09. - 12. Dezember 2008: Hustai - Ulan Bator

Vom Nationalpark in die Millionenmetropole: "Das war unsere bislang schönste Strecke", da waren wir uns alle einig, als wir auf die kurze Asphaltpiste unmittelbar vor Ulan Bator auffuhren. Hinter uns lagen 200 Kilometer hügeliges Naturschutzgebiet und ein weites Tal entlang des Flusses Tuul. Absichtlich haben wir uns gegen den schnellen Weg über die Hauptstraße von Hustai in die mongolische Hauptstadt entschieden: Wir hatten gehofft, einen Blick auf die frei lebende Przewalski-Herde in diesem Gebiet werfen zu können. Dieses Glück haben wir leider nicht gehabt. Für einen kurzen Moment konnten einige von uns auf einer Bergkuppe zwei Pferde ausmachen, die von der Statur her zwei Urpferde hätten sein können. Nicht lange genug, um Fotos zu machen. Nicht einmal lange genug, damit jeder aus dem Team diese davon springenden Wesen überhaupt erkennen konnte. Trotzdem hat uns die fantastische Landschaft für die nicht angetroffenen Urpferde vollends entschädigt.

In Ulan Bator sind wir exakt einen Tag vor dem Plan eingetroffen - entsprechend haben wir mit Nasaas Hilfe eine provisorische Übernachtung für uns und kurzfristig eine beheizte Garage für unsere Jeeps organisiert. Bei unserer Abfahrt am nächsten Morgen wurden wir dort von einem Studenten in fast perfektem Deutsch angesprochen. Ein Glücksfall, denn ab mittags stellte er sich mit seinem Auto als Guide für den Fotografen und das Kamerateam zur Verfügung. So erhielten wir reichlich Aufnahmen und spannende Fotos von allen möglichen interessanten und besonderen Plätzen in Ulan Bator. Währenddessen haben Matthias, Evgeny und Nasaa sich um die aufwendige Reinigung unserer Gespanne gekümmert, die durch lange Fahrten über teils staubige, teils schneebedeckte Pisten mit einer grau-braunen angefrorenen Kruste bedeckt waren ...

Einen ganz besonderen Platz haben wir in der Hauptstadt für unsere planmäßigen Übernachtungen gefunden: Wir schlafen für zwei Nächte im Kempinski Hotel Khan Palace. Es ist nicht nur das beste Hotel am Platz, sondern tatsächlich das beste Hotel in der ganzen Mongolei. Sogar unser Bundespräsident hat schon hier genächtigt. Entsprechend genießen wir vor unserer langen, reinen Fahretappe nach Jakutsk und dann weiter nach Magadan noch einmal den Luxus eines renommierten Hauses unter deutscher Führung. Mit Aufnahmen unserer Jeeps und Trailer vor dem Hotel besiegeln wir diese neue Partnerschaft und danken ganz speziell dem Management des Hauses unter Herrn Stechow für die sehr zuvorkommende Aufnahme und Unterstützung ...

Die Übernachtung erstklassig, die Gespanne frisch gereinigt und überholt - was wollten wir für unseren Stopp in der mongolischen Metropole mehr, als eine gelungene Pressekonferenz? Und die gab es dann auch noch. Die Deutsche Botschaft Ulan Bator hat in Kooperation mit dem Presseinstitut zur Vorbereitung unserer Projektpräsentation hervorragende Arbeit geleistet: Vor gefülltem Saal und 150 Vertretern, vor allem aber Vertreterinnen, aller namhaften Medien im Land konnten wir unsere Expedition mit Hilfe einer versierten Dolmetscherin ausführlich darstellen und zahlreiche interessierte Fragen beantworten. Mit diesem umfangreichen Interesse hatten wir im Vorfeld nicht gerechnet, entsprechend waren wir begeistert.

Zum Abschluss unserer Tage in Ulan Bator waren wir als Ehrengäste zu einer Konferenz über regenerative Energien eingeladen. Veranstalter dieses hochrangig besetzten mehrtägigen Forums war das mongolische Ministerium für Mineralstoffe und Energie. Nach dem Minister, dem Präsidenten der mongolischen Akademie der Wissenschaften und einem Weltbankvertreter stellte Matthias die Expedition und die damit zusammenhängenden Aspekte der erneuerbaren Energien vor.

Nach diesen erfolgreichen Tagen in der mongolischen Hauptstadt führt uns die nächste Etappe wieder zurück nach Russland. Nach der Passage der mongolisch-russischen Grenze heißt unser nächstes Ziel Ulan Ude ...

12. - 13. Dezember 2008: Ulan Bator - mongolisch-russische Grenze - Ulan Ude

Zurück nach Russland: Auf unserem allerletzten Wegstück in der Mongolei waren wir doch so einigermaßen verblüfft: Die Mongolen können wunderbare Straßen bauen! Die 350 Kilometer zwischen Ulan Bator und der mongolisch-russischen Grenze waren astreiner Asphalt oder schnurgerader Plattenweg. Entsprechend kamen wir trotz zahlreicher Fotostopps zügig voran und benötigten für diesen Weg etwa sechs Stunden.

Da wir wegen unseres späten Aufbruchs nicht mehr rechtzeitig vor der Schließung der Grenze eintrafen, übernachteten wir spontan im grenznahen Ort Sukbaataar. Erneut waren wir dankbar für unseren Guide: Nasaa organisierte kurzfristig eine Übernachtungsgelegenheit für uns und eine Parkmöglichkeit für die Jeeps in einer Waschgarage. Dort konnten wir die Autos nach Schließung des eigentlichen Betriebs bis zu unserem Aufbruch am frühen Samstagmorgen im Warmen parken, damit nicht alle Gummis einfrieren und bei der allerersten Bewegung kaputt brechen.

Bei Vollmond und noch im Dunkeln brachen wir am Hotel auf, um an der Grenze möglichst wenig Wartezeit wegen anderer Fahrzeuge vor uns zu haben. Außerdem konnte sich unser Programm für diesen Tag sehen lassen: 25 Kilometer Fahrt zur Grenze, Ausreise aus der Mongolei, Einreise nach Russland, 230 Kilometer Fahrt nach Ulan Ude und um 17 Uhr Pressekonferenz in der buriatischen Hauptstadt. Da musste schon alles extrem glatt laufen, dass wir diese Punkte alle plangemäß abarbeiten konnten.

Der erste Step war kein Problem - kurz nach 9:00 Uhr, der Öffnungszeit der Grenze, kamen wir dort an. Vor uns standen bereits zahlreiche Pkw, Kleinbusse und Lkws auf der Straße, doch wir wurden an allen vorbei gewunken. Mit Nasaas Hilfe erledigten wir die Formalitäten an der mongolischen Grenze erneut in außergewöhnlich kurzer Zeit. Wir danken besonders der mongolischen Regierung für diese zuvorkommende Behandlung an den Grenzen und die Organisation im Land.

Keine anderthalb Stunden nach unserer Ankunft am Schlagbaum hieß es dann Abschied nehmen von unserem mongolischen Guide, der mittlerweile durch verschiedene Beiträge über unsere Expedition landesweit namentlich bekannt war. Auf diesem Weg möchten wir Nasaa noch einmal herzlich für seinen Einsatz und seine Unterstützung danken. Wir freuen uns schon auf ein Wiedersehen bei unseren nächsten Mongoleibesuchen!

Unerwartet schnell ging auch die Abfertigung an der russischen Grenze. Nachdem man uns kurz vor dem verschlossenen Einfahrtstor nach Russland im Niemandsland warten ließ - der Platz war gerade groß genug, dass unsere beiden Gespanne dort hintereinander parken konnten - ging dann alles relativ zügig. Die Passkontrollen waren kein Thema und auch auf die Abfertigung der Carnets ATA waren die Grenzbeamten bestens vorbereitet. Innerhalb von sensationellen fünfeinhalb Stunden hatten wir die Einreise geschafft. Das war die schnellste aller Grenzdurchfahrten nach Weißrussland und Russland. Grund genug, den russischen Grenz-Zoll-Behörden und der deutschen Botschaft sowie dem Generalkonsulat in Novosibirsk, die unsere Wiedereinreise bestens vorbereitet hatten, für diese zügige Behandlung außerordentlich zu danken!

Im Sprint ging es danach nach Ulan Ude: Hier kamen wir zwar nicht mehr rechtzeitig für die auf 17 Uhr angesetzte Pressekonferenz an. Aber die Gründerin und Vorsitzende der Offroad-Amazonen, Swetlana Budashkäva, empfing uns zusammen mit ihrer Familie und eskortierte uns zum Hotel mitten im Stadtzentrum. Bei einem gemeinsamen Abendessen ließen wir in fröhlicher Runde unseren erfolgreichen Wiedereinreisetag nach Russland ausklingen.

13. - 15. Dezember 2008: Ulan Ude - Aufbruch nach Jakutsk

Mit den Amazonen zur Lama-Schule: Heute hatten wir eine Entscheidung zu treffen, die uns nicht leicht gefallen ist. Durch einen Kontakt aus der deutschen Botschaft in Moskau - dem wir an dieser Stelle sehr für sein Engagement danken - trafen wir in Ulan Ude mit Slava Bulatow zusammen. Er hatte für uns verschiedene Dinge vorbereitet, die aber durch unser Dank Grenzübertritt verrutschtes Timing nicht geklappt haben. Was aber unbedingt sein musste, war unser Besuch eines der wichtigsten buddhistischen Tempel Russlands. Das Argument: Diese heilige Stätte muss man einfach besucht haben, wenn man in Buriatien ist. Das Wunder dieses buddhistischen Tempels, die in Buriatien "Datsan" genannt werden, ist ein sitzender Lama, der seit 70 Jahren nicht weiter altert. Darüber hinaus wurden wir in Ulan Ude dermaßen herzlich empfangen, dass wir diese Einladung nicht einfach so ausschlagen wollten.

Unsere Bedenken, die es uns so schwer gemacht haben, diesen interessanten Vorschlag spontan anzunehmen, waren vielschichtig: Vor uns lag die nächste große Etappe nach Jakutsk mit 2.560 Kilometern, die wir ohne Zwischenstopp bewältigen wollten - ohnehin schon eine große Herausforderung an das ganze Team. Die Wettervorhersage für die Strecke nach Jakutsk verhieß Nebel, viel Schnee und Temperaturen bis zu minus 50 Grad - auch keine optimalen Voraussetzungen, um die Strecke schnell zu bewältigen. Das Team hätte gerne den Tag früh begonnen und direkt vollständig zum Fahren genutzt. Die Befürchtung, dass wir durch den vorgeschlagenen Ausflug etwa die Hälfte unseres Vorsprungs auf den Zeitplan einbüßen würden, stand im Raum. Zusammengerechnet sind die Bedingungen dafür, wie von Matthias als Grobziel ausgegeben am 26.12. in Magadan einzutreffen, schon schwierig genug.

Dass wir den Ausflug zum buddhistischen Kloster "Gandan Dashi Choinkhoryg" dann doch gemacht haben, war eine der besten Entscheidungen, die wir bislang getroffen haben! Wir haben nicht nur Einblicke in das wichtigste buriatische buddhistische Zentrum erhalten, sondern auch in den mitfahrenden Baikal-Amazonen sowie Slava und seinem Sohn Roman neue, gute Freunde gefunden. Während einige der Amazonen die 30 Kilometer zum Kloster in den Jeeps bei Matthias und Evgeny mitfuhren und darüber sehr glücklich waren, haben wir eher von dem Rundgang durch das Klosterareal in der aufgehenden Sonne profitiert. Vermutlich hat jeder Einzelne aus dem Expeditionsteam einige der vielen Gebetstrommeln auf dieser Runde dafür genutzt, für das Gelingen der Expedition, unfallfreie Fahrt, gutes Durchkommen oder ähnlich hilfreiche Aspekte zu bitten. Darüber hinaus wurden wir von einem der Lamas über die Geschichte des Klosters und der Lamaschule informiert. Dieser frühe Sonntagsausflug hatte sich auf ganzer Linie gelohnt!

Zurück am Hotel hatte Swetlana, die Chefin der Baikal-Amazonen, kurzfristig ein TV-Team herantelefoniert, so dass wir durch die Interviews von Matthias und Evgeny fast die ausgefallene Pressekonferenz vom Vortag wettmachen konnten. Von dort aus ging es dann zu einem abschließenden gemeinsamen Mittagessen. Denn nach unseren Erzählungen vom Tag an der Grenze, den wir am Tag zuvor ohne warme Mittagsmahlzeit verbracht hatten, wollten uns die Freunde aus Ulan-Ude auf jeden Fall gut gewappnet auf unseren Weg nach Jakutsk entlassen. Und als ob diese Herzlichkeit, das interessante Programm, die Geschenke - am Vorabend gab es buriatischen Balsam, eine Art Kräuterlikör - und die fröhlichen Gespräche im Drei-Sprachen-Mix, kurz die ganze Gastfreundschaft, die uns in den vergangenen 20 Stunden entgegen gebracht wurde, nicht genug gewesen wären, erhielten wir zum Abschied einen Kontakt für unsere Unterbringung in Jakutsk.

Diese Begegnung hat allen ganz besonders viel Freude bereitet. Wir hoffen, dass wir uns eines Tages für die Gastfreundschaft revangieren können. Den Kontakt zu den engagierten, interessanten Offroad-Fahrerinnen aus dem Club der Baikal-Amazonen werden wir auf jeden Fall aufrecht erhalten und ihre Aktivitäten weiterhin verfolgen. Karl Bauer aus Moskau und Slava in Ulan Ude danken wir ganz besonders herzlich für die Vorbereitung unseres Aufenthalts und die perfekte Betreuung in Ulan Ude.

Nach dieser schönen Begegnung und dem erfolgreichen Tempel-Ausflug waren wir für die lange Tour nach Jakutsk bestens gerüstet. Unser erster Orientierungspunkt unterwegs war die Stadt Chita in etwa 800 Kilometer Entfernung. Die haben wir etwa 24 Stunden nach Abfahrt aus Ulan Ude erreicht - und direkt genutzt, um uns hemmungslos zu verfahren. Nachdem wir in einem Hinterhof feststeckten, kam uns die örtliche Polizei zur Abwechslung sehr gelegen: Mit der Hilfe ausgesprochen freundlicher Polizisten sind wir mit Blaulicht aus unserer Sackgasse herausgelotst und an den Stadtrand eskortiert worden. Hier haben wir unsere Fahrt wieder aufgenommen, kamen aber auf den zum Teil schwierigen, sehr holprigen Strecken nicht schnell voran. Wir sind gespannt, wie lange wir für unsere Fahrt nach Jakutsk insgesamt brauchen werden. Fest steht: Die Nachrichten über die minus 68 Grad, die derzeit in Jakutsk herrschen, scheinen wahr zu sein. Die Außentemperaturen werden kälter und kälter. Den Tiefstwert unserer digitalen Thermometer mit minus 39 Grad haben wir längst unterboten - aktuell zeigen unsere provisorischen Außenfühler eine Temperatur von minus 46 Grad. Brrr ...

15. - 21. Dezember 2008: Chita - Jakutsk

XXL-Etappe mit Hindernissen: Kurz nach der Abfahrt aus Ulan Ude wurden die Außenbedingungen noch viel härter als in der Mongolei: Mit Temperaturen bis - 52°C waren Menschen, Maschinen und Material extrem beansprucht. Noch dazu waren wir auf der 2.650-Kilometer-Etappe von Ulan Ude nach Jakutsk unterwegs, die wir nonstop zurücklegen wollten. Eine Belastung, die schon bald deutlich spürbar wurde. Völlig unverhofft entstanden innerhalb von ca. 200 Kilometern an den während des Fahrzeugumbaus extra gegen die Originaldifferenziale ausgetauschten Spezial-Hinterachsdifferenzialen (aus dem freien Zubehörhandel) beider Autos ein Schaden, der eine sofortige Weiterfahrt unmöglich machte.

Das Problematische an diesen beiden folgenschweren Ausfällen: Zuerst ist ein unüberhörbarer Schaden am F2 aufgetreten. Nach einer Harakiri-Bergungsaktion bei über -50°C und Action, die in die Sendung "tollkühne Männer ohne Nerven" gepasst hätte, sowie einem Transport in eine Werkstatt der nächsten Siedlung (rund 120 Kilometer entfernten Aldan), konnte dort der Schaden diagnostiziert und Ersatzteile aus Deutschland bestellt werden. Von dem Industriewerk aus ging gute 24 Stunden später für den F2 und sein Fahrerteam die Reise nach Jakutsk per Truck und Sattelauflieger weiter.

Aber nur hundert Kilometer nach Fortsetzung der Fahrt trat am vorfahrenden F1 ein identischer Schaden auf: Dieses Mal mit noch dramatischeren unvorhersehbaren Konsequenzen, denn Matthias entschied, den ohnehin schon nicht mehr fahrbereiten F2 samt Trailer und allen Teammitgliedern die Reise nach Jakutsk, wo 24 Stunden später die erforderlichen Ersatzteile ankommen sollten, fortsetzen zu lassen. Er selbst verbrachte die Nacht am F1 und ließ sich in einer 10 Stunden-Aktion mit dem jetzt havarierten F1 zurück in die Werkstatt nach Aldan schleppen, um möglichst schnell Klarheit über den entstandenen Schaden zu gewinnen. Die Organisation weiterer dringend erforderlicher Ersatzteile, die aus Deutschland mitgebracht werden sollten, ist unter höchstem Zeitdruck geschehen ...

Währenddessen hat das Team, das mittlerweile seit drei Tagen und Nächten unterwegs war, die Reise nach Jakutsk fortgesetzt, fand sich aber auch hier unvermittelt vor einer neuen Hürde: Vor der Einfahrt in die Stadt von Jakutsk muss die Lena überquert werden. Das Unglaubliche: Es gibt für diese große Stadt wirklich keine einzige Brücke! Auch nicht vor oder hinter der Stadt. Man muss zwangsläufig über den Fluss. Im Sommer gehen Fähren, im Winter friert er zu. Aber eben im Augenblick nur bis zu einer bestimmten Traglast, die wir weit überschritten haben. Also mussten unser Trailer und der Jeep auf einen kleineren Laster umgeladen werden. Und wieder Organisierei am Telefon: Wer macht’s? Woher kommt der Kran? Was kostet der Laster? Können überhaupt Jeep und Trailer umgeladen werden? Was passiert, wenn Matthias mit dem F1 ebenfalls Huckepack einen Tag nach uns an exakt dieser Stelle ankommt? Was heißt das alles für unseren Zeitplan? Die Liste der Fragen war schier grenzenlos!

An dieser Stelle möchten wir einmal allen Helfern für ihren Einsatz während dieser problematischen Fünftages-Etappe danken! Es ist unglaublich, wie viele Menschen sich mit ungeheurer Intensität von Ulan Ude, Jakutsk, Aldan und Deutschland aus bemüht haben, über die gesamte Zeit dieser von unvorhergesehenen Schwierigkeiten geprägten Strecke Lösungen zu finden und hilfreich mitzuwirken.

Insgesamt hat das gesamte Team rund fünf Tage durchgearbeitet und kaum geschlafen. Matthias ist wenige Stunden nach uns per Spezial-Minibus in Jakutsk eingetroffen. Von einem Hotel in der Innenstadt konnten wir danach in den vergangenen zwei Tagen viele Dinge regeln: die Entgegennahme der von Extrem Events extra beschafften Ersatzteile, die anstehenden Reparaturen am F2, Aufnahmen von der Stadt für das Buch des Ullmann-Verlags und die Filmdokumentation der Expedition, Reisevorbereitungen für alle Teammitglieder und vor allem Vorbereitungen für die Fortsetzung der Expedition im Januar in Richtung Beringstraße mit dem nächsten Team. Aufgrund der aktuellen Situation und der hervorragenden Infrastruktur in Jakutsk - eine gute Werkstatt mit dem sehr kompetenten und extrem hilfsbereiten Chef Serafim, ein internationaler Flughafen, die Möglichkeit, in der Großstadt schnell fehlende Dinge zu beschaffen, umfangreiche Film- und Fotogelegenheiten sowie Behörden, die erforderliche Durchfahrtsgenehmigungen für die Fahrt nach Chokotka ausstellen können - hat Matthias die Entscheidung getroffen, beide Fahrzeuge vorgezogen in Jakutsk und nicht wie zunächst geplant in Magadan für Chokotka und die Beringstraßenüberfahrung vorzubereiten.

Darüber hinaus wird auch der Teamwechsel von Magadan nach Jakutsk verlegt. Nachdem die Rückflüge aller Teammitglieder nach Deutschland geregelt waren, ist Matthias heute Abend per Spezial-Minibus nach Aldan zurück gefahren, um dort den F1 zu reparieren. Wenn auch dieses Expeditionsgespann Mitte der Woche auf eigenen Rädern und aus eigener Kraft in Jakutsk eingetroffen ist, hat Matthias mit der Verlagerung der erforderlichen Arbeiten und aller organisatorischen Belange von Magadan nach Jakutsk für einen guten, sicheren und warmen Standort für beide Gespanne gesorgt und eine hervorragende Ausgangsbasis für die Weiterführung der Expedition im Januar geschaffen.

21. - 27. Dezember 2008: Jakutsk - und mit dem Flugzeug vorab nach Magadan ...

Wie baue ich an Weihnachten aus Langeweile ein Hinterachs-Differential?

Am 24. Dezember befand ich mich noch in Aldan, um das Expeditionsfahrzeug F1 zu reparieren und dieses dann mit Anhänger MJ46 nach Jakutsk zu fahren - was schlussendlich auch klappte (Ankunft 25.12, 01:00 Uhr). Die Reparatur an sich gestaltete sich jedoch extrem schwierig und ich benötigte gemeinsam mit meinem russischen Begleiter Dima zwei Tage und Nächte, da uns zu unserer großen Enttäuschung vom Zubehörhandel die falschen Kegel/Tellerradsätze geliefert wurden. Weil in Russland alles möglich ist, haben wir uns das Differential schlussendlich aus zwei falschen Differentialsätzen und mit der Unterstützung einiger Helfer in Aldan selbst gebaut.

Wie? Man nehme ein zu dickes Tellerrad, zerstöre es zu Testzwecken und drehe das Zweite dann mit Drehmaschinen, die gigantische Ausmaße haben, auf Maß ab. Dazu baue man diese Maschinen in stundenlanger Arbeit natürlich erst um, nachdem man die Produktion von Industrieteilen zuvor mit Hilfe eines verständnisvollen Direktors gestoppt hat. Um sich diese riesigen Maschinen nutzbar zu machen, stelle man vorher mit Hilfe eines nicht mehr benötigten Kettensatzes einer Raupe das geeignete Haltewerkzeug selbst her (diese Anleitung auf Anfrage ). Genauso verfahre man mit den Kegelradwellen, nachdem man das benötigte Maß vorher in unzähligen Ein-/Ausbauversuchen ohne Messwerkzeug ermittelt hat. Dann benötigt man idealerweise einige alte Schrauben mit speziellem Zollgewinde, die man mit Hilfe einer Feile und ähnlich eines Geduldspiels zu Gewindeschneidwerkzeugen umbaut, um neue Gewinde in das Tellerrad zu schneiden ...

Dann lasse man sich von einem begnadeten, alten russischen Mechaniker noch drei 0,2 mm Distanzscheiben von Hand dengeln und mixe diese mit anderen Scheiben aus den falschen Umbausätzen. Man benötigt nun eigentlich nur noch einige Stunden geduldige Einstellversuche, die händische Anfertigung eines Abziehers sowie eines speziellen Stemmwerkzeuges und selbst hergestellte, dicke Unterlegscheiben (auf der schon erwähnten gigantischen Drehmaschine) und schon wird aus gar nix ein Differential, welches man sonst nur für viel Geld in den USA kaufen kann.

Um die ganze Sache abzurunden, empfiehlt es sich, wenn die Müdigkeit und Kälte in den großen Hallen übermächtig wird, die Gastfreundschaft von Helfern anzunehmen, hunderte von Telefon-Euros für Informationen auszugeben und sich natürlich nicht zu ärgern. Nachdem ich dann am 24.12. nachts gemeinsam mit Dima, der mich irgendwie wach hielt, um fahren zu können, in Jakutsk angekommen bin, flog ich 3 Stunden später am 25.12. in aller Herrgottsfrühe zu Gesprächen und um restliche Dinge zu erledigen nach Magadan. Evgeny ist über Habarowsk ebenfalls dorthin gereist.

Das restliche Team, welches mich bis hierher begleitet hat, ist schon am 24.12. mit einer der letzten Maschinen ausgeflogen und ist über kurz oder lang sicher in Deutschland eingetroffen. An diese Stelle nochmals einen ganz herzlichen Dank an das super Team, das Evgeny und mich ab Moskau begleitet hat: Astrid, Joachim, Marco, Hendrik: Ihr wart Spitze! Es hat mir viel Spaß gemacht, mit euch zu reisen. Danke für alle Unterstützung und das gemeinsame, im Grunde nie vergangene Lachen.

Das neue Team wird am 15.01.09 in Jakutsk eintreffen und auf die Reise durch Chukotka zur Beringstraße gehen.

Zu guter Letzt danke ich von hier aus allen für die Unterstützung auf der ersten Expeditionsetappe über rund 22.000 km von Paris nach Jakutsk und wünsche allen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Matthias Jeschke 


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