführer und Reiseliteratur "Italien" gekauft und dann in die Ecke und lesen!

Am 25.12. ging es mit Wohnwagen am Haken schließlich über Krefeld, Frankfurt und Würzburg nach München, Übernachtung auf dem Rastplatz Kiefersfelden, kurz vor der österreichischen Grenze. Am nächsten Morgen dann: 20 cm Neuschnee. Das hatte mir gerade noch gefehlt ..!

Mit mäßiger Geschwindigkeit ging es über den Brenner: Südtirol empfing uns auf der anderen Seite mit Sonnenschein. In Norditalien waren wir auf einem Campingplatz mit den beiden anderen Reisepartnern verabredet. Es war kalt und ungemütlich und unsere Stimmung etwas getrübt.

Unser Ziel lag jetzt klar vor uns: Nach Süden. Nach Sizilien. Immer in der Hoffnung auf etwas angenehmere Temperaturen. Vorbei an Rom und Neapel. Unser erstes großes Etappenziel war Pompeji. Dieser Ort stand schon lange auf meiner Reise-Agenda. Das Wetter war immer noch ungemütlich und wir waren alle erkältet ...

Pompeji: Wetter immer noch ungemütlich ...

Überraschend meldete sich mein Bekannter aus Tunesien noch einmal mit der Information, dass es keine Krawalle mehr gäbe. Also hieß es jetzt für uns nur noch eine Aufgabe zu lösen: "Checken, wie wir jetzt noch nach Afrika kommen können". Dann ging alles sehr schnell ...

Es gibt eine Fähre von Salerno aus, das waren nur ca. 50 km von unserem aktuellen Aufenthaltsort. Das Schiff ging aber schon am folgenden Tag um 12:00 Uhr. Also los: Tickets kaufen und an Bord der Fähre gehen. 24 Stunden später waren wir in Afrika ...

Kurzer Hinweis für Rechner: Die Fähre Genua-Tunis mit Auto und Wohnwagen inklusiv Kabine kostet ca. 1.100,- EUR, die Fähre Salerno-Tunis liegt unter 700,-- EUR. Trotz Stornogebühren, Maut und Campingplatz ist uns die Überfahrt nicht teurer gekommen. Vielleicht ein kleiner Tipp!

Tunesien versucht mit Gewalt, uns zu vertreiben ...

Tunesien versuchte mit Gewalt, uns zu vertreiben. Regen, Sturm und Schneetreiben empfingen uns in Hamamet. So hatten wir uns das nun gar nicht vorgestellt. Die Silvester-Nacht verbrachten wir geschützt hinter Mauern, wir haben gefroren und waren immer noch erkältet ...

Weiter gen Süden: Nach Tozeur. Endlich Sonne und auch Sahara Sand!

Der Rest unserer Reise verlief dann mit einer leichten Zeitverschiebung wie geplant: Die Filmkulisse Star Wars, der Wasserfall und Canyon von Tamerza, das Chott el Jerryd, die versteinerten Dünen von Fatnassa, das Tor zur Sahara in Douz, Sandrosenfelder, Tembaine und die Oase Ksar Ghillane ...

Wir haben unseren Wohnwagen jeweils auf einem Campingplatz abgestellt und von dort aus Tagestouren unternommen. Wenn man sich nicht verfährt und in den Dünen nicht schaufeln muss, dann schafft man die Tour von Douz bis zu den Tafelbergen von Tembaine und wieder zurück an einem Tag. Und Ksar Ghillane kann man ja inzwischen auf Teerstraße erreichen. Vielleicht hätten wir uns mit den Wohnwagen etwas geschämt, aber es gab keine Offroader, vor denen wir uns hätten schämen können. Jetzt, Mitte Januar, war Tunesien "fast Offroader-Frei" ...

Endlich Sonne und Sahara Sand!

Wohnwagen im Camp abgestellt ... Filmkulissen und mehr ... Tunesien `fast Offroader-Frei´ ... Tagestouren ohne Schaufeln ...

Mit dem Wohnwagen durch Süditalien war schon ein Erlebnis der besonderen Güte. Mit dem WoWa durch afrikanische Ortschaften ist dagegen ein unvergessliches Abenteuer. Man muss sich das so vorstellen: Grundsätzlich sind alle Verkehrsschilder und Verkehrsordnungen nur "grobe Empfehlungen". Parken in der zweiten Reihe ist normal. Wenn dort ein Café ist, dann stehen davor auch noch reichlich Mofas. Fußgänger gehen grundsätzlich auf der Straße. Wenn man gerade Lust hat, fährt man mit seinem Auto los: Schauen, ob da noch jemand anderes am Straßenverkehr teilnimmt, kann man ja dann immer noch. Außerdem hat der andere eine Hupe und ein Lenkrad, da kann er ja schließlich ausweichen. Und dann fehlen noch die Eselskarren, die irgendwo zu diesem Straßenbild gehören ...

Damit der Verkehr nicht total aus dem Ruder läuft, hat man in jedem Dorf am Eingang und am Ende sogenannte Bodenwellen errichtet: Manchmal gibt es Hinweisschilder auf diese Bodenwellen. Manchmal sind sie auch gelb angestrichen und oft ist die gelbe Fahre abgefahren. Die meisten dieser Bodenwellen habe ich gesehen, einige konnten sich aber meiner Aufmerksamkeit entziehen: Zweimal musste ich eine Vollbremsung machen und dreimal bin ich ungebremst über diese Buckel gerollt - mein Wohnwagen hing 40 cm in der Luft und schlug dann ziemlich unsanft auf ...

Wohnwagen hinter dem Geländefahrzeug sind in Tunesien auf jeden Fall ein "Eyecatcher": So ein Gespann gehört (noch) nicht zum täglichen Anblick.

`Eyecatcher´ unterwegs: Hier kein alltäglicher Anblick ...

Irgendwann mussten wir uns dann nach drei Wochen doch um die Rückreise kümmern: Unser Schiff sollte planmäßig um 00:01 Uhr morgens in Tunis ablegen. Um 17:00 Uhr waren wir im Hafen, ab 22:00 Uhr begann die Einschiffung. Um 02:30 Uhr waren wir immer noch in der Warteschleife. Das zerrte an den Nerven. Und diese neue Regelung mit den Marken beim Zoll gab uns den Rest - um 04:00 Uhr waren wir endlich an Bord ...

Wir waren dort die einzigen Nordeuropäer: Und das meine ich weder ironisch noch rassistisch, es soll nur untermauern, wie es an Bord zuging. Überall lagen Menschen - auf zwei Stühlen im Speiseraum, auf dem Sofa der Caféteria, in den Gängen und vor den Kabinen ...

Pünktlich legte das Schiff in Salerno an. Der Zoll war dann eigentlich nur noch Formsache.

Irgendwie hatte ich auf der Autostrada das Gefühl, dass mein Gespann nicht mehr so ruhig auf der Straße lag wie zuvor. Es hieß also den Luftdruck überprüfen. Der Wohnwagen schaukelte sich jetzt richtig auf, sodass ich schließlich  in Modena eine Werkstatt aufsuchte. Dort hatte man aber wenig Interesse für meine Probleme.

Also überprüfte ich mein Gespann selbst und fuhr weiter: Auf der Fahrt über den Brenner klemmte ich mich dann zwischen die LKW, die dort mit 40 km/h fahren mussten. Es war inzwischen dunkel geworden und zu den Wipp- und Schlingerbewegungen gesellte sich nun noch Angstschweiß ...

Wir würden es wieder tun ...Aber bis Deutschland wollte ich es noch schaffen: Mit mäßiger Geschwindigkeit und einem unguten Gefühl fuhr ich dann schließlich in eine Wohnwagen-Fachwerkstatt bei Rosenheim. Diagnose: An zwei Stellen ist der Rahmen gebrochen. Eine Folge der harten Schläge in Afrika. Ohne Wohnwagen sind wir dann nach viereinhalb Wochen wieder zu Hause gewesen.

Fazit: Wir würden es wieder tun ...


© 2015 Claus Ruhe, www.safaricar.de


Anm. der Red.: Von Claus Ruhe haben wir auch noch weitere Berichte im Magazin, die uns nach Russland und nach Albanien führen. Außerdem dazu unser eigener Bericht zum Südtreffen 2012 mit Claus und Renate Ruhe: