Eine holländische Enklave ...

Heute machen wir uns auf in Richtung Südosten nach Pommern: Der Verkehr auf den Straßen ist wieder mörderisch, in den Orten interessiert sich immer noch niemand für bestehende Geschwindigkeitsbeschränkungen. Selbst Warnhinweise auf Radarmessstellen sind wirkungslos. Wieder brettern LKWs mit 80-90 km/h durch die Orte, die Fahrer überholen wie Hasadeure, wobei es fast schon wirkt, als würden sehr viel öfter PKWs von LKWs überholt werden als umgekehrt ...

An den Straßenrändern liegen zahlreiche tote Katzen, Hunde, Füchse in jedem Verwesungszustand, da sie niemand wegräumt.

Und zum Thema "wegräumen" kann man hier überhaupt viel sagen: Waldränder und die wenigen Rastplätze, die nicht im Verbund mit einer Tankstelle angeboten werden, sind auf unserer Strecke voller Müll. Hier mag niemand mal im Wald parken, um zum Beispiel nach Pilzen Ausschau zu halten. Überall liegen Pet- und Glasflaschen, Plastiktüten, Papierfetzen, Reste von dem auch hier allzu beliebten Junkfood, Sperrmüll ...

Ein durchaus üblicher Waldrastplatz in Polen ... Aber auch in manchen Parkanlagen sieht es kaum besser aus ...

Wie sind heilfroh, am späteren Nachmittag in Mielno nahe bei Pacosk anzukommen: Der dortige Campingplatz wird von einem Niederländer bewirtschaftet. Wir sind (mal wieder) die einzigen Camper und das Ende August. Wie üblich, meldet laut bellend ein großer Schäferhund unsere Ankunft. Der freundliche Platzwart kommt sogleich und erklärt uns, dass eine Woche zuvor noch eine Menge Gäste da gewesen seien und seitdem niemand mehr gekommen ist. Einen Grund hierfür weiß der Betreiber auch nicht anzugeben, denn eigentlich wäre noch Saison.

Der Platz liegt traumhaft schön am Ufer des Mielnosees - ein guter Ort, sich von dem polnischen Straßenwahnsinn zu erholen ...

Kleinholland in Polen ... Platz ohne Ende ...

Alles da für den Sonntagskuchen ...

Wie sich bald zeigt, wird der Platz nicht nur von einem Niederländer bewirtschaftet, sondern er ist auch vor allem auf die Bedürfnisse von Niederländern ausgerichtet. Hier gibt es offensichtlich zahlreiche Stammgäste und die hellgelben Flecken in der Wiese zeigen, dass die holländischen Gäste hier gerne längere Zeit verweilen. Alle Hinweise, Informationen und Beschriftungen gibt es nur in Holländisch, nicht etwa in Englisch, Deutsch, Russisch oder gar in polnischer Sprache. Der einzige polnische Satz ist am Eingang das "Willkommen auf dem Campingplatz Pacosk". Eine holländische Enklave mitten in Polen!

Man kann sich auf dem Platz kaum entscheiden, wo man sich hinstellen soll und so wählen wir wieder einmal einen schattigen Stellplatz am Waldrand.

Abends hören wir anhaltende Knackgeräusche im Wald neben dem Explorer. Mittlerweile fast auch schon vom landesüblichen Sicherheitswahn angesteckt, ist nächtliche Aufklärung der nächsten Umgebung angesagt: Ein reges Treiben findet dort statt, doch all unsere Lampen reichen nicht, Fuchs und Reh sichtbar zu machen, die hier wohl herumstreichen, wie uns der Platzwart am nächsten Tag erklären wird. Der Fuchs inspiziert deutlich hörbar nachts gegen 3:00 Uhr dann ausgiebig den Ranger von unten, bleibt aber unsichtbar ...

Der nächste Tag lädt zum ausgiebigem Spaziergang in der Umgebung ein: Im Umland des Campingplatzes wird viel Kies gefördert, es finden sich Überreste von alten Betrieben und von weitem sehen wir eine eindrucksvolle Industrieanlage, erfahren aber nicht, wozu sie dient.

In der Umgebung: Neue und alte Anlagen ... Ein Spaziergang lohnt sich ...

Auf dem Campingplatz sind zahlreiche unterschiedliche wilde Pflaumen und Mirabellen gepflanzt, die voll mit süßen Früchten hängen. Es ist Sonntag Nachmittag, die Sonne scheint und was liegt da näher, sich einmal einen frischen Pflaumenkuchen mit Kaffee zu gönnen ..?

Schnell ist das Obst gepflückt und entkernt und der Explorer wandelt sich zur Backstube. Doch es ist unser einziger Sonntag hier, schon bald müssen wir dieses kleine Paradies wieder verlassen ...


 © 2009-2010 Text/Bilder Sixta Zerlauth