25. Tag - So, 29.06.03

Eigentlich würde ich gerne noch eine Weile hier bleiben, aber so langsam muss ich auch mal wieder zurück. Meine Fähre von Eckerö nach Grisslehamn geht erst um 13:30 Uhr, die restliche Zeit nutze ich für eine Museumstour. Zuerst ins Aland-Museum, sozusagen dem Nationalmuseum Alands. Leider sind auch die Beschreibungen sehr national und weder in Deutsch noch in Englisch verfügbar. Da kann man dann nur raten, was das eigentlich alles für ein alter Plunder ist (man verzeihe mir den Ausdruck!), der da ausgestellt ist. Manches ist aber auch ohne Erklärung eindeutig, wie zum Beispiel die komplette Einrichtung einer alten Apotheke mit allen Giften und Gerätschaften.

Die Pommern ... Am Westhafen liegt die "Pommern". Dieses alte Segelschiff wurde einst für den Getreidetransport eingesetzt, liegt seit 1939 fest vertäut im Hafen und ist heute ein Museumsschiff. Hier sollte man gewesen sein, denn wo sonst hat man schon mal die Möglichkeit, ein solches Schiff zu besichtigen!?

Zahlreiche Ausstellungstücke, Fotos und sogar ein damals auf der Pommern gedrehter Film geben dem Besucher einen schönen Einblick ...

Bevor ich zur Fähre fahre, versuche ich die gefälschte Donnerstags-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung zu bekommen, doch der Versuch misslingt. Heute gibt es nur noch die Times, die ich trotz meines Sinns für britischen Humor nicht kaufe. 

Das Einchecken auf der Fähre verläuft problemlos: Kurz nachdem ich mein Ticket gekauft habe, stehe ich auch schon unter Deck. Die Kosten für eine Fahrt über Aland sind übrigens wirklich minimal: Für Aland braucht man nur ein Ticket, mit dem man alle Fähren zu allen Inseln nutzen kann. Das kostet einmalig 13 Euro. Die Fähre von Aland nach Schweden kostet 12 Euro. Der günstigste, wenn auch ohne Frage zeitaufwendigste Weg nach Finnland führt also über Aland!

Hier funktioniert übrigens auch "Duty Free" noch: Aland hat sich da bei den EU-Verhandlungen ziemlich geschickt angestellt, und so kann man auf einer Fahrt zwischen Aland und Schweden auch heute noch günstig einkaufen, was ansonsten sündhaft teuer wäre. Duty Free ist eine der Haupteinnahmen Alands und so sind wohl auch die äußerst günstigen Tickets zu erklären. Denn diese Fähre dient nicht nur als Transportmittel von Aland noch Schweden, sondern lockt zahlreiche Kaffeefahrer an Bord, die weniger nach Aland wollen, sondern vielmehr günstig einkaufen. Es lohnt sich für Skandinavier, gerade bei den hochprozentigen Sachen.

Ich belasse es bei ein paar Souvenir-Bieren. Zwar sind die trotz allem immer noch teurer als Bier in Deutschland, aber eine eiserne Lapin Kulta Reserve für besonders harte Finnland-freie Zeiten brauche ich einfach. Wer weiß, wann ich das nächste Mal hier rauf kann ...

In Schweden wird erst einmal die Uhr eine Stunde zurück gestellt: Es ist noch früher Nachmittag und ich mache mich auf in Richtung Malmö. Wie ein E-Touri folge ich den großen, gut ausgebauten Straßen. Sie haben ja auch Vorteile, die E-Straßen. Man kommt nämlich richtig flott voran, sollte aber trotz allem nicht zu schnell fahren.

Zum ersten mal in ganz Skandinavien sehe ich ein Radarkontrolle, anders als in Deutschland, ziemlich raffiniert aufgebaut. Kurz vor einem Parkplatz befindet sich eine Bucht, die man leicht für den eigentlichen Parkplatz halten könnte. An dessen Ende steht ein auffällig roter Volvo, der wohl offensichtlich zu früh abgefahren ist, und nun auf eine Lücke im Verkehr wartet. 

Aber der Volvo will nicht rausfahren, der Fahrer hat nämlich eine Radarpistole, mit der er unauffällig die Geschwindigkeit der Fahrzeuge misst. Wer zu schnell fährt, wird am Rastplatz raus gewunken. Nun, mich kriegen sie nicht. Ich wollte nämlich sowieso am Rastplatz raus und war sogar schon unterhalb der erlaubten Höchstgeschwindigkeit!

Kurze Zeit später finde ich mein Camp für die Nacht. Es ist ein Campingplatz, nur wenige Kilometer von der E20 entfernt, in schöner Lage und mit vielen Schattenplätzen. (N58° 54.671' E014° 17.449').

Bevor es gemütlich werden kann, gibt es erst einmal viel zu tun: Die Berichte zu gestern und heute müssen ins Notebook gehackt und abgeschickt werden ...

26. - 27. Tag: Mo, 30.06. - Di, 01.07.03 (Das Finale ... )

Nun, über diese letzte Tage gibt es nicht besonders viel zu schreiben: Nach insgesamt 17 Stunden und 1.700 Kilometern Fahrt komme ich am 01.07.03 um fünf Uhr morgens zuhause an. Auf die eigentlich geplante Übernachtung in Schleswig-Holstein verzichte ich, denn nachts lassen sich die deutschen Autobahnen erfahrungsgemäß besser befahren als tagsüber. Außerdem sind deutsche Campingplätze wenig reizvoll, besonders wenn man zuvor wochenlang auf skandinavischen übernachtet hat ...

Zwei gut gekühlte Flaschen Weißbier erwarten mich. Bevor es endlich ins Bett geht, sitze ich noch eine Weile bei einem Glas Weißbier und denke über die letzten Wochen nach: Es war eine schöne Zeit in Skandinavien. Fast all meine Erwartungen wurden erfüllt, der Alltagsstress ist von mir abgefallen und ich habe ziemlich viel von den nordischen Ländern gesehen ...

 
Vom Wäscheberg ... ... zum Rechnungsberg: Die Realität hat ihn wieder ... :-((((

Mein italienischer Einkaufswagen, der Fiat Punto, hatte eine schwere Zeit, vor allem auf den schwedischen Pisten. Aber er hat jede Piste überlebt, obwohl ich ihn erbarmungslos durch jedes Schlagloch und über jede Bodenwelle gescheucht habe. Die Stoßdämpfer müssen nun aber wohl ein paar tausend Kilometer früher als üblich ausgetauscht werden.

So endet diese schöne Reise mit zwei leeren Weißbierflaschen, einem riesigen Berg Quittungen und einem noch größeren Berg schmutziger Wäsche. Ansonsten viel ungelesene Post, und schon heute wieder die harte Realität des Alltags.

Hierzulande hat sich in den letzten vier Wochen jedenfalls nichts geändert, soviel steht fest. Immer noch steckt das Land in der Krise, und immer unberechenbarer erscheinen die Reaktionen unserer Regierung darauf. Schon jetzt frage ich mich, warum ich überhaupt zurück gekehrt bin ...

An dieser Stelle auch noch vielen Dank für die zahlreichen ermunternden Emails der Leser. Bei so viel positivem Feedback hat es einfach Spaß gemacht, jeden Abend zu berichten, obwohl es ziemlich viel Arbeit war!


Epilog der Redaktion:

Auch wenn zu deinem Wiedereinstieg in den manchmal doch recht grauen Alltag nicht alles zum Besten gelaufen ist, wie wir inzwischen gehört haben, wünschen wir dir dennoch alles Gute und eine einigermaßen erträgliche Umgewöhnung - wie wir aus eigener harter Erfahrung wissen, wahrhaftig manchmal keine leichte Aufgabe!

Auch wenn wir derzeit noch nicht wissen, ob und wann wir ein derartiges "Online"-Experiment wiederholen werden (wir wollen noch nichts verraten, aber der erste Interessent hat sich schon gemeldet! ), so war es doch für uns alle eine interessante Erfahrung und natürlich ein gutes Stück Arbeit. Dies gilt insbesondere für dich als Autor, der jeden Tag vor seinem Zelt oder auch mal komfortabler in die Tasten hauen musste und jetzt auch noch eine stattliche Rechnung zu erwarten hat. Hoffentlich reichte der Erholungseffekt dennoch für die nun folgende anstrengende Zeit, auf jeden Fall ist dir eines sicher: Die Solidaritäts-Bierchen in der Redaktion stehen bereits gut gekühlt bereit!

In diesem Sinne: Beste Grüße von der "Basis"!

P.S.: Ach ja, noch zu deinen Bildern von heute: Vielleicht tröstet es dich ja ein ganz klein wenig, dass sich auch bei uns in der Redaktion die Arbeit stapelt bis zum Umfallen ...

Auch bei uns im Büro wartet Arbeit bis zum Umfallen ...


© 2003 Karsten Franke